L. studierte von 1952 bis 1957 Rechtswissenschaft für ein Semester in Marburg und dann in Ffm., wurde 1965 promoviert („Zum Strafgrund der Teilnahme“, ausgezeichnet mit dem Walter-Kolb-Gedächtnispreis 1966, im Druck 1967), habilitierte sich 1970 bei Wolfgang Preiser („Erfahrung als Rechtsquelle. Abduktion und Falsifikation von Hypothesen im juristischen Entscheidungsprozess“, 1972) und wechselte kurzfristig (1971) nach Göttingen. Von 1971/72 bis zur Emeritierung im Jahr 2000 lehrte er als ordentlicher Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie an der Ffter Universität. Im Hörsaal und in Seminaren wirkte L. überaus anregend für zahlreiche Schüler, von denen einige wiederum Hochschullehrer wurden. Auch wenn letztere keine Schule im engeren Sinn bilden, so vereint sie doch der Bezug auf L.s Empathie mit Opfern und Tätern, seine humane Weltsicht und die in ihr wachgehaltene Hoffnung auf kriminalpolitische Verbesserungen.
Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm.
Literarisch war L. ungewöhnlich produktiv. Zahlreiche Bücher, Kommentierungen, Aufsätze, Festschriftbeiträge, Rezensionen und Glossen folgten einander bis zum letzten Lebensjahr. Ein erster Schwerpunkt seiner Arbeiten lag auf einem interdisziplinären Projekt zur Erforschung der psychoanalytischen und kriminalsoziologischen Möglichkeiten zur Resozialisierung von Straftätern. Getragen war es von einer Hoffnung auf Abschaffung von Strafe, eine zwar als utopisch durchschaute Hoffnung, die aber ein Leben lang als Regulativ für Reformen bestimmend blieb. L.s Grundfiguren waren „Diskurs“ und „Anerkennung“, bei denen allerdings vernünftige und Argumenten zugängliche Partner vorauszusetzen sind. Ein zweiter Arbeitsschwerpunkt L.s, begleitet von vielen Engagements als Strafverteidiger und der Gründung der Zeitschrift „Strafverteidiger“ (1984), betraf das Wirtschaftsstrafrecht. Auch dort verfolgte er das Ziel der „Entkriminalisierung“. Was ihn ständig begleitete, waren Grundsatzfragen der Kriminalpolitik, der philosophischen Reflexion des staatlichen Strafanspruchs und der Strafrechtsgeschichte. Letzterer war ein weiteres großes Forschungsprojekt gewidmet. Die eigentliche Liebe des universal Gebildeten galt der Literatur, vor allem Kleist,
Goethe,
Schiller, Eichendorff, vor allem aber Fontane und
Thomas Mann. Über sie hat er Bücher und Artikel verfasst, ebenso über Filme – stets auf der Suche nach tieferen Einsichten in menschliche Konflikte und deren Verarbeitung durch Recht.
Weitere Werke (in Auswahl): „Hauptprobleme der Generalprävention“ (1979), „Kriminalpolitik auf verschlungenen Wegen“ (1981), „Kriminologie“ (1984), „Die Krise des öffentlichen Strafanspruchs“ (1989, 2002), „Produktive Spiegelungen. Recht und Kriminalität in der Literatur“ I (1991, 2. Aufl. 2002), II (2007) und III (2014), „Abschaffen des Strafens?“ (1995), „Genesis und Geltung in der Jurisprudenz“ (1996), „Entkriminalisierung des Wirtschaftsrechts“ I (1998), II (2007) und III (2014), „‚Die wahre Liberalität ist Anerkennung’.
Goethe und die Jurisprudenz“ (als Herausgeber, 1999), „‚Daß nicht der Nutzen des Staats Euch als Gerechtigkeit erscheine’.
Schiller und das Recht“ (2005), „Eichendorff und das Recht“ (2007), „Der rechtsfreie Raum – eine moderne Versuchung“ (2009), „Rechtsfreie Räume?“ (2012), „Resozialisierung, Tat und Schuld“ (2016).
In dem autobiographischen, lebendig erzählten Buch „Kein Gershwin mehr in Wernigerode“ („Ungleichmäßige Erinnerungen“, 2009) hat L. über seine Herkunft, seine literarischen und musikalischen Begabungen und den wissenschaftlichen Werdegang berichtet. Über prägende Milieus und psychische Dispositionen hat er viel nachgedacht und geschrieben.
Festschriften zum 70. Geburtstag (hg. v. Cornelius Prittwitz, Michael Baurmann, Klaus Günther, Lothar Kuhlen, Reinhard Merkel, Cornelius Nestler und Lorenz Schulz, 2002) und vom kriminalwissenschaftlichen Symposion zum 80. Geburtstag („Rationalität und Empathie“, hg. v. Cornelius Prittwitz, Michael Baurmann, Klaus Günther, Matthias Jahn, Lothar Kuhlen, Reinhard Merkel, Cornelius Nestler und Lorenz Schulz, 2014); darin jeweils ein Schriftenverzeichnis von L. bis bzw. ab 2002.
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