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Heckmann, Herbert

Herbert Heckmann

Herbert Heckmann
Fotografie von Jochen Günther (1994).

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7FR Nr. 16435).
Heckmann, Herbert. Psd.: Fritz Schönborn. Prof. Dr. phil. Schriftsteller. Literaturwissenschaftler. * 25.9.1930 Ffm., † 18.10.1999 Bad Vilbel.
H. kam aus einem katholischen Elternhaus. Der Vater war städtischer Fürsorgebeamter. Man las die Ffter Zeitung. H. selbst war Ministrant. Die Großmutter mütterlicherseits war jüdisch. Ein Onkel gehörte zum katholischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus und entging nur durch Bombentod der Verhaftung und Ermordung durch die Gestapo.
H. wuchs in der Ffter Kuhwaldsiedlung auf, besuchte die dortige Volksschule und danach das Goethe-Gymnasium. Nach dessen Zerstörung im Bombenkrieg 1944 wurde er nach Kassel bei Biebergemünd im Spessart evakuiert. 1951 Abitur in Gelnhausen. Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Ffm. 1957 Promotion mit einer Dissertation über das barocke Trauerspiel. Darin wies H. als erster Barockforscher mit Nachdruck auf Walter Benjamins Schrift „Ursprung des deutschen Trauerspiels“ (1928) hin und bereitete damit die Renaissance Benjamins mit vor.
Erste Gedichte und Kurzgeschichten 1954 in der Studenten-Zeitschrift „Diskus“, deren Feuilleton er drei Jahre lang leitete, und in der Zeitschrift „Akzente“. Zusammen mit Karl Markus Michel (1929-2000), Klaus Wagenbach (* 1930), Volker Klotz (* 1930) u. a. gehörte H. zum Kreis um Walter Höllerer (1922-2003), der damals Assistent von H.s Doktorvater Kurt May (1892-1959) war und später zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten des Literaturbetriebs in der Bundesrepublik avancierte. 1958 Stipendium in der Villa Massimo in Rom. Anschließend arbeitete H. als wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten Münster (1958-59; dort Beginn der lebenslangen Freundschaft mit Golo Mann) und Heidelberg (1959-64). 1962 erschien sein erster Roman „Benjamin und seine Väter“, den Kritiker in eine Reihe mit Werken von Günter Grass, Martin Walser und Uwe Johnson stellten; er wurde in der FAZ als Fortsetzungsroman vorabgedruckt, ins Englische, Französische, Italienische und Spanische übersetzt und erlebte in kurzer Zeit fünf Auflagen.
Von 1965 bis 1967 unterrichtete H. als Gastdozent an der Northwestern University in Evanston/Illinois. Nach seiner Rückkehr aus Amerika wurde er freier Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, für den er seit 1968 zahlreiche Kulturbeiträge für Hörfunk und Fernsehen verfasste. Daneben war er u. a. freier Mitarbeiter des Feuilletons der FR und Dramaturg bei den Heppenheimer Festspielen seit deren Gründung 1974. Sein zweiter Roman „Der große Knock-out in sieben Runden“ (1972), in dem H. seine Amerika-Erfahrungen verarbeitete, konnte an den Erfolg des Erstlings nicht anknüpfen, sondern wurde von der Kritik fast einhellig verrissen. Von 1980 bis 1995 lehrte H. als Professor für Sprache und Literatur an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach.
Seit 1977 Mitglied, seit 1982 geschäftsführender Vizepräsident, von 1984 bis 1996 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. In diesem Amt äußerte sich H. u. a. als Gegner der Rechtschreibreform und setzte sich für das Andenken von in der NS-Zeit verfolgten Autoren ein. Er war außerdem Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Mehrfach nahm er an den Tagungen der Gruppe 47 teil und gehörte zahlreichen Jurys an. Er begründete die Romanfabrik in Ffm. (1984/85) und insbesondere den Romanfabrikschreiber-Preis (1986) mit.
H. verfasste Romane, Erzählungen, Essays, Gedichte, Kinder- und Jugendbücher, Koch- und andere kulinarische Bücher (z. B. über Wein) sowie Features für Hörfunk und Fernsehen; daneben entfaltete er eine ausgedehnte Herausgebertätigkeit. Weitere poetische Werke (in Auswahl): „Das Portrait“ (Erzählungen, 1958), „Schwarze Geschichten“ (Erzählungen, 1964), „Die sieben Todsünden“ (Erzählungen, 1964), „Der kleine Fritz“ (Kinderroman, 1968), „Geschichten vom Löffelchen“ (1970), „Der große O“ (1977), „Ein Bauer wechselt die Kleidung und verliert sein Leben“ (Erzählungen, 1980), „Für alles ein Gewürz“ (zwei Erzählungen, 1983) und „Die Trauer meines Großvaters. Bilder einer Kindheit“ (autobiographische Skizzen, 1994, Neuaufl. 2022) sowie der posthum erschienene Sammelband „Gedanken eines Katers beim Dösen“ (Geschichten, hg. v. Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz, 2009).
Die literarischen Werke von H., der eine starke Affinität zu Jean Paul besaß, sind geprägt von den beiden Polen Melancholie und Humor: Melancholie im Sinne des Barock, die unter dem Bewusstsein der Nichtigkeit des Menschen und der Welt leidet, und Humor, der ein Gegengewicht dazu herzustellen versucht. Groß war H.s Liebe zur Heimat, zu Ffm., zu Hessen. Er sprach Ffter Dialekt, und viele seiner Werke („Hessisch auf deutsch“, 1973, „Typisch hessisch“, als Hg., 1980, „Diese lebhafte sinnliche Welt. Fft. mit den Augen Goethes“, mit Walter Michel, 1982, 4. Aufl. 1998, „Ffter Lesebuch“, als Hg., 1985, u. a.) zeigen ihn als ausgewiesenen Kenner der hessischen und Ffter Geschichte und Kultur sowie als bodenständigen Kulinariker. Beim Neujahrsempfang der Stadt Ffm. 1999 hielt er die Ansprache zu dem von ihm gewählten Thema „Der Frankfurter – das unbekannte Wesen“, wobei er zugleich eine Einführung in das Frankfurterische gab (vgl. Abdruck der Rede in: FR, 25.10.1999). H. besaß auch eine ausgeprägte Musikalität und war ein begabter Geiger.
Von 1963 bis 1979 Mitherausgeber der „Neuen Rundschau“ im S. Fischer Verlag.
Ehrungen und Preise: Bremer Literaturpreis (für „Benjamin und seine Väter“, 1963), Turmschreiber von Deidesheim (1986), Johann-Heinrich-Merck-Ehrung der Stadt Darmstadt (1990), Silberne Verdienstmedaille der Stadt Darmstadt (1996) u. a.
Festschriften zum 60. Geburtstag („Bücher, Bücher – meine Lust“, hg. v. Hans Sarkowicz und Bettina Mähler, 1990, u. a. mit einem Beitrag von Golo Mann) und zum 65. Geburtstag („dies & daß: wie Sprache die vielfältigsten Gesichter macht“, hg. v. Friedrich Friedl, Carola Hilmes und Dietrich Mathy, 1995).
Vater des Komponisten Moritz Eggert (* 1965), der aus einer Beziehung mit der Fotografin Mara Eggert (* 1938) stammt und der u. a. H.s Gedichtzyklus „Laßt uns ungereimt sein“ vertonte.
Zum 75. Geburtstag 2005 fand eine Gedächtnisausstellung für H. in Bad Vilbel, dem langjährigen Wohnort des Schriftstellers, statt. Das Lesefestival „Fft. liest ein Buch“ 2017 war H.s Roman „Benjamin und seine Väter“ (1962) gewidmet.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Roman Fischer.

Lexika: Hahn, Peter (Hg.): Literatur in Fft. Ein Lexikon zum Lesen. Ffm. 1987.Hahn (Hg.): Literatur in Fft. 1987, S. 250-253. | Killy, Walther (Hg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. 14 Bde. und 1 Registerband. Gütersloh/München 1988-93. Digitale Ausgabe: Literaturlexikon. Hg. v. Walther Killy. Berlin 1998. (Digitale Bibliothek 9).Lutz Hagestedt in: Killy 5 (1990), S. 94 (in der digitalen Ausgabe: S. 7975-7977). | Lennartz, Franz: Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik. 845 Einzeldarstellungen in alphabetischer Folge mit Werkregister und dokumentarischem Anhang. 3 Bde. und Registerband. Stuttgart 1984.Lennartz: Dt. Schriftsteller d. 20. Jh.s im Spiegel d. Kritik 1984, Bd. 2, S. 696-698. | Wilpert, Gero von: Deutsches Dichterlexikon. Biographisch-bibliographisches Handwörterbuch zur deutschen Literaturgeschichte. 3., erw. Aufl. Stuttgart 1988. (Kröners Taschenausgabe, Bd. 288).Wilpert: Dt. Dichterlex., S. 322.
Literatur:
                        
Baldes, Dirk: Ein humoristischer Melancholiker. Das Werk Herbert Heckmanns. St. Ingbert 2006. (Saarbrücker Beiträge zur Literaturwissenschaft 84).Baldes: Ein humoristischer Melancholiker 2006. | Neue Szene Ffm. 1970-’76. Ein Kultur-Lesebuch. Hg. v. Katharina Bleibohm und Wolfgang Sprang mit Unterstützung des Dezernats Kultur und Freizeit der Stadt Ffm. Ffm. [1976].Bleibohm/Sprang (Hg.): Neue Szene Ffm. 1976, S. 76-79, 207. | Boehncke, Heiner/Sarkowicz, Hans: Was niemand hat, find ich bei Dir. Eine Ffter Literaturgeschichte. Darmstadt/Mainz 2012.Boehncke/Sarkowicz: Ffter Literaturgeschichte 2012, S. 315f. | Chotjewitz Häfner, Renate (Hg.): Hessische Literatur im Porträt. Fotografien v. Ramunė Pigagaitė. Marburg 2006.Chotjewitz Häfner (Hg.): Hess. Literatur im Porträt 2006, S. 42f., 116. | Friedl, Friedrich/Hilmes, Carola/Mathy, Dietrich: dies & daß: wie Sprache die vielfältigsten Gesichter macht. Herbert Heckmann gewidmet von Offenbacher, Ffter und anderen Zeitgenossen. Offenbach 1995.Friedl/Hilmes/Mathy: dies & daß: wie Sprache die vielfältigsten Gesichter macht. Herbert Heckmann gewidmet 1995. | Gazzetti, Maria (Hg.): Fft. Literarische Spaziergänge. Mit (...) einer literarischen Spurensuche von Renate Chotjewitz Häfner. Ffm. 2005. (Fischer Taschenbuch 16935).Gazzetti (Hg.): Lit. Spaziergänge 2005, S. 93, 98. | Kulturelle Entdeckungen: Literaturland Hessen. Hg. v. d. Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. [Regensburg] 2009.Kulturelle Entdeckungen: Literaturland Hessen 2009, S. 93f. | Sarkowicz, Hans (Hg.): Die großen Ffter. Nach einer Sendereihe des Hessischen Rundfunks. 2. Aufl. Ffm./Leipzig 1994.Sarkowicz (Hg.): Die großen Ffter 1994, S. 284. | Sarkowicz, Hans/Mähler, Bettina (Hg.): Bücher, Bücher – meine Lust. Herbert Heckmann zum Sechzigsten. Eine Freundesgabe. Bensheim 1990.Sarkowicz/Mähler (Hg.): Bücher, Bücher – meine Lust. Herbert Heckmann zum Sechzigsten 1990. | Seide, Adam (Hg.): Was da ist. Kunst und Literatur in Fft. Künstlerische Tendenzen am Beispiel einer Stadt. Ffm. [1963].Seide (Hg.): Was da ist 1963, S. 158f. | Setzepfandt, Christian/Berger, Frank/Zwilling, Jutta: 101 Männerorte in Fft. [Ffm.] 2017.Setzepfandt/Berger/Zwilling: 101 Männerorte 2017, S. 174f.
Quellen: Der Spiegel. Hamburg 1947-heute.Kurzer Nachruf in: Der Spiegel 43/1999, 25.10.1999, S. 348. | Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Nachruf von Hans-Martin Gauger und Arnd Rühle in: FAZ, 20.10.1999. | Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Jungheinrich, Hans-Klaus: Wortgewaltige Beharrlichkeit des Dialektsprechers. Eine knorrige Ffter Figur: mit 69 Jahren starb der Schriftsteller Herbert Heckmann. In: FR, 20.10.1999. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/6.085.
Internet: Website der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung e. V., Darmstadt. https://www.deutscheakademie.de/de/akademie/mitglieder/herbert-heckmannDt. Akademie für Sprache u. Dichtung, 8.2.2021. | Hessische Biografie, ein Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Landesamts für geschichtliche Landeskunde in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/pnd/119200015Hess. Biografie, 8.2.2021. | Stadtlexikon Darmstadt, Hg.: Historischer Verein für Hessen e. V., Redaktion: Anke Leonhardt/Peter Engels, Darmstadt, 2013-16. https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/h/heckmann-herbert.html
Hinweis: Artikel von Michael Assmann.
Stadtlex. Darmstadt, 8.2.2021.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_HeckmannWikipedia, 8.2.2021.

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Empfohlene Zitierweise: Fischer, Roman: Heckmann, Herbert. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3512

Stand des Artikels: 8.2.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 02.2021.