Eisenmenger, Johann Andreas. Prof. Orientalist und Hebraist. * 1654 Mannheim, † 20.12.1704 Mannheim.
Als Ergebnis eines langjährigen Studiums der talmudischen und rabbinischen Schriften legte E. im Jahr 1700 das auf 200 Quellen basierende Werk „Entdecktes Judentum oder Bericht, wie die Juden das Christentum lästern“ vor. Trotz der zahlreichen fehlerhaften bzw. tendenziös entstellten Übersetzungen aus dem Hebräischen und wissenschaftlich nicht haltbaren Verleumdungen gegen das Judentum gilt es als das erste Werk des neuzeitlichen wissenschaftlichen Antisemitismus und brachte dem Verfasser eine Professur für orientalische Sprachen an der Universität Heidelberg (seit 1700) ein. Als bekannt wurde, dass dieses antisemitische Werk in Ffm. im Druck sei, befürchteten die Ffter Juden, dass das Buch das Volk gegen die Juden aufhetzen und zu Judenpogromen anstacheln würde. Deshalb wandten sich die Ffter Juden über den Wiener Oberhoffaktor Samson Wertheimber (1658-1724) an den Kaiser, um das Erscheinen des Werks zu verhindern (Bittgesuch Wertheimbers an den Kaiser vom 12.7.1700). Der Kaiser belegte die gesamte Auflage von 2.000 Exemplaren bis auf wenige Stücke mit Arrest. Sie sollte vom Rat der Stadt Ffm. in Verwahrung genommen werden, bis ein Gutachten über das Werk vorliege. Trotz E.s Drängen verzögerte sich die Begutachtung immer weiter. Ein Vergleich zwischen E. und der Ffter jüdischen Gemeinde, die ihm als Autor eine Entschädigung bei Nichterscheinen des Buchs zahlen wollte, scheiterte an E.s überhöhten Forderungen. Das Verfahren zog sich über Jahre hin und wurde nach E.s Tod von seinen Erben weitergeführt. Sie erreichten bei Friedrich I. von Preußen (1657-1713) die Erlaubnis der Neuauflage des Buchs, die 1711 in Königsberg gedruckt wurde und in Berlin erschien. Die erste Auflage wurde 1741 freigegeben, doch dauerte die Schadensersatzklage der E.’schen Erben gegen die Ffter Juden bis 1773. Der Prozess endete mit Freispruch für die jüdische Gemeinde.
Artikel aus: Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 182,
verfasst von: Sabine Hock.
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Lexika:
Herlitz, Georg/Kirschner, Bruno: Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens. 4 Bde. Berlin 1927-30.JL 2 (1928), Sp. 318f. |
Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bisher 27 Bde. (bis Wettiner). Berlin 1953-2020.Hans-Joachim Schoeps in: NDB 4 (1959), S. 419.
Quellen:
Ffter Familienblätter. Belletristische Beilage zum Ffter Anzeiger. 25. Jahrgänge. Ffm. 1856-80.Kelchner, E.: Der Prozeß Eisenmengers und seiner Erben mit der jüdischen Gemeinde in Ffm. 1700-1773. In: Ffter Familienblätter, Nr. 90, 1870, Beilage: Aus dem Niedgau, S. 1-4. |
ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/3.471.
GND: 116434600 (
Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise:
Hock, Sabine: Eisenmenger, Johann Andreas. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/2082
Stand des Artikels: 8.1.1988