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Kobelt, Wilhelm

Wilhelm Kobelt

Wilhelm Kobelt
Fotografie.

© Institut für Stadtgeschichte (Sign. S7P Nr. 7951) / Historisches Museum (Inv.-Nr. C19427), Ffm.
Kobelt, Wilhelm. Prof. Dr. med. Dr. phil. h. c. Arzt. Naturwissenschaftler. Heimatforscher. Kommunalpolitiker. * 20.2.1840 Alsfeld, † 26.3.1916 (Ffm.-)Schwanheim.
Nach dem Studium der Medizin in Gießen (Promotion 1862) war K. zunächst als Arzt in Biedenkopf, dann (seit 1866) in Griesheim tätig. 1869 als Vertrauensarzt des Ärztlichen Hilfsvereins nach Schwanheim berufen, wirkte er künftig hier als erster niedergelassener Arzt. Schnell wurde er bekannt als „der rote Doktor“, weil er besonders die Belange der Arbeiter und kleinen Leute vertrat. 1880 gab er den Beruf als Arzt auf, um sich fortan völlig seinen wissenschaftlichen und sozialpolitischen Bestrebungen widmen zu können.
Bereits 1866, vor seiner Schwanheimer Zeit, hatte sich K. an Emil Adolf Roßmäßler (1806-1867) in Leipzig gewandt. Er wollte in Biedenkopf einen „Humboldt-Verein“ zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse gründen und erhoffte sich Hilfe von Roßmäßler als dem Vater der Volksbildung. Roßmäßler regte K. zur Weichtierforschung an, und nach dessen Tod setzte K., der Roßmäßler nie persönlich kennengelernt hatte, dessen Arbeiten fort (u. a. Fortführung und Erweiterung von Roßmäßlers „Iconographie der Land- und Süßwasser-Mollusken“ auf 24 Bde.). Als K. nach Schwanheim kam, wurde er korrespondierendes Mitglied der SNG, deren Sektion für Mollusken und später auch für Säugetiere er leitete. K. entwickelte sich zu einer anerkannten Autorität auf dem Gebiet der Weichtierforschung. Ausgehend von einer Darstellung der „Fauna der nassauischen Mollusken“ (1871) dehnte er seine malakozoologischen Untersuchungen auf Europa und Afrika aus. Forschungsreisen u. a. nach Italien, Spanien, Algerien und Tunesien. Das Bestreben, eine Molluskensystematik zu erstellen, führte K. zu zoogeografischen Fragestellungen (vgl. seine Werke „Studien zur Zoogeographie“, 2 Bde., 1897/98; „Verbreitung der Tierwelt“, 1902/03). Der Hauptgedanke seines späten wissenschaftlichen Wirkens war die Erforschung der diluvialen Stromsysteme und der Herausbildung der heutigen Flussläufe mit Hilfe der geografischen Verbreitung der Flussmuscheln; so erforschte er den Verlauf von Neckar, Rhein, Main und Lahn in der Vorgeschichte (vgl. „Die alten Flussläufe Deutschlands“, 1910). Mitbegründer der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft (1868), deren „Nachrichtsblatt“ (seit 1920: „Archiv für Molluskenkunde“) er initiierte und herausgab. Von 1869 bis 1906 Mitglied der „Käwwernschachtel“, des Ffter „Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung“. Gründer eines „Biologischen Vereins“ in Schwanheim (1909).
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit setzte sich K. für die sozialen und wirtschaftlichen Belange des Dorfes Schwanheim ein. Er gab den Bauern Anregungen zur Verbesserung der Kulturmethoden in der Landwirtschaft und zum Anbau von Obst. Er engagierte sich im Genossenschaftswesen und gründete den Landwirtschaftlichen Consumverein in Schwanheim. Er initiierte die Gründung eines Krankenwagenvereins, der sich auch um die Krankenfürsorge kümmerte, die Errichtung einer 1908 eröffneten Walderholungsstätte an den Schwanheimer Wiesen und den Bau einer Turnhalle; vor allem aber setzte er sich für die Einrichtung der Waldbahn und den Bau der Schwanheimer Brücke ein. Seit 1904 vertrat K. auch im Gemeinderat die Belange der Schwanheimer Arbeiterschaft.
Außerdem engagierte sich K. weiterhin für die Idee der Volksbildung. Bereits 1868 war er Vorsitzender des Arbeiter-Fortbildungsvereins in Höchst geworden, und auf seine Initiative entstanden Arbeiter-Fortbildungsvereine in Schwanheim, Sindlingen, Zeilsheim, Kelsterbach und anderen Orten des unteren Maintals. In allen diesen Vereinen wie auch in Lehrervereinen hielt K. selbst Vorträge und Ausspracheabende zu naturwissenschaftlichen und landwirtschaftlichen Themen. In Schwanheim legte er zudem einen Schulgarten zu Lehrzwecken an. Seine wissenschaftliche Arbeit beanspruchte K. jedoch so sehr, dass viele der von ihm gegründeten Vereine sich auflösten. Erst 1890, als Flesch und Opificius den Gedanken der Volksbildungsarbeit neu aufgriffen, engagierte sich K. wieder intensiv für diese Idee. Er gründete in Schwanheim eine Ortsgruppe des „Ausschusses für Volksvorlesungen“. Er war Mitbegründer des „Rhein-Mainischen Verbands für Volksvorlesungen“ (1899), in dem sich die Ortsgruppen des Gebiets zusammenschlossen, und stand diesem Verband vor. Als Organ des Rhein-Mainischen Verbands für Volksvorlesungen gründete er die „Gemeinnützigen Blätter für Hessen und Nassau“ (1900), die er selbst herausgab. In Schwanheim initiierte K. mit dem Ausschuss für Volksvorlesungen seit 1905 mehrere Heimat- und Volkskunstausstellungen, auf deren Grundlage er ein Heimatmuseum mit Bücherei aufbaute. Dafür trug er auch archäologische und andere historische Fundstücke zusammen, die die ortsansässigen Bauern ihm gebracht hatten.
K. bemühte sich sehr um die Schwanheimer Heimatforschung. So schrieb er neben zahlreichen heimatkundlichen Aufsätzen eine „Chronik des Dorfes Schwanheim“ (1888). Eine Sammlung seiner heimatkundlichen Schriften gab der Rhein-Mainische Verband für Volksbildung unter dem Titel „Heimatkunde und Heimatarbeit. Volkswirtschaftliche und sozialpolitische Aufsätze“ zu K.s 50. Doktorjubiläum 1912 heraus. Zahlreiche weitere naturwissenschaftliche Veröffentlichungen, Reisebeschreibungen und sozialpolitische Schriften.
Ehrenbürger von Schwanheim. Die SNG, die K. ihre bedeutende Landmolluskensammlung verdankt, ernannte ihn anlässlich von seinem 50. Doktorjubiläum 1912 zu ihrem außerordentlichen Ehrenmitglied.
Zoologische und botanische Sammlung als Vermächtnis sowie naturwissenschaftliche Schriften und Reiseberichte im Besitz der SNG. Tagebücher (19 Bde., 1868-1916) im ISG.
Wilhelm-K.-Straße (ehem. Baronessenstraße, in der K. wohnte) in Schwanheim. K.ruhe mit Gedenkstein (1921) zur Erinnerung an K. und seine Frau Amalie, geb. Jüngst (1841-1920), an der Stelle der bis 1914 bestehenden Walderholungsstätte im Schwanheimer Wald. Der nach K.s Tod fortgeführte Biologische Verein, der seit 1954 als „Biologische Gesellschaft Prof. Dr. W. Kobelt“ im Vereinsregister eingetragen ist, wirkt bis heute im Sinne seines Gründers weiter. Die Gesellschaft hat sich die Natur- und Heimatkunde zur Aufgabe gemacht, unterhält den seit 1920 bestehenden „K.-Zoo“ („K.-Anlage“) am Schwanheimer Wald und gründete 1968 den „Arbeitskreis Heimatmuseum“. Die Bestände des nach K.s Tod vernachlässigten Heimatmuseums wurden im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und galten seitdem als verschollen. Der Arbeitskreis baute ein neues Heimatmuseum auf, das 1973 als „Wilhelm-K.-Haus“ in der ehemaligen Schule, Alt-Schwanheim 6, eröffnet wurde und von dem 1977 gegründeten „Schwanheimer Heimat- und Geschichtsverein“ getragen wird.
Denkmal zur Erinnerung an K., gestiftet vom Krankenwagenverein (1927), im K.-Zoo in Schwanheim.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 407-409, verfasst von: Sabine Hock (redigierte Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon).

Lexika: Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Kallmorgen, S. 325. | Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. Wiesbaden 1985, 2., überarb. Aufl. 1992. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau XXXIX).NB 1985, S. 209, Nr. 1214; 1992, S. 407, Nr. 2266. | Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bisher 27 Bde. (bis Wettiner). Berlin 1953-2020.Caesar R. Boettger in: NDB 12 (1980), S. 243f. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 315.
Literatur:
                        
Bericht über die [seit 1896: der] SNG in Ffm. Ffm. 1850-1921.Bericht d. SNG 44 (1913), S. 43. | Breitkreuz, Petra (Hg.): Mit ergebenstem Gruß/ Ihr Friedrich Stoltze. Briefe des Ffter Literaten. Wiesbaden [Copyright 2018].Breitkreuz (Hg.): Mit ergebenstem Gruß/ Ihr Friedrich Stoltze 2018, S. 252f. | Vom Höchster Fortbildungsverein zum Neuen Theater Höchst. 150 Jahre Bund für Volksbildung, Ffm.-Höchst e. V. 1868-2018. Hg.: Bund für Volksbildung Ffm.-Höchst e. V. Recherchen, Texte, Redaktion: Laura Großbach, Helga Krohn, Renate Kummetat, Simone Reuter. Ffm. 2018.FS Bund für Volksbildung Ffm.-Höchst 2018, S. 10f. | Rummeleit, Agnes: Schwanheimer Weibsbilder. Lebensbilder, Lebenswege. [Hg.: Heimat- und Geschichtsverein Schwanheim e. V.] Ffm. 2016. (Die Port 21).Zur Biographie der Ehefrau Amalie Kobelt, geb. Jüngst (1841-1920): Rummeleit: Schwanheimer Weibsbilder 2016, S. 35-50.
Quellen: ISG, Archiv des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung „Käwwernschachtel“, 1859-1972.Mitgliederverzeichnisse des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung, 1859-1910, in: ISG, Käwwernschachtel, V14/31. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/471.
Internet: Hessische Biografie, Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Instituts für Landesgeschichte in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. http://www.lagis-hessen.de/pnd/116263741Hess. Biografie, 10.3.2016. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Kobelt_%28Zoologe%29Wikipedia, 10.3.2016.

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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Kobelt, Wilhelm. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/2941

Stand des Artikels: 24.3.2017
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 03.2016.