Aufgewachsen im schweizerischen Freiburg. Studium der Kunstgeschichte, christlichen Archäologie und Philosophie an der dortigen Universität. 1966 Promotion mit einer Arbeit über den Maler Louis Moilliet (1880-1962).
Am Ende der 1980er Jahre bemühte sich der Ffter Kulturdezernent Hilmar Hoffmann, A., bisher Leiter des Kunstmuseums Luzern (1968-77) und der Kunsthalle Basel (1978-88), als Direktor des noch im Aufbau befindlichen Museums für Moderne Kunst (MMK) nach Ffm. zu verpflichten. Die Initiative zur Gründung eines Museums für Gegenwartskunst, wie es bis dahin in Ffm. noch nicht bestand, war bereits in den Siebzigerjahren insbesondere von dem Kunst- und Theaterkritiker Peter Iden (* 1938), damals Redakteur der FR, ausgegangen und von Kulturdezernent Hilmar Hoffmann im Sinne seiner kulturpolitischen Perspektive des „Museumsufers“ für Ffm. unterstützt worden. Die Stadt Ffm. hatte 1981 ca. 80 Werke aus dem Nachlass des Darmstädter Kunstsammlers Karl Ströher (1890-1977) erworben, mit dem Schwerpunkt auf amerikanischer Pop-Art und Minimalismus, die den Grundstock der Sammlung des neuen Museums bilden sollten. Von Gründungsdirektor Peter Iden übernahm A. 1989 die Leitung des MMK. In einem eigens errichteten Neubau (Architekt:
Hans Hollein; heute: „MMK 1“ oder „Museum MMK“, auch „Tortenstück“ genannt), Ecke Braubach-/Domstraße, wurde das MMK am 6.6.1991 eröffnet.
Für das MMK entwickelte A. eine innovative Ausstellungsreihe, die „Szenenwechsel“, mit denen sich das Museum immer neu präsentierte: Zweimal im Jahr wurde die komplette Ausstellung im MMK umgeordnet und um Neuzugänge oder Leihgaben angereichert, so dass sich jeweils andere Sichtweisen auf die Kunst der Gegenwart ergaben. Damit wurde zugleich aus der Not, etwa angesichts der Streichung des städtischen Etats für Ausstellungen und Ankäufe, eine Tugend gemacht. Finanzielle Unterstützung erhielt der Museumsdirektor u. a. aus dem bei Eröffnung des Hauses 1991 gegründeten Verein „Freunde des MMK“. Mit der neuen Ausstellungsform gewann das MMK schnell internationales Renommee. Bis zum Ende seiner Amtszeit als Leiter des MMK 2001 konnte A. mit Hilfe privater Sponsoren insgesamt 20 „Szenenwechsel“ zeigen.
A., der nach seinem Abschied vom MMK weiterhin in Ffm. lebte, arbeitete bis zuletzt als Kurator, Autor und Kunsttheoretiker. Bereits seit 1992 hatte er einen Lehrauftrag am Kunstpädagogischen Institut der Ffter Universität inne, und 1998 wurde ihm eine Honorarprofessur verliehen. Seit 1999 baute er für die Deutsche Börse in Ffm. deren Fotosammlung („Art Collection Deutsche Börse“) auf, er kuratierte Ausstellungen, in Ffm. u. a. für das Atelierfrankfurt (2012) und die Galerie Perpétuel (2013-15), und schrieb weiterhin Bücher, in denen er sich für die Freiheit der Kunst einsetzte. Der Titel eines seiner Werke lautete „Das Glück zu sehen. Kunst beginnt dort, wo der Geschmack aufhört“ (1998) und war Programm: A. sah sich nie einer hedonistischen, sondern immer einer aufklärerischen Tradition verpflichtet. Er nahm Kunstwerke als Anlässe, Richtung, Impuls, Essenz der eigenen Zeit. Unbeirrt von Moden und Trends hat er sich auch der Ideologie des Neuen niemals unterworfen. Die besten Kunstwerke waren für ihn immer gegenwärtig und somit eigentlich zeitlos. Bei seinen zahlreichen Führungen im MMK, bei denen A. stets eine Gruppe begeisterter Anhänger um sich scharte, war vor Ort und vor den Originalen zu erleben, mit welcher Leidenschaft er seinen Zuhörern die Kunst näherbringen wollte. Ganz hatte er sich der Idee verschrieben, jeden Betrachter von der Kunst zu überzeugen und ihn anzuleiten, das Unmittelbare zu sehen. Trotz dieser engagierten Haltung schloss A. die Kunstkritik nicht aus. So fand er durchaus harte Worte für künstlerische Positionen, die seiner kritischen Analyse nicht standhielten. Dabei war sein erster Ansatz immer die Auseinandersetzung mit den Künstlern, etwa in langen Gesprächen und Atelierbesuchen, wofür er sich bis zuletzt Zeit nahm.
Vorstandsvorsitzender der Hessischen Kulturstiftung (1992-99). Mitglied in zahlreichen Wettbewerbs- und ähnlichen Kunstgremien, u. a. Kommissar des deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig (1995), Juryvorsitzender beim „European Photography Award“ der Deutschen Leasing AG, Jurymitglied beim Kunstpreis der Ffter Sparkasse, Mitglied im Gremium für Kunst im öffentlichen Raum in Ffm. und seit 2001 Mitglied im Kuratorium des Ffter Vereins für Künstlerhilfe.
Weitere Schriften (in Auswahl): „Bewegung im Kopf. Vom Umgang mit der Kunst“ (1993), „Kulturfinanzierung“ (1995), „Annäherung. Über die Notwendigkeit der Kunst“ (1996), „Bei näherer Betrachtung. Zeitgenössische Kunst verstehen und deuten“ (2007, 3. Aufl. 2009) und „Kunst? Ja, Kunst! Die Sehnsucht der Bilder“ (2014).
Preise und Auszeichnungen, u. a. Deutscher Kritikerpreis für Bildende Kunst (1993), Offizier des französischen „Ordre des Arts et des Lettres“ (1999) und Goetheplakette der Stadt Ffm. (2003).
Festschrift nachträglich zum 60. Geburtstag und zugleich zum Abschied vom MMK („Für Jean-Christophe Amman“, hg. v. Rolf Lauter, 2001).
Verheiratet (seit 1974) mit der Fotokünstlerin Judith A. (* 1954).
Bei seinem Ausscheiden 2001 überließ A. dem MMK als Schenkung sein Archiv, das seine kuratorischen Tätigkeiten von 1966 bis 2001 dokumentiert. Das „Jean-Christophe Ammann Archiv“ umfasst 266 Archivschachteln mit Materialien zu 257 Künstlerinnen und Künstlern, darunter zahlreiche Notationen und Raumskizzen sowie einige Hundert bislang unveröffentlichte Briefe. Hinzu kommen Fotografien von Ausstellungen und Performances sowie eine Sammlung von Einladungskarten, Plakaten, Künstlerbüchern, Ausstellungskatalogen, Zeitschriften, Schallplatten und Tonkassetten, Filmen und Videoaufnahmen. Das Archiv wird derzeit (2018) digital erfasst und erschlossen, um zukünftig online für Recherchen nutzbar zu sein.
Noch während seiner Zeit im MMK setzte sich A. für eine Erweiterung des Museums ein, die 2007 mit der Eröffnung des externen Ausstellungsraums im ehemaligen Hauptzollamt der Stadt Ffm. – direkt gegenüber dem eigentlichen Museumsbau – verwirklicht wurde. Dort werden, mittlerweile als „MMK 3“ oder „Zollamt MMK“, regelmäßig jüngere künstlerische Positionen präsentiert. 2014 wurde das MMK um einen weiteren externen Ausstellungsraum, das „MMK 2“ oder „Tower MMK“ im Taunusturm an der Gallusanlage, vergrößert. Die Sammlung des MMK mit seinen drei Häusern umfasst inzwischen (2018) über 5.000 Kunstwerke aus der Zeit von etwa 1960 bis zur Gegenwart, darunter zentrale Werkgruppen internationaler und nationaler Künstlerinnen und Künstler. Damit ist das Ffter Museum heute eine der wichtigsten Institutionen zeitgenössischer Kunst.
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