F. wollte in die Antiquitätenhandlung seines Großvaters, die Firma „J. & S. Goldschmidt“, eintreten, doch versagte ihm die Familie die Teilhaberschaft daran. Nach Abschluss der Realschule absolvierte er eine Lehre im Bankhaus J. A. Schwarzschild Söhne, dann Volontariate in bedeutenden Firmen in London, Paris und Brüssel. In Brüssel lernte F. das amerikanische Vermietungsgeschäft für Haustelefonanlagen kennen. 1899 machte er sich in dieser Branche unter der Firma „Deutsche Privat-Telephon-Gesellschaft“ in Ffm. selbstständig. Mit jugendlichem Elan und außergewöhnlichem Organisationstalent setzte er das bisher in Deutschland unbekannte System der Vermietung von Haustelefonanlagen in betriebsfertigem Zustand auch hier durch, und innerhalb weniger Jahre konnte er von Ffm. aus ein Netz von Filialen seines Unternehmens in Deutschland aufbauen. Daneben begann F. mit der Entwicklung und Fabrikation von Telefonapparaten. Diese Aufgabe übertrug er dem Elektrotechniker
Carl Lehner, der bald Teilhaber der Firma wurde. Die von
Lehner gebauten Telefonapparate wurden schon 1900 von der Reichspost zum Anschluss an das amtliche Telefonnetz zugelassen. Um 1925 war aus der Firma ein großer Vermietungskonzern geworden, der einen wesentlichen Teil der privaten Fernsprechanlagen in Deutschland und Europa gebaut hatte und unterhielt. Zugleich befasste sich F. mit der Herstellung elektrischer Uhren und entwickelte darin ein eigenes System, das die dafür gegründete „Elektrozeit-AG“ noch 1918 erfolgreich vertrieb. F. schloss dem Unternehmen weitere Tochtergesellschaften für andere Aufgaben der Schwachstromtechnik (Signal- und Alarmanlagen, Warenverkaufsautomaten, Freistempler, Fotowaagen etc.) an, deren Aufsichtsräten er angehörte. So entstand ein Schwachstromkonzern mit über 100 Gesellschaften und einem ausgedehnten Filialnetz, an dessen Spitze die 1928 aus Ffter Stammhaus und Fabrikationsbetrieb gebildete „H. Fuld & Co. Telephon- und Telegraphenwerke AG“ stand. Der F.konzern, ungewöhnlich in seiner technischen und kaufmännischen Entwicklung sowie stark geprägt durch die Persönlichkeit seines Gründers, war um 1930 in seiner Branche führend und hatte Weltruf. F. selbst war zu dieser Zeit nur noch formell Aufsichtsratsvorsitzender des Konzerns und war nach Berlin übergesiedelt, um von dort aus das Börsengeschäft besser im Griff zu haben.
In F.s bedeutender Kunstsammlung befand sich u. a. das Gemälde „Le Mur Rose“ von Matisse, das von F.s Sohn
Peter Harry F. (1921-1962) bei seiner Emigration aus Deutschland 1937 zurückgelassen werden musste, dann in die Privatsammlung eines SS-Offiziers gelangte und – nach der Restitution an die rechtmäßigen Erben 2008 – mit großzügiger Unterstützung von Sponsoren 2010 für das Jüdische Museum Ffm. angekauft werden konnte.
Das von F. gegründete Unternehmen firmierte seit 1935 unter „Telefonbau und Normalzeit AG“, seit 1937 unter „Telefonbau und Normalzeit
Lehner & Co. KG“ („T & N“) in Ffm. und gehörte jahrzehntelang, zuletzt als „Telenorma“, zu den bedeutendsten Ffter Firmen.
Harry-F.-Straße im Gallusviertel.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 232f.,
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