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Embden, Gustav

Pionier der Biochemie und der Stoffwechselforschung.

Gustav Embden
Gustav Embden als Rektor der Ffter Universität
Fotografie (1925).
© Universitätsarchiv Frankfurt am Main (UAF Best. 854 Nr. 290b).
Gustav Embden (Zeichnung von Lino Salini)

Gustav Embden
Porträtzeichnung von Lino Salini (aus dem Ffter General-Anzeiger, 18.9.1926).
Bildquelle: ISG, S2/3.358.

© entfällt. Diese Abbildung ist gemeinfrei.
Embden, Gustav Georg. Prof. Dr. med. Physiologe, Biochemiker und Mediziner. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 10.11.1874 Hamburg-Pöseldorf, Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 25.7.1933 (Bad) Nassau/Lahn, begraben auf dem Ffter Hauptfriedhof.
Sohn des Hamburger Juristen George Heinrich E. (1839-1907) und dessen Ehefrau Elisabeth Charlotte, geb. Dehn (1851-1910). Vier Geschwister: Heinrich Georg E. (1871-1941), der ebenfalls Arzt wurde und im brasilianischen Exil starb; Marianne E. (1872-1929); Gertrud Magdalena Elisabeth E. (1876-1942); Katharina Elisabeth, gen. Käthe, E. (1877-1942). Die beiden in Hamburg lebenden jüngeren Schwestern nahmen sich vor der Deportation nach Theresienstadt am 14./15.7.1942 das Leben. Großneffe von Heinrich Heine. Verheiratet (seit 1911) mit Johanna, gen. Hanni, Fellner (1884-1970), einer Enkelin des Ffter Bürgermeisters Carl Fellner (1807-1866). Schwager des Pathologen Rudolf Jaffé (1885-1975), der Emilie Fellner (1883-1963), eine Schwester von E.s Frau Johanna, geheiratet hatte. Vier Kinder: Maria, gen. Maja, E. (später verh. Jansen, 1912-2004), Medizinerin, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA auswanderte; Dietrich Christian Georg E. (1914-1941); Hildegard E. (später verh. ter Horst, 1917-2013); Klara, gen. Klärli, E. (1921-2012). Der Sohn fiel im August 1941 als Soldat an der Ostfront. Die Witwe Johanna E. wanderte mit den Töchtern Hildegard ter Horst und Klara E. nach dem Zweiten Weltkrieg nach Venezuela aus, wohin ihre Schwester Emilie Jaffé mit Familie bereits 1936 emigriert war.
E. besuchte eine Hamburger Privatschule, ehe er 1887 an das Wilhelm-Gymnasium in seiner Heimatstadt wechselte, das er im Herbst 1893 mit dem Reifezeugnis verließ. Die Stationen seines Medizinstudiums waren Freiburg, München, Berlin und Straßburg. In Straßburg absolvierte er 1899 das Staatsexamen und promovierte er noch im selben Jahr mit einer „Anatomischen Untersuchung eines Falles von Elephantiasis fibromatosa“. Als Volontärassistent arbeitete er zunächst bei Franz Hofmeister (1850-1922) am physiologisch-chemischen Institut in Straßburg, hospitierte im Wintersemester 1900/01 bei dem Physiologen Justus Gaule (1849-1939) in Zürich und kehrte dann zu Hofmeister nach Straßburg zurück. Im April 1902 wechselte E. zum ersten Mal nach Ffm., um bis zum Jahresende bei Paul Ehrlich am Königlichen Institut für experimentelle Therapie in der Krebsforschung zu arbeiten. Wieder in Straßburg, war er ab 1903 bei dem Physiologen Richard Ewald (1855-1921) tätig. Carl von Noorden, der Oberarzt der Medizinischen Abteilung am Städtischen Krankenhaus, holte E. im April 1904 nach Ffm. zurück und übertrug ihm eine Stelle im chemischen Laboratorium. Dort konnte E. relativ selbstbestimmt forschen. Nachdem das Laboratorium 1906 zum Städtischen chemisch-physiologischen Institut erhoben worden war, übernahm E. dessen Leitung. Seine Stelle als Institutsvorstand wurde offiziell zum 1.4.1907 eingerichtet. 1907 habilitierte er sich für das Fach experimentelle Pathologie an der Universität Bonn, die ihn 1909 zum Titularprofessor und 1910 zum außerordentlichen Professor ernannte. Ende 1909 zog das Städtische chemisch-physiologische Institut in ein Gebäude mit dem neuen Hygienischen Institut in der Sandhofstraße (ab 1910: Paul-Ehrlich-Straße) 40 und damit in direkte Nachbarschaft zum Georg-Speyer-Haus und zum Institut für experimentelle Therapie.
Bei Gründung der Ffter Universität im Sommer 1914 wurde E. zum Ordinarius für Physiologie ernannt; er leitete weiterhin als Direktor das Städtische chemisch-physiologische Institut, das künftig zugleich als Institut für vegetative Physiologie der Universität fungierte (nominell spätestens seit dem SS 1915). Nach Kriegsbeginn 1914 meldete sich E. freiwillig zum Militärdienst und wurde mit der Leitung eines Typhuslazaretts beauftragt. Zum Sommersemester 1915 kehrte er nach Ffm. zurück. E.s Institut übersiedelte im Wintersemester 1917/18 in das aus Stiftungsmitteln errichtete Theodor-Stern-Haus, in das auch das von Albrecht Bethe geleitete Institut für animalische Physiologie, das von Alexander Ellinger (1870-1923) geleitete Pharmakologische Institut und später das von Heinrich Bechhold geleitete Institut für Kolloidforschung einzogen. Bethe und E. kannten sich bereits aus Hamburg, Freiburg und Straßburg. Gemeinsam mit Gustav von Bergmann (1878-1955) und Alexander Ellinger gaben die beiden von 1925 bis 1932 das 18-bändige „Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie“ heraus. 1921/22 stand E. als Dekan der Medizinischen Fakultät vor. 1925/26 war er für ein Jahr Rektor der Ffter Universität.
E. war ein herausragender Stoffwechselforscher und maßgeblich an der Entschlüsselung des Kohlenhydratstoffwechsels beteiligt. Er entdeckte die Bildung von Milchsäure aus Glucose und wies die Bedeutung der Milch- und Phosphorsäure bei der Muskelkontraktion sowie die Rolle der Glucuronsäure und des Glykogens im Leberstoffwechsel nach. Gemeinsam mit Otto Meyerhof (1884-1951) und Jakub Parnas (1884-1949) gelang es E., den Mechanismus der Glykolyse („Zuckerspaltung“) zur Energiegewinnung im tierischen und menschlichen Organismus weitestgehend aufzuklären. Daher ist der Vorgang in der Fachliteratur auch als „Embden-Meyerhof-Parnas-Abbauweg“ bekannt. Zwischen 1923 und 1933 wurde E., der 1925 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt wurde, insgesamt zwölfmal für den Nobelpreis nominiert – ohne die Auszeichnung je zu erhalten.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde E. zunächst – vermutlich aufgrund seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg („Frontkämpferprivileg“) – nicht entlassen. Obschon er bereits als Kind evangelisch getauft worden war, wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgt. Es wird berichtet, dass E. im April 1933 von Anhängern des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds aus seinem Institut verschleppt und mit einem Schild, auf dem „Ich bin ein Jude“ stand, durch die Stadt getrieben worden sei. Ob es Demütigungen wie diese waren, die seinen Gesundheitszustand angriffen, ist unklar. Zur Erholung hielt sich E. ab Juni 1933 in einem Sanatorium in Nassau an der Lahn auf. Dort starb er am 25.7.1933 im Alter von 58 Jahren an einer Lungenembolie. Zahlreiche Kollegen und Schüler würdigten das Wirken des Verstorbenen in Fachzeitschriftenartikeln.
Medizinische Veröffentlichungen (in Auswahl): „Einige Probleme des intermediären Kohlenhydratstoffwechsels“ (Aufsatz zusammen mit Carl von Noorden, 1906), „Über den Abbau der Brenztraubensäure im Tierkörper“ (Aufsatz zusammen mit Max Oppenheimer, 1912), „Über die Bildung von Milchsäure und Acetessigsäure in der diabetischen Leber“ (Aufsatz zusammen mit Simon Isaac, 1917), „Über die Wege des Kohlenhydratabbaus im Tierkörper“ (Aufsatz, 1922), „Über die neuere Entwicklung der Humoralphysiologie“ (Rede zum Rektoratswechsel, 1925), „Über Beziehungen zwischen Ermüdung und Sterben“ (Aufsatz, 1929).
Porträtzeichnung (von Lino Salini, 1926) in der Serie „Ffter Köpfe“ im FGA vom 18.9.1926.
Seit 2014 Stolperstein für E. vor seinem ehemaligen Wohnhaus in der Kennedyallee (bis 1963: Forsthausstraße) 99 in Sachsenhausen. Von 1915 bis 1931 hatte die Familie E. in der Souchaystraße 3 in Sachsenhausen gewohnt.
Grabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof (Familiengrabstätte Johann Christian Fellner, Gewann F 1249).
Die beiden biochemischen Institute des Fachbereichs Medizin auf dem Campus Niederrad der Ffter Universität bilden heute zusammen das Gustav E.-Zentrum der Biochemie. Vor dem Eingang zu diesen Gebäuden (Haus 74 und 75 des Universitätsklinikums) erinnert eine Stele an E. und dessen Leben und Wirken in Ffm.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Benjamin Kuntz.
Artikel in: Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 185, verfasst von: Sabine Hock.

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Quellen: Der Wink für Haus und Werk in Bild und Wort. [Untertitel ab Februar/März 1928: Das Magazin der Hausfrau.] Hg.: Ffter Gasgesellschaft, Ffter Kohlen- und Koks-GmbH, Vereinigte Installationsgeschäfte Ffter Gasgesellschaft und Karl Winterstein GmbH. 36 Nummern. Ffm. 1925-28.Der Wink, Nr. 10, Juni 1926, S. 4 (mit Porträtfoto). | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Eintrag der Heirat mit Johanna Fellner, 7.6.1911: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/444: Standesamt Ffm. I, Heiratsurkunde 1911/I/483 (Bd. 2, Bl. 188). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/3.358.
Internet: Hessische Biografie, ein Kooperationsprojekt des Instituts für Personengeschichte in Bensheim und des Hessischen Landesamts für geschichtliche Landeskunde in Marburg zur Erstellung einer umfassenden personengeschichtlichen Dokumentation des Landes Hessen. https://www.lagis-hessen.de/pnd/119368315Hess. Biografie, 4.11.2023. | Stolpersteine in Ffm., Internetdokumentation der Initiative Stolpersteine in Ffm. e. V., Ffm. https://www.stolpersteine-frankfurt.de/media/pages/dokumentation/9b4a0b47b0-1614861302/doku2014_web_1.pdf
Hinweis: Initiative Stolpersteine Ffm., 12. Dokumentation 2014, S. 62f.
Stolpersteine in Ffm., 4.11.2023.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_EmbdenWikipedia, 4.11.2023.

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Empfohlene Zitierweise: Kuntz, Benjamin: Embden, Gustav. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/2090

Stand des Artikels: 7.11.2023
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 11.2023.