Sohn des Journalisten
Ludwig C. (1847-1934), der seit 1877 der Redaktion und seit 1893 der Geschäftsführung der Ffter Zeitung angehörte, und dessen Frau Rosa, geb. Stern (1853-1932). Verheiratet (seit 1911) mit Else C., geb. Göbel (1881-1974), aus Wuppertal. Drei Kinder:
Ruth Marianne (1912-1934), Hans Jakob (nach der Emigration: James, gen. Jim, Compton; 1914-2002) und
Martin Ludwig (1917-2002).
Nach dem Abitur am Ffter Lessing-Gymnasium 1900 studierte C. Volkswirtschaft und Geschichte in Berlin und München; er promovierte bei Lujo Brentano (1844-1931) mit einer Arbeit über „Die Agrarfrage in der deutschen Sozialdemokratie von Karl Marx bis zum Breslauer Parteitag“ (1903). Als Mitglied des liberalen Nationalsozialen Vereins arbeitete er ab 1901 gelegentlich bei der von
Friedrich Naumann herausgegebenen Wochenschrift „Die Hilfe“ mit. Nach Militärdienst (1903-04) und weiteren Studien in Berlin (1904-06) war C. als Aushilfe in der Auslandsredaktion der Ffter Zeitung in Ffm. beschäftigt. Ein Angebot für eine feste Stelle bei der FZ schlug er jedoch aus und ging 1907 auf eine ausgiebige USA-Reise, worüber er in Artikeln für die FZ schrieb. Ab 1908 berichtete er als USA-Korrespondent der FZ aus New York und Washington. In dieser Zeit entwickelte er persönliche Bekanntschaften zu Theodor Roosevelt (1858-1919), Senator Robert M. La Follette senior (1855-1925) und mehreren bedeutenden US-amerikanischen Journalisten und Herausgebern. 1909 unternahm C. eine mehrmonatige Reise durch Westkanada, über die im Herbst desselben Jahres eine Artikelserie in der FZ und später das Buch „Aus Westkanada. Reisebriefe unseres Spezial-dt-Korrespondenten“ erschienen. Danach nahm C. ein neuerliches Angebot der FZ für eine Festanstellung an, ging zunächst als Korrespondent des Blattes nach Berlin und trat 1910 oder spätestens 1911 in die Redaktion der FZ in Ffm. ein. Nach Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg (1914-17) setzte er sein Wirken als politischer Redakteur für die FZ fort. Anfang 1918 trug ihm ein Memorandum an die Oberste Heeresleitung über die hungernde, erschöpfte und kriegsmüde Bevölkerung einen Platz auf der Schwarzen Liste nationalistischer und militaristischer Kreise ein. Bei Kriegsende trat er, persönlicher Freund von
Friedrich Naumann, in die Deutsche Demokratische Partei (DDP) ein, in deren Vorstand er ab 1919 mitwirkte; seit 1930 war er Mitglied der Nachfolgeorganisation Deutsche Staatspartei. C. gehörte auch dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an.
Anlässlich der Machtübernahme der Nationalsozialisten verweigerte C. einen Ergebenheits-Leitartikel zu Adolf Hitler. Um den jüdischen Liberalen in Sicherheit zu bringen, schickte ihn die FZ im März 1933 in die USA, wo ihn seine Frau Else C. offenbar gelegentlich besuchte; erst nach seinem Tod übersiedelte sie ständig nach New York. Die Tochter Ruth C., die 1932 an der Ffter Schillerschule ihr Abitur gemacht hatte, engagierte sich in einer Gruppe mit Emil Carlebach in Ffm. im Widerstand gegen das NS-Regime, wurde in Sachsenhausen beim Verteilen von Flugblättern festgenommen, ging nach Verbüßung einer Haftstrafe kurzzeitig nach Italien und verübte nach ihrer Rückkehr nach Ffm. 1934 Suizid. Die Söhne flüchteten in die USA, wo Martin C. seit 1937 an der Rutgers University in New Jersey studierte.
In der Emigration traf C. u. a. auf die Ffter Politikerin
Toni Sender, die in Deutschland ebenfalls um ihr Leben hatte fürchten müssen. C. verfasste zwischen 1933 und 1937 zahlreiche Artikel und Rezensionen für die New York Times und die New York Herald Tribune. Ein Buchprojekt über „Die deutsche Republik“ blieb unvollendet. Angesichts der erzwungenen Trennung von Deutschland und von seiner Familie litt C. unter schweren Depressionen. Er nahm sich 1937 das Leben.
Seit 2018 Stolperstein für Wilhelm C. vor dem Haus Hansaallee 7 und für seine Tochter Ruth C. vor dem Haus Hansaallee 32 in Ffm.
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