K., der zu Dänemarks bedeutendsten Künstlern gehört und dessen Werke in Sammlungen, Museen und im öffentlichen Raum auf der ganzen Welt vertreten sind, lebte und arbeitete rund zehn Jahre lang in Ffm.
Ältester Sohn des Bauingenieurs Alfred Kirkeby Christensen (1915-2005) und dessen Ehefrau Lucy Helga Alice Nisbeth Bertelsen (1915-1999). Verheiratet in erster Ehe (1965-76) mit der Lehrerin Jonna Elisabeth Therkelsen (* 1942), in zweiter Ehe (1979-2002) mit der Filmproduzentin Vibeke Windeløv (* 1950), in dritter Ehe (seit 2005) mit der Werbetexterin Mari Anne Duus Jørgensen (* 1953). Eine Tochter aus der Beziehung mit seiner Jugendliebe Jette Gransrud Jensen: Charlotte; eine Tochter aus erster Ehe: Rebecca (* 1967); zwei Söhne aus zweiter Ehe: Sophus Windeløv K. (* 1979), Schauspieler, und Absalon K. (* 1983), Künstler.
Aufgewachsen in Kopenhagen. Von 1957 bis 1964 Studium der Geologie an der Universität in Kopenhagen, abgeschlossen mit der Promotion. 1958 erste Expedition nach Grönland, wohin er bis 2011 immer wieder reiste. 1962 Beginn der künstlerischen Laufbahn an der von Künstlern selbst organisierten Experimental Art School („Den Eksperimenterende Kunstskole“ oder kurz „Eks-skolen“) in Kopenhagen, u. a. bei und mit deren Gründungsmitglied Poul Gernes (1925-1996). 1963 Reise nach Pearyland/Grönland mit dem Polarforscher und Künstler Eigil Knuth (1903-1996), mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Erste Gruppenausstellung 1964, erste Einzelausstellung 1965 in Kopenhagen. 1965 und 1973 jeweils dreijährige Stipendien des dänischen „Statens Kunstfond“. Teilnahme an der Biennale in Venedig (1976, 1980, 1993) und der documenta in Kassel (1982, 1992). Von 1978 bis 1988 Professor für Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. 1982 DAAD-Stipendium für einen einjährigen Arbeitsaufenthalt in Berlin. Von 1989 bis 2000 Professor an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Ffm.
K. lebte in Kopenhagen und auf Læsø, zeitweise auch in Ffm. und Arnasco (Italien). Auf der Insel Læsø im Kattegat hatte er 1979 ein Haus erworben und sich dort 1980 eine Bildhauerwerkstatt eingerichtet, wo er während längerer Aufenthalte im Sommer wie im Winter große Formate herstellte. Weitere Reisen und Expeditionen, u. a. zu den Maya-Kulturen nach Mexiko, Guatemala und Honduras, nach Island, Australien, Polynesien, Neuseeland, Marokko, in die Sowjetunion, nach Zentralasien, Bali, Griechenland und Ägypten.
Zahlreiche nationale und internationale Gruppen- und Einzelausstellungen und Retrospektiven. Retrospektiven u. a. im Statens Museum for Kunst in Kopenhagen (1975), Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg (2003), in der Tate Modern (2009), in The Phillips Collection in Washington D. C. (2013) und der Kunsthalle Gießen (2014). Einzelausstellungen u. a. im Museum Folkwang in Essen (1977), in der Kunsthalle Bern (1979), im Museum Ludwig in Köln (1987), der Städtischen Galerie im Städel in Ffm. (1990), im Portikus Ffm. (1994), in der Tate Gallery in London (1998), Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf (1998), Städtischen Galerie in Karlsruhe (2000), im Museum Ludwig in Köln (2002) und Beaux-Arts de Paris (2017). Teilnahme an den „Skulptur Projekten“ in Münster (1987), an der Biennale in São Paulo (1994) und an den „Blickachsen“ 4, 5 und 12 in Bad Homburg (2003, 2005, 2019).
Als Künstler beschäftigte sich K. mit nahezu allen Medien visueller Ausdrucksformen: von Malerei, Zeichnung, Skulptur (Stein und Bronze) und Grafik bis hin zu Bühnenbild und Film. Darüber hinaus betätigte er sich als Fotograf, Schriftsteller, Dichter und Architekt, schrieb Essays und Künstlermonographien und beteiligte sich an Happenings. Sein Interesse an Geologie und die damit verbundene genaue Betrachtung der natürlichen Umwelt hatten großen Einfluss auf seine künstlerische Arbeit: „Berufsbedingt war sein Verhältnis zur Landschaft zunächst von professioneller Art, er verstand sich jedoch hauptsächlich als Maler, der sich verschiedenster Methoden und Medien bediente, um den Begriff der Landschaft als Metapher zu hinterfragen: Die Malerei bezeichnete er als seine ganze Leidenschaft.“ [Zit. nach: Kunstforum International 135 (1996).] K. realisierte auch zahlreiche Decken- und Wandgemälde, u. a. in der Dänischen Königlichen Bibliothek, Kopenhagen (1999), in der Universität Aarhus (2001), im Geologischen Museum Kopenhagen (2004) und in der Kapelle von Schloss Fredensborg auf Seeland (2006). Seine Werke sind in wichtigen Sammlungen vertreten: Museum of Modern Art, New York, Tate Gallery, London, Städel, Ffm., Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Museum Folkwang, Essen, Centre Georges Pompidou, Paris, Kunstmuseum Winterthur, Winterthur u. a. Die Bronze „Tor II“ (1987, Guss 1991), die mit Unterstützung des Städelkomitees 21. Jahrhundert 2011 für den Städelschen Museums-Verein in Ffm. erworben wurde, hatte eine Zeitlang einen Platz im Städel Garten.
Neben der Malerei und dem grafischen Werk entstanden ab 1965/66 erste architektonische Skulpturen aus Backstein, die K. als „Gebäude ohne Zweck“ bezeichnete. Die erste dieser Skulpturen im öffentlichen Raum, „Huset“ (Haus), schon mit den für K. charakteristischen architektonischen Elementen wie Pilastern und einer Türöffnung, wurde 1973 in Ikast/Jütland aufgestellt. Heute sind die Skulpturen aus dem typischen Baumaterial seines Heimatlandes, die zu K.s Markenzeichen wurden, in ganz Europa zu finden. Da sich K. seit 1994 zunehmend mit Fragen der Architektur beschäftigte, entwarf er schließlich einige Gebäude als begehbare Skulpturen. In Deutschland wurden mehrere Bauten für die Stiftung Insel Hombroich bei Neuss („Kirkeby-Feld“, 2000) sowie Bus-Wartehäuschen in Münster und Neuss (1997 und 2000) verwirklicht.
In Ffm. schuf K. die monumentale Backsteinskulptur „Ohne Titel“ (1996) vor der Deutschen Nationalbibliothek im Nordend. Für den seit den 1980er Jahren geplanten repräsentativen Bibliotheksneubau an der Ecke Adickesallee/Eckenheimer Landstraße war das Stuttgarter Architekturbüro Arat-Kaiser-Kaiser (Mete Arat, Hans-Dieter Kaiser und Gisela Kaiser) beauftragt worden. Schon der erste Entwurf für den Gebäudekomplex ordnete an der Ecke zu der außerordentlich stark befahrenen Straßenkreuzung den Haupteingang mit einem Vorplatz an; der Platz sollte durch eine Baumreihe zur Adickesallee abgrenzt werden, die als Lärmschutz fungiert und den Charakter der Allee aufgegriffen hätte. Allerdings sprachen sich sowohl die Architekten als auch die für die „Kunst am Bau“ zuständige Jury für eine künstlerische Gestaltung des Vorplatzes aus. Die Mitglieder der Jury, darunter Kasper König (* 1943) und
Jean-Christophe Ammann, schlugen K. vor, der zu dieser Zeit an der Städelschule lehrte.
Der Künstler entwarf um 1994 eine begehbare Skulptur aus mäandrierenden, von Türdurchgängen durchbrochenen roten Backsteinmauern. Nach 15 Windungen in der Flucht der Adickesallee knickt die Mauer im rechten Winkel an der Ecke zur Eckenheimer Landstraße und setzt sich dort über sieben weitere Windungen fort. Das 1996 fertiggestellte Werk misst 37,5 x 17,5 bei fünf Metern Höhe, wobei die Kantenlänge der einzelnen, nach oben offenen Wandabschnitte 2,5 Meter beträgt. Die Skulptur grenzt den Vorplatz vor dem Haupteingang der Bibliothek von der verkehrsreichen Straße ab, bietet jedoch zugleich durch die in jedem Wandsegment befindlichen Tore zahlreiche Zugänge zum Platz an. Durch die Gleichwertigkeit aller Durchgänge vermeidet sie die Monumentalität eines die Mitte betonenden Zugangs. Zudem ergeben die Durchgänge in den orthogonal zur Straße stehenden Segmenten eine Art Laubengang. Als Mauer mit offenen Durchblicken und geschlossenen Flächen bildet die Skulptur eine Abgrenzung und zugleich einen Übergang zwischen der Hektik der umliegenden Straßen und der Konzentration im Lesesaal. Im Gegensatz zu vielen Projekten der „Kunst am Bau“, die sich dem jeweiligen Gebäude anpassen und unterordnen, schuf K. in Ffm. eine künstlerisch selbstbewusste Arbeit im klaren Unterschied zum Bau. An den öffentlichen Raum angepasst, beharrt sie auf der künstlerischen Autonomie.
Doch kaum gebaut, war die stadträumlich prägnante Installation schon heftig umstritten. Das 1,3 Millionen Mark teure Werk wurde etwa von einem der Architekten der Deutschen Nationalbibliothek als „unheimlicher Fremdkörper zur Architektur“ bezeichnet. Hans-Dieter Kaiser (* 1940) befand sich zwar in der Jury und muss daher den Entwurf K.s durchaus gekannt haben, hatte aber doch eher eine „Pergola“ oder „ein paar schlanke Stützen“ im Sinn. Auch in Bremen hatte es einmal Proteste gegen eine Backsteinskulptur von K. gegeben. In Kassel wurde eine zur documenta 7 errichtete Backsteinskulptur K.s 1986 abgerissen, während die zur DOCUMENTA IX erbaute „Raumskulptur“ (1992) erhalten ist. Weitere der signifikanten Backsteinwerke von K. befinden sich in Münster, Kiel, Stuttgart, Bielefeld, Karlsruhe, Frechen-Bachem, Göppingen, Paderborn, Recklinghausen, Gießen und Berlin.
1982 Ernennung zum Mitglied der dänischen Literaturakademie. 1987 Thorvaldsen-Medaille (Thorvaldsens Medalje) in Dänemark. 1990 Kunstpreis der Norddeutschen Landesbank Hannover. 1990 Prinz-Eugen-Medaille für Malerei (Prins Eugen-medaljen) in Schweden. 1993 Ars Fennica Award in Finnland. 1996 Coutts Contemporary Art Foundation Award. 1996 Henrik-Steffens-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F. V. S. in Hamburg. 2000 Wilhelm Hansen Fondens Hæderspris für die Inszenierung von Tschaikowskys „Schwanensee“ für das New York City Ballet im Lincoln Center in New York (1999). 2003 Herbert-Boeckl-Preis für sein Lebenswerk vom Verein der Freunde des Rupertinums in Salzburg. 2011 Ernennung zum Honorary Royal Academician der Royal Academy of Arts in London.
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