Sohn des Historikers
Carl Friedrich Johann von N. (1833-1883).
1876 Abitur und anschließend Studium in Tübingen und Freiburg, zunächst der Rechte und der Philosophie, dann der Chemie und der Medizin. 1881 Promotion in Leipzig. Assistententätigkeit in Kiel, Magdeburg und schließlich (seit 1883) bei Franz Riegel an der Universität Gießen. 1885 Habilitation in Gießen. 1889 Ruf an die Charité in Berlin. 1893 Ernennung zum Professor. 1894 bewarb sich N. erfolgreich auf die Oberarztstelle der Inneren Abteilung am Städtischen Krankenhaus in Ffm. Als Spezialist für Stoffwechselerkrankungen und Ernährungstherapie wirkte er seit 1895 zudem als konsultierender Arzt an der „Privatklinik für Zuckerkranke und diätetische Kuren“, die der Arzt
Eduard Lampé in Sachsenhausen in der Schifferstraße, ursprünglich im Haus Nr. 86, gerade (1895) gegründet hatte. N. gilt als Pionier bei der Bekämpfung des damals noch meist tödlich verlaufenden Diabetes. In seiner Ffter Zeit entwickelte er auf wissenschaftlicher Grundlage die Haferkur („Hafertage“) und prägte er den Begriff der „Weißbroteinheit“ (WBE; später einfach nur: Broteinheit, abgekürzt: BE), wobei er auf Forschungen in Zusammenarbeit mit
Gustav Embden zurückgreifen konnte. Seine Erfolge und wissenschaftlichen Beiträge in der Diätetik machten ihn weltweit bekannt. 1906 folgte N. einem Ruf an die Wiener Universitätsklinik, wo er ebenfalls ein Zentrum für Diabetiker aufbaute. Er kehrte aber 1913 nach Ffm. zurück und nahm hier als Chefarzt und Miteigentümer seine Arbeit in dem inzwischen fertiggestellten Neubau der Klinik in der Schifferstraße wieder auf; auch richtete er dort eine Schule für Diätköchinnen und Pflegerinnen ein. Zudem war er seit 1914 Honorarprofessor an der Ffter Universität. N. setzte als einer der ersten Ärzte das 1921 entwickelte Insulin zur Diabetes-Behandlung klinisch erfolgreich ein und verhalf damit dem Medikament zum Durchbruch. Der Erfolg des Insulins besiegelte auch das Ende der Privatklinik für Zuckerkranke. 1927 kaufte zunächst die Gemeinnützige Wohlfahrts-Gesellschaft das Krankenhaus; später (1932) übernahm der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) das Privatkrankenhaus Sachsenhausen (heute Krankenhaus Sachsenhausen). N. kehrte 1929 nach Wien zurück, wo er die Abteilung für Stoffwechselkrankheiten und diätetische Heilkuren am Krankenhaus Lainz leitete. Im Alter von 77 Jahren zog er sich 1935 von allen seinen Ämtern und Tätigkeiten zurück. Durch einen Bombentreffer auf sein Haus im September 1944 wurde N. schwer verletzt und starb etwas später an den Folgen.
Von 1917 bis 1919 Stadtverordneter für die Fortschrittliche Volkspartei (FVP). Befasste sich hauptsächlich mit der Versorgungsfrage (Kohle, Milch) während des Ersten Weltkriegs und setzte sich für Studentenheime ein.
Mitbegründer der Mittelrheinischen Studiengesellschaft für Klimatologie und Balneologie. Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
N.s Hauptwerk „Die Zuckerkrankheit und ihre Behandlung“ (1895) galt über 30 Jahre lang als Standardlehrbuch zur Therapie des Diabetes und ist in vielen Auflagen (8. Aufl. mit Simon Isaac, 1927) erschienen. Zahlreiche weitere Fachveröffentlichungen, u. a. „Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels“ (1893), „Allgemeine Diätetik“ („Handbuch der Ernährungslehre“, Bd. 1, mit Hugo Salomon, 1920) und „Verordnungsbuch und diätetischer Leitfaden für Zuckerkranke. Mit 149 Kochvorschriften. Zum Gebrauch für Ärzte und Patienten“ (mit Simon Isaac, 1923, 9.-10. erw. Aufl. 1932).
1928 Ehrenplakette der Stadt Ffm. 1932 Ernennung zum Bürger ehrenhalber der Stadt Wien.
Carl-von-N.-Platz in Sachsenhausen. Der 1911-12 errichtete Neubau der „Privatklinik für Zuckerkranke und diätetische Kuren“ in der Schifferstraße 78-82 (Architekt: Friedrich Sander) trug nach dem Wiederaufbau 1951 als Hauptgebäude (Haus C) des damaligen Privatkrankenhauses Sachsenhausen den Namen „Carl von N.-Haus“. Heute heißt das ab 2010 erbaute Ärztehaus (Haus E) des Krankenhauses Sachsenhausen „Carl von N.-Haus“ (Schulstraße 37). Carl von N. Diabetes Colloquium, alljährlich veranstaltet vom Krankenhaus Sachsenhausen.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 99,
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