Aus einer Theaterfamilie. Sohn des Schauspielers, Opernsängers und späteren Kölner Intendanten Fritz R. (eigentl.: Heinemann; 1864-1936).
Erste Engagements als Schauspieler in Düsseldorf und Berlin, u. a. bei Max Reinhardt, später u. a. in Osnabrück (1934-37). Folgende Verpflichtungen als Regisseur und Schauspieler in Stettin (1937-40), Krakau (1940/41) und schließlich am Deutschen Theater in Prag (1941-44). Kriegseinsatz. Bei Kriegsende 1945 Gründung und Leitung des eigenen Wandertheaters „Der Thespiskarren” in Bad Tölz. Noch 1945 kam R. nach Ffm. und inszenierte hier
Thornton Wilders „Unsere kleine Stadt” für die Städtischen Bühnen. In der Premiere des Stücks am 19.1.1946 im Börsensaal debütierte er in der Rolle des Spielleiters als Schauspieler in Ffm. Bei den Städtischen Bühnen konnte R., trotz mindestens eines weiteren Stückvertrags als Regisseur, nicht reüssieren. Auch mit der Bewerbung um die dortige Generalintendanz 1950 war er nicht erfolgreich; Theaterdeputation und Magistrat entschieden sich damals für
Harry Buckwitz.
Am 4.1.1947 eröffnete R. mit seiner Inszenierung von Strindbergs „Rausch”, in der er selbst die Hauptrolle spielte, das „Kleine Theater im Zoo” in Ffm., das auf maßgebliche Initiative des Zoodirektors
Bernhard Grzimek entstanden sein soll. Unter der Direktion von R., der „sein” Theater auch durch sein dortiges Wirken als Regisseur und Schauspieler prägte, wurde das „Zoo-Theater” schnell zu einem Begriff im Ffter Kulturleben der Nachkriegsjahre. Insbesondere bewährte sich R.s Spielplankonzeption, die eine gelungene Mischung zwischen literarisch ambitioniertem und gehoben unterhaltsamem Theater darstellte und vor allem in den ersten Jahren zahlreiche Uraufführungen und deutsche Erstaufführungen bot. Neben Lustspielen, darunter Komödien von Curt Goetz (seinem Vetter), brachte R. Werke klassischer und zeitgenössischer Autoren zur Aufführung, darunter Wedekinds „Erdgeist” (1947),
Nebhuts „Der Stundenhändler” (Uraufführung, 1948), Gorkis „Nachtasyl” (1948), Molnars „Panoptikum” (Uraufführung, 1949) und Feuchtwangers „Der Teufel in Boston” (Uraufführung, 1949).
1949 wurde unter R.s Leitung auch in dem von
Hanna Bekker vom Rath zur Verfügung gestellten „Zimmertheater” im Ffter Kunstkabinett gespielt. Mit seiner Inszenierung von
Schillers „Kabale und Liebe” eröffnete R. außerdem am 7.3.1950 das „Intime Theater” am Börsenplatz, das bis 1956 unter seiner Direktion bestand. In diesen Jahren brachte R. u. a. Stücke von Shaw, Williams, Shakespeare, Molière, Lessing, Cocteau, Georg Kaiser,
Rössler, Lope de Vega, Anouilh,
Zuckmayer,
Wilder, Niebergall, Beckett, Pirandello, Giraudoux, Frisch und Sternheim.
Nach einer längeren Spielpause infolge der Renovierung des Zoo-Gesellschaftshauses wurde das „Kleine Theater im Zoo” am 23.7.1956 wiedereröffnet. R. blieb bei seinem bewährten Konzept und setzte im folgenden Jahrzehnt u. a. Hasek, Thoma, Wittlinger,
Gogol, Mrozek, Dürrenmatt, Brecht, Osborne, Sartre, Bahr, Hasenclever, Ustinow, Horvath, Dorst,
Hauptmann und O’Neill neu auf seinen Spielplan. Auch zeigte er den Mut zum Experiment, u. a. mit der deutschen Erstaufführung des Stückes „Telemachos Clay” von Lewis John Carlino (6.10.1965), doch im allgemeinen musste R. im Hinblick auf die finanzielle Lage seines Privattheaters besondere Rücksicht auf den Geschmack des breiten Publikums nehmen. Schon in den Fünfzigerjahren hatte er daher öffentliche Diskussionen zum Spielplan veranstaltet, um die Besucher direkt in die Theaterkonzeption einzubeziehen. Um die Mitte der Sechzigerjahre, nachdem die Städtischen Bühnen, die Landesbühne Rhein-Main (mit dem Theater am Turm) und die Komödie neue Häuser im Stadtzentrum erhalten hatten, musste R. noch härter um die Existenz seines Theaters kämpfen. Vor der Premiere zu Molnars „Eins zwei drei” am 3.5.1966 trat er vor den Vorhang und erklärte, dass die 20. Spielzeit 1966/67 die letzte des „Kleinen Theaters im Zoo” sein würde. Erst nach Zugeständnissen der Stadt in Bezug auf Saalrenovierung und Subventionierung entschloss er sich, sein Theater doch nicht zu schließen. So konnte R. in der 25. Spielzeit des „Kleinen Theaters im Zoo” 1971 sein 25. Ffter Bühnenjubiläum in der Titelrolle von Anouilhs „Minister Barnett” (in deutscher Erstaufführung) und als Vizekönig von Peru in Mérimées „Die Sakramentskarosse” feiern.
In den letzten Jahren seiner Direktion wurde dem Prinzipal von der Kritik zunehmend vorgeworfen, dass er angesichts der finanziellen Schwierigkeiten des Theaters den Spielplan mit Rücksicht auf den Publikumsgeschmack zu sehr verflachen ließe. Insbesondere setzte R. verstärkt auf Stargastspiele, um finanzielle Defizite auszugleichen. Neben vielen Stargästen und zahlreichen Stammschauspielern, die er allerdings nie im festen Engagement, sondern immer nur mit Stückverträgen an sein ensembleloses Haus band, holte der Direktor auch oft Anfänger an das „Zoo-Theater”. Frei nach Boleslaw Barlog hieß es sogar, dass „jeder junge Schauspieler einmal bei R. gespielt haben sollte”. Bis 1966 hatten 25 Regisseure am „Zoo-Theater” inszeniert und rund 500 Schauspieler dort auf der Bühne gestanden, darunter Lotte Barthel,
Liesel Christ,
Sophie Cossäus,
Mathilde Einzig,
Sofie Engelke, Hannelore Hinkel, Anaid Iplicjan, Ursula Köllner, Brigitte König,
Maria Madlen Madsen, Martha Marbo, Irene Marhold, Louise Martini, Gaby Reichardt, Sybille Schmitz, Anna Teluren, Luise Ullrich, Giselle Vesco, Grethe Weiser,
Ilse Werner, Hannelore Zeppenfeld,
Leopold Biberti, Wolfgang Bieger, Willy Birgel, Uwe Dallmeier, René Deltgen, Thomas Fabian [d. i. Reinhart Müller-Freienfels], Boy Gobert, Martin Held, Claus Helmer, Martin Jente,
Wolfgang Kaus, Hans-Joachim Kulenkampff, Hanns Lothar,
Karl Hans Meuser, Richard Münch, Willy Reichert, Heinz Rühmann, Johannes Schauer, Just Scheu,
Christian Schmieder, Friedrich Schoenfelder, Joost Siedhoff, Otto Stern, Gerd Vespermann, Carlos Werner, Egon Zehlen.
Als Prinzipal vom alten Schlag war R. der Alleinherrscher in seinem Theater. In seiner Funktion als Direktor und Regisseur hat er „es immer verstanden, auf der kleinen Bühne auch Zeichen zu setzen, wenngleich das große Zeichen der Erzkomödiant R. selbst [blieb]” (
Heinrich Heym). Der leidenschaftliche Schauspieler brillierte besonders in den Rollen der Komödianten und Heuchler, als Molière,
Napoleon, der Geizige und der Dorfrichter Adam. Der Theaterdirektor Emmanuel Striese in Schönthans „Der Raub der Sabinerinnen” war eine seiner liebsten und seine letzte Rolle. Günther Rühle schrieb R. in der FAZ vom 4.4.1976 ein „Nachwort zu seinem Leben”: „Fritz R. war ein Mime. Mimen spielen, im Gegensatz zu modernen Schauspielern, ungeschützt durch Regie. Er unterschied sich von den straffen, fixen Schauspielern heutigen Schlages dadurch, daß in den tiefen Furchen seines fleischigen Gesichts die Tragödien und die Komödien der Weltliteratur versteckt schienen. Aus seinen wäßrigen Augen konnte der Blitz zucken, der ganze fragenstellende Jammer der Kreatur sich herausdrängen. (...) R.s Lehrsatz war einfach: Theater ist Theater, also das, was seit altersher ist. Die Folgerung hieß: Spielt, was rührt, was lachen und heulen macht. (...) Er hatte nichts übrig für Theoreme des Theaters. (...) Sein Haus wurde ein Haus der Zuflucht der Gefühle. Man sah hier Glanz und Elend des Mimus. Immer war R. selbst das Zentrum, soviel Regisseure und Stücke er auch um sich versammelte. Er zeigte bis zur Chuzpe die Pracht seiner Techniken. Er liebte die Improvisation. Ein Urtier des Theaters. (...) Er riß gern die unsichtbaren Figuren der Phantasie aus ihrem Schlaf heraus. Er war abhängig von ihnen. – Das machte den Mimen. – Es gibt keinen mehr wie ihn.”
R. war auch als Regisseur und Darsteller aus Film, Funk und Fernsehen bekannt.
Am 25.1.1971 Ehrenplakette der Stadt Ffm. 1971 Großes Bundesverdienstkreuz.
Ölporträt (von
Ferry Ahrlé, 1966) und Bronzebüste (von Margot Wagner, 1977) im Foyer des Fritz-R.-Theaters im Zoo.
Die Leitung des „Zoo-Theaters”, das seit 1975 offiziell „Fritz-R.-Theater im Zoo” hieß, hatte R. bereits kurz vor seinem Tod, zur Spielzeit 1975/76, an seinen langjährigen Bühnenbildner und Geschäftsführer
Lothar Baumgarten abgegeben. Das Theater, zuletzt (seit 1995) unter der Direktion von Claus Helmer (* 1944), setzte R.s Tradition bis zur Schließung im Mai 2023 fort.
Zu R.s 10. Todestag 1986 erinnerte das Fritz-R.-Theater im Zoo mit einer Gedenkmatinee an seinen Gründer.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 189-191,
(redigierte Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon).