Verheiratet (von 1939 bis zur Scheidung 1946) mit dem Schauspieler und Operettensänger Erwin Hartung (1901-1986), der seit den 1930er Jahren durch zahlreiche Schallplattenaufnahmen, vor allem von populären Unterhaltungs-, Tanz-, Trink- und Stimmungsliedern, bekannt war. Ein Sohn: Götz Hartung (1939-2002).
Gesangsausbildung in Dresden. Erste Engagements, insbesondere als Operettensängerin (Sopran), in Bautzen (Stadttheater, Spielzeit 1925/26), Hannover (Mellini-Theater, 1926/27) und Rostock (Städtische Bühnen, 1927/28). Unter dem Intendanten Martin Friedmann (1895-1943), dem sie von Essen (Operettentheater, 1928/29) über Hannover (Mellini-Theater, 1929-31) nach Leipzig (Operettentheater, 1931/32) folgte, entwickelte sich J. zur Ersten Soubrette und einem beliebten Operettenstar auf der Bühne. In der Spielzeit 1932/33 ohne festes Theaterengagement; wohl damals Auftritte in Breslau und Dresden. Folgende Engagements in Chemnitz (Städtische Theater, 1933/34), Berlin (Komische Oper, 1934/35), Dortmund (Olympia-Theater, als Gast 1935-37) und wieder in Berlin (Theater des Volkes, 1936-40, und Theater der Jugend, 1938/39). Ab 1934 Mitwirkung in Filmen, meist Musikfilmen und Lustspielen, erstmals in „Der letzte Walzer“ (Titel auch: „Hofball in St. Petersburg“; Regie: Georg Jacoby, UA: 27.11.1934; mit Adele Sandrock und
Camilla Horn). Zudem Rundfunkauftritte, u. a. bei den Sendern Hannover und Breslau, und Schallplattenaufnahmen.
Dem NS-Regime, sagte J. rückblickend, habe sie sich um ihrer Karriere willen angepasst. Ihr früherer Intendant Martin Friedmann, der sie wohl protegiert hatte, musste 1935 in die Niederlande emigrieren und wurde später im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Beim Film hatte J. anfangs mit linientreuen Regisseuren wie Georg Jacoby (1882-1964) und Hans Steinhoff (1882-1945) gedreht. Andererseits arbeitete sie dann bis über die Mitte der 1930er Jahre auch mit Filmregisseuren zusammen, die aus verschiedenen Gründen zunehmend unter den Druck der nationalsozialistischen Machthaber gerieten, wie z. B. mit Richard Eichberg (1888-1952), Alwin Elling (1897-1973) und Karel Lamač (1897-1952); möglicherweise verlief J.s Filmkarriere deshalb um 1937 im Sande. Das Berliner Theater des Volkes (bis 1933: Großes Schauspielhaus), an dem J. seit der Spielzeit 1936/37 als Erste Soubrette engagiert war, stand seit der Übernahme durch die Nationalsozialisten 1933/34 unter der Trägerschaft des Reichspropagandaministeriums. In der Spielzeit 1940/41 gehörten J. und ihr (nationalsozialistisch engagierter) Mann Erwin Hartung zum Ensemble der „Deutschen Veranstaltungsdienst GmbH“, eines „Gastspielunternehmens mit besonderen Aufgaben“, dessen Rechtsträger die Deutsche Arbeitsfront (DAF) war und dessen Auftritte offenbar der Truppenbetreuung dienten. So unternahm das Ehepaar Hartung-J. bereits 1940 eine „Wehrmachtstournee“ durch Dänemark, und 1941 ging J. auf Tournee im besetzten Frankreich. Ab der Spielzeit 1941/42 sind keine festen Bühnenengagements von J. mehr nachgewiesen. Ihr Name stand zunächst auf der ab August 1944 vom Reichspropagandaministerium erstellten „Gottbegnadeten-Liste“, wurde aber später handschriftlich gestrichen. Nach einem privaten Vorsingen bei Hitler soll sich J. weiteren Auftritten dieser Art verweigert haben. Infolge der verfügten Schließung aller Theater im Zuge des „totalen Kriegseinsatzes“ zum 1.9.1944 musste sie wahrscheinlich in der Rüstungsindustrie arbeiten, auch wenn sie gelegentlich noch im Rundfunk und bei Konzerten aufgetreten sein soll; ihr Mann Erwin Hartung war seit 1944 zur Wehrmacht eingezogen. Nachdem J. in Berlin „ausgebombt“ worden war, übersiedelte sie mit ihrem Sohn zu ihrer Mutter nach Dresden, wo sie den schweren Luftangriff auf die Stadt im Februar 1945 und das Kriegsende erlebte.
1946 Scheidung von Erwin Hartung. Wiederaufnahme der Bühnentätigkeit als Operettensängerin, vor allem am Metropol-Theater in Berlin. Daneben längere Gastspiele in Dresden, u. a. in der Titelrolle von Benatzkys „Bezauberndes Fräulein“ im Frühjahr 1946 bei der Central-Theater-Spielgemeinschaft. Am 28.12.1946 Verhaftung durch die sowjetische Geheimpolizei in Dresden wegen Spionageverdachts infolge eines privaten Besuchs auf einem Fest im amerikanischen Sektor der geteilten Stadt Berlin. Erste Verhöre durch die sowjetische Staatssicherheit an deren Sitz im „Heidehof“ in der Bautzner Straße in Dresden. Anschließend Einzelhaft in der Untersuchungshaftanstalt Münchner Platz in Dresden. Verurteilung zu 25 Jahren Lagerhaft in Sibirien per Fernurteil aus Moskau vom 17.8.1949, das J. in der Haft in Dresden mitgeteilt wurde. Anfang Oktober 1949 [wohl nicht: 1948] Suizidversuch und Verlegung in das Speziallager Sachsenhausen. Ab Ende Februar 1950 Transport per Bahn in den mittelsibirischen Lagerkomplex Taischet (mit Zwischenstationen in Brest-Litowsk und wahrscheinlich in Moskau). Nach zwei Monaten Ankunft im Lager (Oserlag) in Taischet. Einsatz in einem Baumfällkommando für den Bau der Eisenbahn Taischet – Bratsk, in dem die gefangenen Frauen schwerste körperliche Arbeit leisten mussten. Im Lager sang J. für die mitgefangenen Frauen, anfangs auf Russisch, wofür sie deutsche Liedtexte aus der Erinnerung mit Hilfe einer Mitgefangenen übersetzte und auch selbst etwas Russisch lernte. Wegen ihres Gesangs war sie sehr beliebt bei ihren Lagerkameradinnen, was ihr (später) den Beinamen der „sibirischen Nachtigall“ eintrug. Im Zuge der Hafterleichterungen nach Stalins Tod 1953 konnte sie einen kleinen Chor („die Pieper“) gründen, der zu den Geburtstagen der Frauen sang, und ab 1954 durfte sie auch auf Deutsch singen. Im Oktober 1955 Entlassung aus dem Lager, nachdem Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) bei seinem Besuch in Moskau im September 1955 die Rückkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen und der SMT-Verurteilten erreicht hatte. Am 20.10.1955 Ankunft im Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen. Erholungsaufenthalt in einem Müttergenesungsheim in Einbeck.
Möglicherweise schon 1956, aber spätestens 1957 ließ sich J. in Ffm. nieder, wo sie in einer kleinen Wohnung in Bockenheim lebte und bald eine Bürotätigkeit annahm. Sie hatte zunächst versucht, beruflich an ihre frühere Karriere als Operettensängerin anzuknüpfen, und ab Februar 1956 auch wieder erste, allerdings eher vereinzelte Auftritte bei Unterhaltungskonzerten und im Rundfunk absolviert. Bis in die Mitte der 1960er Jahre trat sie gelegentlich als Sängerin in kleinerem Rahmen, etwa in Kurhäusern, bei Vereinsveranstaltungen und im Rundfunk, auf. Exemplarisch seien hier ihre Ffter Auftritte mit Operettenliedern bei der Abendveranstaltung zum 6. Heimattag der Gemeinschaft „Dresdner Heimatfreunde in Westdeutschland“ unter dem Motto „Erinnerungen an Dresden“ im Festsaal der Börse (8.6.1957) und im bunten Abendprogramm des 6. „Fests der Leipziger“ im Ffter Palmengarten (17.10.1959) genannt.
Erst 1995 erhielt J. den Bescheid der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation über ihre Rehabilitierung. Sie starb 2005 im Alter von 100 Jahren und wurde, ihrem Wunsch entsprechend, auf dem Neuen Friedhof in Bockenheim anonym bestattet.
Weitere Filme mit J.: „Der Ammenkönig“ (Regie: Hans Steinhoff, UA: 5.12.1935; mit Käthe Gold, Fita Benkhoff, Gustav Knuth und
Theo Lingen), „Der schüchterne Casanova“ (Regie: Karel Lamač, UA: 13.2.1936; mit Fita Benkhoff, Adele Sandrock, Paul Kemp und O. E. Hasse), „Hummel – Hummel“ (Titel auch: „Ein kleiner goldener Ring“, „Ehekrach“; Regie: Alwin Elling, UA: 6.11.1936; mit Paul Henckels), „Karo König“ (Kurzspielfilm; Regie: Carl Heinz Wolff, 1936), „Es geht um mein Leben“ (Regie: Richard Eichberg, UA: 15.12.1936; mit Alice Treff, Lotte Spira, Karl Ludwig Diehl und
Theo Lingen), „Der lustige Witwenball“ (Regie: Alwin Elling, UA: 21.12.1936; mit Ida Wüst, Paul Henckels, Rudolf Platte und Hans Richter) und „Besuch in der Abendstunde“ (Kurzspielfilm; Regie: Carl Echtermeier, UA: 14.9.1937). Zudem sind Schallplattenaufnahmen von J. aus dem Jahr 1941 überliefert.
Nachlass im Archiv der Gedenkstätte Bautzner Straße in Dresden.
Seit 2022 Mara-J.-Platz in Bockenheim.
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