Sohn von Rudolf M. (1870-1955), seit 1910 Oberlandesgerichtsrat in Ffm., seit 1918 Landgerichtspräsident in Münster, und dessen Ehefrau Auguste, geb. Schlüter (1871-1960), Malerin. Zwei Brüder: Clemens M. (1906-1998), Mitbegründer der „Ffter Hefte“ (1946), späterer Chefredakteur (1949-54) und erster Fernsehdirektor (1954-71) des Bayerischen Rundfunks, und Ludwig M. (1915-1990), Priester. Verheiratet (seit 1944) mit der Kieferorthopädin Dr. Lilly M., geb. Curtius (1912-2010), die einer alten Arztfamilie aus Augsburg entstammte und Nichte des Archäologen und Publizisten Ludwig Curtius (1874-1954) war. Drei Söhne: Johannes (* 1940; von Lilly Curtius mit in die Ehe gebracht), Thomas (1948-2015), Journalist, und Nikolaus M. (* 1951), Journalist.
Die Familie hatte schon früh auch einen Bezug zu Ffm. Der Urgroßvater mütterlicherseits gehörte zu den Abgeordneten der Deutschen Nationalversammlung 1848/49 in der Paulskirche. Der Großvater väterlicherseits war Reserveoffizier in der preußischen Armee und befehligte in Ffm. die Mannschaft der Hauptwache.
M. verbrachte seine Kindheit in Oberursel und wesentliche Jahre seiner Jugend in Münster. Dort organisierte er als führender Kopf 1934/35 eine Widerstandsgruppe. 1935 wurde er verhaftet und zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Gefangenschaft drohte ihm wegen einer Epilepsie-Erkrankung die Sterilisation, die dann aber doch abgewendet wurde. Unter schwierigsten Bedingungen eignete er sich während der Haft das Wissen eines vollständigen Chemie-Studiums an. Er spezialisierte sich so weit auf ein bestimmtes Forschungsgebiet, dass er unmittelbar nach seiner Entlassung einen Aufsatz veröffentlichen konnte („Zur Theorie der Lösungen hochpolymerer Substanzen“ in: Kolloid-Zeitschrift, 1943), der in der Fachwelt Aufsehen erregte. Aufgrund seiner wissenschaftlichen Qualifikation wurde M. zum Ende der Haftzeit vom Reichführer SS Heinrich Himmler (1900-1945) begnadigt, um in einem „Institut für Therapieforschung der Tuberkulose“ in Ffm. zu arbeiten. In Ffm. widmete er sich außer seinem Beruf dem Kulturleben und dem Klavierspiel. Er nahm Unterricht bei
Emma Lübbecke-Job, die in den Zwanzigerjahren eine international gefragte Pianistin, Kammermusikpartnerin von
Paul Hindemith und Interpretin von dessen Werken gewesen war. In dieser Zeit lernte M. die Kieferorthopädin Lilly Curtius kennen. Ab Januar 1944 war M. zur militärischen Ausbildung im Bewährungsbataillon 999 in Baumholder eingezogen. Am Tag nach den schweren Bombenangriffen auf die Ffter Altstadt im März 1944 heirateten er und Lilly Curtius in den rauchenden Trümmern. Im Sommer 1944 wurde M.s Einheit nach Griechenland verlegt. Der Rückzug gegen Ende des Jahres über Mazedonien und Serbien fand unter schweren Strapazen statt.
Im Juni 1945 nach Ffm. zurückgekehrt, absolvierte M. die akademischen Grade im Rekordtempo: 1947 Diplom-Examen und Promotion an der Universität Heidelberg, 1949 Habilitation an der Universität Ffm. mit einer Schrift „Über die statistische Thermodynamik binärer flüssiger Gemische“. Gedanken, wegen der besseren Arbeitsmöglichkeiten für Wissenschaftler in die USA auszuwandern, verwarf er. Stattdessen erhielt er 1948 ein Forschungsstipendium der „Leibniz-Stiftung für Kunst und Wissenschaft“ an der Universität Marburg. Mit der Währungsreform stellte die Stiftung ihre Zahlungen ein. M. fand jedoch rasch eine Anschlussanstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungslabor der Zellstoff-Fabrik Waldhof in Mannheim. Von 1951 bis 1957 leitete er das Metall-Laboratorium der Metallgesellschaft in Ffm. Nach der Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der Ffter Universität (1953) und mehreren Gastprofessuren wurde M. 1962 zum ordentlichen Professor und 1963 zum Direktor des neu gegründeten Instituts für Theoretisch-Physikalische Chemie an der Universität Ffm. ernannt, was er bis zu seiner Emeritierung 1977 blieb.
Die wissenschaftliche Arbeit von M. fand auch im Ausland große Beachtung. 1951 hielt er Gastvorlesungen und Kongress-Vorträge in den USA, und in den folgenden Jahren hatte er Gastprofessuren in Straßburg, an der Sorbonne in Paris und an der University of Indiana in Bloomington (USA). Neben zahlreichen originären Beiträgen zur statistischen Physik bestand sein wissenschaftliches Lebenswerk vor allem in der Monographie „Statistische Thermodynamik“, die von der ersten Auflage 1956 mit 852 Seiten bis zum Jahr 1974 auf ein zweibändiges Werk mit 1.549 Seiten anwuchs. Auch durch seine Vorträge und Gastprofessuren in Frankreich war M. stark frankophil geprägt. Er engagierte sich in der Deutsch-Französischen Gesellschaft in Ffm. und war von 1971 bis 1978 deren Vorsitzender.
Nach seiner Emeritierung beschäftigte sich der leidenschaftliche Musiker und Pianist mit Beethovens Diabelli-Variationen und publizierte eine wissenschaftliche Untersuchung dieses rätselhaften Spätwerks des Komponisten („Studien zu Beethovens Diabelli-Variationen“, 1982). Die renommierte Musikjournalistin Eleonore Büning wertete diese Schrift als bahnbrechende Analyse. In seinen letzten Lebensjahren befasste sich M. mit dem Einfluss Dantes auf
Goethes „Faust II“ und veröffentlichte auch darüber eine Schrift („Über
Goethes Verhältnis zu Dante“, 1990).
Weitere Schriften: „Statistische Thermodynamik hochpolymerer Lösungen“ und „Löslichkeit und Quellung“ [in: Herbert A. Stuart (Hg.): Die Physik der Hochpolymeren, Bd. 2, 1953], „Statistische Thermodynamik“ (1956, 2. Aufl. in engl. Sprache u. d. T. „Statistical Thermodynamics“, 2 Bde., 1969/74), „Zur Theorie der Einstein-Kondensation“ (in: Zeitschrift für Physik, 1956), „Prinzipien der Statistischen Mechanik“ (in: Handbuch der Physik, Bd. 3/2, 1959), „Statistische Thermodynamik kondensierter Phasen“ (in: Handbuch der Physik, Bd. 13, 1962), „Thermodynamique des processus irréversibles“ (1966), „Chemische Thermodynamik“ (1969, engl. Ausgabe u. d. T. „Classical Thermodynamics”, 1970) u. a.
1958 Medaille der Freien Universität Brüssel. 1979 französischer Verdienstorden Chevalier de la Légion d’Honneur.
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