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Klausing, Friedrich Karl

Friedrich Karl Klausing

Friedrich Karl Klausing
Fotografie (1943; in Privatbesitz).

© privat/David Krause.
Klausing, Friedrich Karl. Hauptmann. Offizier. Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. * 24.5.1920 München, † 8.8.1944 Berlin-Plötzensee (hingerichtet).
Drittes Kind und zweiter Sohn des Rechtswissenschaftlers Friedrich K. und dessen Ehefrau Marie Sibylle, geb. Lehmann (1889-1983). Drei Geschwister: Friedrich Benno (1915-1942), Mathilde (1919-1981) und Johann Hermann Otto (1926-1993).
Seit dem Wechsel des Vaters als ordentlicher Professor an die Universität Ffm. 1921 lebte die Familie in Ffm., zunächst in der Eschenbachstraße 34 in Sachsenhausen, seit 1927 im eigenen Haus in der Willibrachtstraße 13 in Eschersheim. Der Vater, der sich in den ausgehenden 1920er Jahren zum entschiedenen Nationalsozialisten entwickelte, war die unbestrittene Autorität in der Familie. Die Mutter führte die Kinder an Literatur und bildende Kunst heran, und K. schrieb in einem „Bericht über meinen Bildungsgang“ für das humanistische Lessing-Gymnasium im Dezember 1937, dass die Mutter seiner Schwester und ihm „oft Märchen und Erzählungen aus der deutschen Geschichte oder dem germanischen Sagenkreis vorgelesen“ habe, um ihr „Verständnis für das Werden des deutschen Volkes, wie überhaupt für Welt und Menschen, zu erwecken“ (zit. nach: Vollmer/Keil: Stauffenbergs Gefährten 2013, S. 31). Später las K. die Bücher von Ernst Jünger, die ihn faszinierten und den Wunsch in ihm stärkten, Soldat zu werden. Dennoch war er in seinem Denken zeit seines Lebens von einer christlichen Grundhaltung bestimmt. Er gehörte in Ffm. der reformierten Gemeinde an und war Mitglied der Christlichen Pfadfinderschaft, mit der er sich 1933 der HJ anschloss. Zu Ostern 1938 legte K. das Abitur am Lessing-Gymnasium in Ffm. ab. Als Wahlfach hatte er sich Geschichte ausgesucht. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin wurde sein evangelisches Glaubensbekenntnis in seinem Reifezeugnis vermerkt.
Nach dem seit 1935 obligatorischen Reichsarbeitsdienst begann K. im Herbst 1938 seine Laufbahn als Berufsoffizier mit dem Eintritt als Fahnenjunker in das angesehene Potsdamer Infanterie-Regiment 9, aus dem eine ganze Reihe von Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime hervorgehen sollte. Richard von Weizsäcker (1920-2015), der spätere Bundespräsident, der zugleich mit K. in das Regiment eintrat, erinnerte sich: „K. war durch seine Zurückhaltung und seine wenigen, aber klugen Anmerkungen der Stillste, am wenigsten die Aufmerksamkeit auf sich Ziehende in unserem engeren Kreis, ein besonders gewinnender Charakter. (...) Ihn zeichnete eine völlige Unaufdringlichkeit und Bescheidenheit aus – er war in höchstem Maße vertrauenswürdig, gar keine Frage. Dafür, dass Stauffenberg ihn in den entscheidenden Momenten in seiner persönlichen Nähe haben wollte, dafür war K. wie geschaffen vom lieben Gott.“ (Zit. nach: Vollmer/Keil: Stauffenbergs Gefährten 2013, S. 28.) Seit 1939 war K. im Kriegseinsatz, zunächst gegen Polen und Frankreich; er wurde mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet und erhielt das Offizierspatent. 1942/43 nahm er an den Kämpfen bei Stalingrad teil und wurde nach einer schweren Verwundung aus Stalingrad ausgeflogen. Nach einer weiteren Verwundung in der Nähe des Ladogasees bei Leningrad im Juli 1943 wurde K. zum Innendienst beim Oberkommando der Wehrmacht in Berlin versetzt.
Über sein Regiment hatte K. spätestens 1940 Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg (1902-1944) kennengelernt, der ihm zum Vorbild und väterlichen Freund wurde. Schulenburg, einer der zentralen Organisatoren und Strategen eines Widerstandsnetzes, gewann ihn für die Pläne zum Attentat auf Adolf Hitler, das einen Staatsstreich einleiten sollte. Durch Schulenburg kam K. spätestens 1943 in Verbindung mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944). Als Stauffenberg im Herbst 1943 einen Posten beim Allgemeinen Heeresamt im Bendlerblock in Berlin einnahm und am 1.7.1944 zum Chef des Stabes beim Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres aufstieg (wodurch er regelmäßigen Zugang zu den Lagebesprechungen mit Hitler erhielt), forderte er K. als seinen Ordonnanzoffizier an. Bei den beiden ersten Attentatsversuchen, am 11.7.1944 auf dem Berghof am Obersalzberg und am 15.7.1944 im ostpreußischen Führerhauptquartier Wolfsschanze, wurde Stauffenberg von K. begleitet; beide Aktionen wurden nach telefonischer Rücksprache mit den Akteuren in Berlin in letzter Minute abgebrochen, weil Himmler und/oder Göring (als weitere beabsichtigte Zielpersonen des Anschlags) nicht anwesend waren. Am 19.7.1944 war K. krank und nicht einsatzfähig, weshalb Stauffenberg am nächsten Tag mit seinem Adjutanten Werner von Haeften (1908-1944) zur Wolfsschanze flog.
Am Mittag des 20. Juli 1944, zur Zeit des Attentats auf Hitler, hielt sich K. im Bendlerblock in Berlin auf, der Zentrale des geplanten Umsturzes, von wo aus die verabredeten Meldungen zum Auslösen des Staatsstreichs („Unternehmen Walküre“) per Fernschreiber und Telefon an die Glieder der zivilen und militärischen Widerstandsbewegung gegeben und koordiniert werden sollten. Für die Übermittlung der „Walküre“-Befehle war K. mitverantwortlich. Trotz der – letztlich bestätigten – Gerüchte, Hitler habe das Attentat überlebt, hielt er zu Stauffenberg, der am späteren Nachmittag im Bendlerblock eingetroffen war, und teilte dessen „Einschätzung (...), jetzt erst recht gehe es aufs Ganze“ (Antje Vollmer in: Vollmer/Keil: Stauffenbergs Gefährten 2013, S. 34). Als gegen 23 Uhr Truppen zur Niederschlagung des Unternehmens in den Bendlerblock eindrangen, versuchte K. bis zuletzt, Generaloberst Ludwig Beck (1880-1944) und Stauffenberg mit Pistolen zu verteidigen, um ihnen die Flucht und ein Agieren von außerhalb zu ermöglichen. Nach deren Festnahme konnte er zunächst entkommen, wobei er auch einigen jüngeren Offizieren zur Flucht aus dem bereits besetzten Gebäude verholfen haben soll. In der Nacht zum 21.7.1944 versteckte er sich bei Freunden. Am Morgen stellte er sich jedoch der Gestapo. Im ersten Schauprozess gegen die Hauptverantwortlichen vom 20. Juli vor dem Volksgerichtshof wurde K. am 8.8.1944 zum Tode verurteilt und noch am Tag des Urteils in Plötzensee hingerichtet.
Mit einer offiziellen Feier in der Paulskirche am 11.7.1955 gedachte die Stadt Ffm. erstmals des Widerstands vom 20. Juli 1944 und seiner Akteure. Aus diesem Anlass wurden dem Lessing-Gymnasium, stellvertretend für die Ffter Jugend, eine schwarz-rot-goldene Fahne und eine Plakette mit der Inschrift „Wir haben recht getan, damit ihr recht tun könnt“ überreicht, verbunden mit dem „Appell, das Vermächtnis dieser Männer – und Frauen – wachzuhalten“ [Elisabeth Jahr-Härtelt in: Mieles u. a. (Hg.): FS Lessing-Gymnasium 2020, S. 494]. Daraufhin wurde im Lessing-Gymnasium 1956 eine Gedenkstätte mit den Bildern von Carl-Heinrich von Stülpnagel, Cäsar von Hofacker und Friedrich Karl K. (den drei ehemaligen Schülern, die am Widerstand vom 20. Juli 1944 beteiligt waren und dafür in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurden) eingeweiht, die sich zunächst im Treppenhaus des alten Schulhauses, nach dessen Abriss in der Aula des 1968 eröffneten Neubaus befand und zum 40. Jahrestag des Kriegsendes 1985 durch eine von der Stadt Ffm. gestiftete Gedenktafel ergänzt wurde. Nach einer öffentlichen Debatte um Stülpnagel und dessen Haltung zum NS-Regime wurde dessen Bild 1996 entfernt und der Familie zurückgegeben; die beiden anderen Porträts wurden im Zuge einer Renovierung der Aula 2004 abgehängt und ins Schularchiv genommen. Statt der Gedenkstätte entwickelte das Lessing-Gymnasium 2004 eine Ausstellung zum Leben der drei Widerstandskämpfer, die sich seit 2014 unter Erweiterung durch eine „Denk-Stätte Widerstand“ präsentiert.
Seit 4.9.2021 Stolperstein für K. vor dem früheren Wohnhaus der Familie in der Willibrachtstraße 13 in Eschersheim.
Seit 2007 Friedrich-Karl-K.-Straße auf dem Riedberg. Seit 2018 Friedrich Karl K.-Stiftung an der Schule Schloss Salem in Überlingen zur Förderung von Studienreisen ins Ausland für Jugendliche und zur Pflege der Erinnerung an K.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Lexika: Steinbach, Peter/Tuchel, Johannes (Hg.): Lexikon des Widerstandes 1933-1945. München 1994. (Beck’sche Reihe 1061).Steinbach/Tuchel (Hg.): Lex. d. Widerstandes 1994, S. 105f.
Literatur:
                        
Keval, Susanna: Widerstand und Selbstbehauptung in Ffm. 1933-1945. Spuren und Materialien. Hg. v. Magistrat der Stadt Ffm. Ffm. 1988.Keval: Widerstand 1988, S. 104. | Leber, Annedore: Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933-1945 (...). Hg. in Zusammenarb. m. Willy Brandt und Karl Dietrich Bracher. Berlin/Ffm. 1954.Leber: Das Gewissen steht auf 1954, S. 28f. | Mieles, Bernhard/Ritter, Carolin/Wolf, Christoph (Hg.): „Nachforschung der Wahrheit“. Von der alten Lateinschule zum Lessing-Gymnasium in Ffm. Festschrift zum 500-jährigen Jubiläum der Schule. Ffm. [Copyright 2020].Kern, Michael: Carl-Heinrich von Stülpnagel und Konrad Heiden. Zwei Wege des Widerstandes. In: Mieles u. a. (Hg.): FS Lessing-Gymnasium 2020, S. 371-386, hier S. 382-385. | Mieles, Bernhard/Ritter, Carolin/Wolf, Christoph (Hg.): „Nachforschung der Wahrheit“. Von der alten Lateinschule zum Lessing-Gymnasium in Ffm. Festschrift zum 500-jährigen Jubiläum der Schule. Ffm. [Copyright 2020].Jahr-Härtelt, Elisabeth: Erinnern und Erkennen. Es gibt keinen Universalschlüssel für Widerstand. Leitgedanken für die Einrichtung der Denk-Stätte Widerstand. In: Mieles u. a. (Hg.): FS Lessing-Gymnasium 2020, S. 494-499, hier S. 494f. | Vollmer, Antje/Keil, Lars-Broder: Stauffenbergs Gefährten. Das Schicksal der unbekannten Verschwörer. Bonn 2013. (Schriftenreihe / Bundeszentrale für politische Bildung 1347).Vollmer, Antje: Friedrich Karl Klausing (1920-1944). „So fragt nicht mehr nach mir, sondern laßt mich damit ausgelöscht sein“. In: Vollmer/Keil: Stauffenbergs Gefährten 2013, S. 26-43.
Quellen: Die Welt. [Tageszeitung.] Berlin 1946-heute.Keil, Lars-Broder: Attentat auf Hitler. So dachte der Jüngste der Verschwörer vom 20. Juli. In: Die Welt, Onlineausgabe, 20.7.2018 (https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article179650750/Attentat-auf-Hitler-So-dachte-der-Juengste-der-Verschwoerer-vom-20-Juli.html, abgerufen am 13.1.2021). | Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Rüthers, Bernd: Eine ungewöhnliche Erbfolge. Zur Erinnerung an Hauptmann Friedrich Karl Klausing. In: FAZ, 1.9.2004, S. 35. | ISG, Einwohnermeldekartei („Nullkartei“), ca. 1870-1930.Meldekarten der Eltern: ISG, Nullkartei, Sign. ISG_A.12.02_K10146-10147. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/1.292.
Internet: Website der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin. https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/friedrich-karl-klausing/Gedenkstätte Deutscher Widerstand, 13.1.2021. | Stolpersteine in Ffm., Internetdokumentation der Initiative Stolpersteine in Ffm. e. V., Ffm. https://www.stolpersteine-frankfurt.de/media/pages/dokumentation/6005c26919-1659187902/doku2021_web.pdf
Hinweis: Initiative Stolpersteine Ffm., 19. Dokumentation 2021, S. 10f.
Stolpersteine in Ffm., 30.5.2023.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Karl_KlausingWikipedia, 11.1.2021.

GND: 129922439 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Klausing, Friedrich Karl. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3612

Stand des Artikels: 30.5.2023
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 01.2021.