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Hannes, Ilse

Ilse Hannes

Ilse Hannes
Fotografie von Alexander Beck (2006).

© Alexander Beck, Ffm.
Hannes, Ilse, verh. Hannes-Schmidt. Erzieherin. Bildende Künstlerin. Kunsterzieherin. * 14.6.1916 Swinemünde, † 12.8.2006 Ffm.
H. wuchs in Swinemünde in einem bildungsbürgerlich geprägten Haus auf; ihr Vater war Arzt und hatte besondere naturwissenschaftliche Interessen. Nach Abschluss der Schule ging sie 1933 nach Berlin, wo sie sich beim „Verein Jugendheim“, der unter der Leitung der regimekritischen, bald aus ihren Ämtern vertriebenen Anna von Gierke (1874-1943) stand, zur „Hortnerin“ (Erzieherin) ausbilden ließ. Schon bei dieser Tätigkeit zeigte sie ein besonderes Interesse für kunstpädagogische Ansätze und besuchte die Museen in Berlin, wo man bis 1935 trotz des einsetzenden Bildersturms der Nazis noch einzelne Arbeiten moderner Künstler sehen konnte. Nach verschiedenen Zwischenstationen hielt sich H. Ende der 1930er Jahre wieder in Swinemünde auf, wo sie, um für ihre berufliche Tätigkeit in Kinder- und Jugendheimen Kenntnisse in Erster Hilfe zu erwerben, eine Ausbildung zur Rotkreuzhelferin absolvierte. Aufgrund dessen wurde sie nach Beginn des Zweiten Weltkriegs als Nachrichtenhelferin des Heeres rekrutiert und durchlief entsprechende Lehrgänge. Ab 1940 war sie in verschiedenen besetzten Gebieten stationiert, zunächst in Frankreich, dann für drei Jahre in Norwegen, am Ende des Krieges für kurze Zeit in Italien. In Norwegen traf sie unter den Besatzungssoldaten auf Karl Walter Schmidt (1908-1995) aus Ffm., der an der Kasseler Akademie Malerei studiert hatte und jetzt als Kunsterzieher an der Ffter Ziehenschule tätig war. Die gemeinsame Liebe zur Kunst, aber auch schwere Schicksalsschläge wie der Verlust eng vertrauter Personen durch den Krieg stifteten Vertrauen und Zuneigung.
Dank dieser Verbindung kam H. nach Kriegsende nach Ffm. und lebte zunächst für einige Zeit bei Schmidts Familie. Angeregt durch Schmidt begann H., sich teils autodidaktisch, teils durch den Besuch einschlägiger Schulen und Kurse künstlerisch systematisch auszubilden. 1951/52 lernte sie an der Werkakademie in Kassel, 1954 und 1956 besuchte sie Lehrgänge beim früheren Bauhauslehrer Johannes Itten (1888-1967), 1963/64 schulte sie sich in der Technik der Radierung im Atelier 17 von Stanley William Hayter (1901-1988) in Paris, 1968 besuchte sie Kurse für Lithografie bei Thomas Bayrle (* 1937) in der Klosterpresse in Ffm. Begonnen mit Scherenschnitten und kleinen Aquarellen eignete H. sich sukzessive ein großes Spektrum verschiedener Techniken und Materialverarbeitungen an, was zur Grundlage für ein weit ausgreifendes Œuvre wurde: Ölgemälde, Pastelle, Bleistift- und Federzeichnungen, Collagen, Radierungen, Lithografien, Frottagen, Kompositionen aus Objets trouvé, ein Mal auch eine große Metallplastik (Hochaltar in der evangelischen Kirche in Altenkirchen im Westerwald). Sie arbeitete dabei sowohl mit gegenständlichen Elementen wie mit abstrakten Formen und Strukturen. Sie griff zum einen Natur- und Reiseeindrücke auf und reflektierte zum anderen auch die schwierigen Phasen der jüngeren deutschen Geschichte, deren Zeitzeugin sie geworden war.
Schon früh hatte H., zunächst dank Karl Walter Schmidt, Gelegenheit, ihre Werke in Ausstellungen zu zeigen, so bereits 1946 in einer Ausstellung der Hessischen Sezession im Landesmuseum Kassel. Es folgten zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, viele in Ffm., aber auch im Ausland. Höhepunkt ihrer Ausstellungstätigkeit war die große Retrospektive ihres Gesamtwerks anlässlich ihres 90. Geburtstags im Juni 2006 im Refektorium des Karmeliterklosters in Ffm., auf der ihre ausgedehnte Produktion aus sechs Jahrzehnten präsentiert wurde.
H.’ künstlerische Arbeit wurde immer wieder unterbrochen von Phasen, in denen sie aus Gründen des Gelderwerbs eine kunsterzieherische Tätigkeit an verschiedenen Gymnasien in Ffm. und in Nordhessen ausübte. In diesem Kontext führte sie gemeinsam mit Karl Walter Schmidt an der Ffter Liebigschule, an der dieser als Kunsterzieher unterrichtete und sie selbst zeitweilig lehrend tätig war, eine monumentale plastische Wandarbeit in der Pausenhalle (1966/67) aus. Eine dauerhafte Einbindung in den Schulbetrieb wollte H., um künstlerisch frei zu bleiben, jedoch vermeiden.
1984, nachdem Schmidt verwitwet war, heirateten Ilse H. und Karl Walter Schmidt. Sie zog zu ihm in das seit den 1930er Jahren von ihm und seiner Familie bewohnte Haus Im Burgfeld 66 in der Ffter Römerstadt. Anhand der Lebensform dieses Künstlerpaars wurde erfahrbar, wie der Erbauer der Römerstadt, Ernst May, sich die idealen Bewohner seiner reformerisch inspirierten Siedlungen vorgestellt hatte: Ihr Haus war sparsam und überlegt möbliert, ausgestattet mit den eigenen Werken und umgeben von einem geschmackvoll angelegten Garten. Hier in ihrem Haus starb H. nur wenige Wochen nach ihrer großen Retrospektivausstellung 2006, als sie den Höhepunkt ihrer öffentlichen Wirksamkeit erreicht hatte.
Von H. befinden sich einige Arbeiten in der Neuen Galerie in Kassel, zahlreiche in Privatbesitz.
Den größten Teil ihres künstlerischen Nachlasses übernahm der „Verein zur Förderung der Kunst und des Werkes von Ilse Hannes e. V.“ (kurz: „Ilse H.-Gesellschaft“). Diese als gemeinnützig anerkannte Vereinigung hat H. gemeinsam mit Freunden ein Jahr vor ihrem Tod selbst gegründet. Die Ilse H.-Gesellschaft, der etwa 60 Personen beitraten, wurde Erbe des künstlerischen Nachlasses von H. und sollte aus dem Verkauf der Arbeiten ihre Zwecksetzungen erfüllen.
Der Vorstand des Vereins beschloss nach H.’ Tod, einen nach ihr benannten „Ilse Hannes-Kunstpreis“ zu stiften. Damit wird seit 2007 jährlich eine künstlerische Persönlichkeit aus Ffm. geehrt. Vor dem Hintergrund des Lebens von H. werden bevorzugt ältere Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, die ein authentisches Lebenswerk vorweisen können, wobei unter Umständen auch eine soziale Komponente Berücksichtigung findet. Anlässlich der zehnten Preisverleihung, die am 100. Geburtstag von H. im Juni 2016 stattfand, wurde im Nebbien’schen Gartenhaus eine Ausstellung ihrer Arbeiten gezeigt.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Andrea C Hansert.

Literatur:
                        
BBK Kassel-Nordhessen e. V./Raacke, Walter (Hg.): 40 Jahre Bundesverband Bildender Künstler in Kassel und Nordhessen. Kassel 1988.BBK Kassel-Nordhessen/Raacke (Hg.): 40 Jahre Bundesverband Bildender Künstler in Kassel u. Nordhessen 1988, S. 126f. | Die bildenden Künstler in Ffm. Hg. v. d. Stadt Ffm., Dezernat für Kultur und Freizeit, Amt für Wissenschaft und Kunst. Bearb. v. Kurt Lotz u. Rudi Seitz. Ffm. 1982, 2. Aufl. 1989.Die bildenden Künstler in Ffm. 1989. | Ehrlich, Wilfried: Fünfzig Jahre Treue um Treue. Die Geschichte der Heussenstamm’schen Stiftung. Hg. v. d. Heussenstamm-Stiftung. Ffm. [1983].Ehrlich: Heussenstamm’sche Stiftung 1983, S. 118. | Ilse Hannes. Arbeiten aus fünf Jahrzehnten (1942-1991). Ausstellung im Dormitorium des Karmeliterklosters Ffm., 12. Januar bis 9. Februar 1992. [Katalog.] Ffm. 1992.Kat. Ilse Hannes 1992. | Struktur und Farbe. Ilse Hannes. Arbeiten aus 60 Jahren. [Ausstellungskatalog. Red.: Andreas Hansert.] Petersberg 2006.Kat. Struktur und Farbe. Ilse Hannes 2006. | Nees, Roswitha: Ilse Hannes. Werkverzeichnis 1929-1997. Gemälde, Farbarbeiten auf Papier, Scherenschnitte und Collagen, Zeichnungen, Druckgraphik, Mappen. Ffm. 1998.Nees: Ilse Hannes. Werkverzeichnis 1929-97 (mit Nachträgen). | Weiermair, Peter (Hg.): Kunst in Fft. 1986 – Medium Zeichnung. Ffter Kunstverein, Steinernes Haus am Römerberg, Ffm. 7.6.-6.7.1986. Ausstellungskatalog. Ffm. 1986.Weiermair (Hg.): Kunst in Fft. – Medium Zeichnung 1986, S. 57-61.
Quellen: Auftritt. Die Ffter Stadtillustrierte. Ffm. 1982-90.Bee, Brigitte: Vier Künstlerinnen in Fft.: Ilse Hannes – Schamanin im blinden Land. In: Auftritt 1988, H. 2, S. 15f. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/9.522.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Ilse_Hannes-SchmidtWikipedia, 2.9.2020.

GND: 121635341 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Hansert, Andrea C: Hannes, Ilse. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3501

Stand des Artikels: 5.9.2020
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 09.2020.