Sohn des Juristen und Kulturphilosophen Walter Sch. (1897-1942) und dessen lettisch-jüdischer Ehefrau, der Juristin Vera (eigentl.: Rosa Rebekka) Sch., geb. Berman, gesch. Englert (1897-1944). Drei Geschwister, von denen zwei aus der ersten Ehe der Mutter stammten und von Walter Sch. adoptiert wurden, u. a. der spätere Psychologe und Unternehmer
Maximilian Sch. (1920-1982).
Die Familie lebte seit 1933 in Ventspils (Windau) und seit 1935 in Riga. Nach der Besetzung Lettlands durch die Rote Armee schickten die Eltern im Januar 1941 Sch. mit seinen beiden Schwestern ins thüringische Meiningen zu den Großeltern väterlicherseits, bevor die Russen ihnen selbst eine Ausreise unmöglich machten.
Sch. besuchte die Hermann-Lietz-Schule (Landerziehungsheim) in Haubinda/Thüringen bis zur Mittleren Reife. 1947 übersiedelte er in den Westen, nach Mannheim, absolvierte eine Lehre als Maurer und holte daneben das Abitur an der Abendschule nach. Hier lernte er Elisabeth Charlotte, gen.
Lilo, Barbarino (1931-2018) kennen, die er am 23.11.1957 heiratete. Von 1953 bis 1958 studierte Sch. Jura in Heidelberg, München und Bonn. Danach war er bei einem Anwalt in Mannheim angestellt. Er wurde Mitglied der SPD und arbeitete ab 1964 als wissenschaftlicher Assistent der SPD-Fraktion in Bonn. Veranlasst durch den Regierungswechsel – den Beginn der Großen Koalition im Dezember 1966 – zog Sch. mit seiner Familie nach Ffm., wo er zunächst als Justitiar des Amts für Wohnungswesen der Stadt Ffm., später als Magistratsdirektor im städtischen Rechtsamt tätig war. Zu Beginn der Siebzigerjahre unterstützte er privat Hausbesetzer im Westend, während er als Beamter die Stadt in Prozessen wegen ihrer Bauvorhaben vertrat.
Der überzeugte Basisdemokrat und Bürgerrechtler wurde zur Führungsfigur des außerparlamentarischen Widerstands in Ffm. und insbesondere im Kampf gegen den Ausbau des Ffter Flughafens. Nachdem er aus der SPD ausgetreten war, engagierte er sich als Mitbegründer und Spitzenkandidat der Grünen Liste Hessen (GLH) bei der hessischen Landtagswahl 1978. Als sich im Januar 1980 in Karlsruhe die für westdeutsche Länderlisten übergeordnete Partei „Die Grünen“ bildete, trat er dieser nicht bei. Zum Bruch mit der GLH kam es 1982, nachdem Sch. für kurze Zeit als Direktkandidat der GLH für den Hessischen Landtag nominiert war.
Als Sprecher der Bürgerbewegung („Arbeitsgemeinschaft Volksbegehren und Volksentscheid“) gegen den Bau der Startbahn 18 West am Ffter Flughafen bereitete Sch. den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens vor. Dieser Antrag wurde am 14.11.1981 mit 220.765 bestätigten (bei eigentlich 120.000 erforderlichen) Unterschriften beim Wiesbadener Landtag abgegeben. Bei der abschließenden Kundgebung in Wiesbaden forderte Sch. vor mehr als 100.000 Teilnehmern die Hessische Landesregierung auf, die schon begonnenen Rodungsarbeiten zum Bau der neuen Startbahn einzustellen und für den Fall einer Zurückweisung des Antrags zumindest eine Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs abzuwarten. Ministerpräsident Börner müsse eingestehen, dass die Startbahn 18 West „politisch nicht durchsetzbar“ sei. In diesem Zusammenhang verkündete Sch. den Beschluss der Bürgerinitiative, am Rhein-Main-Flughafen friedlich zu demonstrieren (wörtlich: dort „einen Besuch abzustatten“). Man werde den Flughafen „dicht“ machen, falls die Landesregierung nicht innerhalb von 24 Stunden einen Vorschlag zur Herstellung eines Moratoriums vorlegen würde (wie es die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau bereits am 16. Oktober erbeten hatte). Obwohl Sch. „wiederholt, unzweideutig und bestimmt zur vollständigen Gewaltfreiheit aufgerufen“ hatte [Schubart (Hg.): Der starke Staat 1983, S. 124], kam es am folgenden Tag bei der Blockade des Flughafens durch fast 10.000 Demonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen zahlreiche Menschen verletzt wurden.
Sch. wurde umgehend vom Dienst bei der Stadt Ffm. suspendiert. Die Berichterstattung in einigen Medien stellte ihn als „Verfassungsfeind“ und Agitator dar, der zur Gewalt aufgerufen habe. Die Bundesanwaltschaft erhob wegen eines Staatsschutzdelikts („Nötigung von Verfassungsorganen“) Anklage gegen ihn, der Ffter Magistrat leitete ein Disziplinarverfahren ein. Am 19.1.1983 verkündete der Staatsschutzsenat am Ffter Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil gegen Sch.: zwei Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung. Weil er zu einer Demonstration am Ffter Flughafen aufgerufen hatte, unterstellte ihm das Gericht Nötigung eines Verfassungsorgans (der Hessischen Landesregierung) und Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall. Dieses Urteil hätte für Sch. den Verlust seiner Beamtenrechte bedeutet. Er wäre arbeitslos gewesen und hätte die Prozesskosten sowie Schadensersatzansprüche in Höhe von etwa 300.000 Mark tragen müssen. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe wurde der Vorwurf der Nötigung von Verfassungsorganen fallen gelassen. Das abschließende Urteil vom 22.1.1992 setzte die Strafe von acht Monaten Haft, jetzt nur noch wegen Landfriedensbruchs, zur Bewährung aus. Eine Verfassungsbeschwerde Sch.s war schon im Juli 1990 vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen worden. Die Richter urteilten, er habe bei seinem Aufruf 1981 Gewaltausübung billigend in Kauf genommen. Mit der Stadt Ffm. einigte sich Sch. im August 1993, dass er vorzeitig in den Ruhestand gehen konnte. Seine einbehaltenen Bezüge wurden nachgezahlt.
Im Rückblick auf den Startbahn-West-Konflikt gestand Sch. 1996 in einem Interview, er „würde heute noch deutlicher gegen jede Gewaltanwendung reden. (…) Ich dachte, wenn ich sie [d. h. die Demonstranten] ausdrücklich zur Gewaltfreiheit aufrufe, dann werden sie das auch so befolgen. Das war ein Irrtum.“ (Zit. nach: Johnsen (Hg.): Der Startbahn-West-Konflikt 1996, S. 191.) Im Übrigen würde er sich wieder genauso gegen einen weiteren Ausbau des Flughafens engagieren, der „reinster ökologischer Wahnsinn wäre“ (ebd., S. 196).
Im Alter widmete Sch. sich Nachforschungen zum Schicksal seiner Ende Juni 1941 von der sowjetischen Geheimpolizei GPU verhafteten und deportierten Eltern. Als Agnostiker und „überzeugter Non-Credo“ setzte er sich kritisch mit Problemen des christlichen Glaubens auseinander. Er wollte ein Buch über Religion und Glaubensfragen schreiben, konnte jedoch dieses Vorhaben wegen einer schweren Krankheit nicht abschließen.
Seit 1983 Ehrenmitglied des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
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