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Manti, Lea

Lea Manti

Lea Manti
Fotografie (um 1918).

© Sammlung Joachim Frank.
Lea Manti in Ffm.

Werbung von Lea Manti für ein Gastspiel in Ffm.
Werbeflyer unter Verwendung einer Fotografie von Gábor Hirsch (1920er Jahre).

© Sammlung Joachim Frank.
Manti, Lea. Eigentl. Name: Mart(h)a Mandt. Kunstpfeiferin. Theaterleiterin. * 13.8.1886 (Wuppertal-)Elberfeld, † 12.7.1960.
Tochter des Buchbinders Franz Martin Mandt (1848-nach 1923) und dessen Ehefrau Mathilde, geb. Sebastian (1854-1897). Großnichte von Martin Wilhelm Mandt (1799-1858), der ab 1840 Leibarzt von Zar Nikolaus I. am russischen Hof war. M. hatte mindestens vier Schwestern und zwei Brüder: Caroline Ottilie (1874-?), Anna (1875-1964), Martin Wilhelm (1878-?), Zwillingsschwester Maria (1886-?), Franz Hermann (1890-1942), Mathilde Caroline Mandt (1892-1982). Der Vater war Anfang der 1890er Jahre zeitweise arbeitslos. Nach dem Tod der Mutter heiratete der Vater 1898 erneut.
M. wuchs in Elberfeld, Barmen und Düsseldorf auf, wo sie das Kunstpfeifen erlernt haben muss und sich auch den Bühnennamen „Lea Manti“ zulegte. Ihre Karriere als Kunstpfeiferin begann nach ihren eigenen Angaben 1903 und ist bis 1943 durch Nennungen in Zeitungsanzeigen nachzuverfolgen. 1911 wurde M. Mitglied in der Internationalen Artisten-Loge. Sie hatte zahlreiche Auftritte in großen und kleinen Kabaretts in Deutschland, auf dem europäischen Festland, in Großbritannien, Südafrika und den USA. M. war zur Zeit des deutschen Kaiserreichs, der Weimarer Republik und der NS-Diktatur ein weltweit bekannter und erfolgreicher Star als Kunstpfeiferin.
Die Bühne betrat M. im eleganten violetten, mitunter auch braunen Frackanzug und mit kurzen, meist zurückgekämmten, eng anliegenden Haaren. Ohne zusätzliche Instrumente pfiff sie auf ihren beiden kleinen Fingern ein reichhaltiges Repertoire aus Opern und Operetten, Walzern, Liedern und eingängigen Melodien, besonders aus dem Bereich der Klassik. Auf zahlreichen Tourneen wohnte M. jeweils für kurze Zeit in vielen Städten. In Ffm. hielt sie sich mit Unterbrechungen von mindestens 1916 bis etwa 1926 immer wieder für längere Zeit auf. Da ihre jüngste Schwester Mathilde Caroline Mandt mindestens ab 1955 in Ffm. lebte, könnte M. auch später zu Besuchen dorthin zurückgekehrt sein.
Spätestens ab 1916 trat M. in Ffm. mehrmals auf, und zwar im April und im Dezember 1916 im Theater „Groß-Frankfurt“ (am Eschenheimer Tor), im September 1917 und im Oktober 1918 im „Kristall-Palast“ (Große Gallusstraße 12). Dabei knüpfte sie Kontakt zu dem aus New York gebürtigen Theaterdirektor Leo Lowry (1867-1918), der in Ffm. seit mindestens 1910 mehrere Theater leitete und weitere Neubauten plante. Leo Lowry betrieb seit etwa 1913 den „Arkadia-Tanz-Palast“ in der Kaiserstraße 69 (teilweise angegeben mit 67/69). Ihm gehörten außerdem das Haus Zeil 49 („Tanz-Palast Wintergarten“) und der Bauplatz Albusstraße 48. Lowry war mit Violet G. Lowry, geb. Bennet (1875-1951), verheiratet; das Ehepaar wohnte in der Windmühlstraße 3.
Nach dem frühen Tod Leo Lowrys im Juni 1918 trat M. Ende des Jahres im „Arkadia“ auf. Angesichts der Situation, vielleicht auch aus Freundschaft, machte Lowrys Witwe M. zu ihrer Geschäftspartnerin. Ab Dezember 1918 übernahm M. für etwa drei Jahre die künstlerische Leitung der „Arkadia’s Künstlerspiele“. Anfang 1919 wurde außerdem nachmittags geöffnet und zu „Lea Manti’s Elite-Tee“ eingeladen – vermutlich zum Tanzen. Spätestens 1920 schlossen sich Violet Lowry und M. zur „Theaterdirektion Lowry-Manti“ zusammen; M. zog zu Violet Lowry in die Windmühlstraße. Sie benannte die Künstlerspiele in „Lea Manti’s Künstlerspiele“ um und lud ab 1.7.1920 in „Mantis Weinrestaurant“ ein; bereits Mitte 1921 gab sie die Räume in der Kaiserstraße jedoch wieder auf. Danach wurden sie zu den „Ffter Künstlerspielen“, und M. erwarb vom Varietédirektor Paul Jorich die „Jorich’schen Spiele“ in der Schäfergasse 13-15, die sie am 1.2.1922 als „Lea Manti’s Bonbonnière“ feierlich eröffnete.
M. erlebte in Ffm. große Erfolge und bot hier vielen namhaften Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne. Dazu gehörten die Sängerin Luci Berber [1877-1954; Mutter der Tänzerin Anita Berber (1899-1928)], die Kabarettistin Ilse Bois [1896-1960; Schwester des Schauspielers Curt Bois (1901-1991)] und der Kabarettist Fritz Junkermann (1883-1942). Laut der Ffter Wochenschrift „Die Fackel“ hat M. darüber hinaus „für eine Reihe wertvoller choreographischer Nummern gesorgt, unter welchen auch der Grotesktanz nicht fehlt“.
Überlieferte Anekdoten, in denen M.s Name in Verbindung mit anderen Berühmtheiten genannt wird, belegen ihren hohen Bekanntheitsgrad. So erzählt der Humorist Hans Reimann augenzwinkernd von einem merkwürdigen Diebstahl, der dem Kabarettisten Max Ehrlich (1892-1944) in Ffm. widerfuhr, als er im Februar 1921 gegenüber von „Lea Manti’s Künstlerspielen“ im „Kyffhäuser“ (Ecke Kaiser-/Taunusstraße) ein Hotelzimmer bezogen hatte: Ehrlich war zu dieser Zeit bei M. angestellt und lief offenbar bei seinen Auftritten zwischen Theater und Hotel hin und her; dabei verlor er anscheinend den Abholschein für sein Gepäck, das im Bahnhof lagerte und komplett gestohlen wurde.
1922 kehrte Violet Lowry in die USA zurück. Dies führte vermutlich zur Auflösung der „Theaterdirektion Lowry-Manti“ in Ffm. Von 1923 bis 1924 besuchte M. Violet Lowry in den Staaten und wurde dort für diverse Auftritte als Kunstpfeiferin engagiert. Nach ihrer Rückkehr ging M. erneut auf Tournee, bis sie sich ab Herbst 1931 dauerhaft in Hamburg niederließ, wo sie „Lea Manti’s Künstlerclub“ betrieb. Im Mai 1932 übernahm M. in Berlin für einige Wochen die Leitung des Lesbenlokals „Monokel-Diele“, das die Subkulturaktivistin Lotte Hahm (1890-1967) im März 1931 eröffnet hatte. Nach weiteren Tourneen kehrte M. nach Hamburg zurück. Als sie im Sommer 1938 die Leitung einer Hamburger Kabarettbühne verlor, bat sie die Reichstheaterkammer in Berlin erfolgreich um finanzielle Unterstützung aus dem Fonds „Künstlerdank“, den Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels (1897-1945) gegründet hatte. Trotz Diktatur und Krieg lebte M.s Karriere zwischen 1940 und 1943 noch einmal auf; sie pfiff u. a. in Karlsbad im durch das Münchner Abkommen 1938 dem NS-Staat einverleibten „Reichsgau Sudetenland“ und in Riga zur Zeit der deutschen Besetzung während des Zweiten Weltkriegs. Vermutlich seit etwa 1944 war die Tänzerin Betti Scheuing (1913-1996) M.s Lebensgefährtin. Nach dem Krieg wohnten die beiden Frauen zusammen in Hamburg. Die Liebesbeziehung währte bis zu M.s Tod 1960.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Ingeborg Boxhammer.

Literatur:
                        
Schader, Heike: Virile, Vamps und wilde Veilchen. Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre. Königstein/Taunus 2004.Schader: Virile, Vamps u. wilde Veilchen 2004. | Thilmann, Pia (Hg.): Butches. Begehrt und bewundert. Berlin 2018.Schader, Heike: Kurzportraits über Menschen, die in den 1920er Jahren lebten, in einem Buch zum Thema Butch? In: Thilmann (Hg.): Butches 2018, S. 28-32.
Quellen: Bundesarchiv (BArch) Berlin.Bundesarchiv Berlin, Akte der Reichstheaterkammer, Sign. R 9361-V/70720. | Die Fackel. Freie Ffter Wochenschrift. 20 Jahrgänge. Ffm. 1904-23.Die Fackel, 25.9.1920, S. 3. | Linzer Tages-Post. Linz 1865-1944 u. 1953-54.Reimann, Hans: Gräfin Mariza und ein Diebstählchen. Auszug aus dem „Stachelschwein“. In: Linzer Tages-Post, 2.8.1925, S. 11. | Sammlung Joachim Frank.Sammlung Joachim Frank.
Internet: Stadtportal hamburg.de, Datenbank Hamburger Frauenbiografien, verantwortlich: Rita Bake, Hamburg. https://www.hamburg.de/clp/frauenbiografien-suche/clp1/hamburgde/onepage.php?BIOID=4855&qN=manti
Hinweis: Eintrag über Lea Manti von Ingeborg Boxhammer.
Hamburger Frauenbiografien, 29.6.2023.
| Lesbengeschichte, hg. v. Ingeborg Boxhammer u. Christiane Leidinger, Bonn/Berlin. https://www.lesbengeschichte.org/bio_manti_d.html - https://www.lesbengeschichte.org/material_manti_d.html -
Hinweis: Ingeborg Boxhammer: Lea Manti (1886-1960): „die nicht nur auf weibliche Kleidung, sondern auch auf den kleinen Fingern pfeift“ – Eine neue Annäherung an Leben und Werk der Kunstpfeiferin, 3/2020 (aktualisiert 8/2020 und 5/2021). Dazu: Übersicht über bisher bekannte Auftritte und künstlerische Leitung der Kunstpfeiferin Lea Manti (1886-1960), Zusammenstellung: Ingeborg Boxhammer, 5/2021.
Lesbengeschichte, 2.6.2021.


GND: 1248168275 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Boxhammer, Ingeborg: Manti, Lea. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/12124

Stand des Artikels: 3.6.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 06.2021.