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Tillich, Paul

Friedenspreisträger 1962.

Tillich, Paul Johannes Oskar. Prof. Lic. theol. Dr. phil. Dr. h. c. Theologe. Philosoph. * 20.8.1886 Starzeddel/Niederlausitz, † 22.10.1965 Chicago, zunächst beigesetzt in East Hampton/Long Island, nach Überführung der Urne seit 1966 beigesetzt in New Harmony/Indiana.
T. stammte aus einer evangelischen Pfarrersfamilie.
Ab 1904 Theologiestudium in Berlin, Tübingen, Halle und Breslau. 1910 Promotion. Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Feldgeistlicher. Unmittelbar nach Kriegsende Mitbegründer der religiösen Sozialisten. 1919 Habilitation. Lehrtätigkeit u. a. an den Universitäten Berlin und Leipzig. Seit seiner Veröffentlichung „Die religiöse Lage der Gegenwart“ (1926) zählte T. zu den wichtigen Erneuerern der evangelischen Theologie der Gegenwart. Ende 1928 wurde T. von der Ffter Universität als Professor für Philosophie und Soziologie einschließlich Sozialpädagogik berufen; seine Antrittsvorlesung hielt er im Sommer 1929 zum Thema „Philosophie und Schicksal“. T.s Seminare und Vorlesungen waren im Grenzbereich zwischen Theologie und Philosophie angesiedelt. Verbindung zu Horkheimer und Adorno, dessen Habilitation T. betreute. Dadurch enge Kontakte zum Institut für Sozialforschung. T. verstand sich als einen in „säkularer Umgebung Philosophie lehrenden christlichen Gelehrten“ und stand zeitweilig im Mittelpunkt progressiven geistigen Lebens in Ffm. Wegen seiner ausgeprägten Fähigkeit, die Geistes- und Gemütsverfassung anderer Personen wahrzunehmen, bezeichnete ihn Adorno als „wandelndes System von Antennen“. Obwohl er in seinen Schriften totalitären Ideologien eine Absage erteilte, lieferte er eine analytische Auseinandersetzung mit dem herannahenden Nationalsozialismus erst mit dem Buch „Die sozialistische Entscheidung“ (1932/33). Als führender Theoretiker des religiösen Sozialismus gehörte T. nach der „Machtergreifung“ zu den ersten nichtjüdischen Professoren, die von ihrem Lehrstuhl beurlaubt wurden (13.4.1933). Auf ideologische Kompromisse, die seine Wiedereinstellung ermöglicht hätten, ließ er sich nicht ein. Eine Einladung des Union Theological Seminary in New York vom Sommer 1933 erleichterte T. den Schritt zur Emigration. Er lehrte dort bis 1955. In diesem Jahr erhielt er eine Professur an der Harvard-Universität und genoss dadurch weitgehende Forschungsfreiheit. Seit 1948 unternahm T. eine Reihe von Vortragsreisen durch Europa und die Bundesrepublik.
1951 ist T.s wissenschaftliches Hauptwerk, die dreiteilige „Systematische Theologie“, erschienen.
Von 1930 bis 1933 Mitherausgeber der Zeitschrift „Neue Blätter für den Sozialismus“.
Zu T.s zahlreichen Ehrendoktorwürden und Auszeichnungen gehören die Goetheplakette der Stadt Ffm. (1956) und vor allem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1962). Bei der Entgegennahme des Friedenspreises in der Paulskirche hielt T. die vielbeachtete Dankesrede mit dem Titel „Grenzen“.
Aus Anlass des 100. Geburtstags 1986 T.-Forschungsseminar an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.
Paul-T.-Straße in Niederrad.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 480f., verfasst von: Reinhard Frost.
Dieser Artikel wurde noch nicht abschließend für das Frankfurter Personenlexikon überarbeitet.
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Lexika: Bergmann, E. (Hg.): Ffter Gelehrten-Handbuch. Ffm. [1930].Bergmann: Ffter Gelehrten-Hdb. 1930, S. 148/150.
Literatur:
                        
Hammerstein, Notker: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm. Von der Stiftungsuniversität zur staatlichen Hochschule. Bd. I: 1914 bis 1950. Neuwied/Ffm. 1989.Hammerstein: JWGU I 1989, bes. S. 114-117. | [Ohm, Annaliese:] Ffm. – USA. Influence and Change – Wechselbeziehungen. Ffm. 1994.Kat. Ffm. – USA 1994, S. 78-92. | Maybrief. Hg.: Ernst-May-Gesellschaft. Bisher 47 Bde. Ffm. 2010-17.Düringer, Hermann: Paul Tillich und seine Verbindungen zur Goethe-Universität. In: Maybrief 57 (2022), S. 20-22. | Mayenschein, Hermann/Uhlig, Michael: Zwischen Sandhof und Mainfeld. Geschichte und Gegenwart des ehemaligen Dorfes und heutigen Stadtteils Niederrad. Hg. v. d. Ffter Sparkasse von 1822 (Polytechnische Gesellschaft). 3., erw. Aufl. Ffm. 1987.Mayenschein/Uhlig: Niederrad 1987, S. 84-89. | Reijen, Willem van/Schmid Noerr, Gunzelin (Hg.): Grand Hotel Abgrund. Eine Photobiographie der kritischen Theorie. Hamburg 1988.Reijen/Schmid Noerr (Hg.): Grand Hotel Abgrund 1988, S. 124-126. | Telschow, Jürgen (Hg.) in Zusammenarb. m. Wendland, Gerhard/Müller, Helmut/Euring, Bernd: Alles hat seine Zeit. 100 Jahre evangelische Kirchengemeinden im alten Ffter Stadtgebiet. 100 Jahre evangelischer Gemeindeverband. Ffm. 1999. (Schriftenreihe des Evangelischen Regionalverbandes Ffm. 23).Telschow (Hg.): 100 Jahre ev. Gemeindeverband 1999, S. 73. | Wer ist’s? Titel auch: Degener’s Wer ist’s? Titel ab 1923: Wer ist wer? Wechselnde Untertitel: Zeitgenossenlexikon. / Unsere Zeitgenossen. / Das deutsche Who’s who. Leipzig, ab 1928 Berlin 1905-93.Wer ist wer? 1962, S. 1587f.
Quellen: ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/1.159.
Internet: Hessische Biografie, Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Instituts für Landesgeschichte in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/pnd/118622692Hess. Biografie, 23.9.2021.

GND: 118622692 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Frost, Reinhard: Tillich, Paul. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1499

Stand des Artikels: 3.5.1995