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Helmensdorfer, Erich

Erich Helmensdorfer

Erich Helmensdorfer zu Gast im Ffter Erzählcafé am 28.3.1998
Fotografie von Georg Kumpfmüller (1998).

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7FR Nr. 16490).
Helmensdorfer, Erich. Journalist. Fernsehmoderator. * 28.5.1920 Nürnberg, † 28.4.2017 Wien.
Sohn eines Bierbrauers. Verheiratet in erster Ehe mit der Bauingenieurin Susanne Lieselotte Winkler (1920-1996). Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne: Thomas H. (* 1948), Diplomkaufmann und Inhaber einer Werbeagentur, und Wolfgang H. (* 1951), Steuerfachwirt.
Nach dem Abitur 1938 Arbeitsdienst, Wehrmacht und Kriegseinsatz, mehrmals verwundet; von 1942 bis 1945 Offizier (zuletzt Oberleutnant) bei der Luftwaffe. Nach Kriegsende Orientierungsstudium in Erlangen mit den Fächern Jura und orientalische Sprachen. Ab 1947 Redakteur, zunächst bei der Deutschen Nachrichtenagentur (DENA), dann (seit 1949) für die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in München und schließlich (1956-60) als Auslandskorrespondent in Ägypten. Danach Chef vom Dienst bei der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ (1961-63), kurzzeitig Redaktionsleiter der Münchener „Abendzeitung“ und später (1968/69) Gründungschefredakteur des Münchener Boulevardblatts „tz“.
In den Jahren von 1963 bis 1973 war H. freier Mitarbeiter bei den Fernsehanstalten von ARD und ZDF. Genau 998-mal moderierte er die „heute“-Nachrichten im ZDF. Große Popularität bei einem breiten Publikum erwarb er sich als Quizmaster der ARD-Sendungen „Alles oder Nichts“ (Bayerischer Rundfunk, 1966-71) und „Ente gut – alles gut“ (Norddeutscher Rundfunk, 1972-73). Die Leser der Programmzeitschrift „Hör zu“ wählten ihn 1967 zum besten Unterhalter, wofür er mit der „Goldenen Kamera“ ausgezeichnet wurde. In einem Erinnerungsbuch an seine Fernsehtätigkeit unter dem Titel „Meine Anstaltsjahre. Freud und Leid im Fernsehen“ (1973) übte er später harsche Kritik am Einfluss der politischen Parteien auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen.
Seit Dezember 1973 arbeitete H. wieder als Auslandkorrespondent in Kairo, diesmal als „ständiger freier Mitarbeiter“ für die Ffter Allgemeine Zeitung, mit der er sich schon seit 1963 verbunden fühlte. Damals hatte er für eine Auslandsreportage mit dem Titel „An der Seite der aufständischen Kurden“, die die FAZ in ihrer Beilage „Bilder und Zeiten“ veröffentlichte, den Theodor-Wolff-Preis erhalten (1964). Auf Betreiben des FAZ-Herausgebers Jürgen Eick und des Geschäftsführers Hans-Wolfgang Pfeifer wechselte H. 1976 vom Auslandskorrespondenten zum Ressortleiter für den Lokalteil. Zehn Jahre lang, vom 1.3.1976 bis zum 30.6.1986, blieb er Chef der „Zeitung für Frankfurt“, des traditionell als „Stadtblatt“ bezeichneten Lokalteils, dem er auch eine Seite „Rhein-Main-Blatt“ anfügte. Zwar wurde das publizistische Wirken H.s damit auf den Großraum Ffm. reduziert und außerhalb der Region nicht mehr in vollem Umfang wahrgenommen, doch gewann es an Intensität und politischem Einfluss. Im Laufe seiner Tätigkeit gelangte H. zu der Überzeugung, dass das Lokalressort wegen des Zwangs zur Detailgenauigkeit und der unmittelbaren Überprüfbarkeit durch die Leser zu den schwierigsten Aufgaben im Mediengewerbe zähle. Als Ressortchef pflegte H. die Individualität, weil er in der Entfaltung der Persönlichkeiten eine Qualitätssteigerung für die Zeitung sah. Er ließ seinen Redakteuren viel Freiraum, aber es gab jeden Tag eine scharfe Blattkritik, bei der sich die Autoren auf strenge Urteile einstellen mussten.
Zu Beginn seiner Tätigkeit als Lokalchef für die FAZ erwarb sich H., nachdem er mit der Rhein-Main-Region bereits durch die Zentrale der DENA in Bad Nauheim und die ZDF-Studios in Eschborn und Mainz im allgemeinen vertraut war, auf systematischen Rundgängen durch sämtliche Stadtteile Fft.s eine souveräne Ortskenntnis. Ffm. galt damals als „unregierbare Stadt“, beherrscht von Kriminalität, Drogenhandel und Prostitution, gezeichnet von einer misslungenen Stadtplanung und öden Architektur, eine Metropole voller konfliktreicher Brüche, in der permanentes Verkehrchaos und gewalttätige Demonstrationen zum Alltag gehörten. H.s Antrittsbesuch bei Oberbürgermeister Rudi Arndt und der SPD-Führung offenbarte die Gründe der politischen Stagnation. Die Parteiführung sah viele vernünftige Konzepte zur Stadtsanierung, aber keine Chance, sie beim Unterbezirksparteitag der SPD durchzubringen. Der Rücktritt Arndts nach der verlorenen Kommunalwahl im März 1977 war für H. nur folgerichtig.
Das neue Stadtregiment der mit absoluter Mehrheit ausgestatteten CDU und ihres Oberbürgermeisters Walter Wallmann betrachteten H. und seine Lokalredakteure zunächst mit einer gewissen Skepsis. Die Neuschaffung von Stadtratspositionen zur Erlangung einer Mehrheit auch im Magistrat sahen sie im Widerspruch zum Gebot der Sparsamkeit und Rationalisierung der Verwaltung. Dagegen fand die Umsetzung der schon früher gefassten Beschlüsse zum Wiederaufbau der Alten Oper und zur Errichtung von Fachwerkfassaden an der Römerberg-Ostzeile die Zustimmung der Redaktion. Als Wallmann die berüchtigte „Haschwiese“ an der Bockenheimer Anlage von Rauschgifthändlern und Süchtigen räumen ließ, konnte er auf den Beifall der Zeitung zählen. H. wollte auch aus Prinzip die „Zeitung für Fft.“ nicht gegen die Stadtpolitik redigieren. Überdies registrierte er, dass der Oberbürgermeister einen liberal-konservativen Kurs steuerte, oftmals gegen die Hardliner in der eigenen Partei. Dennoch ließ sich H. drei Jahre Zeit, bis er ein Porträt von Walter Wallmann verfasste und druckte (11.8.1980). Dessen Amtsführung nannte er einen Beweis, dass die angeblich „unregierbare“ Stadt doch regierbar sei. Zu den mutigsten Entscheidungen Wallmanns zählte H. den Aufnahmestopp vom 1.7.1980, der den unkontrollierten Zustrom von asylsuchenden Ausländern begrenzen sollte. H. gefiel besonders, dass der Oberbürgermeister das überraschend reiche Kulturleben Fft.s zielstrebig förderte und zusammen mit dem SPD-Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann den Grundstein für das später vielgerühmte Museumsufer legte. Wie Wallmann war H. von der Notwendigkeit des Baus der umstrittenen Startbahn 18 West des Ffter Flughafens überzeugt, weshalb er die Aktionen der Gegner des Flughafenausbaus scharf kritisierte.
H. trieb die Frage um: „Wie ist Fft. wirklich, und warum ist es so, wie es ist?“ Um das Wesen der städtischen Persönlichkeit zu ergründen und womöglich ein Psychogramm des Frankfurters zu finden, nahm H. an gesellschaftlichen Aktivitäten, Stehpartys, Bällen und Empfängen jeder Art teil. Ebenso sah man ihn regelmäßig bei Veranstaltungen des konsularischen Korps, insbesondere bei der österreichischen Handelsdelegation. Auch die Mitgliedschaft im Rotary Club bot ihm Kontakte und Informationen. Zudem suchte er persönliche Gespräche mit den dominierenden Persönlichkeiten der Bankwelt, mit Hermann Josef Abs von der Deutschen Bank ebenso wie mit Walter Hesselbach von der Bank für Gemeinwirtschaft. Für den 1981 eingeführten Ffter Opernball produzierte H. mit dem Team der „Zeitung für Fft.“ eine aktuelle „Mitternachtszeitung“. Ihre kostenlose Verteilung, eine originelle Werbeaktion, bediente nicht nur die Eitelkeiten des Boulevards, sondern wollte auch die bürgerlichen Eliten zum Engagement für ihre Stadt motivieren.
Bei der Rückbesinnung auf die Vergangenheit der Stadt, die H. als Teil des Gesundungsprozesses ansah, fielen ihm, wie er in einer Glosse vom 29.8.1980 notierte, „leere Seiten“ in der Stadtgeschichte auf. Zwar waren „die Ungeheuerlichkeit der planmäßig von Staats wegen organisierten Ausrottung der Juden und anderer Minderheiten“ festgestellt worden, aber eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Eigenart seiner Akteure fehlte. Mit Nachdruck sorgte H. dafür, dass in der „Zeitung für Fft.“ der Aufstieg der NSDAP zur Massenpartei, etwa auch Hitlers erste große Agitationsrede in der Ffter Festhalle 1930, in ganzseitigen Beiträgen dargestellt wurde. Die Technik der Machteroberung nach den Wahlen im März 1933 wurde ebenso analysiert wie die Propagandainszenierung des „Ersten Spatenstichs“ für die Reichsautobahnen am 23.9.1933. Bald konnten die Leser die Intrigen und Rivalitäten der Nazi-Größen verfolgen, z. B. den Machthunger des Gauleiters Jakob Sprenger und seine Konflikte mit dem Ffter Oberbürgermeister Friedrich Krebs. Die brisanten Themen erzeugten Aufmerksamkeit, Irritation und Widerspruch. Insgesamt blieb dem Stadtblatt der FAZ das Verdienst, das Interesse für die örtliche Herrschaftspraxis und das Mitläufertum der Ffter Bevölkerung zur NS-Zeit geweckt zu haben, lange bevor sich die Fachhistorie dieser Themen annahm.
Seine Bemühungen, die Geschichte als Faktor der Erklärung von Politik und Sozialstruktur der Stadt zu nutzen, veranlassten H. schließlich, selbst ein Buch zur Gesamtgeschichte Fft.s zu schreiben („Fft. – Metropole am Main. Geschichte und Zukunft“, 1982). Obwohl nach eigenen Worten „weder Historiker noch überhaupt Wissenschaftler“, näherte er sich neugierig, scharfsinnig, forschend und fragend den Zeugnissen der Vergangenheit. Insgesamt kam er zur Erkenntnis, dass Ffm., die zu Aufruhr und Unordnung neigende Stadt am Kreuzungspunkt europäischer Verkehrswege, zwangsläufig auch den Schnittpunkt aller geistigen Strömungen einer Epoche bilden musste. H.s Buch bietet nicht bloß eine Sammlung und Popularisierung geschichtlichen Wissens, es übertrifft an Informationsgehalt, Lesbarkeit und Anschaulichkeit manche der fachwissenschaftlichen Darstellungen.
Nach seiner Pensionierung 1986 blieb H. der Zeitung durch den Aufbau und die Leitung einer FAZ-Lehrredaktion für die Volontärsausbildung verbunden. Es war ihm wichtig, die Grundüberzeugung zu vermitteln, dass der Beruf des Journalisten ständige distanzierte Betrachtung erfordere und im Nachrichtenwesen korrekte und genaue Berichte unter weitgehender Ausschaltung subjektiver Gefühle verlange; Nachricht und Kommentar seien strikt zu trennen. Eine kurze Darstellung des journalistischen Handwerks für Volontäre unter dem Titel „Traumberuf Journalist“ erschien 1994. Als begeisterter Anhänger des Golfsports schon in München und Kairo war H. auch Mitglied im Ffter Golfclub geworden. So erfand er, befreit vom Tagesgeschäft der Zeitung, 1988 eine anzeigenstarke Beilage der FAZ über den Golfsport, die er zuletzt unter dem Titel „Golf International“ bis 1995 redaktionell verantwortete und bis 2003 mit Textbeiträgen versorgte.
Bei seinem Ausscheiden aus der Redaktion wurde H. von Bürgermeister Moog am 25.6.1986 die Ehrenplakette der Stadt Ffm. überreicht. H. habe, wie es im Text der Verleihungsurkunde heißt, „durch sein journalistisches und literarisches Wirken in hohem Maße dazu beigetragen, das Ansehen der Stadt Ffm. in der Bundesrepublik Deutschland und im Ausland zu mehren“. In diesem Sinn engagierte er sich weiter für die Stadt, u. a. als Vorsitzender der Historisch-Archäologischen Gesellschaft (seit 1987). 1988 veröffentlichte er zusammen mit dem Fotografen Bodo-Luckhardt Hellex den deutsch, englisch und französisch betexteten Bildband „Schönes Fft.“. Gelegentlich trat er noch mit Vorträgen und Erinnerungen an die Öffentlichkeit. Am 24.4.1995 erläuterte er auf Einladung der Volkshochschule und des Instituts für Stadtgeschichte im Karmeliterkloster die Medienpolitik der Alliierten im besiegten Deutschland in einem Vortrag mit dem Titel „Von der Propaganda zur Nachricht“, und im Ffter Erzählcafé berichtete er am 28.3.1998 einem begeisterten Publikum von seinen journalistischen Erfahrungen. Der gebürtige Franke war zum „gelernten Frankfurter“ geworden.
Nach Jahren in Ffm. zog H. in eine Eigentumswohnung nahe dem Schlosspark in Kronberg, wo er von 1979 bis 2003 gemeldet war. Bereits 2001 siedelte er in eine Seniorenresidenz in Wien-Oberlaa über. Einen zweiten Wohnsitz hatte er immer in Kitzbühel/Tirol.
Weitere Buchveröffentlichungen: „Handbuch des Bayerischen Landtags“ (als Herausgeber, 1955), „Heißes Herz und kühler Kopf. Themen der Jahre: Misslungene und ergötzliche Begebenheiten“ (1968), „Journalismus“ (1972), „Hartöstlich von Suez. Die feudale Halbinsel“ (1972), „Westlich von Suez“ (1973), „Die große Überquerung. Der neue Geist Ägyptens“ (1975), „50mal Ägypten“ (1979), „Golf – Der perfekt geregelte Wahnsinn. Anleitung zum besseren Verständnis der Golfregeln“ (2003) und „Ein Piefke in Wien. Liebevolle Sticheleien zwischen München, Kairo, Fft. und Wien“ (2007).
Weitere Preise und Auszeichnungen, u. a. Joseph-E.-Drexel-Preis (1964) und Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1976).

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Dieter Rebentisch.

Lexika: Hahn, Peter (Hg.): Literatur in Fft. Ein Lexikon zum Lesen. Ffm. 1987.Hahn (Hg.): Literatur in Fft. 1987, S. 258-261.
Literatur:
                        
Wer ist’s? Titel auch: Degener’s Wer ist’s? Titel ab 1923: Wer ist wer? Wechselnde Untertitel: Zeitgenossenlexikon. / Unsere Zeitgenossen. / Das deutsche Who’s who. Leipzig, ab 1928 Berlin 1905-93.Wer ist wer? 1992/93, S. 539.
Quellen: Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Lückemeier, Peter: Erich Helmensdorfer – Den Lokalteil nie gegen die Stadt gemacht. In: FAZ, 27.5.2010. | Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Lückemeier, Peter: Weltläufiger Lokaljournalist. In: FAZ, 30.4.2017. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/8.638. | Munzinger-Archiv. Internationales Biographisches Archiv u. a. Archivdienste für die Medien. Ravensburg 1913-heute.Munzinger, Internationales Biographisches Archiv 18/2000 vom 24.4.2000 (ergänzt bis Kalenderwoche 17/2017).
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_HelmensdorferWikipedia, 7.9.2017.

GND: 118710214 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Rebentisch, Dieter: Helmensdorfer, Erich. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/10002

Stand des Artikels: 7.1.2018
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 09.2017.