Jüdischer Vieh- und Pferdehändler aus Homburg vor der Höhe, der im Rhein-Main-Gebiet und besonders auch in Ffm. tätig war. Zu seinen Kunden zählte etwa die
Familie Rothschild.
In Homburg ist G. 1821 erstmals nachgewiesen. In der Einwohnerliste der Stadt von 1823 ist er mit seiner Familie, seiner Frau Esther (1772-1848), seinem Sohn Simon (1799/1800-1869), seiner Tochter Sara (später verh. Gewinner
[sic!], 1799-1886) und deren unehelichem Sohn Louis (1822-1902), aufgeführt. Die in Ffm. erscheinende Zeitschrift „Didaskalia“ meldete in ihrer Ausgabe vom 8.8.1846, dass „am 31. Juli Mittags 12 Uhr (...) der weltbekannte Mordje G., Motto: ‚Mordje Unglück’[,] im 76sten Jahre seines thatenreichen Lebens“ gestorben sei.
Durch seine Späße und Streiche war G. zu regionaler Berühmtheit gelangt. Geschichten von seinen Eulenspiegeleien waren in Homburg, Ffm. und Umgebung noch lange nach seinem Tod im kollektiven Gedächtnis. In einer Artikelreihe ab März 1868 erschienen im Homburger „Taunusboten“ zwölf Anekdoten vom „Mordche Unglück“, die der Redaktion der Zeitung aus Leserkreisen mündlich und schriftlich mitgeteilt worden waren. Ein Jahr später brachte
Friedrich Stoltze in seinem Blatt „Der wahre Jacob“ sein frankfurterisches Gedicht vom „Mordje Unglick“ heraus (1869), das er später noch einmal in der „Ffter Latern“ nachdruckte (1890). Die erneute Veröffentlichung in der „Ffter Latern“ kommentierte er: „Eine Gesellschaft junger Ffter in New-York hat sich bei uns erkundigt, wer des ‚Mordje Unglick’ gewesen. Mordje Unglick war Roßtäuscher in des Worts verwegenster Bedeutung. Von hundert Anekdoten, die von ihm erzählt werden, ist die von uns in Verse gebrachte, eine der bezeichnetsten
[sic!].“ [Ffter Latern 26 (1890), Nr. 23, S. 91.] Das 28-strophige Gedicht schildert im Wesentlichen eine Episode, in der Mordje Unglick mit der ihm eigenen Chuzpe einen Bauern zuerst um zwei Kühe und einen Wagen, dann auch noch um eine komplette Ausstattung mit Ausgehkleidern bringt. Während in anderen Geschichten um Mordje Unglick durchaus ein antisemitischer Unterton mitschwingt, macht
Stoltze in seinem Gedicht „Mordje – trotz eines erheblichen Betrugs – zu einem sympathischen Protagonisten der Erzählung“ (Peter Lingens).
Porträts im Besitz des Historischen Museums in Ffm. (ein Aquarell und ein Scherenschnitt), des Jüdischen Museums in Ffm. (ein Aquarell) und des Städtischen historischen Museums in Bad Homburg (zwei Aquarelle, u. a. von Louis Jacobi, 1860, und drei Scherenschnitte).
Der Sohn Simon G., ebenfalls Pferdehändler, lebte nach seiner Heirat mit Jette (auch: Jetty) Kahn [eigentl.: Judith Zadock (auch: Zaduck, Zodeck); 1809/10-1874] aus (Nierstein-)Schwabsburg in Rheinhessen 1840 zeitweise in Bockenheim und starb im Alter von angeblich 69 Jahren 1869 in Ffm. Dem Ehepaar Simon und Jette G. wurden in Bockenheim vier Söhne geboren, Emanuel (* 13.11.1840), Louis (* 7.1.1842), Jacob (modo: Carl, * 18.4.1843) und Anton (* 3.2.1845). Der jüngste Sohn, Anton G. (1845-1920), gründete 1876 eine Rollladenfabrik in Ffm., die als Fachgeschäft für Rollläden, Jalousien und zeitweise auch Parkettböden mindestens bis 1955 bestand.
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