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Eilbott, Wilhelm

Wilhelm Eilbott

Wilhelm Eilbott
Fotografie.

© Familienarchiv Eilbott.
Eilbott, Wilhelm, gen. Willi. Dr. med. Labormediziner. * 31.3.1895 Zweibrücken, † 31.1.1977 New York.
Sohn des Kaufmanns Adolf E. (1860-1919) und dessen Ehefrau Barbara, gen. Betty, geb. Kern (1860-1955). Fünf Geschwister: Josef E. (1885-?), Erna E. (1889-1942), Pauline E. (1891-1942), Richard E. (1893-1987) und Martha E. (1896-?). Verheiratet (seit 1926) mit der aus Ffm. stammenden Zahnärztin Dr. Irene E., geb. Prager (1900-1982), die im öffentlichen Gesundheitsdienst der Stadt arbeitete; deren Onkel mütterlicherseits war der Ffter Maler Jakob Nussbaum. Drei Kinder: Adolf Benjamin, gen. Ben, E. (* 1927), Peter E. (* 1932) und Eva E. (1935-1939).
Nach dem Umzug der Familie nach Ffm. 1906 wurde E. – wie auch sein älterer Bruder Richard – Schüler des humanistischen Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums (des heutigen Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums). Im März 1914 legte er dort erfolgreich die Abiturprüfung ab. Er begann zum Wintersemester 1914/15 das Medizinstudium an der Universität Heidelberg und wechselte mit dem zweiten Semester an die Universität Ffm. Nachdem E. im Oktober 1916 das Physikum bestanden hatte, wurde er im Dezember des Jahres zum Heeresdienst eingezogen. Während des Garnisondienstes konnte er sein Studium fortsetzen. Im Juli 1917 zum Feldunterarzt ernannt, wurde er kurz darauf nach Frankreich abkommandiert. Dort nahm er an den Offensiv- und Defensivkämpfen des Jahres 1918 bis zum Waffenstillstand teil. Für seinen Einsatz wurde er mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Im Zwischensemester 1919 nahm E. sein Studium in Ffm. erneut auf, musste es jedoch in der einsetzenden Inflationszeit fast völlig aufgeben. Die angespannte ökonomische Lage der Familie wurde durch den Tod des Vaters verschärft, der im Juni 1919 der damals grassierenden Spanischen Grippe zum Opfer fiel. Erst im Wintersemester 1923/24 konnte E. sein Studium wieder intensiv fortsetzen. Nach Ablauf des Sommersemesters 1924 legte er das Staatsexamen ab. Da ihm seine Dienstzeit als Feldunterarzt auf das Praktische Jahr angerechnet wurde, erhielt er umgehend die Approbation. Seit Januar 1925 war er als Assistenzarzt an der Medizinischen Klinik am Städtischen Krankenhaus (als Klinikum der Ffter Universität) tätig, die von dem damals bereits renommierten Internisten Gustav von Bergmann (1878-1955) geleitet wurde. Bergmann betraute E. für dessen Promotionsarbeit mit der Entwicklung eines neuen Leberfunktionstests. Seine Dissertation legte E. im Dezember 1925 vor. In den 1920er Jahren gab es im Rahmen der Funktionsdiagnostik Bemühungen, die Ausscheidungsleistung der Leber bei Patienten zu bestimmen, um frühzeitig Leberfunktionsstörungen erkennen zu können. Der von E. etablierte Test mit intravenöser Gabe des körpereigenen, gut verträglichen Gallefarbstoffs Bilirubin und der Messung von dessen Eliminationsgeschwindigkeit war eine grundsätzliche Neuheit. Die Eliminationskurven vermittelten dabei ein Maß für die Exkretionskapazität der Leber. In der Fachliteratur erhielt der Test das Eponym „Bergmann-Eilbott-Test“. In den USA fand er seit 1931 in der Leberfunktionsdiagnostik Anerkennung und Anwendung.
Bald nach Promotion und Heirat ließ sich E. als Arzt (wohl 1927) mit eigenem medizinischen Laboratorium (spätestens ab 1929/30) in Ffm. nieder. Die junge Familie E. wohnte im Westend Auf der Körnerwiese 9 (lt. Adressbuch 1928-32), dann in der Hansaallee 3 (lt. Adressbuch 1933-37), in einer großzügigen Wohnung, in der sich auch die Praxis und das Labor befanden. Später zog die Familie in die Eschersheimer Landstraße, wo sie kurzzeitig im Haus Nr. 44 (lt. Adressbuch 1938) und zuletzt in der Nr. 39 (lt. Adressbuch 1939) lebte.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten konnte E., der wie seine Frau aus einer jüdischen Familie stammte, als ehemaliger Weltkriegsteilnehmer seine Praxis zunächst weiterführen. Schließlich wurden ihm jedoch die Kassenzulassung und Ende September 1938 die Approbation entzogen. Ein schwerer Schicksalsschlag traf die Familie zu Jahresbeginn 1939. Die beiden jüngeren Kinder Peter und Eva erkrankten an Diphtherie. Während Peter die Infektion überstand, starb seine dreieinhalb Jahre alte Schwester am 13.2.1939 im Jüdischen Krankenhaus in der Gagernstraße. Die Familie trieb die bereits seit einiger Zeit geplante Flucht aus Deutschland voran. Zunächst wurden die beiden Söhne mit dem Zug zu E.s Schwester Martha nach Straßburg geschickt. Die Eltern folgten kurze Zeit später. Nach einem Zwischenaufenthalt in Paris emigrierte die Familie weiter nach England, wo sie vorübergehend in London lebte. Nachdem die vier E.s Visa für die USA erhalten hatten, überquerten sie im Frühjahr 1940 an Bord der „MV Georgic“ von Liverpool aus den Atlantik. Sie erreichten New York am 27.3.1940.
Die Familie lebte in Manhattans Upper West Side. E. bestand das amerikanische Medizinexamen im ersten Versuch und half anschließend anderen deutschen Emigrantenärzten, diese Hürde zu nehmen. Er eröffnete wieder eine eigene Praxis mit angeschlossenem Labor. Seine Frau kehrte nicht in ihren Beruf als Zahnärztin zurück, sondern half ihrem Mann in der Praxis. E. war ein gefragter Diagnostiker, der in der Regel sieben Tage pro Woche arbeitete. Obgleich er weder als Wissenschaftler tätig war noch publizierte, war er ab 1943 Mitglied in der 1860 in New York City gegründeten Rudolf Virchow Medical Society. Erst mit über 70 Jahren gab E. seine Tätigkeit als niedergelassener Arzt auf. Ein einziges Mal – Anfang der 1970er Jahre – kehrte er im Rahmen einer Reise nach Deutschland zurück.
Medizinische Veröffentlichungen: „Eine neue Funktionsprüfung der Leber durch Bestimmung der Verweildauer intravenös injizierten Bilirubins in der Blutbahn“ (Dissertation, 1925), „Funktionsprüfung der Leber mittels Bilirubinbelastung“ (Aufsatz, 1927).

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Benjamin Kuntz.

Lexika: Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Kallmorgen, S. 255.
Literatur:
                        
Bonavita, Petra (Hg.): Assimilation, Verfolgung, Exil am Beispiel der jüdischen Schüler des Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums (heute: Heinrich-von-Gagern-Gymnasium) in Ffm. Stuttgart 2002.Bonavita (Hg.): Jüd. Schüler d. Kaiser-Friedrichs-Gymnasiums in Ffm. 2002, S. 132-135. | Hessisches Ärzteblatt. Die Zeitschrift der Landesärztekammer Hessen. Hg.: Landesärztekammer Hessen u. Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Bisher 75 Jahrgänge. Leipzig, später Ffm. 1926-1933 und 1949-2014.Kuntz, Benjamin/Jenss, Harro: Flucht vor dem NS-Regime. Die Lebensgeschichte des jüdischen Arztes Wilhelm Eilbott (1895-1977) und dessen Beitrag zur Entwicklung eines neuartigen Leberfunktionstests. In: Hess. Ärzteblatt 83 (2022), H. 12, S. 710f.
Quellen: Adressbuch der Stadt Ffm., 1832-2003.Adr. 1927, T. I, S. 121; 1928, T. I, S. 121; 1930, T. I, S. 145; 1933, T. I, S. 141; 1938, T. I, S. 142; 1939, T. II, S. 78. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 467 Nr. 2258. | Universitätsarchiv Ffm. (UAF), Archiv der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Ffm.Universitätsarchiv Ffm., Studierendenakte Willi Eilbott, Best. 604 Nr. 261.
Internet: Visual History Archive der USC Shoah Foundation, The Institute for Visual History and Education, University of Southern California (USC), Los Angeles. https://vha.usc.edu/testimony/39921
Hinweis: Interview 39921: Eilbott, Benjamin, 18.3.1998. Interview von Ruth Meyer.
Visual History Archive der USC Shoah Foundation, 16.11.2022.


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Empfohlene Zitierweise: Kuntz, Benjamin: Eilbott, Wilhelm. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/13096

Stand des Artikels: 10.12.2022
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 12.2022.