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Schleussner, Carl

Carl Schleussner

Carl Schleussner
Fotografie.

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7P Nr. 12632).
Schleussner, Johann Carl Peter Ferdinand. Dr. phil. Chemiker. Fabrikant. * 12.9.1830 Biedenkopf/Lahn, † 15.12.1899 Ffm.
Sohn des Großherzoglich Hessischen Obereinnehmers Friedrich Heinrich, gen. Fritz, Sch. (1788-1837) und dessen zweiter Ehefrau Caroline Christiane Johannette, geb. Kärcher (1802-1876).
Lehre (1847-50) in der Apotheke seines Bruders Emil Friedrich Ludwig Sch. (1814-1869) in Romrod. 1851 Apothekergehilfe in Straßburg. 1852 Prüfung als Pharmazeut in Darmstadt. Studium der Chemie, zunächst in Heidelberg bei Robert Wilhelm Bunsen, dann (seit 1856) in Gießen bei Hermann Kopp, abgeschlossen mit Staatsexamen und Promotion (1857). Danach war Sch. als Gehilfe in der Hirsch-Apotheke auf der Zeil in Ffm. tätig. Nach der Heirat mit Elisabeth Christiane, gen. Elise (auch: Elisa), Rinn (1838-1871), der Tochter des Siegellackfabrikanten Franz Rinn (1801-1865), und der Aufnahme in das Bürgerrecht (1860) gründete Sch. im Hause seines Schwiegervaters auf dem Römerberg 18 (Zum Standesämtchen) „ein chemisch-pharmazeutisches Laboratorium“. Zunächst behielt er die Siegellackproduktion bei. Doch wollte er dem Betrieb eine völlig neue Ausrichtung geben, denn er interessierte sich für die damals noch recht junge Kunst der Fotografie. Sch. stellte in seinem Laboratorium auch Silbernitrat her, das als „Höllenstein” (argentum nitricum) in der Pharmazie eine Rolle spielte, und machte sich nun die Erkenntnis zunutze, dass Silbernitrat für die Herstellung von fotografischen Platten verwendet werden konnte. Er begann mit der Produktion von Silbernitrat und anderen Grundmaterialien für das „nasse Verfahren” (Kollodium-Verfahren) der Fotografie und wurde damit zum Begründer einer der ersten fotochemischen Fabriken, deren Sitz er bald in die Stiftstraße 8 verlegte. 1874 gründete Sch. den „Verein zur Pflege der Photographie und verwandter Künste”, dessen Vorsitz er 1878 übernahm, und er regte die Errichtung ähnlicher Vereine in Köln, Berlin, Hamburg, Nürnberg, Breslau, Wien und New York an. Außerdem gab er seit 1876 die Zeitschrift „Photographische Monatsblätter” heraus und berief 1880 die erste Fotografenversammlung nach Ffm.
Bei dem „nassen“ Kollodium-Verfahren, wofür Sch. anfangs die Materialien herstellte und lieferte, mussten sich die Fotografen ihre Platten selbst gießen und sofort verwenden. Wesentlich einfacher zu handhaben waren die Trockenplatten, die der englische Arzt Richard L. Maddox 1871 erfand. Seit 1879 experimentierte Sch. mit dem neuen Bromsilber-Verfahren mit Gelatine-Emulsions-Trockenplatten. Nach zwei Jahren (1881) konnte er mit den von ihm weiterentwickelten Bromsilber-Trockenplatten („Dr. Schleussner’s Gelatine-Emulsionsplatten”) in die Produktion gehen und einen ersten Verkaufsschlager der Firma landen. Sch., der auf der Allgemeinen Deutschen Patent- und Musterschutz-Ausstellung in Ffm. 1881 eine erste Kollektion seiner Negative vorführte und dafür mit der Silbernen Medaille ausgezeichnet wurde, trug damit zur Durchsetzung des neuen fotografischen Verfahrens bei. In seiner Fabrik wurden seit 1885 die weiter vervollkommneten fotografischen Trockenplatten maschinell hergestellt.
Am 28.4.1892, am Tag vor der Eröffnung der von Sch. errichteten neuen Fabrik in der Elbestraße, erlitt Sch. bei der ersten Betriebsführung einen Schlaganfall und zog sich seitdem zugunsten seiner Söhne allmählich aus der Firma zurück. 1896, kurz nach der ersten wissenschaftlichen Demonstration der X-Strahlen (Röntgenstrahlen) durch ihren Entdecker Wilhelm Conrad Röntgen, begann die Fabrik, fotografisches Negativmaterial für die wissenschaftliche und medizinische Röntgenfotografie herzustellen. Bald erwarben sich Sch.s Röntgenplatten wissenschaftliche Anerkennung und eroberten den Weltmarkt. 1897 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Aufsichtsrat Sch. als Senior angehörte, deren Geschäftsleitung aber endgültig seine Söhne Carl Moritz und Carl Friedrich Ludwig (1864-1928) Sch. sowie vorübergehend sein Schwiegersohn Eduard Ritsert (1859-1946) übernahmen.
Ein Album mit frühen Fotografien der Stadt Ffm. aus Sch.s Besitz übergaben der Urenkel Hans und dessen Frau Renate Sch. 2012 dem ISG.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 288, verfasst von: Sabine Hock (überarbeitete Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon von Sabine Hock).

Lexika: Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Kallmorgen, S. 400. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 515.
Literatur:
                        
Geschichte der Handelskammer zu Ffm. 1707-1908. Beiträge zur Ffter Handelsgeschichte. Hg. v. der Handelskammer zu Ffm. Ffm. 1908.Gesch. d. Handelskammer 1908, S. 1281 u. 1287. | Schleussner, Hans (Hg.): Die Ffter Unternehmerfamilie Schleussner. Engagements in Foto, Film, Funk und Pharmazie. [Mit einem Beitrag über die Ffter Unternehmerfamilie Schleussner von Andreas Hansert.] Petersberg 2005.Schleussner, Hans (Hg.): Die Ffter Unternehmerfamilie Schleussner 2005, bes. S. 10-23. | Schleußner, Irene: Schleußner. Geschichte eines in Thüringen, Franken und Hessen beheimateten Geschlechtes und seiner Ahnen. Bearb. v. Heinz Friedrich Friederichs. Sonderdruck aus: Deutsches Familienarchiv, Bd. 14. Neustadt/Aisch 1959.Schleußner, Irene: Schleußner 1959, S. 53-57. | Waesche, Niko Marcel: Die Dr. C. Schleussner Fotowerke 1860-1962. Magisterarbeit. Ffm. 1994.Waesche: Dr. C. Schleussner Fotowerke 1994.
Quellen: ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/4.451. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/12.467 (Familie Schleussner).

GND: 139273743 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Schleussner, Carl. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1066

Stand des Artikels: 10.2.2016
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 02.2016.