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Schubart, Maximilian

Maximilian Schubart

Maximilian Schubart
Fotografie (um 1970; in Privatbesitz).

© privat. Nähere Informationen auf Anfrage bei der Redaktion.
Schubart, Maximilian. Dr. phil. Psychologe. Unternehmer. * 12.12.1919 München, † 2.3.1982 Ffm.
Sohn der Juristin Vera (eigentl.: Rosa Rebekka) Sch., geb. Berman, gesch. Englert (1897-1944), aus deren erster Ehe mit dem Piloten Josef Englert (1893-1936). Sch. wurde 1932 von dem zweiten Ehemann der Mutter, dem Juristen und Kulturphilosophen Walter Sch. (1897-1942), adoptiert. Halbbruder von Alexander Sch.
Sch. wurde bis zu seinem zehnten Lebensjahr durch Hauslehrer erzogen. Danach besuchte er das humanistische Gymnasium in Jena. 1934 übersiedelten seine Eltern nach Riga, wo er das Deutsche Gymnasium absolvierte und ein Semester Philosophie studierte, bevor er im Dezember 1940 die von den Russen besetzte Stadt verließ. In den Kriegsjahren 1941 bis 1943 war er als Soldat beim Afrikakorps unter Feldmarschall Rommel im Einsatz. Im April 1947 aus vierjähriger Kriegsgefangenschaft in den USA entlassen, arbeitete Sch. zunächst in Mannheim als Dolmetscher und Lehrer in einem amerikanischen „Training-Center“ und begann ein Studium der Betriebswirtschaft an der Mannheimer Wirtschaftshochschule. Den Plan, Jura als „Brotstudium“ zu studieren, musste er nach eigener Auskunft „wegen Zeitmangel“ aufgeben, da er „während des ganzen Studiums berufstätig“ war (Lebenslauf 1951/52, S. 1). Von 1948 bis 1952 studierte er in Heidelberg Philosophie und Psychologie, das letztere Fach angeblich, „weil es damals das schnellste Studium war“ [zit. nach Dieter R. Neumaier in: Gazdar (Hg.): Köpfe jagen 1992, S. 17], in Wirklichkeit wohl eher, um Vermächtnisse seiner ehrgeizigen Mutter zu erfüllen und einen Platz in der besseren Gesellschaft zu finden. In Heidelberg schloss Sch. seine Studien mit der Promotion im Fach Psychologie ab.
Es folgten Berufsjahre als kaufmännischer Angestellter in rund zehn verschiedenen Unternehmen (1953-60), bis Sch. als Personalberater tätig wurde. Seit November 1960 als Partner des amerikanischen Unternehmensberaters „Fry Consultants Inc.“, dann ab 1962 selbstständig, baute er ein Unternehmen in Ffm. auf, das sich auf die Direktsuche von Führungskräften (Executive Search) spezialisierte. Er gilt daher als „Deutschlands erster Headhunter“. Verfasste „Das Tabu der Gehälter“ (1962, Taschenbuchausgabe 1964), in dem er sich für offene Gehaltslisten in deutschen Firmen einsetzt. Eine gerechte Rationalisierung, so Sch., müsse beginnen „mit der richtigen Einsetzung und Bewertung jeder einzelnen Arbeitskraft“ (zit. nach: Die Zeit, Nr. 11, 15.3.1963). Zu seiner Klientel gehörten Unternehmen wie Porsche, Neckermann und Degussa. Als „Erfolgsvermittler“ erhielt Sch. bereits Ende der 1960er Jahre pro vermitteltem Spitzenmanager hohe Prämien. Es gab allerdings auch lange Phasen, in denen er sich aus der Arbeit zurückgezogen hatte und gar nichts verdiente.
Medienberichte, die seine ungewöhnlichen Werbemethoden und einen auffälligen Lebensstil herausstellten, sowie zahlreiche Interviews machten Sch. weithin bekannt. Sie vermittelten das Bild eines selbstbewussten, erfolgreichen Personalberaters, der in seinem Büro ein Schild mit der Aufschrift „Kopfjäger“ anbringen ließ, und zeigten ihn, wie er sich mit einem Luxusauto zu Dienstterminen chauffieren ließ, obwohl er den Wagen nur drei Jahre besaß und wenig nutzte. Auf anderen Fotos war er im Cockpit seines Privatflugzeugs zu sehen. 1967 hatte Sch. eine Fluglizenz (Erlaubnis als Berufsflugzeugführer 2. Klasse) erworben. Er bezeichnete sich selbst als „Picasso unter den Personalberatern“ und gab in Interviews an, Moslem zu sein. Seit etwa 1977 war er jedes Jahr nach Nordafrika gereist, wohin es ihn auch wegen seiner Afrika-Erfahrungen während des Krieges zog, und hatte jeweils einige Zeit bei den Tuaregs verbracht. Dies hatte schließlich dazu geführt, dass er zum Islam konvertierte.
Sch. nutzte das Image des Erfolgreichen, das für ihn werbewirksam war. Er scheute aber auch nicht davor zurück, verdrängte Wahrheiten auszusprechen. So erklärte er 1968 der Zeitschrift „Capital“, die überwiegende Zahl der deutschen Top-Manager stamme aus Elitegruppen des „Dritten Reiches“. Es seien „ehemalige Generalstäbler“ sowie „Abkömmlinge der Adolf-Hitler-Schulen, der Reiter-SS und der Waffen-SS“ (Capital 4/1968, S. 9). Würdigungen durch Brancheninsider weisen auf Sch.s unkonventionelle Sprache und Gesprächstechnik hin. „Seine Gesprächspartner (…) vertrauten ihm Wünsche und Hoffnungen an, die sie sonst nie ausgesprochen hätten.“ (Dieter R. Neumaier).
Sch. selbst führte seine Erfolge in der Vermittlung von Spitzenkräften auf seine Kompetenz als promovierter Psychologe zurück. In späteren Jahren absolvierte er im Sigmund-Freud-Institut in Ffm. seine psychoanalytische Ausbildung und machte bei Margarete Mitscherlich seine Lehranalyse (ca. 1975-78). Auf einem Fragebogen schrieb er sich „Neugier, Eitelkeit, Faulheit, geistige Beweglichkeit, Grobheit und Offenherzigkeit“ zu. Doch manche Seiten seiner farbigen Persönlichkeit blieben der Öffentlichkeit verborgen. Sich selbst sah Sch. als Träumer, Schauspieler und Narziss. Er liebte Spanien und den Stierkampf, den er als eine Kunst betrachtete, und konnte, wenn es sich ergab, mit einem Kunden zwölf Stunden lang über Kunst reden. Im Privatleben zog er sich zurück. Wochenenden und arbeitsfreie Zeiten verbrachte er in seinem Haus in Tirol. Hier beschäftigte er sich mit Literatur und klassischer Musik, die er liebte und in der er sehr bewandert war.
Sch. identifizierte sich mit dem Stiefvater, von dem er das Interesse für Philosophie übernommen hatte. Die Liebe zur Fliegerei teilte er mit seinem leiblichen Vater. Mit seiner Mutter, einer lettischen Jüdin, verbanden ihn eine Neigung zur Extravaganz und das ambivalente Verhältnis zum Judentum.
Sch.s erste Ehe wurde 1957 geschieden. Am 22.8.1959 heiratete er ein zweites Mal. In einem Interview hatte schon der 48-Jährige eingestanden, er „denke eigentlich fast dauernd an den Tod“. Viele Leute seien „plötzlich tot, und der Arzt hat vorher nichts gefunden“ [Der Monat, H. 238 (Juni 1968)]. Am 2.3.1982 erlitt Sch. auf dem Campus der Ffter Universität in Bockenheim einen plötzlichen Herztod.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Michael Heymel.

Literatur:
                        
Gazdar, Kaevan (Hg.): Köpfe jagen. Mythos und Realität der Personalberatung. Wiesbaden 1992.Neumaier, Dieter R.: Der Mann, der Headhunting in Deutschland personifizierte. Maximilian Schubart. In: Gazdar (Hg.): Köpfe jagen 1992, S. 17. | Heymel, Michael: Der Kulturphilosoph Walter Schubart (1897-1942). Eine Spurensuche. Berlin 2015.Heymel: Der Kulturphilosoph Walter Schubart 2015.
Quellen: Brand eins. Hamburg 1999-heute.Schäfer, Susanne: Der Kopfjäger. Verpönt und verboten: Wie der Berufsstand der Headhunter um Anerkennung kämpfte. In: Brand eins 10/2018, S. 16-19. | Capital. Hamburg u. a. 1962-heute.Deutschlands Top-Manager: Von Hitler erzogen. Capital-Interview mit dem Personalberater Maximilian Schubart. In: Capital 4/1968, S. 8-9 u. 98. | Der Monat. Eine internationale Zeitschrift. Berlin 1948-71 und 1978-87.Zeitgenossen: Der Erfolgsvermittler. In: Der Monat, H. 238 (Juni 1968). | Der Spiegel. Hamburg 1947-heute.Wieviel verdienen die Manager? In: Der Spiegel 15/1964, S. 27-32. | Der Spiegel. Hamburg 1947-heute.Nachruf in: Der Spiegel 10/1982, S. 220. | Die Zeit. Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur. Hamburg 1946-heute.Winter, Rosemarie: Gerechtigkeit ist keine Hexerei. In: Die Zeit, Nr. 11, 15.3.1963. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/10.752. | Schubart, Maximilian: Lebenslauf. Typoskript, 2 Seiten, ca. 1951/52.Schubart, Maximilian: Lebenslauf 1951/52. | Schubart, Maximilian: Solitaire. Mein Leben als Grenzgänger. [Erinnerungen an Kindheit und Jugend, die mit Beginn der Studienzeit abbrechen.] Unveröffentlichtes Typoskript, 132 Seiten, o. J.Schubart, Maximilian: Solitaire. Mein Leben als Grenzgänger o. J. | Westdeutscher Rundfunk.Der Erfolgsvermittler. Leben und Praxis eines Managers, der Manager „verkauft“. Film von Karl Günter Simon und Wolf Müller-Scherak. WDR, 1969, Dauer: 45 Min.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_SchubartWikipedia, 22.10.2019.

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Empfohlene Zitierweise: Heymel, Michael: Schubart, Maximilian. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/7843

Stand des Artikels: 28.10.2019
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 11.2019.