Veidt, Karl Daniel. Kirchenrat. Prof. Evangelischer Pfarrer und Theologe. Politiker. * 20.2.1879 Dörnberg/Lahn, † 10.8.1946 Wiesbaden.
Sohn eines Lehrers.
Ab 1892 Besuch des Gymnasiums in Montabaur. Von 1898 bis 1902 Theologiestudium in Marburg, Berlin, Halle und Herborn. Dann bis 1904 bei der Berliner Stadtmission tätig. Anfang 1905 kam V. als Hilfgeistlicher an die Ffter Luthergemeinde. Seit Oktober 1905 Vereinsgeistlicher der Inneren Mission in Ffm. Mit einigen Unterbrechungen wirkte V. bis 1944 in Ffm. 1910 war er maßgeblich an der Umwandlung des evangelischen Wochenblatts „Ffter Warte” in eine Tageszeitung beteiligt, für die er in der Folgezeit auch als Redakteur wirkte. 1912 wurde er als Pfarrer an die Wiesbadener Ringkirche berufen und nahm ab 1914 als Feldgeistlicher am Ersten Weltkrieg teil. 1918 kehrte V. nach Ffm. zurück und nahm seine Tätigkeit als Pfarrer der Paulskirchengemeinde („Altstadtpfarrer”) auf. Damit stand er einer der wichtigsten evangelischen Ffter Kirchengemeinden vor. Zwischen 1925 und 1929 nahm V. zeitweilig eine Professur am Theologischen Seminar in Herborn wahr.
1919 und 1924 Mitglied des Reichstags als Vertreter der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). 1932/33 Abgeordneter des Christlich-sozialen Volksdiensts im Preußischen Landtag. Als Gegner der „Deutschen Christen” und Vertreter des Pfarrer-Notbunds (eines Vorläufers der Bekennenden Kirche) geriet V. nach dem nationalsozialistischen Machtantritt zunehmend unter Druck. Als er sich im September 1933 auf der Ffter Kirchenversammlung weigerte, der Einführung des „Arierparagraphen“ für Pfarrer und Kirchenbedienstete zuzustimmen, wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren angestrengt und eine Strafversetzung angeordnet, der er jedoch nicht Folge leistete. 1934/35 Vorsitzender des Landesbruderrats Nassau-Hessen der Bekennenden Kirche. Es folgten im April 1935 ein Redeverbot durch die Gestapo sowie nächtliche Übergriffe auf V.s Wohnung. Ein Prozess vor dem Landgericht Ffm. endete zu seinen Gunsten, und er konnte im Herbst 1935 seine Pfarrtätigkeit an der Paulsgemeinde fortsetzen. 1937 wurde V. nach einem Bittgottesdienst für den verhafteteten
Martin Niemöller in der Katharinenkirche von der Gestapo verhört und vier Tage lang festgehalten. 1939 wechselte V. an die Ffter Matthäusgemeinde. 1941 wurde er für vier Wochen erneut inhaftiert. Nach der Zerstörung der Kirchengebäude im März 1944 ging V. nach Wiesbaden und wirkte bis Kriegsende an der Waldstraßengemeinde in Biebrich, blieb jedoch seinen verstreuten Ffter Gemeindemitgliedern durch zahlreiche Rundbriefe weiter verbunden. Infolge einer schweren Erkrankung konnte sich V. nach Kriegsende nicht mehr am Neuaufbau der hessischen Landeskirche beteiligen.
Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 506,
verfasst von: Reinhard Frost.
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Lexika:
Schumacher, Martin (Hg.): M. d. R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933-1945. Eine biographische Dokumentation. Düsseldorf 1991. 3., erw. Aufl. Düsseldorf 1994. (Veröffentlichung der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Bonn).Schumacher: MdR 1994, S. 538, Nr. 1647.
Literatur:
Keval, Susanna: Widerstand und Selbstbehauptung in Ffm. 1933-1945. Spuren und Materialien. Hg. v. Magistrat der Stadt Ffm. Ffm. 1988.Keval: Widerstand 1988, S. 117f., 123-129. |
Ein Groschen fürs Licht. Kindheit in der Ffter Altstadt. Erinnerungen von Rolf Schmitz. Aufgezeichnet von Markus Dobstadt. Ffm. 2012.Schmitz: Ein Groschen fürs Licht 2012, S. 58f. |
Telschow, Jürgen (Hg.) in Zusammenarb. m. Wendland, Gerhard/Müller, Helmut/Euring, Bernd: Alles hat seine Zeit. 100 Jahre evangelische Kirchengemeinden im alten Ffter Stadtgebiet. 100 Jahre evangelischer Gemeindeverband. Ffm. 1999. (Schriftenreihe des Evangelischen Regionalverbandes Ffm. 23).Telschow (Hg.): 100 Jahre ev. Gemeindeverband 1999, S. 72. |
Karl Veidt (1879-1946). Paulskirchenpfarrer und Reichstagsabgeordneter. Hg. v. Werner Becher. Darmstadt [u. a.] 2006. (Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte 14).Veidt: Autobiographie 2006.
Quellen:
ISG, Bestand Chroniken mit chronikalischen Schriften aller Art (Zeugenschrifttum wie Annalen, Tagebücher, Erlebnisberichte, Memoiren, Denkschriften), 1034-heute; erschlossen über Archivdatenbank.Erinnerungen von Karl Veidt: ISG, Chroniken, S5/111-113. |
ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/4.074.
GND: 126922446 (
Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise:
Frost, Reinhard: Veidt, Karl. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1587
Stand des Artikels: 21.6.1995