S. stammte aus einer angesehenen jüdischen Bankiersfamilie, deren Tradition in Ffm. bis auf den seit 1644 hier ansässigen Michael Isaak S. zum Goldnen Hirsch († 1692) zurückzuverfolgen ist. S.s Großvater Joseph Lazarus S. (1783-1846) heiratete 1800 Jette Ellissen (1780-1828), die Tochter des Bankiers Gumperz Isaak Ellissen, und übernahm 1818 das Bankhaus des Schwiegervaters, das er künftig unter dem Namen J. L. Speyer-Ellissen weiterführte. Joseph Lazarus S.s ältester Sohn, Lazarus Joseph S. (1810-1876), gründete 1838 unter der Firma Lazard Speyer-Ellissen ein Manufakturwaren- und Speditionsgeschäft, in dem 1846 auch das erwähnte Bankhaus aufging. Im Lauf der Jahre widmete sich Lazarus Joseph S. gänzlich dem Bankgeschäft. Lazarus Joseph S.s Bruder Philipp S. (1815-1896) hatte schon 1837 in New York ein Zweiggeschäft des Ffter Bankhauses Speyer-Ellissen begründet, in das bald darauf der jüngste Bruder Gumperz (später: Gustav) S. (1825-1883) eintrat. Auf Vermittlung der New Yorker Schwesterfirma Philipp Speyer & Co. (seit 1878: Speyer & Co.) entwickelte sich ein reger Geschäftsverkehr des Ffter Hauses Lazard Speyer-Ellissen mit Nordamerika. 1861 wurde ein weiteres Schwesterunternehmen unter der Firma Speyer Brothers in London errichtet.
Georg S., eigentlich Gustav genannt, war ein Sohn des Bankiers Lazarus Joseph S. aus dessen Ehe mit seiner Kusine Therese Ellissen (1808-?). Schüler des Philanthropins. Kaufmännische Ausbildung in in- und ausländischen Bankgeschäften, wohl hauptsächlich in den S.’schen Schwesterfirmen in New York und London. Durch Senatsbeschluss vom 17.12.1857 wurde S. gestattet, künftig den Vornamen „Georg” zu führen, um seinem Onkel Gumperz S. die Umbenennung in „Gustav” zu ermöglichen. Seit 1862 Prokurist des väterlichen Bankhauses Lazard Speyer-Ellissen. Seit 1868 gemeinsam mit seinem Bruder Jacques Robert S. (1837-1876) Teilhaber der Firma. Bis zu seinem Tod gehörte S. in leitender Position dem Ffter Stammhaus an. 1869 heiratete er die Berliner Bankierstochter
Susanne Franziska Gumbert. Aus der Ehe ging ein Sohn,
Alfred Julius S. (1871-1927), hervor.
Neben seiner ausgedehnten Berufstätigkeit widmete sich S. intensiv den sozialen, künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen in seiner Vaterstadt. So war er Mitbegründer (1890) und Aufsichtsratsmitglied, zuletzt bis zu seinem Tod als stellvertretender Vorsitzender, der Aktienbaugesellschaft für kleine Wohnungen (ABG). 1889 hatte S. städtisches Baugelände an der Ecke Burgstraße/Eichwaldstraße im Nordend gekauft und trat nun zugunsten der neu gegründeten gemeinnützigen Aktienbaugesellschaft vom Kaufvertrag zurück. Damit stand geeignetes Baugelände für einen der ersten Wohnblocks der ABG, den „Burgblock”, zur Verfügung. Mit Hilfe von Stiftern errichtete die ABG in ihren Wohngebieten Vereinshäuser, Lese- und Vortragssäle, Kindergärten und Kinderkrippen. Auch S. schenkte der ABG kurz nach deren Gründung 100.000 Mark. Im Jahr 1900 entstand an der Ecke Rotlint-/Hallgartenstraße im Bereich des „Nordendblocks” ein Vereinshaus mit Kindergarten, Krippe und einer Haushaltungsschule für Dienstboten, das im wesentlichen durch eine Schenkung S.s finanziert wurde und daher den Namen „Georg-S.-Vereinshaus” erhielt. Außerdem stellte das Ehepaar S. der ABG das Vermögen der „Georg und Franziska S.’schen Studienstiftung” als Hypothekenkapital zur Verfügung. Im sozialen Bereich trat S. als Förderer des Vereins für Volkskindergärten sowie als Mitbegründer (1899) und Beiratsmitglied der „Centrale für private Fürsorge“ hervor. Er war Vorstandsmitglied der Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kulturdenkmäler und Mitglied des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus.
Vor allem aber unterstützte S. Oberbürgermeister
Adickes in dessen Bestrebungen zur Gründung einer Ffter Universität. S. erklärte sich dazu bereit, zwei Lehrstühle an der 1901 eröffneten Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, dem Vorläuferinstitut der Universität, zu finanzieren, und errichtete zu diesem Zweck die „Georg und Franziska S.’sche Studienstiftung” mit einem Kapital von einer Million Mark. Die Stiftung ermöglichte zusätzliche Vorlesungen an der Akademie, zunächst auf dem Gebiet der Handelsgeografie und der neueren Sprachen. Insbesondere förderte S. seit 1899 die Forschungsarbeit von
Paul Ehrlich.
1896 Kronenorden IV. Klasse. 1901 Kronenorden III. Klasse. Ewiges Mitglied der SNG.
Seine Witwe
Franziska S. setzte das philanthropische Wirken ihres Mannes in dessen Sinne fort, indem sie u. a. das Chemotherapeutische Forschungsinstitut „Georg-S.-Haus” (eröffnet 1906) stiftete und eine „Georg-S.-Stiftung” zur Förderung der Wissenschaft (1907) errichtete. Nach dem Tod
Franziska S.s wurde das S.’sche Vermögen, das zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes bereits über 31 Millionen Mark betragen hatte, im großen Stil wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken zugeführt.
Georg-S.-Straße in Bockenheim.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 405f.,
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