T. ist der Erfinder der Fotografie auf Papier und des Negativ-Positiv-Verfahrens. Er war kein Ffter, aber es bestanden wechselseitige Beziehungen zwischen ihm und der Stadt Ffm. Einerseits suchten Ffter Wissenschaftler und Fotografen Kontakt zu ihm und übernahmen seine Erfindung, andererseits hatte T. eine mehrjährige verwandtschaftliche Verbindung zu Ffm.
T. stammte aus einer wohlhabenden Gutsbesitzerfamilie in Lacock Abbey im Südwesten von England. Er studierte von 1817 bis 1821 Physik, Mathematik und Naturwissenschaften am Trinity Collage in Cambridge und interessierte sich auch für Optik und Altphilologie. Ab 1822 veröffentlichte er als Privatgelehrter verschiedene fachliche Studien. 1831 wurde er in die Royal Society of Sciences in London aufgenommen, die ihm 1838 die Königliche Medaille für eine Arbeit über Integralrechnung verlieh. Um diese Zeit beschäftigten sich etliche Praktiker mit der Frage, wie man ein natürliches Bild dauerhaft festhalten könne. Bereits ab 1833 experimentierte T. mit einer Camera obscura, um deren Bilder auf Papier zu fixieren. Die Herstellung des ersten Papiernegativs (durch die Beschichtung des Papiers mit Chemikalien) gelang ihm 1835, ohne dass er seine Erfindung zunächst veröffentlichte. Erst im Herbst 1838 befasste er sich wieder mit diesen Experimenten, mehr beiläufig, denn sein eigentliches Interesse galt anderen naturwissenschaftlichen Gebieten. Parallel zu T. entwickelte der Franzose Louis Daguerre (1787-1851) ein Verfahren zur Bildwiedergabe auf versilberten Kupferplatten („Daguerreotypie“). Als Daguerres Erfindung im Januar 1839 bekannt gemacht wurde, sah der davon überraschte T. die Priorität seiner Arbeiten in Gefahr und machte schnellstmöglich sein Verfahren publik. Erst nach der Veröffentlichung weiterer Details im August 1839 wurde ersichtlich, dass es sich um zwei verschiedene „fotografische“ Methoden handelte.
Die Erfindung der Fotografie stieß überall auf großes Interesse, auch in Ffm. Das Ffter Konversationsblatt berichtete mehrfach darüber und erwähnte in einem Artikel vom 10.3.1839 auch die Papierfotografien von T. Bereits im September 1839 bot die Ffter Buchhandlung „Gebhard & Körber“ per Inserat im Ffter Journal eine Broschüre mit Anweisungen zur Erzeugung von Lichtbildern „nach Talbot und Daguerre“ an. 1841 griff der Physikalische Verein in zwei seiner Sitzungen das Thema auf:
Rudolph Christian Boettger legte zwei Briefe von T. „unter Vorzeigung mehrerer von dem Erfinder selbst gefertigter Bilder“ vor. Inzwischen hatte T. 1841 Patentschutz für sein Verfahren in England erhalten. Er korrespondierte mit zahlreichen Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen und fotografierte daneben Motive wie seinen Wohnsitz, Straßenszenen, Pflanzen und auch Skulpturen. Schon vor einigen Jahren war er auf die europaweit bekannte „Ariadne auf dem Panther“ von
Johann Heinrich von Dannecker aufmerksam geworden, die von
Simon Moritz von Bethmann 1814 erworben worden war und im Bethmann’schen Museum in Ffm. ausgestellt wurde. Nun war T.s Onkel
William Thomas Horner Fox-Strangways, späterer 4. Earl of Ilchester (1795-1865), von 1840 bis 1849 als britischer Gesandter beim Deutschen Bund in Ffm. tätig. Der kunstinteressierte Diplomat führte seine Gäste regelmäßig in das Bethmann’sche Museum, so auch seinen Neffen T., der ihn im März und im Frühsommer 1842 in Ffm. besuchte. T. lichtete die dortige Skulptur der „Ariadne auf dem Panther“ mehrfach ab, seitlich von links, seitlich von rechts, schräg von vorne und im Großformat. Es befinden sich davon sieben Negative und 17 Positivabzüge im National Science and Media Museum in Bradford sowie sieben weitere Abzüge in anderen englischen und US-amerikanischen Museen, wie inzwischen in der Online-Datenbank „The Talbot Catalogue Raisonné“ (2019) des englischen Fotografiehistorikers Larry J. Schaaf erfasst. Ob T. während seiner beiden Aufenthalte in Ffm. 1842 auch Kontakt zum Physikalischen Verein hatte, ist nicht bekannt. Der Verein beschäftigte sich damals mehrfach mit der Papierfotografie, ohne aber direkt auf T. Bezug zu nehmen. Erst in der Sitzung am 9.3.1844 kam es wiederum zur Vorlage „neuer, von Talbot angefertigter Lichtbilder auf Papier“. Das wissenschaftliche Interesse an der Erfindung blieb also bestehen.
In der praktischen Arbeit der ersten Ffter Fotoateliers wurde zunächst nur das Verfahren der Daguerreotypie benutzt. Das änderte sich aber schlagartig, wenn auch ohne direkten Einfluss von T.: Im Dezember 1844 kam ein Engländer namens E. Tanner (Vorname nicht bekannt) nach Ffm., der die Papierfotografie beherrschte und wusste, dass sie in Deutschland nicht patentgeschützt war. Tanner inserierte am 17.12.1844 im Ffter Intelligenz-Blatt, dass man bei ihm in seiner Wohnung gegen „billige Bedingungen“ das Verfahren erlernen könne. Der Fotograf
Sigismund Gerothwohl nahm ihn daraufhin als Partner auf, bot Porträtfotografien auf Papier an und stellte Probebilder im Städel aus. Dabei bezeichnete er allerdings E. Tanner als den Erfinder. Dagegen hatte
Carl Friedrich Vogel, der mit seiner lithografischen Anstalt in Konkurs gegangen war und den Beruf wechseln wollte, offensichtlich schon etwas von T. gehört. Er schaute sich bei dessen Onkel verschiedene Originale von T., die inzwischen als „Kalotypien“ bezeichnet wurden, an und schrieb mit Datum vom 15.5.1845 einen Brief an T., in dem er ihn bat, ihm die Papierhandlung zu nennen, bei der er „geeignete Materialien“ beziehen könne, oder „eine solche zu veranlassen, mir gute Papiere im Betrag von etwa 12 Schilling zur Probe zu senden“. Eine Antwort von T. hat sich nicht erhalten.
Vogel übernahm im Januar 1846 das Atelier von
Gerothwohl; auch die anderen lokalen Fotografen stellten im Laufe des Jahres auf die Papierfotografie um.
Genau in dieser Zeit besuchte T. erneut seinen Onkel in Ffm. Er unternahm im Oktober 1846 eine Rheinreise und machte nach Stationen in Koblenz und Mainz den üblichen Abstecher nach Ffm. Hier entstand die älteste erhaltene fotografische Stadtansicht von Ffm., und zwar ein Blick über die Zeil zu Hauptwache und Katharinenkirche, aufgenommen von einem Fenster im zweiten Stock des Hotels „Russischer Hof“; die Originalaufnahme befindet sich heute im ISG. T. hat damals zwei weitere Motive in Ffm. aufgenommen. So drehte er seine Kamera im Fenster des „Russischen Hofs“ nach links und bildete den Blick über die Zeil zur Konstablerwache (also in die andere Richtung) ab. Von dieser Aufnahme, die erst durch den 2019 veröffentlichten Onlinekatalog von T.-Forscher Larry J. Schaaf bekannt wurde, ist je ein Exemplar im J. Paul Getty Museum in Los Angeles und in Privatbesitz überliefert. Die dritte Ffter Ansicht, handschriftlich datiert auf den 11.10.1846, zeigt das Löwenplätzchen an der Fahrgasse mit dem Firmenschild des Mechanikus Johann Jost Rullmann (1793-1863); das Negativ ist heute im Besitz des National Science and Media Museum in Bradford. Lokale Kontakte von T. während dieses Fft.besuchs sind, außer zu seinem Onkel, wiederum nicht nachweisbar.
T. kam danach nicht mehr nach Ffm., zumal sein Onkel 1849 die Stadt verließ. Der Fotograf
Carl Friedrich Vogel wandte sich jedoch weiterhin an T. So stellte er in einem Brief 1848 die von ihm erfundene Fotomontage dar, für die er in Ffm. ein Patent erhalten hatte, und bat T., ihm zu helfen, ein solches Patent auch in England zu erlangen. Dazu kam es aber nicht. T. seinerseits hatte mit seinen Aktivitäten keinen wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere nicht über die Vergabe von Lizenzen. Auch ein von ihm herausgegebenes Buch mit eingeklebten Fotografien brachte keinen Durchbruch. 1850 kam das Kollodiumverfahren auf, das sein Kalotypieverfahren ablöste. Die Bilder wurden jetzt auf der Rückseite der Kamera nicht mehr auf Papier festgehalten, sondern auf Glasplatten, auf die eine Kollodiumschicht aufgetragen wurde. Damit wurden die Positivabzüge wesentlich kontrastreicher. T. zog sich ins Privatleben zurück und beschäftigte sich nur noch theoretisch und eher nebenbei mit wissenschaftlichen Arbeiten.
.