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Joos, Helmut W.

Helmut W. Joos

Helmut W. Joos
Fotografie von Rolf Oeser (2010).

© Rolf Oeser.
Joos, Helmut Willy. Architekt. * 12.3.1935 Neuenbürg/Schwarzwald, † 26.2.2018 Ffm., beigesetzt auf dem Südfriedhof in Ffm.
Der Sohn eines Berufsoffiziers verlor beide Eltern im Zweiten Weltkrieg und wuchs bei seinem Großvater auf, der eine Zimmerei betrieb. J. machte mit 16 Jahren sein Abitur und absolvierte zuerst eine Lehre als Zimmermann, dann als Maurer. Ab 1956 Studium der Architektur in Karlsruhe und Mainz. Schüler von Egon Eiermann. 1961 Abschluss mit Diplom und Umzug nach Ffm. Dort Tätigkeit in den Architekturbüros von Ignaz Jakubowitz (seit 1972: Jacoby; 1921-2005) und von Giefer und Mäckler. 1963 Beginn der Arbeit als selbstständiger Architekt und Realisierung eines ersten größeren Projekts, eines Wohn- und Geschäftshauses im Westend (Terrassenhaus, Oberlindau 54-56, 1963; revitalisiert unter dem Namen „Morrow“ durch „meyerschmitzmorkramer“, 2017-21). Gleichzeitig entstanden Pläne für den Neubau der Synagoge in Wiesbaden (mit Ignaz Jakubowitz, erbaut 1965-66) und für das Rhein-Main-Center in der Bockenheimer Landstraße 51 in Ffm., das von 1967 bis 1969 für den Immobilienkaufmann Josef Buchmann errichtet wurde. Mit einer Höhe von 84 Metern war es seinerzeit das zweithöchste Hochhaus der Stadt (nach dem Shell-Hochhaus am Nibelungenplatz, Architekt: Günther Rheingans, 1964-66). Der ursprünglich in funktionalem Stil errichtete Bau des Rhein-Main-Centers wurde durch J. mit „J.S.K. Perkins & Will“ von 1989 bis 1991 in postmoderner Form mit Spiegelglasfassade, markantem Dachaufbau und weithin sichtbarer Analoguhr erneuert. Der Auftrag zum Bau des Sheraton-Hotels am Ffter Flughafen ab 1970 hatte zukunftsweisende Folgen. War J. schon zu seiner Zeit bei Giefer und Mäckler mit dem Flughafenbau in Berührung gekommen, so bildete der Hotelkomplex den Anfang einer bedeutenden Reihe von Gebäuden am Airport, die in der Errichtung des transparent-luftigen Terminals 2 (1990-94) sowie des futuristisch anmutenden Geschäftsgebäudes „Airrail Center Fft.“ (seit 2010: „The Squaire“, 2007-11) kulminierte. Die Vergabe des Sheratonbaus an J. führte zugleich zur Zusammenarbeit mit dem vorherigen Mitbewerber Reinhart W. Schulze und 1980 zur Gründung des Büros „J.S.K.“ (auch: „JSK“; J., Schulze und Karsten Krüger-Heyden). In der Folgezeit expandierte die Architektengemeinschaft in großem Stil. 1991 erfolgte der Zusammenschluss mit „Perkins & Will“, Chicago, zu „J.S.K. Perkins & Will“. Ab 1995 firmierte das Büro unter „J.S.K. International“ und unterhielt zeitweise Dependancen in Ffm., Düsseldorf, Berlin, München, Braunschweig, Baden-Baden sowie in Polen und der Schweiz. Seit 2009 führt J.’ Tochter, die Architektin Andrea Gisela J., das Unternehmen mit dem Stammsitz in Sachsenhausen unter dem Namen „jsk architekten GmbH“.
Allein in Ffm. verwirklichte J. mit den wechselnden Büros im Laufe der Jahrzehnte über 200 Projekte. Exemplarisch seien hier einige seiner charakteristischen und stadtbildprägenden Bauten vorgestellt, die immer auch den architektonischen Zeitgeist widerspiegeln. Auf das ursprünglich im internationalen Stil konzipierte Rhein-Main-Center (1967-69) folgte mit dem Sheraton-Hotel und seiner in Sichtbeton gehaltenen Rasterfassade ein bis heute unverfälscht erhaltenes Beispiel des Brutalismus der 1970er Jahre. Der von 1980 bis 1982 errichtete Gebäudekomplex des Stadtschulamts (Seehofstraße 41) und Hochbauamts (seit 2017: Amt für Bau und Immobilien, Gerbermühlstraße 48) zeigt von Weitem zwei unnahbar wirkende, mit Waschbetonplatten verkleidete bräunliche Monolithe, die erst bei näherer Ansicht durch Vor- und Rücksprünge der Fassaden, Variationen bei Fensterformen und subtil gestaltete Zugangssituationen eine Abkehr von strenger Blockhaftigkeit darstellen. Im Gegensatz dazu öffnet sich die Architektur des Terminals 2 am Flughafen (1990-94) durch ihre lichte Transparenz. Eine rundum verglaste, filigrane Stahlkonstruktion verbindet zwei langgestreckte Seitentrakte mit der durch ein Segmentbogendach überhöhten Haupthalle. Von städtebaulicher Relevanz ist das „Congress Center Messe Fft.“ (Ludwig-Erhard-Anlage 1, 1993-96). Der als Stahlbetonskelett errichtete Bau besteht aus einem dreiteiligen abgestuften Komplex. Hinter der zum Messeplatz ausgerichteten Eingangszone mit dem viergeschossigen verglasten Kongresszentrum erhebt sich das neunstöckige Halbrund eines Hotels. Es nimmt in seinem Grundriss die Form der historischen Festhalle auf. Entlang der Theodor-Heuss-Allee erstreckt sich ein 14-geschossiger Riegel, der den Komplex zum Messegelände abschließt und mit dem eleganten Gegenüber des Marriott-Hotels (Architekt: Siegfried Hoyer, 1972-76; revitalisiert durch „Just Burgeff Architekten“, 2009-11) die Ludwig-Erhard-Anlage optisch einrahmt. Eine neue stadträumliche Erschließung erfuhr der Block zwischen Bockenheimer Anlage, Reuterweg und den Wohnstraßen auf der Rückseite der Alten Oper durch das Projekt „Ffter Welle“ (seit 2007: „Die Welle“, 1998-2003). Unter Einbeziehung des denkmalgeschützten Altbaus der Metallgesellschaft (Architekten: Hermann Ritter d. Ä. und Christoph Emil Heßler, 1903-05) entstand hinter einer mehrstöckigen Blockrandbebauung die namensgebende konkav-konvex ausgebildete Wohn- und Bürohausscheibe mit einer Höhe von 50 Metern bzw. 13 Geschossen, vor der sich eine platzartige Situation mit Grünflächen, Wasserlauf, Läden und Gastronomie erstreckt (Außenanlagen durch „schneider + schumacher“ neu gestaltet, 2015/16). Einen markanten Beitrag zur Ffter Skyline schufen JSK mit dem knapp 154 Meter hohen Wolkenkratzer „Skyper“ an der Ecke Taunusanlage und Taunusstraße (2002-04). Der viertelkreisförmige Turm ist Teil eines Ensembles, das er zusammen mit dem denkmalgeschützten ehemaligen Verwaltungsbau der Philipp Holzmann AG (Architekten: Hans Hermann Oswalt und Eugen Rückgauer, 1913-15) und einem Wohn- und Geschäftshaus („Skyper-Carré“) bildet; die historische Villa und der Wolkenkratzer sind durch eine neun Meter hohe gläserne Halle verbunden. Als eine Art liegendes Hochhaus kann „The Squaire“ (bis 2010: „Airrail Center Fft.“, 2007-11) am Flughafen gesehen werden. Der stromlinienförmig konzipierte Bau von 660 Metern Länge, 65 Metern Breite und 45 Metern Höhe erhebt sich als aufgeständerte Plattform über dem Fernbahnhof und ist mit dem Terminal 1 verbunden. Das gewaltige Gebäude, das multifunktional genutzt wird (etwa von Büros, Hotels, Gastronomie, Handel u. a.), mutet wie ein überdimensionales Raumschiff an und prägt nachhaltig das Erscheinungsbild des Ffter Flughafens. Es war bei seiner Fertigstellung das größte Bürogebäude Deutschlands und wurde 2013 mit dem Mipim Award (in der Kategorie „Best International Office and Business Development“) ausgezeichnet.
Umfangreiche Bauprojekte dieser Art konnten naturgemäß nicht durch einen Architekten allein, sondern nur in kollektiver Zusammenarbeit im Rahmen eines international agierenden Unternehmens bewältigt werden. Die Bauaufgaben von JSK umfassten und umfassen u. a. Hochhäuser, Hotels, Verkehrs-, Büro- und Kulturbauten, Stadien und insbesondere Flughäfen. JSK sah sich immer in der Tradition der Baumeister und des Bauhandwerks, die ihren Fokus nicht allein auf den Entwurfsprozess, sondern vor allem auf die Realisierung der Ideen setzen. J. und seinem Büro wurde gelegentlich vorgeworfen, der Funktionalität ihrer Bauten den Vorzug vor dem Einfallsreichtum der Konzeption zu geben. Diese unprätentiöse Bodenständigkeit gehört zur Philosophie des Unternehmens, wonach im Zweifelsfall die gebaute Architektur über dem Ego des Architekten steht. Dabei zeigen die realisierten Projekte eine ausgesprochene stilistische Vielfalt. Sein Herzensprojekt, den südlich des Hauptbahnhofs geplanten 250 Meter hohen Wolkenkratzer „Campanile“, konnte J. nie verwirklichen; der Bau scheiterte 1989 am Widerstand einer Anwohnerin und einer neuen politischen Konstellation im Römer. Allein durch die schiere Präsenz der von JSK errichteten Gebäude in Ffm. kann dennoch das Statement des selbstbewussten Baumeisters gelten, er habe die Stadt mitgestaltet.
Weitere realisierte Bauten und Projekte in Ffm. (in Auswahl): Wohnhaus Joos auf dem Lerchesberg (1990), Wohnanlagen Westpark Sossenheim (1992) und Galluspark (1994), Bürohaus „Aculeum“ in Niederrad (1994), Wohn- und Verwaltungsgebäude „The Peak“ in der Darmstädter Landstraße 119-125 (1995), Labor- und Bürogebäude der Chemetall in Bockenheim (1998), „Broker & Office Center“ in der Theodor-Heuss-Allee 44-46 (2004) und Bildungszentrum Ostend (2005). Der Plan, ein Luxushotel am Oberforsthaus in Sachsenhausen zu bauen, wurde nicht verwirklicht; das zu diesem Zweck 1988 erworbene Grundstück wurde schließlich 2012 von der Stadt zurückgekauft.
Im Jahr 2009 erhielt der spektakuläre, von JSK/GBP Architekten konzipierte „Tornado Tower“ in Doha/Katar den internationalen Hochhauspreis des „Council on Tall Buildings and Urban Habitat“ (CBTUH) als „Best Highrise in the Middle East“.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Adrian Seib.

Literatur:
                        
Architekten Profile 2009/2010. Architekten stellen sich vor. Deutschland, Österreich, Schweiz. Basel 2008.Architekten Profile 2009/10, S. 150-153. | architektur international. [Untertitel seit 2018: hotel | building | design.] Bisher 12 Jahrgänge. Haunetal 2009-20.JSK Architekten, Fft.: Die neue Dimension von Arbeit und Leben. The Squaire, Fft. In: architektur international 2011, Nr. 6 (https://www.deutsche-innenbau.de/images/pdf/presse/dig_2011-06_die_neue_dimension_von_arbeit_und_leben.pdf, abgerufen am 3.12.2020). | Bauwelt. Bisher 111 Jahrgänge (mit Unterbrechungen). Gütersloh u. a. 1910-45 und 1952-2020.Kleefisch-Jobst, Ursula: In Bewegung geraten. Die „Ffter Welle“ hinter der Alten Oper. In: Bauwelt 92 (2001), H. 11, S. 12-16. | Freunde Fft.s e. V./Opatz, Wilhelm E. (Hg.): [Architekturführer] Fft. 1980-1989. Hamburg 2020. Seib, Adrian: Stadtschulamt und ehemaliges Hochbauamt. In: Freunde Fft.s/Opatz (Hg.): Fft. 1980-89, S. 52-55. | JSK Architekten: AirPorts. Flughäfen. Tübingen/Berlin 2001.JSK Architekten: AirPorts 2001. | JSK Architekten: Gebaute Transparenz. Texte: Sigrid Hauser. Tübingen 2000.JSK Architekten: Gebaute Transparenz 2000. | JSK Architekten: Gestaltete Funktion. Texte: Enrico Santifaller u. a. Tübingen/Berlin 2005.JSK Architekten: Gestaltete Funktion 2005. | Kalusche, Bernd/Setzepfandt, Wolf-Christian: Architekturführer Ffm. / Architectural guide Ffm. Berlin 1992.Kalusche/Setzepfandt: Architekturführer Ffm. 1992, 3. Aufl. 2002, S. 93, 95, 107, 114, 172f., 207, 214f., 217. | Lange-Wittmann, Kirsten: Synagogenarchitektur 1950 bis 1971 in Deutschland. Phil. Diss. Text- und Bildband. Bonn 2023.Lange-Wittmann: Synagogenarchitektur 1950 bis 1971 in Deutschland 2023, Textband, S. 278-292, bes. S. 281f. | Niethammer, Christian/Wang, Wilfried (Hg.): Maßstabssprung. Die Zukunft von Ffm. [Katalog zur Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum, Ffm., 1998/99.] Tübingen/Berlin 1998.Niethammer/Wang (Hg.): Maßstabssprung 1998, S. 142f., 154f., 170f. | Pappe, Sandra: Architekturführer Ffm. Berlin 2013.Pappe: Architekturführer Ffm. 2013, S. 102-105, 115, 146f., 274f. | Sturm, Philipp/Cachola Schmal, Peter u. a. (Hg.): Hochhausstadt Fft. Bauten und Visionen seit 1945. München u. a. 2014.Sturm/Cachola Schmal (Hg.): Hochhausstadt Fft. 2014, S. 9f., 33, 87, 127, 160-162, 176, 179, 196, 259, 267, 277, 284, 292, 312.
Quellen: Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Nachrufe in: FR, 7.3.2018 u. 8.3.2018. | Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Todesanzeige in: FR, 10.3.2018. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/15.558. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/23.850 (Architekturbüro JSK – Joos, Schulze, Krüger-Heyden). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/850 (Bürohaus: Ffter Welle). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/5.973 (Seehofstraße). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/7.113 (Rhein-Main-Center). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/24.829 (Messegelände: Kongresszentrum/Congress Center Messe Fft., eröffnet 1997). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S3 (mit Kleinschriften, bes. Zeitungsausschnitten, zur Ortsgeschichte).ISG, S3/33.370 (Hochhaus: Campanile).
Internet: archINFORM, Internationale Architektur-Datenbank, Redaktion: Sascha Hendel, Berlin. http://deu.archinform.net/arch/18009.htmarchINFORM, 3.12.2020. | Internetseiten der JSK Architekten GmbH, verantwortlich: Andrea Gisela Joos, Ffm. http://www.jsk-architekten.deJSK Architekten, 3.12.2020. | Skyline Atlas, Informationsportal über die Hochhäuser in Ffm., hg. v. Skyline Atlas GmbH, verantwortlich: Dean Vukovic, Initiator: Michael Wutzke, Ffm. https://www.skylineatlas.de/stichwort/jsk-architekten/Skyline Atlas, 3.12.2020. | Structurae, Datenbank für Ingenieurbauwerke, Chefredaktion: Nicolas Janberg, Berlin. https://structurae.net/de/firmen/jsk-architektenStructurae, 3.12.2020. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Willy_JoosWikipedia, 3.12.2020.

GND: 1201390109 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
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Empfohlene Zitierweise: Seib, Adrian: Joos, Helmut W. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/10508

Stand des Artikels: 21.6.2023
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 12.2020.