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Zenetti, Lothar

Lothar Zenetti

Lothar Zenetti
Fotografie (in Privatbesitz).

© privat. Nähere Informationen auf Anfrage bei der Redaktion.
Zenetti, Lothar Ludwig Adolf. Katholischer Pfarrer. Dichter. * 6.2.1926 Ffm., † 24.2.2019 Ffm.
Z.s Vorfahren sind im 18. Jahrhundert aus dem italienischen Friaul nach Süddeutschland eingewandert. Der Großvater kam 1885 als Kaufmann von Lauingen nach (Ffm.-)Bockenheim und wurde hier mit seiner Frau und dem Sohn heimisch. Der Vater Ludwig Z. war Oberstudiendirektor am Ffter Goethe-Gymnasium und wirkte nach 1945 lange als Präsident der Katholischen Aktion im Bistum Limburg. Die Schwester Luitgard Z. (1928-2020) war bis 1994 als Studiendirektorin an der Ziehenschule in Ffm. tätig.
Z. besuchte zunächst die katholische Bonifatiusschule in Bockenheim, ab 1936 das Goethe-Gymnasium. 1943 musste er als Luftwaffenhelfer in Schwanheim Dienst tun, und wenig später wurde er zum Reichsarbeitsdienst ins saarländische Landsweiler einberufen. Im April 1945 wurde Z. bei einem Verwandtenbesuch in Süddeutschland von amerikanischen Truppen gefangen genommen, in ein Lager bei Ludwigshafen gebracht und an die Franzosen ausgeliefert. Als Kriegsgefangener in einem Arbeitslager in der Nähe von Le Mans erlebte der 19-Jährige die Gottesdienste des Lagerpfarrers mit. Er entschied sich, Geistlicher zu werden. Z. meldete sich für das „Priesterseminar hinter Stacheldraht“ bei Abbé Franz Stock (1904-1948) und wurde ins Lager Chartres bei Paris versetzt. Die Eltern hatten inzwischen erfahren, dass ihr Sohn lebte; am 1.7.1946 kehrte er nach Hause zurück.
Z. holte am Goethe-Gymnasium sein Abitur nach und studierte bis 1952 an der Hochschule St. Georgen in Ffm. Während des Studiums entdeckte er die Gospels der afroamerikanischen Christen und begeisterte sich für Jazz und Blues. Schallplatten von „Negergottesdiensten“ (wie man damals unbefangen sagte) „zeigten ganz neue Arten der Gestaltung lebendiger und zugleich frommer Gottesdienste“ [zit. nach Stoffels (Hg.): „Spätlese“ 2014, S. 20]. Z. sammelte Platten, besuchte mit Albert Mangelsdorff Jazzfestivals in den USA, hielt Vorträge und schrieb das Buch „Peitsche und Psalm. Geschichte und Glaube, Spirituals und Gospelsongs der Neger Nordamerikas“ (1963). Da arbeitete er längst daran, etwas von der Kraft und Lebendigkeit der schwarzen Gottesdienste in seine Kirche in Deutschland zu übertragen.
1952 empfing Z. im Dom zu Limburg die Priesterweihe. Danach war er Kaplan im Westerwald, im Taunus und in Wiesbaden. Seit 1962 wirkte er als Jugendpfarrer in Ffm., wo ein intensiver ökumenischer Austausch mit dem evangelischen Stadtjugendpfarrer Dieter Trautwein (1928-2002) begann. Von 1969 bis 1995 war Z. Pfarrer in St. Wendel in Sachsenhausen. Weitere Aufgaben kamen hinzu: Z. wurde Mitglied der Synode deutscher Bistümer und hatte von 1976 bis 1982 das Amt des Dekans im Dekanat Ffm.-Süd. Seit 1949 schrieb er für Verkündigungssendungen im HR, wo er von 1982 bis 1992 als katholischer Rundfunkbeauftragter wirkte, und er gehörte zu den Sprechern des „Worts zum Sonntag“ im Ersten Fernsehprogramm. Seit 1995 lebte Z. im Ruhestand in der Ffter Gemeinde seiner Kindheit, Frauenfrieden, in der sein Vater dem Kirchenvorstand angehört hatte. 2012 feierte Z. sein diamantenes (60.) Priesterjubiläum. Er starb nach langer Krankheit kurz nach seinem 93. Geburtstag. Am 8.3.2019 wurde er auf dem Bockenheimer Friedhof bestattet.
Bekannt wurde Z. als Verfasser von christlichen Liedern, Texten zur Meditation, zum Bibelverständnis und zum politisch-sozialen Auftrag der Christen. Er hat mehr als zwei Dutzend Bücher veröffentlicht. Ungefähr 150 seiner Gedichte wurden vertont und stehen in Gesang- und Gebetbüchern vieler christlicher Konfessionen. In seinen Liedtexten wollte Z. „glaubhaft Glauben aussprechen“ [zit. nach Stoffels (Hg.): „Spätlese“ 2014, S. 61]. Er übertrug auch Texte des niederländischen Dichters und Theologen Huub Oosterhuis (* 1933) ins Deutsche, wie das Lied „Ik sta voor U“, dessen Nachdichtung „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“ im katholischen Gotteslob (Nr. 422) wie im Evangelischen Gesangbuch (Nr. 382) zu finden ist. Im Stammteil des Gotteslobs von 2013/14 stehen sechs Liedtexte von Z. (Nr. 209, 210, 422, 462, 490, 557), der (für Ffm. gültige) Regionalteil des Bistums Limburg fügt acht weitere hinzu (Nr. 728, 774, 781, 783, 798, 848, 860, 889). Das EG in der (für Ffm. aktuellen) Ausgabe für die EKHN von 1993 enthält insgesamt sieben Lieder mit Texten von ihm (Nr. 226, 382, 551, 552, 574, 579, 651), das Beiheft EGplus von 2017 zwei Lieder (Nr. +76, +154). Z.s Gedicht „Was keiner wagt“ wurde über die Kirche hinaus durch die Vertonung des Liedermachers Konstantin Wecker (* 1947) bekannt.
Z. schrieb auch im Ffter Dialekt. So übertrug er die biblische Weihnachtsgeschichte auf Frankfurterisch (im Druck wohl erstmals in seinem Buch „Das allerschönste Fest. Ein Ffter Weihnachtsbuch“, 1977; später zusammen mit Gedichten in Ffter Mundart von Z. in dem Band „Weihnachte bei uns dehaam“, 1999, 3. Aufl. 2009) und verfasste zwei Krippenspiele in Mundart (als Buch u. d. T. „’s Frankforder Christkindche“ mit Zeichnungen des Verfassers erschienen, 1981). Die Ffter Volksschauspielerin Liesel Christ hat früher alljährlich seine „Weihnachtsgeschicht’ uff Frankforderisch verzeelt“ am zweiten Weihnachtstag in der Liebfrauenkirche vorgetragen.
Weitere Veröffentlichungen (in Auswahl): „Die wunderbare Zeitvermehrung. Variationen zum Evangelium“ (1979), „Die Stunde der Seiltänzer. Geschichten und Gedichte“ (1982), „Wunder geschehen nicht nur sonntags. Erfahrungen mit dem Alltag“ (Rundfunkansprachen, 1984), „Wir sind noch zu retten. Neue Texte der Zuversicht“ (1989), „Auf Seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht“ (2000, 2. Aufl. 2011) und „In Seiner Nähe. Texte des Vertrauens“ (2015).
1984 erhielt Z. den Preis „Humor in der Kirche“, verliehen vom katholischen Bistum Limburg, 1996 die „Ffter Latern“, eine Auszeichnung für künstlerisches und literarisches Schaffen im Sinne Friedrich Stoltzes, vergeben von der Vereinigung der Freunde und Förderer des Stoltze-Museums.
Festschrift zum 60. Priesterjubiläum („Spätlese“, hg. v. Pfarrgemeinderat Frauenfrieden, 2012, 2. Aufl. 2014).

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Michael Heymel.

Literatur:
                        
Forum Kirchenmusik. Zeitschrift des Verbandes Evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland. Begr. v. Adolf Strube. Bisher Jahrgänge 48-71. München 1997-2020.Ottermann, Annelen: Lothar Zenetti – eine flüchtige Spurensuche im Evangelischen Gesangbuch. In: Forum Kirchenmusik 70 (2019), H. 5, S. 29f. | Geist und Leben. Zeitschrift für christliche Spiritualität. Bisher Jahrgänge 20-93. Würzburg 1947-2020.Langenhorst, Georg: Theopoesie für gestern, heute und morgen. Der Priesterdichter Lothar Zenetti. In: Geist u. Leben 86 (2013), H. 1, S. 62-75. | Stoffels, Kerstin (Hg.): „Spätlese“. Zum 60. Priesterjubiläum von Lothar Zenetti. 2. Aufl. Ffm. 2014.Stoffels (Hg.): „Spätlese“ 2014.
Quellen: Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Rüssmann, Ursula: Pfarrer mit tiefgründigem Humor. In: FR, 27.9.2012. | Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Nachruf von dit in: FR, 26.2.2019. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/1.043.
Internet: Katholisch.de, Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland, Bonn. www.katholisch.de/artikel/20802-priester-und-lyriker-lothar-zenetti-gestorben
Hinweis: Nachruf auf Lothar Zenetti von fxn, 25.2.2019.
Katholisch.de, 8.6.2020.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). https://de.wikipedia.org/wiki/Lothar_ZenettiWikipedia, 8.6.2020.

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Empfohlene Zitierweise: Heymel, Michael: Zenetti, Lothar. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/10977

Stand des Artikels: 25.6.2020
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 06.2020.