Schweitzer (auch: Allesina von Schweitzer, Schweitzer-Allesina, Schweitzer gen. Allesina), Johann Baptist (auch: Jean Baptista; bis 1864: von). Den Adelstitel legte Sch. 1864 ab. Dr. jur. Politiker. Schriftsteller. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 12.7.1833 Ffm., Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 28.7.1875 Villa Giessbach am Brienzer See/Kanton Bern (Schweiz).
Urenkel von
Franz Maria von Sch. Verheiratet (seit 1872) mit der Ffterin Antonie Sch., geb. Menschel (1834-?).
Die Kindheit verbrachte Sch. im Haus seiner Großeltern Berly in Ffm. Die Großmutter, eine Verwandte des Dichters
Jean Paul, machte ihn mit der klassischen deutschen Dichtung bekannt. Von 1845 bis 1851 besuchte er die Lateinschule der Jesuiten in Aschaffenburg. Nach dem Jurastudium in Heidelberg und Berlin (1852-55) sowie einer zweijährigen Praktikantenzeit ließ sich Sch. 1857 als Rechtsanwalt in Ffm. nieder. Neben seiner beruflichen Arbeit widmete er sich der Literatur und veröffentlichte 1858 seine ersten Werke („Alkibiades” und „
Friedrich Barbarossa”, Dramen). 1859 wandte er sich der Politik zu. Sch. plädierte in verschiedenen Schriften über die Einigung Deutschlands für die großdeutsche Lösung unter österreichischer Führung. In seiner Schrift „Der einzige Weg zur Einheit” (1860) bekannte er sich als Demokrat und Republikaner. Er erwartete die Herstellung der deutschen Einheit von der „revolutionären Initiative des Volkes”. Der Arbeiterschaft, in der Sch. bald das revolutionäre Potential sah, näherte er sich über den hauptsächlich von Arbeitern frequentierten Ffter Turnverein, dessen Vorsitzender er war. Eine wichtige Rolle spielte Sch. auch in der Schützenbewegung; so war er Mitbegründer des Deutschen Schützenbunds (1861) und übernahm beim 1. Deutschen Bundesschießen in Ffm. 1862 die Organisation und die Herausgabe der Festzeitung. Außerdem fungierte Sch. als Vorsitzender des 1861 gegründeten Arbeiter-Bildungs-Vereins. Sch.s politische Karriere fand im August 1862 zunächst ein jähes Ende, als er sich in Mannheim wegen eines angeblichen Sittenvergehens vor Gericht verantworten musste. Nach seiner Verurteilung wurde er von der Ffter Arbeiterschaft geschnitten und konnte hier kaum noch Einfluss ausüben. 1863 lernte Sch.
Ferdinand Lassalle kennen, den er für die Gründung einer Parteizeitung begeistern konnte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Wiesbaden siedelte Sch. 1864 nach Berlin über. Hier gründete er zusammen mit Johann Baptist von Hofstetten die Tageszeitung „Social-Demokrat”. Damit schuf er für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV), dessen Führung er nach
Lassalles Tod de facto seit Ende 1864, formell erst seit 1867 innehatte, ein publizistisches Forum. Für den „Social-Demokrat” schrieben u. a. Georg Herwegh, Wilhelm Rüstow, Moses Heß und Karl Marx. 1865 veröffentlichte Sch. eine Reihe von wohlwollenden Artikeln über
Bismarck, und in einer Rede hatte er geäußert, dass die Einigung Deutschlands nur noch von „Proletarierfäusten oder von preußischen Bajonetten” zu erwarten sein dürfte. Daraufhin von seinen Genossen massiv kritisiert, kam es zum Bruch mit Herwegh, Rüstow und Marx. Nach der Errichtung des Norddeutschen Bunds sah Sch. den revolutionären Weg als gescheitert an und akzeptierte den Norddeutschen Reichstag als Rahmen für eine politische Betätigung. Von 1867 bis 1871 war er Mitglied dieses Parlaments. Auf einem von Sch. zusammen mit Fritsche einberufenen Arbeiterkongress in Berlin (1868) wurde der zentralistisch geführte Allgemeine Deutsche Arbeiterschaftsverband gegründet, dessen Präsident Sch. wurde. Eigentlich sollte durch diesen Verband die Gewerkschaftsbewegung zusammengefasst und organisiert werden. Doch mit der fast gleichzeitigen Gründung der Hirsch-Duncker’schen Gewerkvereine und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei von Karl Liebknecht und August Bebel kam es zunächst zur Zersplitterung der Arbeiterbewegung. Sch. widersetzte sich nun der Forderung nach Einigung der Kräfte und hielt seine Partei für die einzige auf dem Boden des Klassenkampfs stehende sozialistische Partei Deutschlands. Diese Haltung und sein autoritärer Führungsstil lösten eine Verleumdungskampagne gegen ihn aus. Liebknecht bezichtigte ihn, ein Agent
Bismarcks zu sein. Dies und sein Mandatsverlust bei der Reichstagswahl 1871 veranlassten Sch., sich von der Politik zurückzuziehen. Fortan konzentrierte er sich auf das Schreiben von Theaterstücken, womit er einigen Erfolg hatte.
Neben zahlreichen Artikeln im „Social-Demokrat” weitere politische Schriften, u. a. „Österreichs Sache ist Deutschlands Sache” (1859), „Der einzige Weg zur Einheit. Ein Beitrag zur Besprechung der nationalen Frage” (1860), „Der Zeitgeist und das Christentum” (1861), „Zur deutschen Frage” (1862) und „Lucinde oder Kapital und Arbeit” (1863/64); seine gesammelten politischen Aufsätze und Reden wurden 1912 von Franz Mehring herausgegeben. Dramen, darunter zahlreiche Lustspiele und Schwänke, u. a. „Die drei Staatsverbrecher” (1871), „König Lustig oder Karneval in Kassel” (1872), „Epidemisch” (1873), „Die Eidechse” (1872), „Die Darwianer” (1874) und „Theodelinde” (1874).
Grabstätte im Familiengrab Sch. auf dem Ffter Hauptfriedhof.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 365f.,
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