Sohn des Kaufmanns und Fabrikbesitzers Salomon N. (1833-1881) und dessen Ehefrau Julie, geb. Sabersky (1841-1927). Der berühmte Bakteriologe und Dermatologe Albert N. (1855-1916) war ein Cousin des Vaters. Maximilian N. hatte drei Geschwister, darunter den Bruder
Ernst Richard N. (1863-1942), der ebenfalls Mediziner und über Jahrzehnte als Chefarzt der Inneren Abteilung am Städtischen Krankenhaus Stettin tätig war. Verheiratet (seit 1901) mit
Emma Eleonore N., geb. Hallgarten (1878-1939), einer Tochter des Ffter Bankiers und Philanthropen
Charles Hallgarten (1838-1908). Drei Kinder: Elise Charlotte, gen.
Liselotte, N. (seit 1931 verh. Dieckmann, 1902-1994), Germanistin und Übersetzerin; Gerhard Ernst N. (1905-1984), Kaufmann, Manager;
Klaus Otto Alfred N. (1911-2003), Chemiker.
N. besuchte bis Ostern 1881 das Gymnasium seiner Heimatstadt Liegnitz, bevor er nach Berlin an das Joachimsthalsche Gymnasium wechselte, das er Ostern 1888 mit dem Reifezeugnis verließ. Er studierte ein Semester Naturwissenschaften, dann Medizin an den Universitäten in Freiburg und Berlin. Nachdem er 1893 in Freiburg sowohl das medizinische Staatsexamen erfolgreich absolviert als auch die Approbation erhalten hatte, promovierte er noch im selben Jahr bei Max Rubner (1854-1932) in Berlin mit einer Arbeit „Ueber einen neuen Wasser-Vibrio, der die Nitrosoindol-Reaction liefert“. Im Zentrum der Dissertation ging es um die Abgrenzung zwischen Choleravibrionen und dem von ihm entdeckten Wasser-Vibrio (Vibrio berolinensis).
Von 1894 bis 1899 arbeitete N. als Assistent von Carl Flügge (1847-1923) am Königlichen Hygiene-Institut der Universität Breslau. Hier beschäftigte er sich vorwiegend mit hygienisch-bakteriologischen Fragestellungen wie der Übertragung von Infektionserregern im Trinkwasser und der Differentialdiagnose des Diphtheriebazillus. Bevor er Breslau verließ, habilitierte er sich mit einer Arbeit „Über Luftstaub-Infection“ (1898). N. ging nach Ffm. zu
Paul Ehrlich, dessen Institut für Serumforschung und Serumprüfung gerade von Berlin nach Ffm. umgezogen war und als Königliches Institut für experimentelle Therapie fortgeführt wurde.
Nach zehn Jahren fruchtbarer Zusammenarbeit mit
Ehrlich wurde N., der 1901 zum Titularprofessor ernannt worden war, Direktor des neugegründeten städtischen Hygienischen Instituts in Ffm. (1909). Auf seine Initiative hin wurden in Ffm. systematische Untersuchungen auf Diphtherie, Typhus, Ruhr und Tuberkulose sowie regelmäßige Milch- und Wasserkontrollen eingeführt. 1905 war N. Mitbegründer des Ffter Vereins für Tuberkulosefürsorge. Im Zuge der Universitätsgründung erhielt N. 1914 das Ordinariat für die Fächer Hygiene und Bakteriologie, und das von ihm geleitete Hygienische Institut wurde zum Universitätsinstitut aufgewertet. Während des Ersten Weltkriegs diente N. als beratender Armeehygieniker. Nachdem er 1920/21 Dekan der Medizinischen Fakultät gewesen war, übernahm N. im Wintersemester 1921/22 für ein Jahr das Rektorat der Ffter Universität. Zu seinem Amtsantritt hielt er einen Vortrag über „Hygiene als biologische Wissenschaft“. Im Herbst 1922 holte er die Bakteriologin
Emmy Klieneberger-Nobel an sein Institut, die 1930 als erste Frau an der Universität Ffm. habilitiert wurde. 1932 wurde N. eingeladen, die Harben Lectures am Royal Institute of Public Health in London zu halten.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten stellte N., der zwar evangelisch getauft war, aber jüdische Eltern hatte, ein Emeritierungsgesuch – wohl auch, um einer Entlassung durch das neue Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zuvorzukommen. Er schrieb: „Ich bin der Rasse nach Volljude, dem Bekenntnisse nach protestantisch. Aber ich bin in erster Linie Deutscher (…).“ (Zit. nach: Dok. z. Gesch. d. Ffter Juden 1963, S. 70.) Am 25.4.1933 wurde N. mit sofortiger Wirkung von seinen Verpflichtungen an der Universität entbunden. Im Februar 1936 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte N. zurückgezogen in seinem Landhaus in (Königstein-)Falkenstein im Taunus. In einem Nachruf von John C. G. Ledingham (1875-1944) in der Zeitschrift „Nature“ heißt es: „There can be no doubt that Max Neisser was an unusually gifted and versatile occupant of the first Frankfort chair of hygiene, beloved of his students and ever ready to spend himself freely in furthering every project likely to raise the standard of public hygiene in the city of his adoption.“ („Zweifellos war Max Neisser ein außergewöhnlich begabter und vielseitiger Inhaber des ersten Ffter Lehrstuhls für Hygiene, beliebt bei seinen Studenten und immer bereit, sich freiwillig für die Förderung eines jeden Projekts einzusetzen, das geeignet schien, den Standard der öffentlichen Hygiene in seiner Wahlheimatstadt anzuheben.“)
Einige auf N. zurückgehende Entdeckungen haben Eingang in die Fachliteratur gefunden und wurden nach ihm benannt. Dies gilt etwa für die von ihm entwickelte mikrobiologische Färbetechnik zur Darstellung der Polkörperchen im Zytoplasma der Diphtheriebakterien (N.-Färbung). Weitere Beispiele sind der Befund, dass Immunserumüberschüsse die Antigen-Antiserum-Reaktion verdecken können (N.-Wechsberg-Phänomen), sowie ein biologischer Test zur Eiweißdifferenzierung, um verschiedene Blutarten unterscheiden zu können (N.-Sachs-Komplementbindungsreaktion).
Medizinische Veröffentlichungen (in Auswahl): „Zur Differentialdiagnose des Diphtheriebacillus“ (Aufsatz, 1897), „Ueber Luftstaub-Infection. Ein Beitrag zum Studium der Infectionswege“ (Aufsatz, 1898), „Ueber die Wirkungsart bactericider Sera“ (Aufsatz zusammen mit Friedrich Wechsberg, 1901), „Ein Verfahren zum forensischen Nachweis der Herkunft des Blutes“ (Aufsatz zusammen mit Hans Sachs, 1905), „Der Milzbrand“ (Aufsatz, 1919), „Hygiene als biologische Wissenschaft“ (1921), „Das flache Dach vom Standpunkte der Hygiene“ (in: Das Neue Fft., 1927) und „Hygienische Betrachtungen über die Wohnraumgröße in kleinsten Wohnungen“ (in: Das Neue Fft., 1929).
Städtische Ehrengrabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann J 1356 UG).
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 89,
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