Das Elternhaus R.s entsprach dem in wilhelminischer Zeit allgemeinen Bild einer wohlhabend gewordenen, assimilierten jüdischen Familie.
Die 1905 begonnenen Studien der Geschichte und Philosophie, Kunstgeschichte, Sprachen, auch Jura und Medizin an verschiedenen Universitäten schloss R. mit einer Dissertation über
Hegel bei Friedrich Meinecke (1862-1954) in Freiburg 1914 ab. Daneben studierte er bis Herbst 1914 Religionsphilosophie bei Hermann Cohen (1842-1918) in Berlin. Als freiwilliger Kriegsteilnehmer lernte er in Polen ein ihm fremdes Judentum kennen, das auf ihn eine starke Faszination ausübte. Auf der Grundlage einer Kulturkritik entwarf R. ein Bildungsprogramm für ein emanzipiertes Judentum. 1917 entstand die programmatische Schrift „Zeit ist’s“, die das pädagogische Konzept der 1919 gemeinsam mit Cohen in Berlin gegründeten „Akademie für das Studium des Judentums“ und schließlich des 1920 in Ffm. gegründeten „Freien Jüdischen Lehrhauses“ umreißt.
Im Herbst 1919 kam R. erstmals nach Ffm. Hier fand er rasch Aufnahme in dem Kreis um den orthodoxen Rabbiner Nehemia Anton Nobel. Im August 1920 wurde R. von Nobel die Leitung der „Jüdischen Volksvorlesungen“ übertragen, die R. durch die Umwandlung in das „Freie Jüdische Lehrhaus“ (Oktober 1920) zu einem Forum der Auseinandersetzung mit dem politisch-gesellschaftlich-religiösen Standort der Juden in Deutschland machte. Das Lehrhaus als eine Art Volkshochschule in Form von Vorlesungen und Arbeitsgemeinschaften sollte zentrale jüdische Werte dem jüdischen wie christlichen Publikum vermitteln. Aus dem persönlichen Freundeskreis um R. lehrten am Lehrhaus u. a. Nehemia Anton Nobel,
Eduard Strauss,
Richard Koch,
Siegfried Kracauer, Ernst Simon, Erich Fromm und, auf R.s Einladung, seit 1922
Martin Buber. Darüber hinaus zählten
Franz Oppenheimer,
Leo Löwenthal,
Margarete Susman, Gershom Scholem und der Rabbiner Leo Baeck zu den Vortragenden.
R. entwickelte eine eigene messianische Erkenntnislehre. In ihr wurzelt die Entscheidung R.s für die „Dissimilation“, eine Erscheinung, die für ihn schon immer neben der Assimilation von Juden in Deutschland vorhanden war. Mit seinem 1921 in Ffm. erschienenen Hauptwerk „Der Stern der Erlösung“ gelang ihm eine moderne Interpretation jüdischen Bewusstseins. Als Grundwerk des „Neuen Denkens“ stellt es, in Abgrenzung vom deutschen Idealismus wie vom politischen Zionismus, ein philosophisches Gesamtsystem dar. Obwohl die Geschichte des Lehrhauses eng mit seiner Person verknüpft ist, blieb R. nur wenig Zeit für eine dortige Lehrtätigkeit. Infolge einer rasch fortschreitenden Erkrankung an Multipler Sklerose (seit 1921) wurde seine Mansardenwohnung in der Schumannstraße 10 bis zu seinem Tod zu einer offenen Universität. Im Oktober 1922 übertrug R. die Lehrhausleitung an Rudolf Hallo (1898-1933).
Als 1923 die Lähmung auf seine Sprechorgane übergriff, konnte sich R. nur mit Hilfe seiner Frau Edith Hahn (1895-1979) sowie weniger Freunde verständlich machen und auch künftig publizieren. R.s Mitteilungskraft auch in dieser Zeit wird in dem ihm von Leo Baeck angetragenen rabbinischen Ehrentitel „Morenu“ (unser Lehrer) deutlich, den R. im Mai 1923 annahm. Die geistige Nähe zu
Martin Buber ermöglichte die gemeinsame Bibelübersetzung, die 1924 begonnen wurde. Das Ziel war die Übertragung in ein hebraisiertes Deutsch unter größtmöglicher Entsprechung der urtextlichen Begrifflichkeit und Form. 1925 erschien „Die Schrift. I.: Die fünf Bücher der Weisung“. Bis zu R.s Tod konnten die ersten zehn Bände vollendet werden. Die „Verdeutschung“ wurde von
Buber seit 1950 zum Abschluss geführt und 1961 veröffentlicht.
Die Ideen R.s wurden insbesondere in den USA und in Israel direkt aufgegriffen, wohin die von ihm begründete Lehrhaustradition nach 1933 ausgewichen war. Ihre Rezeption in Deutschland kam mit dem Ende des Lehrhauses, das
Martin Buber noch bis 1938 weiterführen konnte, zum Erliegen und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen.
Mitglied der Ffter Loge des jüdischen Ordens B’nai B’rith.
Die 1984 abgeschlossene Gesamtausgabe von R.s Schriften enthält die Tagebücher, Übersetzungen sowie religiöse, philosophische und sprachtheoretische Schriften.
Bronzene Gedenktafel mit dem Porträt R.s (von Günter Maniewski, 1993) am Haus Schumannstraße 10. Grabstätte auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße.
Briefwechsel R.s mit Ernst Simon sowie mit
Eugen Mayer im Jüdischen Museum Ffm.
1979/80 Gedächtnisausstellung in der Stadt- und Universitätsbibliothek in Ffm. 1987 Ausstellung der Stadt Kassel und des Jüdischen Museums Ffm. anlässlich von R.s 100. Geburtstag im Ffter Karmeliterkloster.
Seit 1968
Buber-R.-Medaille des Deutschen Koordinierungsrats für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Seit 1990 Franz-R.-Forschungszentrum an der Universität Jerusalem. Seit 2021 „
Buber-R.-Institut“ zur Erforschung des Judentums in Moderne und Gegenwart an der Ffter Universität.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 213f.,
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Dieser Artikel wurde noch nicht abschließend für das Frankfurter Personenlexikon überarbeitet.