Ältestes von vier Kindern des Gutspächters und Industriellen Friedrich L. (1838-1931) und dessen Ehefrau Johanna Caroline
Julie, geb. Klöppel (1840-1924). Verheiratet (seit 1898) mit Margarete L., geb. Litten (1877-1947). Ein Kind: Johann Friedrich, gen.
Hanfried, L. (1899-1987), Physiker. Der Jurist und zeitweilige Rektor der Königsberger Universität, Fritz Litten (1873-1940), war ein Schwager von L. Dessen Sohn, Hans Litten (1903-1938), ein Rechtsanwalt und Gegner des Nationalsozialismus, starb im KZ Dachau.
Nachdem L. 1886 am Berliner Friedrichs-Gymnasium sein Reifezeugnis erhalten hatte, schrieb er sich an der Universität Jena zunächst an der Philosophischen Fakultät für das Fach Geschichte ein, bevor er im folgenden Semester zur Medizin wechselte. Weitere Stationen seines Medizinstudiums führten ihn nach Würzburg, München und Straßburg, ehe er nach Jena zurückkehrte. Dort bestand er im Wintersemester 1891/92 das Staatsexamen und erhielt die Approbation als Arzt. Im Rahmen seiner Dissertation stellte er am physiologischen Institut in Jena „Untersuchungen über den Galvanotropismus der Paramaecien“ an. Ende 1894 wurde er mit dieser Arbeit promoviert, die 1895 als Aufsatz im „Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere“ erschien.
Von Jena aus wechselte L. nach Königsberg. Von 1894 bis 1896 war er als Assistent am physiologischen Institut der Königsberger Universität tätig. Seit Oktober 1896 arbeitete er an der Chirurgischen Klinik in Königsberg. Dort wurde Anton von Eiselsberg (1860-1939) zu seinem Lehrer. Eiselsberg schickte ihn vorübergehend zu Adolf Lorenz (1854-1946) nach Wien, wo er sich mit der aufstrebenden Orthopädie vertraut machen sollte, die sich zu jener Zeit von der Chirurgie als Mutterdisziplin zu lösen begann. Nach der Rückkehr nach Königsberg habilitierte sich L. im Dezember 1900 mit einer Abhandlung über „Pathologie und Therapie der angeborenen Hüftluxation“, die 1902 in Buchform erschien. Zum Jahreswechsel 1902/03 folgte er einem Ruf als Oberarzt an die neugegründete orthopädische Abteilung der von Johann von Mikulicz-Radecki (1850-1905) geleiteten chirurgischen Universitätsklinik in Breslau. Dort bekam er 1906 zunächst den Professorentitel verliehen, bevor er 1912 einen Lehrauftrag für Orthopädie erhielt und 1913 zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt wurde.
1914 nahm L. den Ruf als ordentlicher Honorarprofessor für orthopädische Chirurgie an die Medizinische Fakultät der neugegründeten Universität in Ffm. an. Damit verbunden war die ärztliche Leitung der gerade fertiggestellten Klinik Friedrichsheim, die dank dem 1909 gegründeten „Verein für Krüppelfürsorge“ entstanden war und nun als Orthopädische Universitätsklinik fungierte. Während des Ersten Weltkriegs war L. als Militärarzt tätig und leitete auch das Reservelazarett, das ab Oktober 1914 im Friedrichsheim eingerichtet war. Von 1915 bis 1918 war er zugleich Präsident der Deutschen Orthopädischen Gesellschaft (der heutigen Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie). Nach Kriegsende, nachdem das Friedrichsheim ab Dezember 1918 nicht mehr als Reservelazarett genutzt wurde, begann unter L. als Direktor der eigentliche Aufbau der „Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim“. Im Juni 1919 wurde L. zum ordentlichen Professor ernannt. In den folgenden Jahren kümmerte er sich zudem im Rahmen der „öffentlichen Krüppelfürsorge“, auch aufgrund seiner Funktion als „Landeskrüppelarzt“, insbesondere um die Versorgung der zahlreichen Kriegsversehrten. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes in der Orthopädie entwickelte und förderte er neue Konzepte sowohl zur Prävention als auch zur Rehabilitation, z. B. durch Gymnastik zur Vorbeugung und Behandlung von Haltungsfehlern bei Kindern. Insbesondere unterstützte er ab 1923 auch die Ausbildung von Fachkräften in Krankengymnastik und Massage, wofür er schließlich einen dreisemestrigen Lehrgang an der Klinik einrichtete.
Nachdem L. 1930 emeritiert worden war, wurde
Georg Hohmann aus München auf den Ffter Lehrstuhl für Orthopädie berufen und zum Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim ernannt. 1934/35 musste L. den „Diensteid für Beamte“ als öffentliches Bekenntnis zum Nationalsozialismus leisten und einen schriftlichen Nachweis seiner „arischen“ Abstammung erbringen. Aus dem Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Medizinischen Fakultät wurde er aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin 1937 gestrichen. Sohn Hanfried L. war nach 1933 aufgrund der jüdischen Abstammung seiner Mutter in seinem beruflichen Fortkommen als Physiker gehindert. Er ging zunächst nach Österreich und floh 1939 in die USA, wo er seine akademische Karriere fortsetzen konnte. L. starb 1945 im Alter von 81 Jahren in seiner Wohnung in der Schumannstraße 11 im Ffter Westend an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde auf dem Neuen Friedhof im Ffter Stadtteil Bockenheim bestattet. Das Grab existiert heute nicht mehr.
Weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen (in Auswahl): „Zur Pathogenese und Therapie der angeborenen Hüftgelenksluxation“ (1902), „Die angeborene Hüftluxation mit besonderer Berücksichtigung der Luxationspfanne“ (Aufsatz, 1911), „Die Beseitigung des Hallux valgus durch die schräge plantar-dorsale Osteotomie des Metatarsus“ (Aufsatz, 1918), „Die Probleme der modernen Orthopädie“ (Aufsatz, 1924), „Die Wiederherstellung der normalen Knöchelgabel“ (Aufsatz, 1930).
In der Medizin wurden nach L. benannt: ein von ihm entwickeltes Operationsverfahren zur Korrektur einer Schiefstellung des Großzehs (Hallux valgus; L.-Osteotomie), ein Test zur Feststellung einer eventuellen Hüftluxation bei Neugeborenen (L.-Hohmann-Zeichen), ein chirurgischer Zugangsweg bei der Behandlung der Luxation des Hüftgelenks (L.-Zugang) sowie das L.-Zeichen zur Diagnose einer besonderen Form der Oberschenkelfraktur und der L.-Fleck, mit dem eine kreisförmige Aufhellung im Röntgenbild der Gelenkfortsätze des Oberschenkelknochens bezeichnet wird, u. a.
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