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Gewinner, Mordechai

Ffter Original („Mordje Unglick“).

Mordechai Gewinner („Mordje Unglick“)

Mordechai Gewinner („Mordje Unglick“)
Aquarell von unbekannter Hand (im Besitz des Städtischen historischen Museums, Bad Homburg v. d. Höhe).
Foto: Stefan Seibold.

© Städtisches historisches Museum, Bad Homburg v. d. Höhe (Inv.-Nr. 2013/0390).
Gewinner, Mordechai (auch: Markus), gen. „Mordje Unglick“. Vieh- und Pferdehändler. * um 1770, † 31.7.1846 (Bad) Homburg v. d. H.
Jüdischer Vieh- und Pferdehändler aus Homburg vor der Höhe, der im Rhein-Main-Gebiet und besonders auch in Ffm. tätig war. Zu seinen Kunden zählte etwa die Familie Rothschild.
In Homburg ist G. 1821 erstmals nachgewiesen. In der Einwohnerliste der Stadt von 1823 ist er mit seiner Familie, seiner Frau Esther (1772-1848), seinem Sohn Simon (1799/1800-1869), seiner Tochter Sara (später verh. Gewinner [sic!], 1799-1886) und deren unehelichem Sohn Louis (1822-1902), aufgeführt. Die in Ffm. erscheinende Zeitschrift „Didaskalia“ meldete in ihrer Ausgabe vom 8.8.1846, dass „am 31. Juli Mittags 12 Uhr (...) der weltbekannte Mordje G., Motto: ‚Mordje Unglück’[,] im 76sten Jahre seines thatenreichen Lebens“ gestorben sei.
Durch seine Späße und Streiche war G. zu regionaler Berühmtheit gelangt. Geschichten von seinen Eulenspiegeleien waren in Homburg, Ffm. und Umgebung noch lange nach seinem Tod im kollektiven Gedächtnis. In einer Artikelreihe ab März 1868 erschienen im Homburger „Taunusboten“ zwölf Anekdoten vom „Mordche Unglück“, die der Redaktion der Zeitung aus Leserkreisen mündlich und schriftlich mitgeteilt worden waren. Ein Jahr später brachte Friedrich Stoltze in seinem Blatt „Der wahre Jacob“ sein frankfurterisches Gedicht vom „Mordje Unglick“ heraus (1869), das er später noch einmal in der „Ffter Latern“ nachdruckte (1890). Die erneute Veröffentlichung in der „Ffter Latern“ kommentierte er: „Eine Gesellschaft junger Ffter in New-York hat sich bei uns erkundigt, wer des ‚Mordje Unglick’ gewesen. Mordje Unglick war Roßtäuscher in des Worts verwegenster Bedeutung. Von hundert Anekdoten, die von ihm erzählt werden, ist die von uns in Verse gebrachte, eine der bezeichnetsten [sic!].“ [Ffter Latern 26 (1890), Nr. 23, S. 91.] Das 28-strophige Gedicht schildert im Wesentlichen eine Episode, in der Mordje Unglick mit der ihm eigenen Chuzpe einen Bauern zuerst um zwei Kühe und einen Wagen, dann auch noch um eine komplette Ausstattung mit Ausgehkleidern bringt. Während in anderen Geschichten um Mordje Unglick durchaus ein antisemitischer Unterton mitschwingt, macht Stoltze in seinem Gedicht „Mordje – trotz eines erheblichen Betrugs – zu einem sympathischen Protagonisten der Erzählung“ (Peter Lingens).
Porträts im Besitz des Historischen Museums in Ffm. (ein Aquarell und ein Scherenschnitt), des Jüdischen Museums in Ffm. (ein Aquarell) und des Städtischen historischen Museums in Bad Homburg (zwei Aquarelle, u. a. von Louis Jacobi, 1860, und drei Scherenschnitte).
Der Sohn Simon G., ebenfalls Pferdehändler, lebte nach seiner Heirat mit Jette (auch: Jetty) Kahn [eigentl.: Judith Zadock (auch: Zaduck, Zodeck); 1809/10-1874] aus (Nierstein-)Schwabsburg in Rheinhessen 1840 zeitweise in Bockenheim und starb im Alter von angeblich 69 Jahren 1869 in Ffm. Dem Ehepaar Simon und Jette G. wurden in Bockenheim vier Söhne geboren, Emanuel (* 13.11.1840), Louis (* 7.1.1842), Jacob (modo: Carl, * 18.4.1843) und Anton (* 3.2.1845). Der jüngste Sohn, Anton G. (1845-1920), gründete 1876 eine Rollladenfabrik in Ffm., die als Fachgeschäft für Rollläden, Jalousien und zeitweise auch Parkettböden mindestens bis 1955 bestand.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Lexika: Ffter Wörterbuch aufgrund des von Johann Joseph Oppel und Hans Ludwig Rauh gesammelten Materials hg. im Auftr. d. Ffter Historischen Kommission in Verbindung mit dem Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie (früher Institut für Volkskunde) der Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm. von Wolfgang Brückner. 18 Lieferungen. Ffm. 1971-85.FWb 11 (1981), S. 2059f. (Mordchen). | Ffter Wörterbuch aufgrund des von Johann Joseph Oppel und Hans Ludwig Rauh gesammelten Materials hg. im Auftr. d. Ffter Historischen Kommission in Verbindung mit dem Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie (früher Institut für Volkskunde) der Johann Wolfgang Goethe-Universität Ffm. von Wolfgang Brückner. 18 Lieferungen. Ffm. 1971-85.FWb 17 (1984), S. 3308f. (Unglück).
Literatur:
                        
Askenasy, A[lexander]: Die Ffter Mundart und ihre Literatur. Ffm. 1904.Askenasy: Ffter Mundart 1904, S. 245. | Aspekte jüdischen Lebens in Bad Homburg. Ergebnisse einer vhs-Geschichtswerkstatt. Hg. v. Magistrat der Stadt Bad Homburg v. d. Höhe, Dezernat I, Oberbürgermeister Alexander W. Hetjes. Redaktion und Bearbeitung: Peter Lingens. Petersberg [2016].Lingens, Peter: „Neue“ alte Geschichten von Mordechai Gewinner alias Mordje Unglück. Bericht und Nachtrag. In: Aspekte jüd. Lebens in Bad Homburg 2016, S. 88-97. | Breitkreuz, Petra/Lingens, Peter: Friedrich Stoltze und Homburg. Ffm. 2014.Lingens, Peter: Friedrich Stoltzes „Mordje Unglick“: literarische Figur und Homburger Jude. In: Breitkreuz/Lingens: Friedrich Stoltze u. Homburg 2014, S. 14-27. | Brückl, Reinhold: Lord Blumekohl und andere Ffter Originale. Ffm. 1986.Brückl: Ffter Originale 1986, S. 80-82 (teilweise unter Verwechslung mit dem Sohn Simon Gewinner). | 100 Jahre Sammeln. Geschichte und Schätze des Städtischen historischen Museums. Eine Ausstellung im Gotischen Haus und im Horex Museum, Bad Homburg v. d. Höhe, 28. August 2016 bis 15. Januar 2017. Hg.: Magistrat der Stadt Bad Homburg v. d. H. (...). Konzept: Ursula Grzechca-Mohr. Texte: Ursula Grzechca-Mohr, Ines Günther-Laake, Peter Lingens. Petersberg [2016].Kat. 100 Jahre Sammeln. Geschichte u. Schätze d. Städt. hist. Museums Bad Homburg 2016, S. 106f., Kat. 66. | Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde [zu] Bad Homburg vor der Höhe. Bisher 67 Hefte. Bad Homburg v. d. H. 1877-2018.Lingens, Peter: Der „weltbekannte“ Mordje Unglück. Ein Homburger Jude als literarische Figur bei Friedrich Stoltze. In: Mitt. d. Vereins f. Geschichte u. Landeskunde Bad Homburg 63 (2014), S. 69-86. | [Pfeiffer, Georg Wilhelm:] Die Brunnenfahrt oder Kabale und Liebe. Ein Frankforter, borjerlich, original Lust- und Kabalespiel in drei Abtheilungen. Ffm. 1835.Erwähnung von „Mordje Unglick“ in: Pfeiffer: Die Brunnenfahrt 1835, S. 61. | Stoltze, Friedrich: Gesammelte Werke. 5 Bde. Ffm. 1892-96.Erwähnung von „Mordje Unglück“ in dem frankfurterischen Text „Löb Hersch“ von Friedrich Stoltze in: Stoltze, Friedrich: Ges. Werke 2 (1892), S. 284-287, hier S. 287.
Quellen: Adressbuch der Stadt Ffm., 1832-2003.Adressbucheinträge der Fa. Anton Gewinner u. a. in: Adr. 1920, T. I, S. 164; 1930, T. I, S. 213; 1933, T. I, S. 205; 1934, T. I, S. 198; 1939, T. I, S. 208; 1943, T. I, S. 215. | Der wahre Jacob. Ein gemüthliches [ab 1870, Nr. 3: überbrücktes] Mainlinienblatt ohne Wasserzeichen, zum Gradausschreiben auf beiden Seiten zu gebrauchen. Hg. v. Friedrich Stoltze. 5 Jahrgänge. Ffm. 1867-71.Stoltze, Friedrich: Mordje Unglick. In: Der wahre Jacob 1869, [Nr. 3:] Im Erdbebenmonat [d. i. November], [S. 4]. | Der Wink für Haus und Werk in Bild und Wort. [Untertitel ab Februar/März 1928: Das Magazin der Hausfrau.] Hg.: Ffter Gasgesellschaft, Ffter Kohlen- und Koks-GmbH, Vereinigte Installationsgeschäfte Ffter Gasgesellschaft und Karl Winterstein GmbH. 36 Nummern. Ffm. 1925-28.Straßenfiguren aus dem alten Fft. (Nach Bildern aus dem Historischen Museum). In: Der Wink, Nr. 18, Februar 1927, S. 3-5. | Didaskalia. Ffm. 1823-1934. [Belletristische Zeitschrift, die zunächst (bis 1869) mit dem Untertitel „Blätter für Geist, Gemüth und Publicität“ selbständig, dann als Unterhaltungsbeilage anderer Zeitungen (bis 1903 des Ffter Journals, dann der Ffter Nachrichten) erschien.]Didaskalia, Nr. 217, 8.8.1846. | Ffter Latern. [Untertitel, gelegentlich mit Varianten:] Illustrirtes-satyrisches, humoristisch-lyrisches, kritisch-raisonnirendes, ästhetisch-annoncirendes Wochenblatt. Hg. v. Friedrich Stoltze und (bis 1865) Ernst Schalck. 29 Jahrgänge. Ffm. 1860-66 u. 1870/71-93.Stoltze, Friedrich: Mordje Unglick. In: Ffter Latern 26 (1890), Nr. 23, 7.6.1890, S. 91. | Hessisches Landesarchiv (HLA), Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW).Geburtseintrag des Enkels Anton Gewinner, geboren am 3.2.1845 in (Ffm.-)Bockenheim: HLA, Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Best. 365 Nr. 74: Geburtsregister der Juden von (Ffm.-)Bockenheim 1824-49, S. 78f.; vgl. auch die Geburtseinträge von dessen Brüdern, S. 56f., 64f., 72f. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeeintrag des Sohns Simon G(e)winner, gestorben am 7.1.1869 im Alter von angeblich 69 Jahren in Ffm.: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/25: Totenbuch der Stadt Ffm. 1869, S. 16, Nr. 32. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeeintrag der Schwiegertochter Judith G(e)winner, geb. Zaduck, gestorben am 2.11.1874 im Alter von angeblich 64 Jahren in Ffm.: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/34: Totenbuch der Stadt Ffm. 1874, Bd. 2, S. 991, Nr. 1826. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Sterbeeintrag des Enkels Anton Gewinner, gestorben am 13.4.1920 in Ffm.: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch, Bestand STA 12/586: Standesamt Ffm. I, Sterbeurkunde 1920/I/646 (Bd. 2, S. 48). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/1.238 (Fa. Anton Gewinner). | Senioren-Zeitschrift. Hg. v. Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Ffm. in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt. Ffm. 1974-heute. Brückl, Reinhold: Aus ausgedienten Schimmeln wurden frische Rappen. Ffter Originale – „Mordje Unglick“ und der „Freß-Baron“. In: Senioren-Zeitschrift 2/1986, S. 33.

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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Gewinner, Mordechai. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/9445

Stand des Artikels: 7.11.2019
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 11.2019.