Die Namen der Eltern sind unbekannt. Der Vater hatte einen schlechten Ruf und verließ die Familie früh; die Mutter starb, als ihr Sohn sechs Jahre alt war. Der Junge wuchs in der Folge bei Verwandten auf.
B. wurde am 16.7.1950 in Ffm. unter Anschuldigung der homosexuellen Prostitution verhaftet und fungierte bei den anschließenden „Ffter Homosexuellenprozessen“ von 1950/51 als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft. Sein Lebensweg und seine wahre Identität liegen nach wie vor im Dunkeln. Offenbar war B. nicht sein bürgerlicher Name, und auch sein Geburtsdatum gilt nicht als gesichert. Folglich ist unbekannt, wie alt er bei seiner Verhaftung tatsächlich war. Die Ursachen für die Unklarheiten liegen einerseits in dem betrügerischen Rollenspiel begründet, das B. beherrschte, andererseits dürften konkrete Angaben zu seiner Person von den Behörden gezielt nicht an die Öffentlichkeit getragen worden sein.
Nach den bruchstückhaft vorliegenden und zum Teil widersprüchlichen Mitteilungen zu seinem Lebensweg besuchte B. vor 1945 mehrere Jahre lang die Nationalpolitische Erziehungsanstalt Oranienstein in Diez an der Lahn, eine der Eliteschulen zur Ausbildung von nationalsozialistischem „Führernachwuchs“. Wegen des unberechtigten Tragens von „Führerauszeichnungen“ soll ihm aber die weitere Kaderausbildung verweigert worden sein. In der unmittelbaren Nachkriegszeit betätigte er sich im Schwarzhandel, und seine „Karriere“ als „Strichjunge“ muss er bereits um 1947 begonnen haben. Seine sexuellen Dienstleistungen bot er nicht nur Männern, sondern auch Frauen an. Zugute kam ihm ein attraktives Äußeres; zudem soll er sich stets elegant gekleidet haben. Gleichwohl wurde er 1949 einmal wegen „Landstreicherei“ verhaftet. Durch seine „überlegene Intelligenz“ entzog sich B. dem Zugriff des Jugendamtes; er gab sich als Dolmetscher, Traktorführer, früherer Widerstandskämpfer und Angestellter der französischen Militärregierung aus und bediente sich so hochtrabender Namen wie „Baron Rolf Dieter von Rössing“ und „Rolf Dieter von Werder“. In Wirklichkeit arbeitete er wohl zeitweise in der Landwirtschaft, im Bergbau und als Kellner.
Wolfgang Lauinger (1918-2017), der im Zuge der „Ffter Homosexuellenprozesse“ um 1950 zeitgleich mit B. inhaftiert war, kannte ihn unter dem Namen „Rolf Werter“.
Nach seiner Verhaftung 1950 entwickelte sich B. für Staatsanwalt Fritz Thiede (1912-?) innerhalb kurzer Zeit zu einem „idealen“, weil gefügigen und präzisen Helfer bei der Inszenierung der Prozesswelle gegen mutmaßlich homosexuelle Männer, die heute als „früher Höhepunkt der antihomosexuellen Repression“ in der Bundesrepublik Deutschland gilt. 1950 und 1951 liefen in Ffm. etwa 240 polizeiliche Ermittlungen gegen 280 Personen, die der Homosexualität bezichtigt wurden. Es gab bis Januar 1951 ca. 100 Verhaftungen und 75 Anklagen. Insgesamt sollen über 700 mutmaßlich homosexuelle Männer vernommen worden sein. In homosexuellen Kreisen löste die Verfolgungswelle einen „Schock, der von Furcht, Entsetzen und Panik begleitet war“, aus. In der zeitgenössischen Presse war von mehreren Suiziden die Rede, und unter homosexuellen Männern kam es vielfach zu einem Rückzug ins Private. Um nicht in den Verdacht der Homosexualität zu geraten, gingen manche eine Ehe ein.
B. gestand in Vernehmungen über 200 homosexuelle Kontakte mit insgesamt 70 Freiern und ermöglichte damit mehrere Verhaftungswellen der Polizei. Wegen des ständigen Bedarfs seiner Person in den Ermittlungen und der folgenden Prozessserie wurde er nicht in ein Jugendgefängnis in Höchst oder Rockenberg verbracht, sondern blieb im nahegelegenen Gefängnis in Preungesheim inhaftiert. Der Journalist
Rudolf Eims hielt in der FR fest: „Polizeibeamte setzten sich mit dem Burschen ins Auto, sie fuhren durch Fft., und Blankenstein jagte nun in den Straßen nach Männern, die mit ihm und anderen angeblich in Verkehr gestanden hatten. Er (…) machte auch die Wohnung dieser Personen ausfindig.“ Die Beschuldigten wurden vernommen und erkennungsdienstlich behandelt. Die Fotografien, die man von den Männern anfertigte, wurden einem schon zuvor angelegten Polizeialbum einverleibt, in dem sich bereits Bilder von mindestens 300 angeblichen Ffter Homosexuellen befanden.
Die Öffentlichkeit erfuhr Anfang Oktober 1950 durch erste Presseartikel von den in Gang gesetzten polizeilichen Ermittlungen. Die eigentliche Prozessserie begann am 23.10.1950, und die erste Hauptverhandlung fand am 8.11.1950 in einer Art „Sonderkammer“ vor dem Ffter Schöffengericht unter Amtsgerichtsrat Kurt Ronimi (1909-1958) statt, bevor dieser im Folgemonat befördert und als Landgerichtsdirektor nach Hanau versetzt wurde. Seine „Sonderkammer“ wurde Ende 1950 aufgelöst, und Staatsanwalt Thiede wurde dazu gebracht, mehrere noch schwebende Fälle an andere Kollegen abzutreten. Die öffentliche Berichterstattung wandelte sich derweil schnell zugunsten der Angeklagten, indem die als Kronzeugen herangezogenen männlichen Prostituierten als unglaubwürdig dargestellt wurden. Genau dieses Schicksal widerfuhr auch B., der in rund 40 Verfahren als Zeuge auftrat. Nachdem am 15.1.1951 Anklage gegen ihn erhoben worden war, wurde er auf Antrag von Ffter Rechtsanwälten durch Ferdinand Wiethold (1893-1961), den Direktor des Instituts für gerichtliche und soziale Medizin der Ffter Universität, psychiatrisch untersucht. Wietholds Gutachten charakterisierte B. als perversen, amoralischen Lügner. Bevor es im Februar 1951 zur Hauptverhandlung gegen B. kam, forderte die Staatsanwaltschaft ein zweites Gutachten über B.s „Glaubwürdigkeit und charakterliche Artung“ an. Es wurde von Robert Ritter (1901-1951) und dessen Assistentin Eva Justin (1909-1966) von der Jugendsichtungsstelle des Ffter Stadtgesundheitsamts angefertigt. In dem 14-seitigen Gutachten, das heute nicht mehr zu existieren scheint, aber durch zeitgenössische Zeitungsartikel in Auszügen bekannt ist, wurde B. im Kern als „verlogen, geltungssüchtig, gemütslos sowie sexuell entartet“ beschrieben, was nicht zuletzt auch die Staatsanwaltschaft diskreditierte, nachdem B. in so vielen Verfahren als Zeuge gedient hatte. In der Ffter Presse hieß es damals: „Wenn das Wietholdsche Gutachten schon ein vernichtendes Zeugnis für die Glaubwürdigkeit des Zeugen Blankenstein bedeutet hat, sind die Formulierungen dieses zweiten Gutachtens noch eindeutiger ausgefallen.“
B. wurde am 15.2.1951 von Amtsgerichtsrat Karl Heinz Dreysel (1905-2000) in einer ganztägigen Jugendgerichtssitzung „wegen fortgesetzter gewerbsmäßiger Unzucht mit Männern“ zu zweieinhalb Jahren Jugendgefängnis verurteilt, wobei ihm nur vier der sieben in Untersuchungshaft verbrachten Monate angerechnet wurden. B. dürfte folglich erst im April 1953 aus der Haft entlassen worden sein. Die Haftstrafe, zu der er verurteilt wurde, war wohl die höchste überhaupt, die im Rahmen der „Ffter Homosexuellenprozesse“ ausgesprochen wurde. So wurde B. schließlich zum Opfer seiner eigenen Machenschaften. Mit seiner Verurteilung im Februar 1951 verlieren sich jegliche Spuren zu seinem weiteren Lebensweg.
Literarische und filmische Darstellungen: „Judasengel“ (Kriminalroman von Horst Tim Riethausen, 2015), „Das Ende des Schweigens“ (Film über die Ffter Homosexuellenprozesse, Regie: Van-Tien Hoang, 2020).
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