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Erler, Adalbert

Adalbert Erler

Adalbert Erler
Fotografie von Alexander Bopp (spätestens 1965).

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7P Nr. 4155).
Erler, Adalbert. Prof. Dr. jur. Dr. jur. h. c. Rechtshistoriker. Kirchenrechtler. * 1.1.1904 Kiel, † 19.4.1992 Ffm., begraben auf dem Friedhof Niederrad.
Sohn von Hans E. (1874-1958), der Marineoffizier, ab 1940 Konteradmiral war.
1922 Abitur in Berlin. Studium in Heidelberg bei Hans Fehr, dann in Berlin bei Ernst Heymann, Rudolf Smend und bei dem Rechtshistoriker und Kirchenrechtler Ulrich Stutz. Zwischen den Staatsexamina (1928, 1930) wurde E. bei Günther Holstein in Greifswald promoviert („Die rechtliche Stellung der evangelischen Kirche in Danzig“, Diss., 1929). Nach einer kurzen Zeit als Gerichtsassessor wechselte er in die Finanzverwaltung und leitete zuletzt das Finanzamt in Hanau. Von dieser Stelle aus habilitierte er sich 1939 in Ffm. mit einer Arbeit über „Bürgerrecht und Steuerpflicht im mittelalterlichen Städtewesen. Mit besonderer Untersuchung des Steuereides“ (1939, 2. Aufl. 1963), betreut von Rudolf Ruth (1888-1942). Von 1939 bis 1941 war er Dozent an der Ffter Universität und las u. a. „Germanische Rechtsgeschichte“ in Vertretung von Ruth. 1941 folgte E. einem Ruf nach Straßburg, wo er als Extraordinarius lehrte und ein Institut für Rechtsgeschichte leitete. Den Versuch des NS-Rektors Ernst Anrich, die Straßburger „Reichsuniversität“ nach Tübingen zu verlegen, hat er noch begleitet (1944-45). Als die französische Besatzungsmacht 1946 die Gründung der Universität Mainz beschloss, wurde E. berufen und zum Prorektor bestellt. Er leistete in diesem Amt bis 1947 wesentliche Aufbauarbeit. 1949 veröffentlichte er einen ökumenisch orientierten Grundriss des Kirchenrechts (5. Aufl. 1983). In Ingelheim, wo er wohnte, entdeckte er die Rechtsquellen zum Ingelheimer Oberhof, der von da an ein Schwerpunkt der Arbeit E.s und seiner Schüler wurde [„Die älteren Urteile des Ingelheimer Oberhofs“, Bd. I-III, 1952-63, Bd. IV (Register), bearb. v. Gunter Gudian und Udo Kornblum, 1963]. Später brachte er eine entsprechende Sammlung zum Oberhof in Neustadt an der Weinstraße heraus (2 Bde., 1968/71). Zum Wintersemester 1950/51 wechselte E. als ordentlicher Professor nach Ffm., wo er bis zur Emeritierung 1972 im Wesentlichen deutsche Rechtsgeschichte und Kirchenrecht las. Dort widmete er sich auch der Stadtgeschichte und regte die Erneuerung der Karlsliturgie beim jährlich am 28. Januar gefeierten Karlsamt im Ffter Kaiserdom St. Bartholomäus an, die seitdem (1959) wieder in der mittelalterlichen Form mit den Gesängen der Kaiserlaudes und der Karlssequenz zelebriert wird. Zudem erweiterte E. vor allem in engem Kontakt mit dem Rechtshistoriker Emilio Bussi (1904-1997) seine Forschungen nach Italien, wo er zahlreiche Seminare veranstaltete. Für sein Fach besonders bedeutsam war die Begründung und dauerhafte Koordination des „Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte“ (HRG), das von 1971 bis 1998 in fünf Bänden erschien (2. Aufl. seit 2008). Auch eine 30 Bände umfassende Reihe von Monographien „Untersuchungen zur deutschen Rechts- und Staatsgeschichte“ (Neue Folge, 1962-92) ging auf ihn (u. a. als Mitherausgeber) zurück. Zu seinen Schülern gehörten die Rechtshistoriker Ekkehard Kaufmann, Gerhard Dilcher, Gunter Gudian, Wolfgang Sellert und Hans-Jürgen Becker.
E. wurde früh von der Jugendbewegung und in den beginnenden Dreißigerjahren vom Gedankengut der „Konservativen Revolution“ geprägt. In den Zeitschriften „Gewissen“, „Standarte“ und „Der Ring“ veröffentlichte er populäre rechtshistorische Artikel, aber auch vage bleibende politische Skizzen, ohne nach 1933 zum Nationalsozialismus überzuwechseln. In Ffm. gehörte er wie der bedeutende Rechtshistoriker Franz Beyerle zum Kreis um den Ethnologen Leo Frobenius (ab etwa 1934/35). Die Verehrung für Stefan George vervollständigte dieses damit angedeutete jugendbewegte und wertkonservative Profil, das auch sein Wirken als Gelehrter und Hochschullehrer bestimmte.
Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm.
Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. Brüder-Grimm-Preis der Philipps-Universität Marburg (1979), Bundesverdienstkreuz (1985) und Ernennung zum Ehrenbürger von Ingelheim (1985).
Festschriften zum 70. Geburtstag („Rechtsgeschichte als Kulturgeschichte“, 1976) und anlässlich eines Symposions zum 80. Geburtstag („Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey. Studien zu Grundbegriffen der germanistischen Rechtshistorie“, hg. v. Gerhard Dilcher und Bernhard Diestelkamp, 1984/86).
Nachlass in Form einer Sammlung von Briefen und Manuskripten, u. a. mit Unterlagen zu Karlsamt und Reichsinsignien, im ISG. Dienstlicher und wissenschaftlicher Nachlass im Universitätsarchiv Ffm.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Michael Stolleis.

Lexika: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Begr. u. hg. v. Friedrich Wilhelm Bautz (1906-1979). Fortgeführt von Traugott Bautz (1945-2020) u. Uta Timpe-Bautz. Bisher 44 Bde. Herzberg 1975-2022.Ulrich-Dieter Oppitz in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlex. 38 (2017), Sp. 406-418; dort auch eine ausführliche Werkliste und ein detaillierter Quellennachweis (u. a. der Korrespondenzen mit Karl S. Bader, Dolf Sternberger, Guido Kisch, Erich Maschke, Max Oehler, Rudolf Smend und Erik Wolf). | Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Mitbegr. v. Wolfgang Stammler. 1. Aufl. Hg. v. Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann u. Dieter Werkmüller unter philolog. Mitarb. v. Ruth Schmidt-Wiegand. 5 Bde. Berlin 1964-98. 2., völlig überarb. u. erw. Aufl. Hg. v. Albrecht Cordes, Heiner Lück u. Dieter Werkmüller unter philolog. Mitarb. v. Ruth Schmidt-Wiegand bzw. Christa Bertelsmeier-Kierst. Bisher 3 Bde. u. weitere Lieferungen (bis Nowgorod). Berlin 2004-16.Dieter Werkmüller in: HRG, 2. Aufl., Bd. 1 (2008), Sp. 1412f.
Literatur:
                        
Archiv für Fft.s Geschichte und Kunst. Bisher 78 Bde. Ffm. 1839-2019.Erler, Adalbert: Die Karlsliturgie im Ffter Kaiserdom. In: AFGK 49 (1965), S. 79-86. | Hammerstein, Notker: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm. Band II: Nachkriegszeit und Bundesrepublik 1945-1972. Göttingen 2012.Hammerstein: JWGU II 2012, bes. S. 63-65. | In memoriam Adalbert Erler. Hg.: Historischer Verein Ingelheim am Rhein. [Ingelheim] 1994. (Beiträge zur Ingelheimer Geschichte 40).In memoriam Adalbert Erler 1994. | Neue Juristische Wochenschrift. Hg. in Verbindung m. dem Deutschen Anwaltsverein und der Bundesrechtsanwaltskammer. Bisher 70 Jahrgänge. München/Ffm. 1947-2017.Nachruf von Wolfgang Sellert in: NJW 45 (1992), S. 1869f. | Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm. Bisher 53 Bände. Wiesbaden, dann (seit 1984) Stuttgart 1962-2016.Nachruf von Wolfgang Preiser in: Sitzungsberichte d. Wiss. Gesellschaft an der Universität Ffm. XXXVI,6 (1999), S. 11 [339]-16 [344]. | Wer ist’s? Titel auch: Degener’s Wer ist’s? Titel ab 1923: Wer ist wer? Wechselnde Untertitel: Zeitgenossenlexikon. / Unsere Zeitgenossen. / Das deutsche Who’s who. Leipzig, ab 1928 Berlin 1905-93.Wer ist wer? 1967/68, S. 406. | Zeitschrift [der Savigny-Stiftung] für Rechtsgeschichte (ZRG). Germanistische Abteilung (GA) und Romanistische Abteilung (RA): bisher 113 Bände. Kanonistische Abteilung (KA): bisher 102 Bände. Wien 1861-2016.Nachruf von Gerhard Dilcher in: ZRG GA 110 (1993), S. 680-692. | Zeitschrift [der Savigny-Stiftung] für Rechtsgeschichte (ZRG). Germanistische Abteilung (GA) und Romanistische Abteilung (RA): bisher 113 Bände. Kanonistische Abteilung (KA): bisher 102 Bände. Wien 1861-2016.Nachruf von Hans-Jürgen Becker in: ZRG 110 (1993), KA 79, S. 559-561.
Quellen: ISG, Bestand Nachlässe (S1).Nachlass, u. a. Briefe, Manuskripte, Unterlagen zum Karlsamt und zu Reichsinsignien: ISG, S1/380. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/2.180. | Universitätsarchiv Ffm. (UAF), Archiv der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Ffm.Dienstlicher und wissenschaftlicher Nachlass (Briefe, Werkmanuskripte u. ä.): Universitätsarchiv Ffm.; dort und in den Universitätsarchiven Greifswald, Mainz, Göttingen sowie im Bundesarchiv auch Personalakten von E. überliefert.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Adalbert_ErlerWikipedia, 3.5.2017.

GND: 118530836 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Stolleis, Michael: Erler, Adalbert. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/6414

Stand des Artikels: 5.5.2017
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 05.2017.