Aus einer wohlhabenden Ffter Familie, die im Gold- und Silberschmiedehandwerk wurzelte: In fünf Generationen brachte sie 19 Goldschmiede hervor. Tochter des Juweliers Johann Christian Riese (eigentl.: Rieß, Rieße; 1669-1741) und dessen Ehefrau Anna Margareta (auch: Margaretha), geb. Fende (auch: Fenda; 1680-1746). Acht Geschwister, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten: Johann
Christian Riese d. J. (1702-1764), Juwelier; Anna Margareta Riese (seit 1726 verh. Lucius, 1704-1778); Johann Jacob Riese (* und † 1706); Maria Margareta Riese [seit 1728 verh. (seit 1749: von) Franck, 1707-1782]; Friedrich (eigentl.: Friederich) Jacob (seit 1747: von) Riese (1710-1768), Jurist, Diplomat; Matthias (seit 1747: von) Riese (1711-1789), Handelsmann; Johann Peter Riese (1714-1723); Susanna Maria Riese (1717-1720). Verheiratet (seit 1742) mit dem Arzt
Johann Christian S. (1707-1772). Ein Kind: Anna Margareta S. (1743-1745).
Die Familie Riese wohnte in der Hasengasse, in dem vom Vater Johann Christian Riese 1706 erworbenen Eckhaus neben dem
Fettmilchplätzchen an der Töngesgasse (später Lit. G 33, dann Nr. 1), das bei dem Großen Christenbrand im Juni 1719 abbrannte und danach wiederaufgebaut wurde.
Johann Christian S., der im Nachbarhaus in der Hasengasse aufwuchs, kannte daher seine spätere Ehefrau Johanna Rebecca Riese von klein auf. Er beschrieb sie als „ein Kind guter Art“, das eine „liebreiche und ernsthaffte Auferziehung Ihrer werthesten Eltern“ genossen habe. (Senckenberg: Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode 1743, [S. 3]. Die Zitate aus dieser Schrift von
Johann Christian S. folgen hier der – heute teilweise unüblichen – Schreibweise des Originals.) Eigentlich hatte sich Johanna Rebecca Riese entschlossen, nicht zu heiraten, und mehrere Bewerber abgewiesen. Als ihr Großvater mütterlicherseits, der Kaiserliche Rat, Notar und pietistische Schriftsteller Christian Fende (auch: Fenda; 1651-1746), wohl bereits um 1735 den ihm befreundeten Arzt
Johann Christian S. als Heiratskandidaten ins Gespräch brachte, änderte Johanna Rebecca jedoch ihre Meinung. Verzögert wurde die Verlobung u. a. durch die problematische Beziehung
Johann Christian S.s zu seiner seit 1730 verwitweten Mutter Anna Margarethe S., geb. Raumburger (1682-1740), mit der zusammen er im elterlichen Haus zu den drei kleinen Hasen lebte. Erst als die Mutter 1740 starb, konnte er Johanna Rebecca ein erstes Eheversprechen geben. Doch auch in der Familie der Braut blieben Widerstände gegen die Heirat bestehen. Johanna Rebeccas Vater, der schwer krank war und von
Johann Christian S. ärztlich betreut wurde, äußerte Bedenken gegen die Verbindung. Nach seinem Tod im Dezember 1741 wurde die Eheschließung erst möglich. In den zwei Jahren der Verlobung hatten sich Johanna Rebecca Riese und
Johann Christian S. laut seinen Aufzeichnungen nicht ein einziges Mal persönlich unterhalten, dennoch fühlten sie sich offenbar einander zugehörig. Johanna Rebecca soll in dieser Zeit gegenüber Freundinnen gesagt haben, dass sie, wenn sie
Johann Christian S. nicht zum Ehemann bekäme, niemanden heiraten wolle.
Nachdem am 15.5.1742 der Ehevertrag unterzeichnet worden war, wurden Johanna Rebecca Riese und
Johann Christian S. am 7.6.1742 privatim durch Senior
Heinrich Andreas Walther, den Pfarrer der Barfüßerkirche, getraut. Das Ehepaar bezog das Haus zu den drei kleinen Hasen in der Hasengasse (später Lit. H 173, dann Nr. 3), das Elternhaus von
Johann Christian S., das er bei der Erbteilung mit seinen beiden Brüdern 1743 erhielt. Das Erdgeschoss des Hauses diente als familiärer Wohn- und Arbeitsbereich, während die oberen Stockwerke die Bibliothek und die Sammlungen des Ehemanns beherbergten. Trotz seines Wohlstands führte das Ehepaar S. ein eher bescheidenes Leben.
Die Ehe war zumindest laut
Johann Christian S. glücklich. Er schreibt in dem Nachruf für seine Frau: „Kurtz zu sagen: Wir hatten eine recht glückselige Verbindung getroffen, welche in einer wahren Harmonie derer Gemüther bestund, und in Beförderung unseres gemeinschafftlichen Bestens, vornehmlich in Dingen, so die Seligkeit betraffen, als unserm Haupt-Endzweck auf dieser Welt.“ (Ebd., S. 4f.) Am 19.10.1743 brachte Johanna Rebecca S. das erste (und einzige) Kind zur Welt, eine gesunde Tochter, die am folgenden Tag auf den Namen Anna Margareta (nach Johanna Rebeccas Mutter) getauft wurde. Doch Johanna Rebecca S. erkrankte an Kindbettfieber und starb eine Woche nach der Geburt, am Morgen des 26.10.1743, im Beisein ihres Mannes. Ihre Tochter starb knapp zwei Jahre später, im Juli 1745, an einer tuberkulösen Hirnhautentzündung.
Johanna Rebecca S., geb. Riese, war eine Frau von tiefem Glauben, großer Bescheidenheit und stiller Wohltätigkeit. Das Gute, so schrieb ihr Ehemann in Erinnerung an sie, sei ihr „zur Gewohnheit und Natur geworden“ und habe sie „gantz durchdrungen“: „Sie lehrete die Nothwendigkeit gutes zu thun und Ordnung zu halten mit Ihrem eigenen Exempel, da Sie alle die Gesetze, so Sie andern gabe, Selbst aufs genaueste hielte (…).“ (Ebd., S. 10.) Ihre Beziehung zu weltlichen Gütern war von tiefer Skepsis geprägt. Wohlstand betrachtete sie eher als Last denn als Privileg. Sie verzichtete lieber auf gesellschaftlichen Status („grosse Tituln und Bedienungen“), um näher bei Gott und sich selbst zu sein. (Vgl. ebd., S. 8.) Sie kleidete sich schlicht und begnügte sich zu ihrer Ernährung mit Wasser und einfachen Speisen. S. war stets darauf bedacht, Bedürftigen zu helfen. Sie spendete rege an Arme und Notleidende, jedoch nicht ohne vorher nach den Ursachen von deren Armut zu forschen: „Am allerwenigsten konnte Sie heuchlerische heilige Faullenzer vertragen, welche vieles vom Guten schwatzen, aber nicht thun, und dabey vom Glauben und anderer Beutel leben wollen (…).“ (Ebd., S. 11.) Solchen Menschen gab sie kein Geld, sondern „eine gute Lection“. (Vgl. ebd.)
Johann Christian S. erinnerte sich voller Ehrfurcht und Dankbarkeit an seine Ehefrau und das gemeinsame Leben: „Was vor Vergnügen und Segen ich in dieser wohlgerathenen, aber sehr kurtzen Ehe genossen, kan ich nicht aussprechen.“ (Ebd., S. 4.) Unter dem Einfluss seiner Frau veränderten er und seine Wahrnehmung der Umwelt sich spürbar. Vor 1742 waren seine Tagebücher voll von detaillierten, beinahe hypochondrischen Selbstbeobachtungen und introspektiven Gedankengängen gewesen. Nach der Heirat vollzog sich ein deutlicher Wandel: Statt sich nur mit sich selbst zu beschäftigen, richtete
Johann Christian S. seinen Blick zunehmend auf seine Mitmenschen. Er begann, ihre Tugendhaftigkeit und Frömmigkeit – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne – zu bewerten, und engagierte sich verstärkt für das Wohl anderer.
Obwohl S. ein von tiefer Frömmigkeit bestimmtes Leben führte, war sie von Todesahnungen geplagt. Sie trug stets einen Trauerring mit einem emaillierten Totenkopf und der Inschrift „Non est mortale quod opto“ (Es ist nicht sterblich, was ich wünsche). Bereits vor ihrer Schwangerschaft äußerte sie wiederholt: „Ich werde bald sterben, ich werde gewiß sterben, Sie werden es sehen, daß es wahr ist.“ (Ebd., S. 12.) Jeden Montag ließ sie vor ihrem Haus Chorschüler ein Sterbelied singen. Während ihrer Krankheit blieb sie standhaft in ihrem Glauben. Als sie ihr Ende nahen spürte, erklärte sie ihrem Mann in einem letzten Gespräch: „Ja ich sterbe von Hertzen gern, und ist nichts das mich hält.“ (Ebd., S. 15.)
Zwei posthum im Auftrag von
Johann Christian S. entstandene Ölporträts (von Anton Sturm, 1744, und von
Franz Lippold, 1745) im Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung.
Die Leichenpredigt für Johanna Rebecca S., gehalten von Johann Nicolaus Paulisky, erschien im Druck.
Johann Christian S. erinnerte sich zudem in einer Gedenkschrift an seine Frau („Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode“, 1743). Die drei Brüder und Schwägerinnen der Verstorbenen, die beiden Brüder des Witwers sowie drei Neffen widmeten ihr Gedichte der Trauer („Trauer-Gedichte. Erbauliche Gedancken über die Worte: Non est mortale, quod opto. Das/ was ich wünsche, stirbet nicht. Welche in dem Ring befindlich gewesen, den die Selige täglich getragen“, 1743).
Bei ihrer Heirat 1742 hatte S. eine Aussteuer von 10.000 Gulden von ihrer Mutter mitbekommen. Im Ehevertrag war die Nachlassregelung getroffen worden, dass, falls die Ehe kinderlos bleiben würde, der hinterbliebene Partner das gesamte Vermögen des verstorbenen erben sollte. Im Zuge der Erbteilung mit den fünf noch lebenden Geschwistern Riese nach dem Tod der Mutter Anna Margareta Riese 1746 erhielt
Johann Christian S. einen Anteil von rd. 15.175 Reichstalern (etwa 22.762 Gulden) aus dem väterlichen Erbe seiner verstorbenen (ersten) Frau. Das Erbe von Johanna Rebecca S. bildete einen wesentlichen Grundstock für das Vermögen von
Johann Christian S. und später für das Kapital der von ihm errichteten „Dr. Senckenbergischen Stiftung“, die bis heute besteht und fortwirkt.
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