1836 erster Aufenthalt B.s in Ffm. auf der Durchreise nach Aachen.
Von 1851 bis 1859 lebte und arbeitete B. als preußischer Gesandter am Deutschen Bundestag in Ffm. Sitz dieses Gesandtenkongresses war das Palais
Thurn und Taxis in der Großen Eschenheimer Gasse. B.s erster Eindruck war negativ: „Fft. ist gräßlich langweilig.“ Er teilte in seinen Briefen viel über die Stadt, ihre Gesellschaft und die anwesenden Diplomaten mit. Seiner Frau Johanna schrieb er 1851 als ersten Bericht: „Das Wetter ist kalt und trübe, die Stadt aber hübsch, und von Demokratie brauchst Du hier für mich nichts zu fürchten. Die Leute sind reich und conservativ, aber meist österreichisch gesinnt; der Unfug der hier früher getrieben ist, ging von den zusammengetriebnen Vagabunden aus ganz Mittel-Deutschland aus, statt deren wir jetzt hier preußische und östreichische Soldaten haben.“ Bald nach seiner Ankunft besuchte B. die Paulskirche: „Heute habe ich mir die Paulskirche angesehen. Sie ist noch ganz so eingerichtet wie die Nationalversammlung sie verlassen hat, viel schwarzrothgoldne Fahnen und Draperien, sogar 4 Lampen stehn noch auf dem Präsidialtisch; die St. Pauli-Gemeinde scheint nicht aus Kirchengängern zu bestehen, denn sie haben ihr Gotteshaus bisher nicht reklamirt. Die Besucher pflegen sich je nach der Parteifarbe von den Schreibpulten von
Auerswald und
Lichnowsky, oder von denen von
Blum und Trützschler (letzterer wurde in Mannheim füsilirt) Stücken abzuschneiden; die zeigende Donna wußte garnicht weß Geistes Kind sie aus mir machen sollte, wie ich von allen vier nichts haben wollte und ihr Messer ablehnte. Sie gestand mir übrigens, daß die Pulte schon mehrmals erneuert seien. Die Kirche ist zirkelrund und von rothen Quadersteinen, so grabesstill über den leeren Bänken, daß man sich das Parlamentsgeschrei schwer vergegenwärtigen kann.“ Der Gesellschaft in Ffm. stand B. anfänglich sehr ablehnend gegenüber: „Die Herrn hier sind unausstehlich. Sowie ich einen anrede setzt er ein diplomatisches Gesicht auf, und denkt nach was er antworten kann ohne zu viel zu sagen und was er über meine Aeußerungen nach Hause berichten kann. Die nicht so sind, conveniren mir noch weniger; sie reden Zweideutigkeiten mit den Damen, und letztre gehn ekelhaft darauf ein.“ Später war B. gerngesehener Gast und erfolgreicher Gastgeber. Besonders enge Freundschaft pflog er mit der Familie des Kunstmalers
Jakob Becker weit über die Ffter Jahre hinaus. Von Ffm. aus hatte B. erste Kontakte zu dem in Koblenz residierenden Prinzen von Preußen, dem späteren Kaiser
Wilhelm I.
Der Ffter Bundestag war für B. die fehlende diplomatische Schule. Dort kam er in seinem Amt als Königlich Preußischer Geheimer Legationsrat und bevollmächtiger Minister mit den großen Fragen der Politik in unmittelbaren Kontakt, aber – so resümierte er brieflich – „selbst das kühlere Maß von landsmannschaftlicher und Parteizuneigung was mir in Berlin wurde, ist ein inniges Verhältniß zu nennen gegen den hiesigen Verkehr, der im Grunde nichts als gegenseitiges mißtrauisches Ausspioniren ist; wenn man noch etwas auszuspüren und zu verbergen hätte, es sind lauter Lappalien mit denen die Leute sich quälen, und diese Diplomaten sind mir schon jetzt mit ihrer wichtigthuenden Kleinigkeitskrämerei viel lächerlicher als der Abgeordnete der II. Kammer im Gefühl seiner Würde. (...) In der Kunst mit vielen Worten garnichts zu sagen mache ich reißende Fortschritte, schreibe Berichte von vielen Bogen, die sich nett und rund wie Leitartikel lesen, und wenn Manteuffel nachdem er sie gelesen hat sagen kann was drin steht, so kann er mehr wie ich. Jeder von uns stellt sich als glaubte er vom andern daß er voller Gedanken und Entwürfe stecke, wenn ers nur aussprechen wollte, und dabei wissen wir alle zusammen nicht um ein Haar besser was aus Deutschland werden wird und soll, als Dutken Sauer [d. i. ein Schwachsinniger auf einem Gut B.s]. Kein Mensch, selbst der böswilligste Zweifler von Demokrat, glaubt es, was für Charlatanerie und Wichtigthuerei in dieser Diplomatie steckt.“ Hauptziel B.s war die Gleichberechtigung Preußens mit Österreich. Während seiner Zeit der Gesandtschaft in Ffm. trug er wesentlich zur Vereitlung der österreichischen Versuche, den Deutschen Bund in den Krieg gegen Russland zu ziehen, bei. Seine politischen Ansichten wandelten sich in Ffm. von rein konservativer Ideologie zur preußischen Interessenpolitik.
Die erste Zeit als Gesandter wohnte B. im Gasthaus „Englischer Hof“ am Roßmarkt in zwei Parterre-Zimmern. Im Sommer 1851 bezog er ein Stockwerk im Haus Hochstraße 45 (zerstört 1944; Gedenktafel am Neubau), das sich im Besitz von Gottfried Wagner, Inhaber der Weinhandlung „Schulz & Wagner“, befand. Im selben Haus wohnte zur gleichen Zeit auch Dr.
Heinrich Hoffmann. Im Herbst 1851 zog B. mit Familie in das Haus Bockenheimer Landstraße 40 (später 104), wo das dritte Kind, Wilhelm, geboren wurde. Im Oktober 1852 übersiedelte er in das Haus Große Gallusgasse 19, das Georg Seufferheld, dem Inhaber einer der bedeutendsten deutschen Seidengroßhandlungen, gehörte. Ab Mai 1858 bis zur Abreise im Februar 1859 wohnte B. in der Hochstraße 30.
Zwischen 1859 und 1871 kam B. mehrfach auf der Durchreise nach Ffm. Die preußische Annexion der Stadt 1866 wurde ihm von den Einwohnern persönlich angelastet. 1871 schlossen B. und der französische Außenminister Favre in Ffm. den Vertrag zur Beendigung des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71. Schauplatz des Friedensschlusses war das Hotel „Zum Schwan“ im Steinweg 12 (kriegszerstört 1944; Gedenktafel am Neubau). Vermutlich legte B. die Verhandlungen nach Ffm., um die Stimmung in der Stadt für sich wieder günstiger zu beeinflussen. „Es ist mir ein schöner Gedanke, daß der erste große politische Akt des wiedererstandenen Deutschen Reiches gerade in Fft., der alten deutschen Kaiser- und Krönungsstadt, sich hat vollziehen können“, sagte er ausdrücklich. „Ich wünsche von Herzen, dass der Friede von Fft. auch den Frieden für Fft. und mit Fft. bringen werde.“
1895 Ehrenbürger von Höchst.
Mehrere Bildnisse B.s (u. a. von Franz von Lenbach, 1889, sowie von
Otto Donner-von Richter,
Hermann Junker und
Ferdinand Brütt) im HMF.
Brief B.s an den Senat der Freien Stadt Ffm. (1853) aus den Senatsakten im ISG. Teile des Mobiliars aus dem „Friedenszimmer“ im Hotel „Zum Schwan“, in dem der Friede von Fft. 1871 geschlossen wurde, sind im HMF erhalten.
Bis 1969 B.schule, eine Mittel- bzw. Realschule (dann im Schulzentrum Bockenheim-Süd aufgegangen), an der Messe.
Denkmal (von Aloys Mayer, 1899) in der Brüningstraße in Höchst. B.denkmal (von Rudolf Siemering, 1908; eingeschmolzen 1940) in der Gallusanlage.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 71-73,
(redigierte Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon).