Neuerscheinungen vom 10. Januar 2021

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

hoffentlich haben Sie das neue Jahr gut und gesund begonnen. Ich wünsche Ihnen allen viel Glück und Erfolg, Mut, Zuversicht und insbesondere Gesundheit für 2021!
Mit dem Jahreswechsel ist ein bemerkenswertes Jubiläum wieder ein Stückchen näher gerückt: Bald, am 1. September 2025, wird es 100 Jahre her sein, dass Ernst May die Stelle als Stadtbaurat antrat und „Das Neue Frankfurt“ startete. Schon seit einiger Zeit stehen die Protagonistinnen und Protagonisten des visionären Stadtplanungsprogramms, das alle Lebensbereiche erfasste, auch im Blickpunkt des Frankfurter Personenlexikons. May selbst, aber etwa auch Martin Elsaesser, Hans Leistikow,
Leberecht Migge, Margarete Schütte-Lihotzky, Martin Weber, Fritz Wichert und viele andere sind mit einem Eintrag im FP vertreten. Der diesmalige Artikel des Monats stellt einen prominenten Architekten vor, dessen Wirken in Frankfurt in den 1920er Jahren jedoch fast vergessen ist.

Artikel des Monats Januar 2021:
Bauen für Frauen

Er gehört zu den bedeutendsten Architekten der Nachkriegsmoderne in der Bundesrepublik: Bernhard Hermkes. Sein Name wird in einem Atemzug genannt mit Hans Scharoun, Egon Eiermann und Rudolf Schwarz. Mit seinen Bauten prägte er etwa das Gesicht der Stadt Hamburg in der Nachkriegszeit. Weniger bekannt ist aber, dass der gebürtige Hunsrücker seine Karriere in Frankfurt begann. Von den Ideen des Neuen Bauens fasziniert, fand der 23-Jährige 1926 am Frankfurter Hochbauamt unter Ernst May seine erste Anstellung. Schon bald machte Hermkes sich mit einem eigenen Büro in der Mainstadt selbstständig. Seine wichtigsten Bauten der Frankfurter Zeit wurden eine Wohnsiedlung an der Adickesallee und ein „Ledigenheim“ am Dornbusch, beide konzipiert und errichtet für alleinstehende berufstätige Frauen – damals ein äußerst fortschrittliches soziales Experiment, das Wege zur Gleichberechtigung wies.
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Schluss: 

Weitere Beiträge über Persönlichkeiten des „Neuen Frankfurt“ sind in Vorbereitung des nahenden Jubiläums geplant. Natürlich finden aber immer Biographien aus allen Bereichen von Frankfurts Geschichte und Kultur im FP ihre Berücksichtigung. Weitere wichtige Neuzugänge in der aktuellen Lieferung sind etwa (in chronologischer Folge nach dem Geburtsjahr): Jacob Seib, Ferry Ahrlé und Andreas Meyer-Hanno.
Der gelernte Lithograf Jacob Seib war einer der Pioniere der Fotografie in Frankfurt. Bereits seit 1844 bot er die Anfertigung von Daguerreotypien, also Lichtbildern auf versilberten Kupferplatten, an. Schon früh spezialisierte er sich auf die Porträtfotografie und lichtete die Spitzen der Stadtgesellschaft ebenso wie Abgeordnete der Nationalversammlung von 1848/49 ab. Sein Atelier hatte er seit 1850 in der Hochstraße, in einem eigens erbauten Glaspavillon, der ihm stets beste Lichtverhältnisse garantierte. Sein berühmtester Kunde war wohl Arthur Schopenhauer. Ein Porträt, das Seib von dem Philosophen aufnahm, ist auch im Frankfurter Personenlexikon zu sehen: als Illustration zu dem Artikel über Schopenhauer.
Der Künstler Ferry Ahrlé, gebürtiger Frankfurter, lebte seit Mitte der 1950er Jahre wieder in seiner Geburtsstadt, wo er sich zunächst vor allem der Gestaltung von Filmplakaten widmete. Mit seinen vielfältigen Arbeiten, von Werbeplakaten über Pressezeichnungen und Buchillustrationen bis zu Kalenderblättern, war er seit den späten Sechzigerjahren überall in der Stadt präsent und bekannt. Auch er wurde für seine Porträts geschätzt, die er – ganz klassisch – mit dem Zeichenstift oder auch in Öl anfertigte. Besonders populär wurde er mit Fernsehreihen wie „Sehr ähnlich, wer soll’s denn sein?“, in der er sich mit seinem prominenten Gegenüber unterhielt, während er es porträtierte. Auch seine Frankfurter Ansichten waren und sind sehr beliebt. Seit kurzem sind die Wände in der U-Bahnstation Konstablerwache mit Zeichnungen von Ferry Ahrlé vom Frankfurter U-Bahnbau in den 1970er und 1980er Jahren gestaltet.
Der promovierte Musikwissenschaftler Andreas Meyer-Hanno ließ sich nach seiner Karriere als Opernregisseur 1975 in Frankfurt nieder, wo er als Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst unterrichtete. Daneben engagierte er sich weiterhin in der Schwulenbewegung und gründete 1977 die Theatertruppe „Die Maintöchter“ mit. Außerdem errichtete er u. a. die „Hannchen-Mehrzweck-Stiftung für homosexuelle Selbsthilfe“, die zum Ziel hat, „das soziokulturelle Leben im Bereich der geschlechtlichen Vielfalt in der Bundesrepublik Deutschland auf eine stabile Grundlage zu stellen und ihm eine dauerhafte Perspektive zu sichern“. Auf die Initiative von Andreas Meyer-Hanno geht der „Frankfurter Engel“ zurück, das erste Mahnmal in Deutschland für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus. Es steht seit 1994 auf einem Platz an der Schäfergasse, der inzwischen nach Klaus Mann benannt ist.

Zu guter Letzt sei noch auf den Bildhauer Benno Elkan hingewiesen, der zwar schon mit einem Eintrag in der Buchausgabe der „Frankfurter Biographie“ vertreten war, nun aber einen grundlegend neu bearbeiteten, aktualisierten und ergänzten Artikel im Frankfurter Personenlexikon bekommen hat. Benno Elkan, der seit 1918 ständig in Frankfurt lebte, war eine der prägenden Persönlichkeiten in der städtischen Künstlergesellschaft der Zwanzigerjahre, weswegen Hans Reimann ihn einmal den „Frankfurter Michelangelo“ nannte. Von ihm stammt das Denkmal „Den Opfern“ in der Gallusanlage, das zum Zeichen der Trauer um alle Toten des Ersten Weltkriegs 1920 dort aufgestellt wurde. Wegen seiner jüdischen Herkunft musste Elkan in der NS-Zeit die Stadt verlassen. Er emigrierte nach England, wo in fast zehnjähriger Arbeit sein Hauptwerk entstand, eine monumentale Menora mit Reliefs aus der Geschichte Israels (1956), die ihren Platz vor der Knesset in Jerusalem hat.

Obwohl ich mich nun schon so lange mit Frankfurter Biographien befasse, bin ich selbst immer wieder überrascht von der Vielfalt der Lebensläufe, die sich im Frankfurter Personenlexikon darbieten. Oft entdecke ich eine Lebensgeschichte (neu), die mich interessiert und beschäftigt.
Ich würde mich freuen, wenn auch Sie hier die eine oder andere Biographie finden könnten, die Sie anspricht.

Eine gute und erfüllende Lektüre im Frankfurter Personenlexikon wünscht Ihnen
herzlichst
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Februar 2021.