Sohn eines Kaufmanns, der aus dem Elsass ins Saarland zugewandert war. Verheiratet (seit 1940) mit der Malerin
Rosa-Auguste (eigentl.: Rosa Augusta) Laura S., geb. Untersteiner, die aus Meran/Südtirol stammte.
Preußischer Staatsangehöriger katholischer Konfession. Besuch der Klosterschule der Kapuziner in Königshofen/Elsass. Wegen einer Nierenerkrankung Schulwechsel nach Meran. Dort 1915 Reifeprüfung. Krankheitshalber vom Kriegsdienst zurückgestellt. Studium der Volkswirtschaftslehre in Ffm. und München. 1921 Promotion mit einer Arbeit über „Der Franc im Saargebiet“ in München. Kaufmännische Tätigkeit bei der Dillinger Hütte AG, der Volksbank Saarlouis AG und der Saar-Metallwerke AG. Von 1926 bis 1931 Arbeit als Journalist und Korrespondent in Italien, Frankreich und England.
Zurückgekehrt ins Saargebiet, trat S. am 1.5.1931 der NSDAP bei (Pg.-Nr. 521982), engagierte sich ab Herbst 1932 als Gauwirtschaftsberater und gründete den „Trutzbund für wirtschaftliche Gerechtigkeit“, der mit einer Wochenzeitung gleichen Titels in den „Kampf um die Saar“ eingriff. Schon im Herbst 1933 erwirkten Denunzianten ein Parteigerichtsverfahren gegen S., weil er in seiner Dissertation vor mehr als zehn Jahren angesichts der Inflationsgefährdung der deutschen Währung für die Einführung des Franc im Saargebiet plädiert und damit „nationalen Verrat“ begangen habe. Nach dem Anschluss des Saargebiets an den Parteigau Saarpfalz geriet S. mit dem dortigen Gauleiter Bürckel in Konflikt, musste deshalb, wie zur Bereinigung von Personenquerelen üblich, den Machtbereich Bürckels verlassen und sollte 1935 in Ffm., das er seit Studienzeiten kannte, untergebracht werden.
Am 1.6.1935 trat S. die Stelle als Hauptgeschäftsführer der Preußischen Handelskammer für das Rhein-Mainische Wirtschaftsgebiet an. Zuvor schon, am 10.11.1934, hatte er unter Hinweis auf seine umfangreiche Studie über „Das englische Kabinettsystem“ (München 1934) ein Habilitationsgesuch bei der Universität Ffm. eingereicht. Nach Erteilung der Venia Legendi für das Fach „Wirtschaftspolitik“ hielt er am 3.4.1935 seine Antrittsvorlesung zum Thema „Bedeutung der Fertigwarenindustrie für die wirtschaftliche Struktur des Saargebiets“. Das obligatorische „Dozentengemeinschaftslager“ absolvierte er erst im September 1937. Die danach fällige „politische Beurteilung“ fiel im Ganzen günstig aus. Trotz seiner gesundheitlichen Behinderung sei er ein „einsatzbereiter und selbstloser Kämpfer“, der politisches Erlebnis mit praktischer und wissenschaftlicher Schulung verbinde. Man registrierte seine auffallende Weltgewandtheit, bezweifelte aber, „ob er sich bei schwierigen Entscheidungen über letzte konfessionelle Bindungen hinwegzusetzen“ vermöge.
In der IHK wusste sich S. geschickt einzufügen. Seinen degradierten Amtsvorgänger
Hans Trumpler behandelte er taktvoll, und ebenso respektierte er die Aufgabengebiete der anderen Syndizi. Während des Jahres 1938 musste er sich um den Aufbau einer „Wehrwirtschaftlichen Abteilung“ kümmern. Im Übrigen aber sah er sich weiter in Europa um. Auf Einladung der Auslandsorganisation der NSDAP begab er sich 1937 auf Vortragsreisen nach Norwegen, England und Frankreich. Des Öfteren war er auch als Gauredner der NSDAP unterwegs.
Nach Kriegsbeginn hatte S. die kriegswirtschaftlichen Regelungen zwischen Handelskammer und Stadtverwaltung zu koordinieren. Es ging um die Fragen der Lebensmittelversorgung, das Bezugsscheinsystem, den Einsatz von Arbeitskräften und die Bewirtschaftung des Energiebedarfs im zivilen Bereich. Daraus ergaben sich sehr bald Differenzen mit der Gauleitung. Bei
Gauleiter Sprenger setzte sich die Überzeugung fest, dass die Gauwirtschaftskammer nicht ausreichend für die Durchdringung der Wirtschaft mit nationalsozialistischem Geist gesorgt habe.
In diesem Zusammenhang wurde S. im Juni 1941 zum Wirtschaftsstab Ost versetzt und zum Leiter der Abteilung „Gewerbliche Wirtschaft Ostland“ in Riga bestellt. Was er dort an Massenmorden an Juden erlebte, führte im Dezember 1941 zu einem psychischen und körperlichen Zusammenbruch, sodass er sich in verschiedene Sanatorien begab. Im Mai 1943 wurde er wegen dauernder Krankheit aus der Kriegsverwaltung entlassen. Aber die Tätigkeit in der Kammer konnte er nicht wieder aufnehmen. Alle Beobachter registrierten, wie die Einsicht der Unvereinbarkeit der nationalsozialistischen Praxis mit seinen ethischen Grundsätzen seiner Genesung im Wege stand. Einem Seelsorger vertraute er 1943 an: „Wir können den Krieg nicht mehr gewinnen, weil wir kein moralisches Recht dazu haben.“ S. starb knapp ein Jahr nach Kriegsende in der Klinik Dr. Amelung in Königstein.
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