Seine Karriere als Berufsmusiker begann W. im Vergnügungsviertel der Schwarzen in dem beliebten Badeort Atlantic City, wo er auch seine erste Band gründete. Seit 1921 trat er mit seinen Musikern in bekannten Klubs in New York auf, wie in „The Nest“, „Barron Wilkins“ und 1924 im „Club Alabam“. Aus diesem Klub übernahm der russische Impresario Leonid Leonidov (1885-1983) W., dessen herausragende Jazzband und fast das gesamte Programm, als er für eine Europatournee eine mit Afroamerikanern besetzte Revue zusammenstellte. Die Truppe erhielt den zugkräftigen Namen „Chocolate Kiddies“, der W. und seinem Orchester auch nach Auflösung der Revue noch anhing. Insgesamt etwa fünfeinhalb Jahre lang tourten die zwölf Musiker in Europa, von Madrid bis Moskau und von Stockholm bis Istanbul (und Tunesien), und trugen damit wesentlich dazu bei, den Jazz in der alten Welt „live“ bekannt zu machen.
Im Mai 1925 begann die Tournee der „Chocolate Kiddies“ mit insgesamt 45 Personen (Musikern, Tänzerinnen und Tänzern, Sängerinnen und Sängern, clownesken Akrobaten sowie Tourneebegleitern) in Berlin. Am Silvesterabend 1925 war die Premiere ihres ersten, achttägigen Ffter Engagements im Schumanntheater, das wahrscheinlich elf Vorstellungen umfasste, da Anzeigen im Stadtblatt der FZ und im FGA Nachmittags- und Abendvorstellungen für den 1. bis 3.1.1926 ankündigten. Lt. Anzeige im Stadtblatt der FZ spielte W. mit seiner Band außerdem am 5.1.1926 auf einem Ball im „Carlton Hotel“ gegenüber dem Hauptbahnhof. Die Besprechungen der Ffter Zeitungen waren wohlwollend, manchmal etwas verklausuliert, manchmal fast enthusiastisch. Das Interesse an der Musik der Afroamerikaner stieg beim zweiten Gastspiel in Ffm. 1928 weiter an. Nach einer Südamerikatournee 1927 und einem Heimatbesuch hatte die zweite Europatournee unter dem Titel „Schwarze Revue“ [auch: „Die schwarze Revue“] im Juni 1928 in Berlin begonnen. Vom 1. bis zum 13.8.1928 gastierte die Revue wieder im Ffter Schumanntheater. Während bei dem ersten Gastspiel die Band die Bühne nur beim Schlussteil für sich hatte, standen W. und seine Musiker diesmal im Mittelpunkt des Programms, dessen Showteil ansonsten lediglich drei Tänzerinnen, der Tänzer U. S. „Slow Kid“ Thompson (1888-1990) und die Bluessängerin Edith Wilson (1896-1981) bestritten.
Siegfried Kracauer schrieb: „Ein immer freundlich lächelnder dunkler Herr, dessen Stöckchen die Evolutionen der Saxophone, Klarinetten, Trompeten und des Schlagzeugs regiert. Wundervolle Klangbilder bringt die Truppe hervor, es rauscht wie aus Urwäldern, höhnisches Gelächter gellt in das süße Pianissimo hinein, und die im Dunklen schwelgende Sehnsucht wird durch lautes Getümmel entzaubert.“
Lino Salini porträtierte W. und zeichnete die Band, und die Ffter Nachrichten brachten ein kleines Interview mit dem Bandleader (FN, 2. Beiblatt, 8.8.1928).
Im Herbst 1931 kehrten W. und sein Saxofonist Gene Sedric (1907-1963) in die Vereinigten Staaten zurück, während das übrige Orchester unter der Leitung des zweiten Saxofonisten Willie Lewis (1905-1971) bis 1941 in Europa blieb. Doch konnte W. in den USA nicht an seine Erfolge anknüpfen und beendete seine Karriere als Bandleader; er gründete 1937 den „Southland Spiritual Choir“, holte ab 1941 ein Musikstudium nach und war dann als Musiklehrer tätig. Eine seiner Gesangsschülerinnen, Rae Harrison, wurde seine Frau. Mit ihr ging er in den 1960er Jahren auf eine Welttournee, von deren Stationen in Deutschland nur Ffm., Berlin und Wiesbaden bekannt sind. Im Rückblick auf alle seine Konzertreisen schrieb W. 1972 in der Zeitschrift „allegro“, dass in Deutschland nach dem Berliner Publikum das Ffter das aufmerksamste gewesen sei.
„Shanghai Shuffle“ war eins der Stücke, die W. nur wenige Wochen nach seiner Ankunft 1925 in Berlin für die Firma Vox aufgenommen hatte. Dies war die erste Jazzplatte überhaupt, die Olaf Hudtwalcker hörte, der dann seit 1947 in Ffm. ansässig war, Jazzsendungen für den HR gestaltete und seit 1955 der von ihm mitgegründeten Deutschen Jazz Föderation vorstand. Im Herbst 1962 erfuhr Hudtwalcker, dass im Café Hauptwache ein Schwarzer am Klavier eine Sängerin begleite, die sich dann zu Hudtwalckers großer Überraschung als Sam W. und Rae Harrison herausstellten, und entsprechend bewegt war er, als er am 26.11.1962 die beiden in einer Folge der Sendereihe „Jazz für junge Leute“ im Fernsehen des HR begrüßte. Mit dem George-Gershwin-Titel „I Got Rhythm“ demonstrierte W. in der Sendung eindrucksvoll den „Harlem Stride“ benannten Pianostil. Nachdem Hudtwalcker ihn mit Reimer von Essen (* 1940), dem Leiter der Barrelhouse Jazzband, bekannt gemacht hatte, trat W. als Gast mit dieser Band in einer weiteren Fernsehsendung des HR und in Konzerten auf. Zeugnis ihres gemeinsamen Musizierens ist eine Aufnahme des „Sugar Foot Stomp“ (auf der LP „Starportrait: 25 Jahre Barrelhouse Jazzband Fft.“, 1978). Zu Ehren des Mannes, der „den Jazz nach Europa brachte“, spielte die Barrelhouse Jazzband auch den „Shanghai Shuffle“ ein, und Reimer von Essen komponierte den „Wooding Stomp“. 1977, bei einem Jazzfestival in Zürich, war W. wohl zum letzten Mal mit einer Band in Europa. Doch noch 1980 begleitete er mit Orchester seine Frau Rae Harrison bei einem Konzert in einer Harlemer Kirche.
Die Veröffentlichung der Erinnerungen von W. wurde öfter angekündigt; sie sind jedoch, wenn vollendet, nur auszugsweise erschienen.
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