Sohn des Schlossermeisters Johannes G. und dessen Ehefrau Anna Regina, geb. Luther, wohnhaft in dem Ffter Dorf Oberrad. Zwei Geschwister: Anna Maria G. (1794-?), die nach dem frühen Tod der Eltern im Armenhaus erzogen wurde, und Johann
Adam G. (1799-?), der dem Corps der Ffter freiwilligen Scharfschützen angehörte und mit 16 Jahren 1815 seinen Abschied von der Armee nahm. Verheiratet (seit 1816) mit Charlotte Regina Elisabetha G., geb. Heinckel (1790-1869), aus Stuttgart, für die er das Ffter Bürgerrecht erwarb. Aus dieser Ehe stammten ein Sohn und neun Töchter, von denen drei im Kindesalter starben. Verheiratet in zweiter Ehe (seit 1853) mit Henriette, gen. Hariett, G., geb. Achilles (1821-1854). Die zweite Ehe blieb kinderlos.
G. erlernte um 1810 das Schwertfeger-Handwerk bei seinem Vetter Jacob Luther in Oberrad. Seine Wanderjahre musste er wegen der napoleonischen Kriege von vier auf zwei Jahre verkürzen. Auch starb sein Lehrmeister Luther, sodass er dessen Werkstätte weiterführen musste. 1815 leistete G. den Ffter Bürgereid als Schwertfegermeister. Seit 1819 betrieb er seine Werkstatt mit Laden vermutlich neben bzw. in dem barocken Anbau der Konstablerwache (Polizeiwache), der 1822 niedergelegt wurde. Wegen des damaligen Umbaus der Konstablerwache bat er den Senat der Stadt Ffm. um „Ersatz seines Ladens“; in seiner Bittschrift erklärte er, „dass es schwer wird, als der einzig und letzte Schwertfeger hiesiger Stadt nicht auch zu Grunde zu gehen“. In einem Schreiben an das Ffter Kriegszeugamt 1823 stellte er die zunehmende Konkurrenz durch billige industrielle Massenware dar, die „nur schön ins Aug“ falle: „Klingen, die bei bloßer Anlehnung zerbrechen“, oder „Lederscheiden, die in den nächsten Monaten dem Soldat vom Leib fallen“, und fügte hinzu: „(...) zuletzt bin ich ein Vatter von 5 Kinder und alle Geschäfte gehen schlecht und zwar so, das wen(n) ich mir nicht so sehr viel Mühe im Ausland gebe, hier von Frankfurt nich leben könnte, obgleich ich noch der einzige Schwertfeger dahier bin.“ Nachdem der Ankauf eines städtischen Platzes in der Hasengasse, nahe dem Löschteich, vom Senat abgelehnt worden war, wurde G. im Mai 1826 ein Mietladen in der neuen Konstablerwache angeboten, in der sich auch die Unterkunft der städtischen Artillerie und die Geschütz-Gießerei befanden. In dem neuen Geschäftslokal ließ der Schwertfeger Um- und Einbauten im Wert von 600 Gulden vornehmen, um mit seinen vier Gesellen arbeiten zu können: Er ließ eine Feueresse über seinem Hausherd, einen kleinen Schmelzofen für Silberarbeiten und einen Trockenofen sowie einen Schornstein errichten. Zwei Jahre später, 1828, forderte das Bauamt den Abriss der „eigenmächtigen und gesetzeswidrigen“ baulichen Veränderungen „binnen 14 Tagen“, wodurch der Familienvater in Existenznot geriet. 1833 kam es zu Waffengeschäften mit dem Kaufmann T. Weil zur Vorbereitung des Ffter Wachensturms: Für 120 mit Bajonetten versehene Gewehre und drei Zentner Pulver zur Bewaffnung der Aufständischen erhielt G. die Summe von 840 Gulden. Am Wachensturm am 3.4.1833 jedoch scheint G., Oberleutnant im Corps der Ffter Freiwilligen Artillerie, nicht direkt beteiligt gewesen zu sein, da die Revolutionäre nicht in das Artillerie-Depot in der Konstablerwache einzudringen vermochten. Nach dem Wachensturm saß G. für dreieinhalb Jahre in Untersuchungshaft im Rententurm, bevor er, zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt, in der Nacht vom 27.2.1837 in die Bundesfestung Mainz überstellt wurde. In Fort Hartenberg, nordwestlich von Mainz, verbrachte er zusammen mit sechs weiteren Revolutionären mehr als zwei Jahre unter harten Haftbedingungen. Im Juli 1839 wurden die vier verbliebenen Revolutionäre auf die Zitadelle in der Stadt verbracht und blieben dort bis September 1840, als sie ihre „Deportationsreise“ über Ffm. und Bremerhaven nach Nordamerika antraten. Gemeinsam mit seiner ältesten Tochter Bertha (1819-?), die mit ihm ausreisen durfte, erreichte G. im November 1840 New York. Am 6.10.1845 erhielt G. die amerikanische Staatsbürgerschaft und beantragte einen Tag später einen Reisepass, um nach Europa zurückzukehren. Eine Rückreise nach Deutschland konnte nach Durchsicht der Passagierlisten nicht bestätigt werden. Zuletzt arbeitete G. als Schuhmacherwerkzeughersteller in St. Louis/Missouri. Dort heiratete er in zweiter Ehe 1853 Henriette Achilles, die 1845 oder 1846 nach Amerika ausgewandert war. Die junge Frau starb bereits am 2.7.1854 an Cholera.
Seine Familie in Ffm. hatte erfahren, dass G. angeblich 1842 verstorben sei. Möglicherweise hörte die Familie jedoch 1846 noch einmal von ihm, da der Sohn 1853 dem Stadtgericht mitteilte, dass er die Einwilligung zur Heirat von seinem Vater nicht einholen könne, „da man seit 7 Jahren keine Nachricht habe und dessen Aufenthalt er nicht wisse“. 1848 ließ Charlotte Regina Elisabetha G. ihren Mann für tot erklären, vermutlich damit der einzige Sohn,
Carl Heinrich Gerhard G. (1827-1902), das Gewerbe übernehmen konnte. Für den Zeitraum von 1833 (G.s Inhaftierung) bis 1848 (Nachfolge durch den Sohn) sind unsignierte Waffen überliefert, sodass davon ausgegangen werden darf, dass der Rest der Familie das Schwertfegergewerbe in der Zwischenzeit in Frauen- und Kinderarbeit weitergeführt hatte. Jetzt ging das Meisterrecht von der Witwe auf den 21-jährigen Sohn über, der das Schwertfeger-Handwerk in Ffm. noch einmal zur Blüte bringen würde.
G.s wesentliche Arbeiten umfassen Hieb-, Stich- und Stoßwaffen, kurz Blankwaffen, wie Degen, Geschenk- und Ehrensäbel, jagdliche und höfische Hirschfänger, welche auf dem Klingenrücken signiert, teils auf dem Gefäß gestempelt sind. Seine Stücke zeigen z. T. den Ffter Adler auf der Klinge bzw. ein „F“ für Ffm. Werke von G. befinden sich teils im HMF, teils in Privatsammlungen, wofür Stücke u. a. aus den USA erworben werden konnten. Bei den auf dem freien Markt kursierenden Exemplaren handelt es sich zumeist um Verfälschungen und Zusammenbauten.
G.s Affinität zur Artillerie zeigt sich auch bei seinen Blankwaffen, z. B. einem gebläuten und vergoldeten Artillerie-Ehrensäbel im Empire-Stil des Ffter Platzmajors Johann Justus Ernst Schuler (HMF, Inv.-Nr. x13535; irrtümlich dem Sohn
Carl Heinrich G. zugeschrieben) und einem gebläuten und vergoldeten Kavallerie-Offiziers-Säbel mit Widmung „Das Officier-Corps des / freiwilligen Jäger Bataillons seinem hochverehrten Major / Herrn J. C. Reus, zum Geburtstage den 9. July 1832“, der neben den Namen der 18 Offiziere im Mittelfeld der mächtigen Klinge einen silbernen Ffter Adler mit Stadtkrone, umgeben von militärischen Trophäen, zeigt (HMF, Inv.-Nr. x02571).
Der Bruder Adam G., von Beruf Weißbinder, war 1833 am Wachensturm beteiligt und wurde in der Konstablerwache inhaftiert. Auch er erhielt 1840 vom Ffter Senat „eine Hinreise nach Amerika“, taucht in den Passagierlisten zur Überfahrt nach Amerika jedoch nicht auf.
.