Sohn des Großherzoglich Hessischen Obereinnehmers Friedrich Heinrich, gen.
Fritz, Sch. (1788-1837) und dessen zweiter Ehefrau
Caroline Christiane Johannette, geb. Kärcher (1802-1876).
Lehre (1847-50) in der Apotheke seines Bruders
Emil Friedrich Ludwig Sch. (1814-1869) in Romrod. 1851 Apothekergehilfe in Straßburg. 1852 Prüfung als Pharmazeut in Darmstadt. Studium der Chemie, zunächst in Heidelberg bei Robert Wilhelm Bunsen, dann (seit 1856) in Gießen bei Hermann Kopp, abgeschlossen mit Staatsexamen und Promotion (1857). Danach war Sch. als Gehilfe in der Hirsch-Apotheke auf der Zeil in Ffm. tätig. Nach der Heirat mit
Elisabeth Christiane, gen. Elise (auch: Elisa), Rinn (1838-1871), der Tochter des Siegellackfabrikanten Franz Rinn (1801-1865), und der Aufnahme in das Bürgerrecht (1860) gründete Sch. im Hause seines Schwiegervaters auf dem Römerberg 18 (Zum Standesämtchen) „ein chemisch-pharmazeutisches Laboratorium“. Zunächst behielt er die Siegellackproduktion bei. Doch wollte er dem Betrieb eine völlig neue Ausrichtung geben, denn er interessierte sich für die damals noch recht junge Kunst der Fotografie. Sch. stellte in seinem Laboratorium auch Silbernitrat her, das als „Höllenstein” (argentum nitricum) in der Pharmazie eine Rolle spielte, und machte sich nun die Erkenntnis zunutze, dass Silbernitrat für die Herstellung von fotografischen Platten verwendet werden konnte. Er begann mit der Produktion von Silbernitrat und anderen Grundmaterialien für das „nasse Verfahren” (Kollodium-Verfahren) der Fotografie und wurde damit zum Begründer einer der ersten fotochemischen Fabriken, deren Sitz er bald in die Stiftstraße 8 verlegte. 1874 gründete Sch. den „Verein zur Pflege der Photographie und verwandter Künste”, dessen Vorsitz er 1878 übernahm, und er regte die Errichtung ähnlicher Vereine in Köln, Berlin, Hamburg, Nürnberg, Breslau, Wien und New York an. Außerdem gab er seit 1876 die Zeitschrift „Photographische Monatsblätter” heraus und berief 1880 die erste Fotografenversammlung nach Ffm.
Bei dem „nassen“ Kollodium-Verfahren, wofür Sch. anfangs die Materialien herstellte und lieferte, mussten sich die Fotografen ihre Platten selbst gießen und sofort verwenden. Wesentlich einfacher zu handhaben waren die Trockenplatten, die der englische Arzt Richard L. Maddox 1871 erfand. Seit 1879 experimentierte Sch. mit dem neuen Bromsilber-Verfahren mit Gelatine-Emulsions-Trockenplatten. Nach zwei Jahren (1881) konnte er mit den von ihm weiterentwickelten Bromsilber-Trockenplatten („Dr. Schleussner’s Gelatine-Emulsionsplatten”) in die Produktion gehen und einen ersten Verkaufsschlager der Firma landen. Sch., der auf der Allgemeinen Deutschen Patent- und Musterschutz-Ausstellung in Ffm. 1881 eine erste Kollektion seiner Negative vorführte und dafür mit der Silbernen Medaille ausgezeichnet wurde, trug damit zur Durchsetzung des neuen fotografischen Verfahrens bei. In seiner Fabrik wurden seit 1885 die weiter vervollkommneten fotografischen Trockenplatten maschinell hergestellt.
Am 28.4.1892, am Tag vor der Eröffnung der von Sch. errichteten neuen Fabrik in der Elbestraße, erlitt Sch. bei der ersten Betriebsführung einen Schlaganfall und zog sich seitdem zugunsten seiner Söhne allmählich aus der Firma zurück. 1896, kurz nach der ersten wissenschaftlichen Demonstration der X-Strahlen (Röntgenstrahlen) durch ihren Entdecker Wilhelm Conrad Röntgen, begann die Fabrik, fotografisches Negativmaterial für die wissenschaftliche und medizinische Röntgenfotografie herzustellen. Bald erwarben sich Sch.s Röntgenplatten wissenschaftliche Anerkennung und eroberten den Weltmarkt. 1897 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Aufsichtsrat Sch. als Senior angehörte, deren Geschäftsleitung aber endgültig seine Söhne
Carl Moritz und Carl
Friedrich Ludwig (1864-1928) Sch. sowie vorübergehend sein Schwiegersohn Eduard Ritsert (1859-1946) übernahmen.
Ein Album mit frühen Fotografien der Stadt Ffm. aus Sch.s Besitz übergaben der Urenkel
Hans und dessen Frau Renate Sch. 2012 dem ISG.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 288,
).