Sohn von
Hermann Heinrich M. (1855-1926), Direktor der Deutschen Bank, und dessen Ehefrau
Cäcilia (auch: Cäcilie) Minna, geb. Scheyer (1867-1922). Älterer Bruder des Rechtsanwalts Max Hermann M.
Besuch des Lessing-Gymnasiums in Ffm. 1907 Abitur. Studium der Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Freiburg, Berlin, München und Marburg. Im Frühjahr 1914 Promotion in Marburg mit der Dissertation über „Die geistesgeschichtlichen Grundlagen der konstitutionellen Theorie“. Bereits als Student hatte sich M. der liberalen Studentenverbindung „Deutsch-Akademischer Freibund“ und der Süddeutschen Volkspartei angeschlossen. Schon damals engagierte er sich in der Arbeiterbildung. 1909, nach dem Rücktritt des Reichskanzlers von Bülow, hatte er erste öffentliche Wahlreden für die Freisinnige Volkspartei gehalten. Während seines Referendariats lernte M. über die Wanderjugendbewegung
Anna Maria Graetz (1890-1937) kennen; sie war Kindergärtnerin und Sozialarbeiterin, ausgebildet bei
Ella Schwarz in Ffm. und Alice Salomon in Berlin. M. und sein „Annchen“ heirateten kurz nach Kriegsbeginn im August 1914. Die Kinder Hanna, Heinrich und Margarethe wurden 1915, 1918 und 1921 geboren.
Im Ersten Weltkrieg wegen eines Nierenleidens als kriegsuntauglich erklärt, trat M. 1915 eine – zunächst unbesoldete – Stelle beim Armenamt der Stadt Ffm. an. Unter Stadtrat
Hermann Luppe befasste er sich mit der kommunalen Sozialpolitik; er galt im Magistrat als „der kleine Luppe“. 1916 begann er seine Lehrtätigkeit am Frauenseminar für soziale Berufsarbeit. Zwei Jahre später erarbeitete er die Vorlage für die Errichtung des Ffter Wohlfahrtsamts, das Ende 1918 in Funktion trat. Im Herbst des ersten Friedensjahres wurde M. in den Hauptausschuss des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge gewählt und spielte hier in den 1920er Jahren eine wichtige Rolle. Politisch hatte er sich schon während des Krieges von der Monarchie abgewandt und war Republikaner geworden. Zunächst der DDP verbunden, wechselte er nach deren Rechtsruck 1922 zur SPD und schloss sich der Arbeiterwohlfahrt an; er entwickelte sich zu einem ihrer führenden theoretischen Köpfe, Autoren und Dozenten. Inzwischen Leiter des Ffter Wohlfahrtsamts, wechselte M. 1924 nach Dresden, wo er eine leitende Position (zunächst als Oberregierungsrat, dann als Ministerialrat) im Sächsischen Arbeits- und Wohlfahrtsministerium übernahm. Zugleich, noch immer den Ideen der Jugendbewegung verbunden, war er Vorsitzender des Deutschen Jugendherbergswerks im Gau Sachsen.
Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus fand M. sich Anfeindungen, Intrigen und sogar Prozessen ausgesetzt, wobei er das Ansinnen, „freiwillig“ von seinem Amt zurückzutreten, auf Empfehlung der SPD-Fraktion ablehnte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verließ er im März 1933 zermürbt Dresden in Richtung Ffm. und erfuhr am nächsten Tag von seiner zwangsweisen Beurlaubung. Bei einer brutalen Hausdurchsuchung seines Dresdner Heims durch SA-Männer war er glücklicherweise nicht mehr anwesend, so dass er einer Verhaftung entging. Von den Nazis seiner Pension beraubt, lebte M. fast vier Jahre lang beinahe ohne Einkommen, bis er 1937 eine kleine wissenschaftliche Beschäftigung am Reichsarchiv-Abteilung Ffm. übernehmen konnte. In dieser Zeit hielt er noch engen Kontakt zu Persönlichkeiten der AWO und der SPD, so mit Lotte Lemke,
Toni Sender, Hedwig Wachenheim und anderen ehemaligen (sozial-)politischen Weggefährten.
Nach mehreren Gerichtsverfahren wurden M. und sein Dresdner Vorgesetzter letztlich vom Vorwurf der Verschwendung öffentlicher Gelder rehabilitiert. Doch als M.s geliebte Frau im August 1937 überraschend starb, geriet er in eine seelische Krise. Ein Aufenthalt bei Freunden in der Schweiz, eine gemeinsame Reise ans Mittelmeer konnten ihn nicht stärken. Kurz vor Weihnachten 1937 nahm M. sich das Leben. In letzten Aufzeichnungen hat er notiert: „Gegen das von grausamen Gesetzen regierte Leben bleibt der Willensfreiheit des Menschen eine einzige Waffe: das Gegenteil vom Leben, die Zerstörung des Lebens selbst, der teure Tod.“ An seinem Grab sprach, argwöhnisch beobachtet (und später deswegen verhört), sein ehemaliger Vorgesetzter und Mentor
Hermann Luppe.
Zahlreiche Fachaufsätze und -artikel, vor allem in den „Ffter Wohlfahrtsblättern“ (FWBl) und in der Zeitschrift „Arbeiterwohlfahrt“ (AW), u. a. „Demokratie und Wohlfahrtspflege“ (in: Die Hilfe, 5.2.1921), „Von deutscher Not“ (in: FWBl, Okt. 1921), „Sozialrentnerfürsorge“ (in: FWBl, 10.1.1922), „Gefährdetenfürsorge“ (in: FWBl, Juni 1922), „Öffentliche Fürsorge und Winternot“ (in: FWBl, Nov. 1922), „
Karl Flesch’s soziales Vermächtnis“ (als Herausgeber, 1922), „Ruhreinmarsch und soziale Fürsorge“ (in: FWBl, Febr./März 1923), „Chronik der öffentlichen Armen- und Wohlfahrtspflege in Ffm.“ (in: FWBl, April 1923), „Wohlfahrtspflege und Sparpolitik“ (in: FWBl, Okt. 1923 bis März 1924), „Immanuel Kant und die soziale Reform“ (in: Soziale Praxis und Archiv für Volkswohlfahrt, 4.5.1924), „Der wohlfahrtspflegerische Gehalt des Entwurfs eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuches“ (in: Soziale Praxis und Archiv für Volkswohlfahrt, März 1925), „Brauchen wir noch Fürsorgeerziehung?“ (in: AW 5/1926), „Soziale Lehrstühle an Universitäten“ (in: AW 2/1927), „Ausbildung zu sozialen Berufen“ (in: AW 9/1927), „Wirtschaft und Wohlfahrtspflege“ (in: AW, März 1928), „Altersversorgung“ (in: AW, Febr. 1929), „Gegenwartsfragen des Fürsorgerechts“ (Lehrbuch, 1930), „Sparmöglichkeiten der gemeindlichen Wohlfahrtspflege“ (in: AW, Juni 1931), „Die Wohlfahrtspflege im Notwinter 1931-32“ (in: AW, März 1932), „Fürsorgerechtliche Behandlung der Ausländer“ (in: AW, Aug. 1932) und „Der Pauperismus und seine Überwindung“ (in: AW, März 1933).
Autobiographische Aufzeichnungen (1937; hg. v. Dieter u. Hanna Eckhardt, 2020).
Seit 17.5.2015 Stolperstein für M. vor seiner letzten Wohnung im Fuchshohl 27 in Ginnheim. Ehrengrabstätte auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann XIV Urnenhain 521).
Die drei Kinder aus der Ehe von Hans und Anna M. wurden ins Ausland gerettet und konnten eigene Familien gründen. Zahlreiche Nachfahren leben in den USA.
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