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Berberich, Helene

Berberich, Helene Josephine, geb. Ebelsbacher, in 1. Ehe verh. Fontheim. Dichterin. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 2.10.1874 Ffm., deportiert am 12.7.1942 mit unbekanntem Ziel.
Aus jüdischer Familie. Tochter des in Rödelheim geborenen Uhrmachers und späteren Kaufmanns Jacob Ebelsbacher (1843-1915) und seiner Ehefrau Gertrudis, gen. Gertrude, geb. Silberberg (1840-1899), aus Simmern. Brüder: Eugen Hugo Ebelsbacher (1876-?), Kaufmann; Oskar Alexander Ebelsbacher (1882-1952), Schauspieler und Regisseur. Verheiratet in erster Ehe (seit 1897) mit dem aus Hannover stammenden Kaufmann Louis Fontheim (1871-1910), in zweiter Ehe (seit 1919) mit dem Bildhauer und Steinmetz Friedrich, gen. Fritz, B. (1880-1962) aus Landstuhl/Pfalz. Die zweite Ehe wurde nach Angaben von Fritz B. 1932 geschieden. Ein (offenbar früh verstorbenes) Kind aus erster Ehe, keine Kinder aus zweiter Ehe.
Helene, damals verh. Fontheim, lebte mit ihrem ersten Ehemann bis 1904 in der Pestalozzistraße 6 in Bornheim und anschließend in der Eckenheimer Landstraße 30, wo ihr Mann Louis Fontheim ein Agentur- und Kommissionsgeschäft betrieb. Unter ihrem ersten Ehenamen Helene Fontheim veröffentlichte sie 1905 im Selbstverlag den Band „Gedichte“, der ihre einzige Buchveröffentlichung blieb. Im Jahr 1910 kam es zu einer Tragödie im Hause Fontheim. Das langjährige Dienstmädchen, ledige Mutter eines zwei Jahre alten Sohnes, der in der Familie Fontheim aufwuchs, brachte am 5.3.1910 ihr Kind um. Bei der etwa 35-jährigen Hausangestellten wurde daraufhin eine schwere psychische Erkrankung diagnostiziert; sie kam in die städtische „Anstalt für Irre und Epileptische“, kehrte aber schon nach wenigen Monaten in den Dienst bei der Familie Fontheim zurück. Am 6.10.1910 erschoss die Angestellte den Hausherrn Louis Fontheim, bevor sie sich selbst das Leben nahm. Bis 1913 wohnte Helene Fontheim als Witwe weiterhin in der Eckenheimer Landstraße 30. Im April 1919 wurde sie von dem Vorwurf der Kuppelei wegen verminderter Schuldfähigkeit (nach Paragraph 51 Abs. 1 RStGB) durch die Strafkammer Ffm. freigesprochen.
Am 2.11.1919 heiratete Helene Fontheim in Heidelberg den Bildhauer und Steinmetz Fritz B. Er hatte in Metz in einem Bildhaueratelier gearbeitet und war 1919 aus dem nunmehr zu Frankreich gehörenden Elsass vertrieben worden. Das Ehepaar nahm seinen Wohnsitz in Kaiserslautern, wo Fritz B. bis 1928 eine Tabakwaren- und Zigarrenhandlung in der Kaiserstraße 59 führte. Nach der Scheidung 1932 befand sich B. wieder in ihrer Heimatstadt Ffm. Dort wurde sie unter dem NS-Regime aufgrund einer Denunziation im November 1933 von der Gestapo verhaftet. Es folgte ein Strafverfahren „wegen staatsfeindlicher, gegen den Führer und Reichskanzler (...) gerichteter Reden“. Während ihrer Haft wurde sie von ihrem geschiedenen Mann unterstützt, der ihr auch einen Anwalt vermittelte. Obwohl sich B. weigerte, ein Dokument zu unterzeichnen, in dem sie hätte versichern sollen, sich nicht mehr politisch zu äußern, wurde sie nur verwarnt und im März 1934 mit einem Hinweis auf den Paragraphen 51 Abs. 1 RStGB aus dem Gefängnis entlassen. Danach lebte sie mit ihrem geschiedenen Mann in der Leerbachstraße 50 im Westend. Aus dieser Wohnung – Fritz B. war dort laut Adressbuch von 1934 bis 1936 gemeldet – wurde das Paar durch die Gestapo vertrieben und lebte anschließend getrennt. 1938 war Helene B. in der Hochstraße 55, Fritz B. in der Kleinen Eschenheimer Straße 7 gemeldet. B. wurde in den 1930er Jahren zeitweise von der jüdischen Sozialfürsorge unterstützt.
Am 11.7.1941 wurde B. nach einer erneuten Denunziation wieder verhaftet und in das Frauenstrafgefängnis in Ffm.-Höchst gebracht. Grund für die Festnahme war laut Prozessakten ein Vorfall in der Grüneburg-Apotheke (Grüneburgweg 5), wo sie gegenüber der Apothekerin Emmi Junker geäußert haben sollte, dass der „Führer“ verbittert sei und ihm ein Menschenleben nichts bedeute, weshalb der Krieg „noch Jahre dauern“ würde. (Vgl. HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 461 Nr. 9295 u. Best. 474/3 Nr. 80.) B. räumte ein, diese Aussagen getätigt, sie aber nicht in staatsfeindlichem Sinne gemeint zu haben. Auf der Basis eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, in dem ihr „manisch-depressives Irresein“ bescheinigt wurde, ordnete das Amtsgericht Ffm. mit Beschluss vom 16.9.1941 Unterbringungshaft für B. an. Sie wurde zunächst in die von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland betriebene Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke in Bendorf-Sayn eingewiesen. Von dort wurde sie zwei Monate später, am 16.11.1941, in die für den Bezirk Hessen-Nassau zuständige Landesheilanstalt Weilmünster verlegt, wo es seit 1938 eine gesonderte Abteilung nur für jüdische Patienten gab. Schließlich wurde B. vom Sondergericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts Ffm. in einem „Heimtückeverfahren“ am 17.12.1941 zur dauerhaften Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt. In der Begründung hieß es, „bei ihrem Rededrang und [ihrer] schwülstigen Phantasie“ bilde sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und es sei mit der Wiederholung „derartiger Straftaten“ zu rechnen.
Am 12.7.1942 wurde B. auf Anweisung der Geheimen Staatspolizei aus der Landesheilanstalt Weilmünster deportiert; ihr weiteres Schicksal ist unbekannt. Fritz B., der Katholik war und aussagte, die Scheidung von seiner Frau sei einvernehmlich und in Ansehung der politischen Verhältnisse erfolgt, stellte 1957 beim Regierungspräsidium Wiesbaden einen Entschädigungsantrag. Dieser wurde im Januar 1960 abschlägig beschieden.
In ihrem Buch veröffentlichte B. 117 formal unterschiedliche Gedichte, meist in gebundener Sprache. Die modern anmutenden Themen zeugen von einem ausgeprägten Selbstbewusstsein der Autorin und kreisen u. a. um Fragen von weiblicher Identität und Geschlechterbeziehungen; es geht um Gefühle des Verlusts, der Angst, der Liebe und des Begehrens.
Seit 2019 Stolperstein vor ihrem Wohnhaus Leerbachstraße 50 im Westend.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Gudrun Jäger.

Lexika: Brümmer, Franz (Bearb.): Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 8 Bde. 6. Aufl. Leipzig [1913]. (Reclams Universal-Bibliothek 1986-1990).Brümmer 1913, Bd. 2, S. 239 (unter Fontheim; mit Angabe eines falschen Geburtsjahrs). | Schäfer, Theo (Hg.): Ffter Dichterbuch. Ffm. 1905.Schäfer: Ffter Dichter, S. 143f., 481 (unter Fontheim; mit Angabe eines falschen Geburtsjahrs).
Quellen: Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution, International Tracing Service (ITS), Bad Arolsen.Arolsen Archives, International Tracing Service (ITS), Bad Arolsen, Dokumente zu Helene Berberich. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Anzeige für den Band „Gedichte“ von Helene Fontheim: FZ, Nr. 293, 22.10.1905, Drittes Morgenblatt, S. 2. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Anzeige für den Band „Gedichte“ von Helene Fontheim: FZ, Nr. 320, 18.11.1905, Viertes Morgenblatt, S. 5. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Meldung zum Tod von Louis Fontheim: FZ, Nr. 276, 6.10.1910, Abendblatt, S. 3. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Bericht über den Tod von Louis Fontheim: FZ, Nr. 277, 7.10.1910, Drittes Morgenblatt, S. 3. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Todesanzeige von Louis Fontheim: FZ, Nr. 279, 9.10.1910, Erstes Morgenblatt, S. 4. | Ffter Zeitung und Handelsblatt. Ffter Handelszeitung. Neue Ffter Zeitung. Ffm. (1856) 1866-1943.Danksagung für Anteilnahme am Tod von Louis Fontheim: FZ, Nr. 283, 13.10.1910, Drittes Morgenblatt, S. 3. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Gerichtsgefängnis/Frauenstrafgefängnis Ffm.-Höchst, Gefangenenpersonalakten, Best. 409/6 Nr. 86. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Ffm., Best. 461 Nr. 9295. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 474/3 Nr. 80 [Strafsache gegen die Frau Helene Josefine Berberich, geb. Ebelsbacher, verwitwete Fontheim, in Fft. (...) wegen heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei sowie Verbringung der Frau Berberich in die Landesheilanstalt Weilmünster, 1941]. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Entschädigungsakten, Best. 518 Nr. 9603. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Heiratseintrag der Eltern Jacob Ebelsbacher und Gertrudis Silberberg, Ffm., 19.12.1873: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/25: Standesamt Ffm., Heiratsregister 1873, S. 1055. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Eintrag der Heirat mit Louis Fontheim, Ffm., 1.9.1897: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/243: Standesamt Ffm. I, Heiratsregister 1897, Nr. 1667 (Bd. 5, Bl. 279). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf- bzw. Geburtsbücher, Ffm., 1533-1850 bzw. 1851-1909.Geburtsurkunde des Bruders Eugen Ebelsbacher, geb. am 23.2.1876 in Ffm.: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf-/Geburtsbuch, Bestand STA 10/94: Standesamt Ffm. I, Geburtsurkunde 1876/I/516 (Bd. 1, S. 516). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf- bzw. Geburtsbücher, Ffm., 1533-1850 bzw. 1851-1909.Geburtsurkunde des Bruders Oskar Alexander Ebelsbacher, geb. am 30.4.1882 in Ffm.: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf-/Geburtsbuch, Bestand STA 10/172: Standesamt Ffm. I, Geburtsurkunde 1882/I/1418 (Bd. 3, S. 218). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeurkunde des ersten Ehemanns Louis Fontheim, gest. am 6.10.1910: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/422: Standesamt Ffm. I, Sterbeurkunde 1910/I/1029 (Bd. 2, S. 432). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeurkunde des zweiten Ehemanns Friedrich Berberich, gest. am 13.12.1962: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/1145: Standesamt Ffm.-Mitte, Sterbeurkunde 1963/M/73. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/3.324 (Fritz Berberich). | Korrespondenz d. Verf.Korrespondenz d. Verf. mit dem Stadtarchiv Kaiserslautern, 2.4.2025.
Internet: Bundesarchiv, Gedenkbuch für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945, Onlineversion. https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de839845
Hinweis: Eintrag für Helene Josefine [sic!] Berberich.
Bundesarchiv, Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland, 8.4.2025.
| Gedenkbuch Weilmünster, Hg.: Gedenkort Kalmenhof e. V., Idstein. https://gedenkbuch-weilmuenster.de/2023/01/15/helene-josefine-berberich-geb-ebelsbacher-aus-frankfurt-main/Gedenkbuch Weilmünster, 8.4.2025. | Stolpersteine in Ffm., Internetdokumentation der Initiative Stolpersteine in Ffm. e. V., Ffm. https://www.stolpersteine-frankfurt.de/media/pages/dokumentation/4b862e67ad-1614861467/doku2019_web.pdf
Hinweis: Initiative Stolpersteine Ffm., 17. Dokumentation 2019, S. 86.
Stolpersteine in Ffm., 8.4.2025.


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Empfohlene Zitierweise: Jäger, Gudrun: Berberich, Helene. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/14055

Stand des Artikels: 9.4.2025
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 04.2025.