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Beroldingen, Egon Graf von

Egon Graf von Beroldingen

Egon Graf von Beroldingen
Fotografie.

© unbekannt. Der/die Fotograf/-in ist auf der Bildvorlage nicht genannt. Die Vorlage trägt auch keine anderen Copyrightangaben.
Beroldingen, Julius Egon Graf von. Kampfflieger. Flughafenleiter. Sportfunktionär. * 24.9.1885 (Remseck-)Hochberg/Neckar, † 20./21.10.1933 München, begraben in Stuttgart.
Einer von vier Söhnen des Oberstleutnants a. D. Clemens Graf von B. (1828-1884) und dessen Ehefrau Alexandrine, geb. von Hügel (1843-1903), einer Tochter des württembergischen Außenministers Karl Eugen Freiherr von Hügel (1805-1870).
B. stammte väterlicherseits aus einem alten Adelsgeschlecht, mütterlicherseits aus einer einflussreichen württembergischen Offiziers- und Politikerfamilie. Sein Vater starb noch vor seiner Geburt, sodass B. bei seiner Mutter auf dem Anwesen der Familie in der Gemeinde Hochberg bei Stuttgart aufwuchs. Als Kind zeigte er großes musikalisches und künstlerisches Talent, erlernte früh das Klavierspiel und gab mit seiner Mutter Konzerte; als Jugendlicher soll er in den Kreisen bekannter Schriftsteller wie Hugo von Hofmannsthal verkehrt haben.
1903 Eintritt in das württembergische Militär. Ausbildung beim Feldartillerieregiment Prinz-Regent Luitpold von Bayern (Nr. 29). 1907 Versetzung zum Feldartillerieregiment Nr. 49 im Rang eines Leutnants, 1910 zum Ulanen-Regiment König Wilhelm I. (Nr. 20). 1913 Beförderung zum Oberleutnant und Kommandierung zur Preußischen Kriegsakademie in Berlin. Im August 1914 Versetzung zu den Luftstreitkräften: Flugzeugführer in der Feldfliegerabteilung 8, ab 1915 Staffelführer in der Flugstaffel 15, ab 1916 Führer der Feldfliegerabteilung 22. Insgesamt 46 Kampfeinsätze an Ost- und Westfront. 1914 Beförderung zum Rittmeister. Ab September 1917 Leiter des Böblinger Militärflughafens und Kommandeur der dort stationierten Fliegerersatzabteilung 10. Im Dezember 1918 Rückversetzung zum Ulanenregiment Nr. 20 nach Ludwigsburg.
Im Jahr 1919 heiratete B. Nora Kapp von Gültstein (1889-1953), Tochter des Eisenbahnpioniers Otto Kapp von Gültstein (1853-1920). 1920 kam der gemeinsame Sohn Bernd Alexander Otto zur Welt. 1921 trennte sich das Paar einvernehmlich, 1922 folgte die Scheidung. Nora von B. (später in vierter Ehe seit 1932 verh. Winkler) lebte fortan mit ihrem Sohn in Berlin und arbeitete als Journalistin, pflegte aber weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis zu B.
Schon als Flughafenkommandeur hatte B. großes Interesse am Sport gezeigt und eine Fußballmannschaft („Böblinger Flieger“) auf die Beine gestellt. Nach Kriegsende schloss er sich dem VfB Stuttgart an, und von 1920 bis 1923 war er dessen Vorsitzender. Dabei zeichnete er für die Modernisierung der Infrastruktur des Vereins verantwortlich – besonders durch die Errichtung eines neuen Stadions auf dem Cannstatter Wasen – und legte somit den Grundstein für den Aufstieg des VfB zur württembergischen Spitzenfußballmannschaft.
1925 zog B. nach Ffm. um, wo er zum Direktor der Flugplatz GmbH ernannt wurde und den Ausbau des Rebstockgeländes in Ffm.-Bockenheim zum modernen Großflughafen verantwortete (offizielle Eröffnung im August 1926). Damit setzte er ein wesentliches Element der ambitionierten Verkehrspolitik von Oberbürgermeister Ludwig Landmann um.
Ebenfalls 1925 schloss B. sich der Sportgemeinde Eintracht an. 1927 wurde er deren Zweiter Vorsitzender sowie interimsweise Leiter des Spielausschusses und der Boxabteilung. Ende des Jahres 1927 übernahm er das Amt des Ersten Vorsitzenden von Horst Rebenschütz. B. leistete in den folgenden Jahren einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen Konsolidierung der Eintracht – u. a. durch eine erfolgreiche Werbekampagne, die sie bis Ende 1928 zum größten Fußballverein der Stadt machte – sowie zu ihrem sportlichen Aufstieg. In die Amtszeit des „Grafen“, wie er respektvoll genannt wurde, fallen viele bedeutende Erfolge, vor allem in der Leichtathletik (zahlreiche deutsche Meistertitel und mehrere Weltrekorde) und im Fußball (fünf Siege in der Bezirksliga Main-Hessen, Gruppe Main, zwei Süddeutsche Meisterschaften und eine Teilnahme am Endspiel um die Deutsche Meisterschaft).
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam dem Rechtskonservativen B. eine maßgebliche Rolle bei der schnellen und widerstandslosen „Selbstgleichschaltung“ von Eintracht Fft. zu. Im April 1933 unterzeichnete er für den Verein die „Stuttgarter Erklärung“, mit der 14 führende süddeutsche Fußballvereine dem NS-Regime ihre Loyalität versicherten. Im gleichen Monat trat B. der NSDAP bei. Am 2.5.1933 stellte eine außerordentliche Versammlung der Eintracht die Verwaltung in einem satzungswidrigen Akt auf das „Führerprinzip“ um und bestätigte B. zunächst kommissarisch im Amt. Auch symbolisch passte sich der Club rasch an, etwa durch die Übernahme der Insignien und Rituale des NS-Staates oder das Umfunktionieren von Fußballspielen zu politischen Propagandaveranstaltungen. Zwar führte die für ihre jüdische Tradition bekannte Eintracht noch bis 1940 keinen „Arierparagraphen“ ein, mehrere jüdische Funktionäre legten jedoch 1933 ihre Ämter nieder, und die Boxer schlossen jüdische Mitglieder aus der Abteilung aus. Im September verabschiedete die Mitgliederversammlung eine neue, den Vorgaben der NS-Reichssportführung entsprechende Satzung und wählte B. einstimmig zum „Vereinsführer“ mit weitreichenden Kompetenzen. B.s Einfluss auf die Entwicklungen des Jahres 1933 ist im Einzelnen schwer nachzuvollziehen; aufgrund seiner herausgehobenen Stellung ist aber davon auszugehen, dass er sie federführend gestaltete.
Auf dem Weg in einen Kurzurlaub ließ B. sich im Oktober 1933 wegen einer Gallenblasenerkrankung in eine Münchener Klinik einweisen und unterzog sich einem chirurgischen Eingriff. An dessen Folgen starb er in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober überraschend. Der Tod des beliebten „Grafen“ löste sowohl in Ffm. als auch in Stuttgart Bestürzung aus. Ab 1934 spielten die Eintracht und der VfB jährlich in Hin- und Rückspiel einen Graf-von-Beroldingen-Gedächtnispokal aus, und bis in die 1960er Jahre legten sie gemeinsam Kränze an B.s Grab nieder.
1914 Eisernes Kreuz I. und II. Klasse. Ritterkreuz des Württembergischen Militärverdienstordens. 1923 Ehrenvorsitzender des VfB Stuttgart. 1929 Ehrennadel von Eintracht Fft.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Maximilian Aigner.

Literatur:
                        
Aigner, Maximilian: Vereinsführer. Vier Funktionäre von Eintracht Fft. im Nationalsozialismus. Göttingen [Copyright 2020]. (Studien zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 4).Aigner: Vereinsführer 2020. | Hofmann, Gregor: Der VfB Stuttgart und der Nationalsozialismus. Schorndorf 2018.Hofmann: Der VfB Stuttgart u. der Nationalsozialismus 2018. | Thoma, Matthias: „Wir waren die Juddebube“. Eintracht Fft. in der NS-Zeit. Göttingen 2007.Thoma: Eintracht Fft. in der NS-Zeit 2007.
Quellen: ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/13.126.
Internet: Hessische Biografie, ein Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Landesamts für geschichtliche Landeskunde in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/pnd/1020322977Hess. Biografie, 4.9.2021. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Egon_Reichsgraf_von_BeroldingenWikipedia, 4.9.2021.

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Empfohlene Zitierweise: Aigner, Maximilian: Beroldingen, Egon Graf von. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/12128

Stand des Artikels: 6.9.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 09.2021.