Aus einer alteingesessenen Ffter Familie. Sohn des Maler- und Weißbindermeisters Karl K. (1875-1949).
Von 1913 bis 1923 Besuch der Liebig-Oberrealschule, abgeschlossen mit der Mittleren Reife. Von 1924 bis 1927 kaufmännische Lehre. Ab 1928 Berufstätigkeit als kaufmännischer Angestellter, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit aufgrund der wirtschaftlichen Depression. Angesichts dieser Erfahrung machte K. seine Hobbys – das Fotografieren und das Fußballspielen – mehr und mehr zum Beruf. Im Fußball war er als linker Läufer bis in die erste Mannschaft von Eintracht Fft. aufgestiegen (wohl bereits um 1925 und nachweislich bis 1928/29) und wechselte dann zu Germania Bieber. Als Fußballprofi ging er zunächst (1933/34) zum Racing Club in Straßburg, anschließend (1934/35) zu Union Sportive Luxemburg; in Luxemburg arbeitete er zudem halbtags in einem Fotobetrieb, um sich als Fotograf weiterzubilden. Ausweisung aus Luxemburg, da er in Deutschland weder rassisch noch politisch verfolgt wurde, und Rückkehr nach Ffm. Hier bekam K. 1936 eine Anstellung als Fotoassistent in der Bildagentur „Dr.
Paul Wolff &
Tritschler“, wo er zunächst ein Jahr lang als Fotolaborant arbeitete. Dann avancierte er zum persönlichen Assistenten des Firmenchefs
Paul Wolff, den er bei dessen Aufträgen für Fotokampagnen in der Industrie begleitete. Seit 1941 Kriegsdienst in Holland und Ostpreußen. 1945 Entlassung aus britischer Kriegsgefangenschaft. Zunächst (bis 1946) Weiterarbeit bei
Paul Wolff, dessen Firma infolge der Kriegszerstörung des Ffter Standorts damals in Braunfels ausgelagert war; daneben Beginn der freiberuflichen Tätigkeit als Bildjournalist. Im Sommer 1946 ließ sich K. als selbstständiger Fotograf in Ffm. nieder, spezialisierte sich auf Theater-, Porträt-, Mode- und Werbeaufnahmen, fotografierte für die städtische Pressestelle und für Ffter Zeitungen, u. a. die FR, und erweiterte sein Tätigkeitsgebiet schließlich auf die gesamte Bundesrepublik und Fotoreisen ins Ausland. Von spätestens 1959 bis 1972 konzentrierte er sich stark auf Auftragsarbeiten aus der deutschen Großindustrie (etwa auch von feinmechanischen, chemischen und pharmazeutischen Fabriken aus dem Rhein-Main-Gebiet), veröffentlichte nach eigenen Angaben mehr als 100 Firmenporträts in Form von Fotobüchern (wie Werbe- und Festschriften) und machte sich einen Namen als Spezialist für Industriereportagen. Ab 1972 fotografierte K. wieder hauptsächlich für Werbung und Theater, was er nie ganz aufgegeben hatte, sowie für das Presse- und Informationsamt der Stadt Ffm. Bis ins hohe Alter blieb er vor allem als Theaterfotograf tätig. Seinen sportlichen Abschied nahm K. in den Mannschaften der Eintracht-Alte Herren und der Ffter Sportpresse, in denen er noch mit über 50 Jahren in der Abwehr spielte.
K., der schon früh als Amateurfotograf begonnen und sich zunächst meist autodidaktisch weitergebildet hatte, bezeichnete
Paul Wolff als seinen „Lehrmeister“. Seit 1937 nahm
Wolff ihn als seinen Assistenten auf seine Fotoreisen im Rahmen von Aufträgen aus der Industrie mit. So begleitete K. auch die Entstehung von
Wolffs Buch „Im Kraftfeld von Rüsselsheim“ (Text: Heinrich Hauser, 1939/40), einem repräsentativen Unternehmensporträt des Automobilherstellers Opel und seiner Zulieferbetriebe, das als einer der ersten Industriebildbände in Farbe neue Maßstäbe setzte. Seine Aufgaben in der Zusammenarbeit mit
Wolff schilderte K. in seinen Erinnerungen an eine Tour im Jahr 1940, als sie im Auftrag des nationalsozialistischen Propagandaministeriums durch Deutschland, Österreich und Böhmen reisten, um „die gesamte Rüstungsindustrie“ in Farbe zu fotografieren: „Überall gab es einen großen Empfang mit Journalisten, allen Direktoren und Prokuristen, die uns während der ganzen Arbeit begleiteten, den Doktor [d. i.
Wolff] umringten und sich mit ihm unterhielten. Da wir einen genauen Zeitplan einhalten mußten, beeilte ich mich, das Objekt mit den Lampen auszuleuchten und die Kamera einzustellen.“ Wenn alles fertig gewesen sei, so K., sei „der Doktor“ an die Kamera gegangen und habe sie mehrmals ausgelöst. „Nach jedem Aufnahmetag“, schrieb K. weiter, „wurden die Filme von mir unter der Aufsicht von SS-Leuten entwickelt, waren sie dann trocken, wurden sie uns abgenommen und verschwanden in irgendwelchen Panzerschränken.“ (Klar: Meine Erinnerungen an Dr.
Paul Wolff [1978], S. 6f.)
Als sich K. kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Fotograf in Ffm. selbstständig machte, kamen ihm die bei
Wolff gesammelten Erfahrungen im Umgang mit der Kleinbildkamera Leica zugute, die ihm etwa bei Aufnahmen des Stadtgeschehens für die Presse ein schnelles Reagieren auf bewegte Motive ermöglichte. In der Industriefotografie bevorzugte K. zwar Schwarz-Weiß-Aufnahmen, orientierte sich aber in der Motivgestaltung zunächst deutlich an
Wolffs Vorbild: „Seine [d. i. K.s] Bilder zeigen meist einen Ausschnitt des Arbeitsgeschehens, der durch gezielte Beleuchtung aus seiner Umgebung gleichsam herausgeschält wird. In klaren Schwarzweißkontrasten treten Metallteile, Gesichter und Gerätschaften aus dem dunklen Hintergrund hervor; nicht abstrakte Strukturen, sondern ein bestimmtes Einzelteil will K. in seiner Präzision sichtbar machen.“ (Andreas Kilb in: FAZ, 2.4.1984.) Erst im Lauf der Fünfzigerjahre löste sich K. von dem Pathos, das mit der Akzentuierung auf einen einzelnen Arbeiter oder ein Objekt (etwa ein Maschinenteil oder das Werkstück) unter Ausblendung jeglichen industriellen Charakters des Produktionsprozesses verbunden war, und fand zu einer Versachlichung seiner Industriefotos.
Auf Lichtführung und Lichtwirkung legte K. auch in der Theaterfotografie besonderen Wert. In den ersten Nachkriegsjahren fotografierte er regelmäßig für die Städtischen Bühnen, insbesondere für das Schauspiel, von dem er viele der frühen Aufführungen im Börsensaal und auf der Freilichtbühne im Karmeliterkloster im Bild festhielt. Als Theaterfotograf arbeitete er außerdem für das 1947 unter der Leitung von
Fritz Rémond eingeweihte Kleine Theater im Zoo (seit 1975: Fritz-Rémond-Theater im Zoo), für das 1950 von Helmut Kollek eröffnete Theater am Roßmarkt und die 1963 daraus hervorgegangene „Komödie“ sowie für das 1971 von
Liesel Christ gegründete Volkstheater Fft., aber auch für kleinere Bühnen, wie z. B. das Zimmertheater im Ffter Kunstkabinett, das Intime Theater am Börsenplatz, das Kabarett „Die Schmiere“, das Ffter Kellertheater (später: „Die Katakombe“) und das Kabarett „Die Maininger“. K.s Theaterfotos, die breite Aufmerksamkeit durch die Verwendung in Schaukästen, Programmheften, Almanachen, Werbeschriften u. a. fanden, entsprachen dem Stil der Zeit: „Er [d. i. K.] bevorzugte zunächst Rollenporträts und gestellte Szenen, die als Standfotos, also nicht aus dem Spielablauf heraus, aufgenommen wurden (...). Die Szene ist sorgfältig arrangiert und bei meist dunklem Hintergrund penibel ausgeleuchtet, wodurch deutliche Hell-Dunkel-Kontraste entstehen. Sie bringen Spannung in die an sich statische Szene, die aber dadurch aufgelockert wird, daß die Schauspieler nicht mehr Atelierposen einnehmen, sondern Haltungen, die vom Bewegungsablauf der Inszenierung vorgegeben waren (...). Konsequent ausgeleuchtete Rollenporträts blieben bei den Schauspielern sehr beliebt, und sie stellten sich nach der Fotoprobe, während der die Fotografen vom Platz aus das Bühnengeschehen ablichten konnten, gerne für Detailaufnahmen zur Verfügung.“ [Tobias Picard in: AFGK 67 (2001), S. 108f.] Auch K. konnte im Rahmen seiner Theaterarbeit zahlreiche, oft sehr prominente Schauspielerinnen und Schauspieler porträtieren. Im Laufe der 40 Jahre, in denen er das Ffter Bühnengeschehen dokumentierte, zeigte sich in seinen Theateraufnahmen allmählich eine gewisse Auflockerung („Entdramatisierung“) des Stils, etwa unter Zurücknahme der Hell-Dunkel-Kontraste zugunsten der Ansicht des Bühnenbilds (vgl. ebd., S. 110). Gerade in der Arbeit für das Fritz-Rémond-Theater im Zoo (bis 1987) und das Volkstheater Fft. (bis 1990) blieb K. jedoch bis zuletzt bei dem Prinzip der sorgfältig ausgeleuchteten Standfotos von nachgestellten Szenenbildern.
Erst 1984, durch seine Ausstellung „Zeitgeschichte durch die Kamera. Fotos 1932-1984“ in der Galerie Brieke in Ffm., rückte K. als Fotograf von Motiven aus dem Ffter Stadtbild und -geschehen in den Blickpunkt. Besonders bemerkenswert sind seine Aufnahmen aus den ersten Nachkriegsjahren, die die zerstörte Stadt unter dem Zeichen des beginnenden Wiederaufbaus zeigen. Dabei setzte K. den Akzent stets auf Hoffnung und Neuanfang, bevorzugte bei der Motivwahl „Stationen des Wiederbeginns: erster Weihnachtsmarkt 1945, erste Modenschau 1946, erste Goethepreisverleihung und erste Messe 1948, erste Buchmesse 1949, Schwarzmarkthandel vor der Währungsreform und gefüllte Warenlager danach“ [Tobias Picard in: AFGK 67 (2001), S. 119]. Als er fotografierte, wie deutsche Wirtschaftsexperten abgeschirmt in die Bank deutscher Länder gingen, um über die letzten Schritte zur Währungsreform zu beraten, wurde er noch vor dem Gebäude verhaftet und erst ein paar Tage später wieder freigelassen, nachdem die Währungsreform am 20.6.1948 in Kraft getreten war; damals stand das Fotografieren in der Öffentlichkeit noch unter der Kontrolle der Besatzungsmächte. Mit der Konzentration auf Aufträge aus der Wirtschaft nahm K. das Ffter Stadtbild nur noch nebenbei auf, etwa wenn er die Trümmerverwertungsgesellschaft (1951), den Flughafen (ab 1952), die Bundesbank (1954), die U-Bahn (1968/74) und die Hafenanlagen (1976) fotografierte. Im Bestand des ISG sind etwa 600 Firmenfotos von K. enthalten, darunter Fotoserien von Ffter Unternehmen verschiedenster Branchen in Industrie, Handel und Dienstleistungssektor, u. a. „Deutsche Kleiderwerke“ (1949), Ffter Allgemeine Zeitung (1957), „Telefonbau und Normalzeit“ (1958-59), Hotel „Ffter Hof“ (1959), „Henninger-Bräu“ (1959-61), „Diskus-Werke“ (Schleifmaschinen, 1960), „Voigt & Haeffner“ (Starkstromapparate, 1961), „Latscha“ (Lebensmittelkette, 1963-74), städtische Betriebe (1968-74) und „Adlerwerke“ (1969). Firmenschriften von Ffter Unternehmen mit Fotografien von K. sind nachgewiesen für „Fritz Voltz Sohn Apparatebau“ (1958), die Pharmagroßhandlung „Andreae-Noris Zahn Aktiengesellschaft“ (1966) und die „Emda Fabrik elektro-medizinischer und dentaler Apparate Georg Hartmann“ (1969). Eine der letzten stadtdokumentarischen Arbeiten von K. ist eine im ISG überlieferte Serie von Aufnahmen aus der Innenstadt aus dem Jahr 1984, die in geschickter Motivwahl den Wandel Fft.s von der „unregierbaren Stadt“ zur urbanen Metropole illustriert.
Seit 1952 Mitglied in der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner GDL. Teilnahme und Auszeichnungen bei Ausstellungen der GDL und von Pressefotografen im In- und Ausland, u. a. in Wiesbaden (Theaterphoto-Schau, 1952), Luzern (Weltausstellung der Photographie, 1952), Ffm. („Meisterfotos 1955“ der GDL in der Paulskirche, 1955), Südamerika und Hongkong, sowie ab 1950 bei der „photokina“ in Köln, wo er zweimal eine Plakette errang, erstmals 1951 für eine Fotografie von Josephine Baker (1906-1975) nach ihrem Auftritt im Althoff-Bau im Zoo in Ffm. im September 1950.
Der Sohn Dieter K. (* 1937) ist ausgebildeter Fotograf, arbeitete als Fotojournalist und seit 1985 als Fernsehproduzent. Auch dessen Sohn Reto K. (* 1967) wurde Fotograf und lebt als Fotoreporter in Berlin. Aus dem von Dieter K. herausgegebenen Bildband „Deutschland 1945-1995. Fünfzig deutsche Jahre gesehen von drei Generationen“ (1996) mit Fotografien von Willi, Dieter und Reto K. gingen die Wanderausstellung „Deutschland seit 1945“, die das Goethe-Institut von 1997 bis 2003 weltweit zeigte, und die Ausstellung „Klar-Sichten. Fotos aus drei Generationen 1945-1999“ des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn 1999 hervor.
Dieter K. leitet das „Archiv Klar“ in Buxtehude, das auch den fotografischen Nachlass des Vaters umfasst. Das ISG in Ffm. besitzt einen Bestand von etwa 3.000 Fotografien (Theater-, Industrie- und Stadtbildaufnahmen) von Willi K., die um 1984/85 aus dem Gesamtarchiv des Fotografen ausgewählt und neu vergrößert wurden.
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