Sohn des Kaufmanns und späteren Kursmaklers Alfred S. (1847-1911) und dessen Ehefrau Maria Pauline, geb. Nickelsberg (1860-1947). Verheiratet mit Isabella S., geb. Simon (1887-1970). Zwei Töchter.
Studium der Medizin in München, Heidelberg und Freiburg. 1907 Promotion mit einer Dissertation „Über Pseudoparalyse“ und 1908 Approbation in Freiburg. Assistenzarztzeit an Kinderkliniken in München, Ffm. und Wien. Niederlassung seit November 1911 als Kinderarzt und bald (erstmals lt. Adr. 1913) auch als praktischer Arzt in Ffm. Von März 1915 bis Dezember 1918 freiwilliger Kriegsdienst als Arzt im Ersten Weltkrieg; ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse. Rückkehr nach Ffm. und Wiederaufnahme seiner hiesigen ärztlichen Tätigkeit. Zusätzlich zu seiner Praxis in der Fellnerstraße 11 im südlichen Westend führte S. eine Poliklinik für Kinderkrankheiten im Haus der Kopfapotheke in der Braubachstraße 36/Ecke Neue Kräme (lt. Adr. 1913-33), wo er viele Kinder aus der Altstadt zu Patienten hatte. Gegen die Not der Altstadtkinder engagierte er sich auch ehrenamtlich auf vielfältige Weise, u. a. durch die Organisation von Weihnachtsbescherungen im Römer in Zusammenarbeit mit dem befreundeten
Fried Lübbecke. Mit besonderer ärztlicher Fürsorge kümmerte sich S. um frühgeborene Kinder. Wohl wenige Monate nach der nationalsozialistischen „Machtübernahme“, vermutlich mit Entzug der Kassenzulassung für jüdische Ärzte im April 1933, musste S. seine Poliklinik aufgeben. Zwar behielt er selbst aufgrund der Ausnahmeregelung für ehemalige „Frontkämpfer“ noch seine Kassenzulassung, doch er hatte die Poliklinik im Verbund mit fünf Kolleginnen und Kollegen betrieben, mit denen er sich die Räumlichkeiten in der ersten Etage des Hauses Braubachstraße 36 teilte. Außer S. hatten dort lt. Adr. 1933 Dr. Hofmann [d. i. wahrscheinlich der Chirurg Willy Hofmann (1887-1963)], Dr. Marum [d. i. der HNO-Arzt Arthur Marum (1883-1947)], Dr. med. H. Oppenheimer [d. i. wahrscheinlich der Gynäkologe Hermann Oppenheimer (1885-?)] und Dr. Weinberg [d. i. die Nervenärztin Irma Weinberg, später verh. Mendel (1891-1945)] ihre Polikliniken; dazu kam die Praxis des Zahnarztes Dr. Julius Saffran, die gerade erst aus der früher dort geführten zahnärztlichen Poliklinik von Dr. Flora Bondi hervorgegangen war. Alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte dürften jüdischer Herkunft und daher zum überwiegenden Teil vom Entzug der Kassenzulassung betroffen gewesen sein, so dass sie ihre Polikliniken schließen und damit auch die gemeinsamen Räumlichkeiten aufgeben mussten. Als Belegarzt am Clementine-Kinderhospital wurde S., ebenso wie seinem Kollegen
Hugo Hochschild (1893-1982), auch bereits 1933 aufgrund seiner jüdischen Herkunft gekündigt, obwohl er als ehemaliger „Frontkämpfer“ nach gültigem Recht des NS-Staats noch von einer Entlassung ausgenommen gewesen wäre. Angesichts der mehr und mehr verschärften staatlichen Restriktionen gegen jüdische Ärzte fasste S. nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze 1935 endgültig den Entschluss zur Auswanderung. Im Zuge der Veranlagung zur „Reichsfluchtsteuer“ wurde der Betrag von 25.000 Mark als „Sicherheitshypothek“ auf sein Grundstück Fellnerstraße 11 eingetragen und vom Finanzamt Ffm. eingezogen, wofür S. sein zuvor konfiszierter Pass zurückerstattet wurde. Zum 30.9.1936 gab S. seine Ffter Praxis auf, und im November 1936 emigrierte er mit seiner Frau und den beiden Töchtern nach Uruguay. Da er dort keine ärztliche Zulassung erhielt, arbeitete er wohl zunächst unentgeltlich am Krankenhaus Pereira Rossell in Montevideo. Seit 1947 war er als Beamter der Medizinischen Fakultät der Universität Montevideo tätig.
Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (bis zum Austritt am 13.1.1934).
Auf der Gedenktafel (1998) am Clementine Kinderhospital „zur Erinnerung an die jungen Patienten und die Ärzte dieses Krankenhauses, die in der Zeit des Nationalsozialismus Opfer von Euthanasie-Verbrechen oder der Judenverfolgung wurden“, ist auch der Name von Gustav S. genannt.
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