Sohn des Rabbiners Dr. phil. Moritz S. (1844-1929), der zunächst in Kulm, seit 1886 in Erfurt Gemeinderabbiner war.
Schulzeit in Erfurt. Seit 1901 Universitätsstudium der Philologie (deutsche Literatur, semitische Sprachen, griechische Geschichte) und Philosophie in Berlin und Heidelberg, abgeschlossen mit der Promotion („Die Salomo-Saga in der semitischen Literatur”, Phil. Diss., 1908). Zugleich Studium an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, abgeschlossen mit dem Rabbinatsexamen (1909). Auf Einladung der Israelitischen Gemeinde Ffm., die sich angesichts der Errichtung einer neuen liberalen Synagoge (der am 28.9.1910 eingeweihten Westendsynagoge) zur Anstellung eines dritten liberalen Rabbiners neben Arnold Lazarus und
Caesar Seligmann entschlossen hatte, hielt S. kurz nach seinem Examen eine Probepredigt sowie eine Probelektion am Philanthropin, die erfolgreich verliefen. Weitere Angebote aus München und Oppeln lehnte er ab. Seit 30.6.1910 wirkte S. als Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Ffm. an der Hauptsynagoge und der Westendsynagoge sowie als Religionslehrer u. a. am Philanthropin. Von 1914 bis 1918 freiwilliger Kriegsdienst als Feldrabbiner bei der V. Armee (Kronprinz) an der Westfront, wofür ihm der Kronprinz persönlich das Eiserne Kreuz I. Klasse überreichte. Seit 1.9.1918 wieder liberaler Gemeinderabbiner in Ffm. Ausgedehnte Vortragstätigkeit im Dienste der jüdischen Erwachsenenbildung und des christlich-jüdischen Dialogs. Gründer (1919) und Vorstandsvorsitzender (1920-39) der „Gesellschaft für jüdische Volksbildung”, die u. a.
Franz Rosenzweig nach Ffm. berief. Herausgeber des „Jüdischen Kalenders der Gesellschaft für jüdische Volksbildung” (1924-36). Dozent am 1920 von
Rosenzweig begründeten Freien Jüdischen Lehrhaus. Nach dem Tod von Lazarus und der Pensionierung von
Seligmann (1932) musste S. die Amtsgeschäfte als Gemeinderabbiner, seit 1933 noch dazu unter erschwerten Bedingungen, allein wahrnehmen. In der NS-Zeit war er, der zur Prominenz des liberalen Judentums jener Zeit gehörte, verstärkt persönlichen Angriffen ausgesetzt. Es kam zweimal zu Gerichtsverhandlungen, in denen der später als Präsident des Volksgerichtshofs berüchtigte Rechtsanwalt Dr. Roland Freisler als Verteidiger des Rädelsführers auftrat. Seit 1934 Vorsitzender des Jüdischen Kulturbunds, Zweig Rhein-Main, mit Sitz in Ffm. 1935 Reise nach Palästina. Festnahme nach dem Novemberpogrom 1938. Mehrmonatige Haft im KZ Dachau. Am 9.4.1939 emigrierte S. mit seiner Frau Natalie
Charlotte, geb. Caro (1892-1988), und zwei der drei Töchter nach England, wo die älteste Tochter bereits lebte. Schon im Sommer 1939 gründete er dort zusammen mit anderen Flüchtlingen eine deutschsprachige jüdische Gemeinde, die New Liberal Jewish Congregation (die heutige Belsize Square Synagogue) in London, deren Rabbiner er bis zu seiner Pensionierung 1956 war. Nach 1945 engagierte sich S. insbesondere für die christlich-jüdische Verständigung. Zu Vorträgen und Gastpredigten kam er auch wieder nach Deutschland. So weihte er am 6.9.1950 die wiederaufgebaute Westendsynagoge in Ffm. ein. Weitere Besuche in Ffm. u. a. als Redner zur „Woche der Brüderlichkeit” in der Paulskirche (1954 und 1965), als Festredner zur Eröffnung der Ausstellung „Synagoga” im HMF (1961), als Redner zur Einweihung des neuen Logenheims der wiederbegründeten Fft.-Loge (1961), als Ehrengast anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Fft.-Loge (1964) und als Festredner zur Eröffnung der Ausstellung „Jüdisches Leben im alten Ffm.” (1975).
Mitglied (seit 1910) und Präsident (seit 1928) der Fft.-Loge des Ordens B’nai B’rith. Mitglied im Kriegsgräberausschuss des Reichverbands jüdischer Frontsoldaten. Jüdischer Studentenseelsorger an der Ffter Universität. Mitglied der städtischen Schuldeputation und Referent für den Religionsunterricht (seit 1932). Vorstandsmitglied in der „Association of Jewish Refugees from Germany in Great Britain (AJR)” (seit 1941). Mitbegründer (1942) und Präsident (1949-51) der Londoner Leo Baeck Loge des B’nai B’rith. Gründer des „Georg and Charlotte S. Fund” unter Leitung des „AJR Charitable Trust”. Tätig in zahlreichen weiteren jüdischen Organisationen, u. a. in der „World Union for Progressive Judaism”. Mitbegründer (1961) und Förderer der „Kommission zur Erforschung der Geschichte der Ffter Juden“.
„Leben und Lehre” (Autobiographie, herausgegeben von Albert H. Friedlander, 1982).
1969 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern. 1972 Buber-Rosenzweig-Medaille des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit.
Gedenktafel (2013) am Haus Guiollettstraße 62, wo sich bis 1939 das Britische Generalkonsulat befand. Seit 2021 Stolpersteine für Georg S., seine Frau und seine drei Töchter vor dem Haus Eschersheimer Landstraße 67 im Westend.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 237-239,
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