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Senckenberg, Familie (von)

Johann Hartmann Senckenberg

Johann Hartmann Senckenberg
Ölgemälde von Johann Daniel Bager (1766).
Eigentümer: Dr. Senckenbergische Stiftung.
Reproduktion: Sebastian Krupp.

© Dr. Senckenbergische Stiftung, Ffm. / Sebastian Krupp, Nauheim.
Anna Margarethe Senckenberg, geb. Raumburger

Anna Margarethe Senckenberg, geb. Raumburger
Ölgemälde von Johann Daniel Bager (1766).
Eigentümer: Dr. Senckenbergische Stiftung.
Reproduktion: Sebastian Krupp.

© Dr. Senckenbergische Stiftung, Ffm. / Sebastian Krupp, Nauheim.
Im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs emigrierten die aus Troppau (heute: Opava) in Oberschlesien stammenden S. nach Friedberg in der Wetterau. Dort heiratete der Apotheker und Bürger Johann S. (1610-1674) im Jahr 1643 Anna Catharina Henrici, die Tochter des Stadtpfarrers. Aus der kinderreichen Ehe ging mit Johann Hartmann S. (1655-1730) der Gründer des Ffter Zweigs der Familie S. hervor. Der promovierte Arzt nahm 1681 die Tochter des Ffter Advokaten Johann Christoph van der Birghden, Maria Margarethe, zur Frau und schwor am 6.11.1688 den Ffter Bürgereid. Johann Hartmann S. gehörte von 1691 bis 1693 dem Pflegamt des Armen-, Waisen- und Arbeitshauses an und stieg als Stadtarzt im Jahr 1700 vom Physicus ordinarius zum Physicus primarius auf. Während seiner zweiten, 1703 mit Anna Margarethe Raumburger (1682-1740) geschlossenen Ehe hing bei dem in der Hasengasse wohnenden Johann Hartmann S. wiederholt der Haussegen schief. In einer privaten Notiz charakterisierte er 1714 seine Frau als „Xanthippe”. Dennoch zeugten Johann Hartmann und Anna Margarethe S. fünf Kinder: Heinrich Christian, Johann Christian, Conrad Hieronymus (1709-1739), Catharina Margarethe (1712-1713) und Johann Erasmus.
Der erstgeborene Sohn Heinrich Christian S. hatte den größten beruflichen Erfolg. Der renommierte Staatswissenschaftler wurde vom Kaiser 1745 zum Reichshofrat ernannt. Er war damit der erste und auch der einzige Ffter, der dieses hohe Amt je bekleidet hat. Heinrich Christian (von) S. heiratete in zweiter Ehe 1746 Sophie Elisabeth von Palm, die ihm zwei Söhne schenkte: Renatus Leopold Christian Karl von S. (1751-1800) und Carl Christian Heinrich von S. (1760-1842). Die beiden Brüder verstarben ohne Nachkommen, so dass die männliche Linie der Familie S. 1842 erlosch.
Für Licht und Schatten in der Ffter Lokalgeschichte haben der Arzt und Stifter Johann Christian S. sowie der Ratsherr und „Querulant” Johann Erasmus (von) S. gesorgt. Das Bürgerhospital, der Botanische Garten und die S.ische Bibliothek gehen unmittelbar auf die Stiftungen Johann Christian S.s aus den Jahren 1763/65 zurück. Die 1817 gegründete „S.ische Naturforschende Gesellschaft” (SNG) benannte das 1821 am Eschenheimer Tor eröffnete Naturmuseum nach dem Förderer der medizinischen Wissenschaft in Ffm. S.anlage am S.-Campus (auch: S.-Quartier) mit dem S.museum im Westend. S.turm, ein Bürohochhaus, an der S.anlage/Robert-Mayer-Straße im Westend.

Artikel aus: Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 376f., verfasst von: Thomas Bauer (redigierte Onlinefassung für das Frankfurter Personenlexikon).

Lexika: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. München/Leipzig 1875-1912.Rudolf Jung in: ADB 34 (1892), S. 1-5. | Heyden, Eduard: Gallerie berühmter und merkwürdiger Ffter. Ffm. 1861.Heyden, S. 389f., 393. | Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Artikel über den Arzt und Botaniker Johann Hartmann Senckenberg in: Kallmorgen, S. 412. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 548. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 231.
Literatur:
                        
Kriegk, Georg Ludwig: Die Brüder Senckenberg. Eine biographische Darstellung. Nebst einem Anhang über Goethe’s Jugendzeit in Ffm. Ffm. 1869.Kriegk: Brüder Senckenberg 1869.
Quellen: ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/11.570.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Hartmann_Senckenberg
Hinweis: Artikel über Johann Hartmann Senckenberg.
Wikipedia, 7.10.2014.


GND: 119244926 (Eintrag der Deutschen Nationalbibliothek).
4 herausragende Vertreter der Familie in Ffm.

Senckenberg, Heinrich Christian (von)

Einziger Ffter im Amt des Reichshofrats.
Heinrich Christian Senckenberg

Heinrich Christian Senckenberg
Ölgemälde (von unbekannter Hand, 1767).
Eigentümer: Dr. Senckenbergische Stiftung.
Reproduktion: Sebastian Krupp.

© Dr. Senckenbergische Stiftung, Ffm. / Sebastian Krupp, Nauheim.
Senckenberg, Heinrich Christian (seit 1751: Reichsfreiherr von). Reichshofrat. Prof. Dr. jur. Dr. phil. Jurist. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 19.10.1704 Ffm., † 30.5.1768 Wien.
Sohn des Stadtarztes Johann Hartmann S. (1655-1730) und dessen Ehefrau Anna Margarethe, geb. Raumburger (1682-1740). Älterer Bruder von Johann Christian und Johann Erasmus S., die er in juristischen Fragen beriet und begleitete.
Aufgewachsen bei Verwandten in Gießen (seit 1707). Nach einem Studium der Jurisprudenz in Gießen (1719-24) verbrachte S. zunächst eine Zeit lang in Ffm., wo sich der Jurist Johann Philipp Orth und der Bibliophile Zacharias Konrad von Uffenbach seiner annahmen. Nach weiteren Studien in Halle und Leipzig ließ sich S. nach seiner Promotion zum Dr. jur. in Gießen 1729 kurzzeitig als Advokat in Ffm. nieder, bis er 1730 in den Dienst des Wild- und Rheingrafen Carl von Dhaun trat. Die Universität Göttingen, an der er 1738 auch zum Dr. phil. promoviert wurde, berief ihn 1736 zum ordentlichen Professor der Rechtswissenschaft. Zwei Jahre später übernahm S. eine Professur in Gießen; zugleich wurde er hessen-darmstädtischer Regierungsrat. Das angebotene Amt eines Reichshofrats schlug er 1742 (noch) aus. Seit 1743 amtierte er neben der Gießener Professur als Geheimer Justizrat und Gesandter beim Oberrheinischen Kreis für den Fürsten von Nassau-Oranien. Erst im Alter von 40 Jahren, nachdem er nach dem frühen Tod seiner ersten Frau in seine Heimatstadt zurückgekehrt war, erwarb S. am 23.11.1744 das Ffter Bürgerrecht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er ohnehin nur etwa ein halbes Dutzend Lebensjahre in seiner Geburtsstadt verbracht. Als Kaiser Franz I. Anfang Oktober 1745 zur Krönung in Ffm. weilte, ernannte er den renommierten Staatswissenschaftler zum Reichshofrat. S. war der erste und auch der einzige Ffter, der dieses hohe Amt jemals bekleidet hat; einige Tage nach ihm hatte zwar auch Heinrich von Barckhaus den Titel des Wirklichen Reichshofrats erhalten, der jedoch das Amt in Wien nie ausübte. S. verlegte seinen Wohnsitz nach Wien und kehrte zeitlebens nur noch zweimal nach Ffm. zurück. 1754 nutzte er einen Kuraufenthalt in Schwalbach für eine Stippvisite, und im Frühjahr 1764 befand er sich im Gefolge Kaiser Josephs II. Der 1751 zum Reichsfreiherrn geadelte S. galt zuletzt als engster Mitarbeiter des Reichsvizekanzlers.
Verfasser und Herausgeber zahlreicher juristischer und rechtshistorischer Schriften und Quellensammlungen, u. a. „Selecta juris et historiarum (...)“ (6 Bde., 1734-42), die im ersten Band ausschließlich mittelalterliche Urkunden, Chroniken und sonstige Quellen mit Bezug auf Ffm. enthält. Wegen seiner wichtigen Editionen deutscher Rechtsquellen gilt S. als bedeutender Vertreter der „germanistischen Antiquitätenforschung“ (Ernst Landsberg).
Porträt (von unbekannter Hand, 1767) im Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung. Porträtrelief (von Franz Xaver Messerschmidt, um 1769/70) am Grabmal, ursprünglich in Wien, von 1907 bis 1958 in der Kapelle des Bürgerhospitals in Ffm. (verschollen).

Lexika: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. München/Leipzig 1875-1912.Rudolf Jung in: ADB 34 (1892), S. 1f. | Heyden, Eduard: Gallerie berühmter und merkwürdiger Ffter. Ffm. 1861.Heyden, S. 390-393. | Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Mitbegr. v. Wolfgang Stammler. 1. Aufl. Hg. v. Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann u. Dieter Werkmüller unter philolog. Mitarb. v. Ruth Schmidt-Wiegand. 5 Bde. Berlin 1964-98. 2., völlig überarb. u. erw. Aufl. Hg. v. Albrecht Cordes, Heiner Lück u. Dieter Werkmüller unter philolog. Mitarb. v. Ruth Schmidt-Wiegand bzw. Christa Bertelsmeier-Kierst. Bisher 3 Bde. u. weitere Lieferungen (bis Nowgorod). Berlin 2004-16.Michael Stolleis in: HRG 4 (1990), Sp. 1628-1630. | Kutz, Corinna: Die Porträtsammlung der Dr. Senckenbergischen Stiftung. Ffter Bildnisse aus fünf Jahrhunderten. Bestandsverzeichnis und Ausstellungskatalog. Ffm. 2000.Kutz: Senck. Portr., S. 115, Nr. 43. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 548. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 231. | Strieder, Friedrich Wilhelm: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Fortgef. v. Karl Wilhelm Justi u. Otto Gerland. 21 Bde. Göttingen u. a. 1781-1868.Strieder 14 (1804), S. 192-225.
Literatur:
                        
Bary, August de: Geschichte der Dr. Senckenbergischen Stiftung 1763-1938. Ffm. 1938.de Bary: Dr. Senckenbergische Stiftung 1938, S. 81. | Kriegk, Georg Ludwig: Die Brüder Senckenberg. Eine biographische Darstellung. Nebst einem Anhang über Goethe’s Jugendzeit in Ffm. Ffm. 1869.Kriegk: Brüder Senckenberg 1869. | Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und Altertumskunde zu Ffm. Ffm. 1859-1886.Scheidel, Sebastian Alexander: Geschichte der Dr. Senckenberg’schen Stiftshäuser. Neujahrsbl. d. Vereins für Geschichte 1867, S. 75f.
Quellen: ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/6.145. | Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Ffm. 7 Bde. Ffm. 1858-85.Schrotzenberger, Robert: Der Denkstein des Reichshofraths Heinrich Christian Freiherrn von Senckenberg im botanischen Garten dahier. In: Mitteilungen d. Geschichtsvereins 7 (1885), H. 5 (Sept./Okt. 1884), S. 119-123.
Internet: Dr. Senckenbergische Stiftung, Senckenbergische Portraitsammlung, Ffm. https://www.senckenbergische-portraitsammlung.de/portraits/portrait/44Senckenbergische Portraitsammlung, 1.12.2023. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Christian_von_SenckenbergWikipedia, 7.10.2014.

Senckenberg, Johann Christian

Stifter.
Johann Christian Senckenberg (Porträt von Friedrich Ludwig Hauck, 1748)

Johann Christian Senckenberg
Ölgemälde von Friedrich Ludwig Hauck (1748).
Eigentümer: Dr. Senckenbergische Stiftung.

© Dr. Senckenbergische Stiftung, Ffm.
Johann Christian Senckenberg (Porträt von Anton Wilhelm Tischbein, 1771)

Johann Christian Senckenberg
Ölgemälde von Anton Wilhelm Tischbein (1771).
Eigentümer: Dr. Senckenbergische Stiftung.
Reproduktion: Sebastian Krupp.

© Dr. Senckenbergische Stiftung, Ffm. / Sebastian Krupp, Nauheim.
Senckenberg, Johann Christian. Dr. med. Arzt und Stifter. * 28.2.1707 Ffm., † 15.11.1772 Ffm.
Sohn des Stadtarztes Johann Hartmann S. (1655-1730) und dessen Ehefrau Anna Margarethe, geb. Raumburger (1682-1740). Bruder von Heinrich Christian und Johann Erasmus (von) S.
Schulausbildung am Gymnasium im ehemaligen Barfüßerkloster. Der große „Christenbrand” zerstörte 1719 das Elternhaus in der Hasengasse. Obwohl der Rat dem Gesuch des Vaters 1723 stattgab und das Medizinstudium S.s mit einem Stipendium förderte, verzögerte sich nach der Katastrophe von 1719 dessen Immatrikulation aus Geldmangel bis ins Jahr 1730. Die Wartezeit wurde mit einer Hospitation beim Solmsischen Leibarzt Reich, anatomischen und chirurgischen Studien bei den Ffter Stadtärzten Büttner und Grambs sowie Unterweisungen in praktischer Heilkunde durch den Vater überbrückt. 1730 Student der Medizin in Halle und Beginn des Tagebuchs „Observationes in me ipso et aliis factae”. Die Verstrickung in theologische Auseinandersetzungen führte im Juli 1731 zum Abbruch des Studiums. Der Lutheraner S. war in jungen Jahren von dem Separatisten Johann Konrad Dippel (1673-1734) beeindruckt und stand mit Pietisten, Inspirationsgemeinden und Herrnhutern in Verbindung. Tief religiös, verzichtete er auf Kirchgang und Abendmahl und geriet so in den Ruf, ein Sonderling zu sein. Im April 1732 kehrte S. nach Ffm. zurück und begann, dank einer Ausnahmeregelung auch ohne Doktordiplom, als Arzt zu praktizieren. Trotz Spannungen zwischen ihm und seiner Mutter zog er wieder in das Elternhaus zu den drei kleinen Hasen. Mit Unterstützung des älteren Bruders promovierte S. nach erheblichen psychischen Problemen 1737 in Göttingen über das botanische Thema „De Lilii convallium eiusque inprimis baccae viribus” (Über die Heilkraft der Beeren des Maiglöckchens) zum Doktor der Medizin. Die Heimatstadt erteilte ihm nun offiziell die Zulassung als Arzt. 1742 wurde S. zum Physicus extraordinarius, 1751 zum Landphysikus und 1755 zum Physicus ordinarius ernannt. Schon bald war er ein gefragter Arzt.
Neben den ärztlichen Einkünften bildete das Erbe der ersten Ehefrau die Grundlage seines Vermögens. Am 7.6.1742 hatte S. Johanna Rebecca Riese, die Tochter eines wohlhabenden Ffter Juweliers, geheiratet und kurz darauf, am 20.6.1742, den Bürgereid abgelegt. Nach der Geburt einer Tochter am 19.10.1743 starb Johanna Rebecca S. am Kindbettfieber (26.10.1743). Die Tochter überlebte die Mutter nur um zwei Jahre und starb im Juli 1745 an einer Hirnhautentzündung. Wohl auch zur Versorgung des Kindes hatte S. nach Ablauf des Trauerjahrs am 17.12.1744 mit Catharina Rebecca Mettingh, der Tochter des isenburgischen Regierungsrats Johann Jacob Mettingh, zum zweiten Mal den Bund der Ehe geschlossen. Aber auch die zweite Gattin starb am 11.12.1747 an den Folgen einer Geburt. Der im Juni 1747 entbundene Sohn war schon mit dreieinhalb Monaten Anfang Oktober 1747 verschieden. Nach diesen traurigen Ereignissen wagte es S. am 8.7.1754 noch einmal, in den Stand der Ehe zu treten, und heiratete die Witwe des kurpfälzischen Rats Johann Christoph Ruprecht, Antonetta Elisabetha, geb. Bach. Beide Ehepartner bereuten schon bald diesen Schritt und lebten seit dem 3.6.1756 getrennt voneinander. S.s dritte Ehefrau starb am 13.9.1756, nachdem er sie als Arzt bis zuletzt behandelt hatte.
Gleich zu Beginn im Hauptstiftungsbrief vom 18.8.1763 nannte Johann Christian S. die schweren Schicksalsschläge, die „Ermangelung ehelicher Leibes-Erben” sowie die „Liebe zu meinem Vaterland” als Beweggründe, sein gesamtes Vermögen zur Hebung des Ffter Gesundheitswesens zu stiften. Unter dem 10.11.1746 notierte er im Tagebuch, dass er erstmals mit dem Kollegen Le Cerf über die Idee einer Stiftung gesprochen habe. Spätestens seit diesem Tag hatte sein Leben ein Ziel. Während Johann Christian S. mit dem älteren Bruder in Wien über die juristische Absicherung der Stiftung korrespondierte, stand Johann Erasmus S. dem Vorhaben reserviert gegenüber. Gemäß einer Zusatzverfügung vom 16.12.1765 gliederte sich die „Dr. S.ische Stiftung” in ein medizinisches Institut und ein „Bürger- und Beisassen-Hospital”. Zur Errichtung der Stiftungsgebäude erwarb S. am 1.2.1766 für 23.000 Gulden ein von Bleich- und Stiftstraße [sic!] begrenztes Gelände am Eschenheimer Tor. Dass er sich zuerst den Forschungseinrichtungen widmete, begründete S. folgendermaßen: „Wenn der Tod mich überraschen sollte, ehe mein Werk vollendet ist, so wird das Krankenhaus nicht dabei leiden, desto eher aber möchte man vergessen, daß ich der Wissenschaft hier einen Tempel gründen wollte.” Die wissenschaftlichen Institute umfassten eine Anatomie, ein Chemielabor, einen botanischen Garten (hortus medicus) mit Gewächshaus, eine naturwissenschaftliche Bibliothek sowie eine Sammlung von Mineralien und Versteinerungen. S. verkaufte das ererbte Elternhaus in der Hasengasse und bezog 1768 das neu errichtete Stiftungshaus. Nach dem Willen des Stifters sollte sich in dem Gebäude später die Ffter Ärzteschaft (Collegium medicorum) jeden Monat einfinden, um über die Verbesserung des Medizinalwesens zu beraten. Am Stiftungsgebäude ließ S. eine Sonnenuhr mit der Inschrift „Me sol, vos umbra regit” (Mich leitet die Sonne, euch der Schatten) anbringen. Auf dem Dach der 1768 begonnenen Anatomie platzierte er sinnigerweise eine die Sense als Attribut in der Hand haltende Saturn-Statue.
Erst nach Fertigstellung dieses Ensembles wurde am 9.7.1771 der Grundstein für das Bürgerhospital gelegt. Den Gedanken, ein Drittel des 100.000 Gulden betragenden Stiftungskapitals für den Bau eines „Bürger- und Beisassen-Hospitals“ einzusetzen, hatte S. Anfang 1765 gefasst. Während sich das Hospital zum heiligen Geist um fremde Patienten kümmerte, bestand damals für einheimische Kranke ein empfindlicher Pflegenotstand. S. verfügte über die Konfessionsgrenzen hinweg, dass sowohl Lutheraner als auch Reformierte und Katholiken im Bürgerhospital Aufnahme finden sollten. Die Verwaltung des medizinischen Instituts übertrug S. den vier Stadtärzten. In Personalunion bildeten die vier Physici auch die noch um vier Ffter Bürger ergänzte Administration des Bürgerhospitals. Die Oberaufsicht über die „Dr. S.ische Stiftung” sollte jeweils der älteste Nachfahre seines Bruders Heinrich Christian (von) S. ausüben. Falls dieser Familienzweig erlöschen sollte (was 1842 geschah), sollten die Dekane der juristischen und medizinischen Fakultät der Universität Gießen diese Aufgabe übernehmen. Vor den übergeordneten Testamentsvollstreckern sowie dem Stadtschultheißen, dem Senior der Bürgerrepräsentation und dem ersten Syndikus der Stadt hatten die Administratoren jährlich Rechenschaft abzulegen. Heute amtieren der Oberbürgermeister, der Stadtverordnetenvorsteher und der Stadtkämmerer sowie die Dekane der Fachbereiche Humanmedizin, Biologie und Rechtswissenschaft der Ffter Universität als Beirat.
Johann Christian S. hat die Eröffnung des Bürgerhospitals nicht mehr erlebt. Bei der Inspektion des gerade vollendeten Spitalturms stürzte er am 15.11.1772 vom Baugerüst in die Tiefe und brach sich dabei das Genick. Ausgerechnet die sterbliche Hülle des Stifters, der noch zu Lebzeiten eine Sektion des eigenen Leichnams untersagt hatte, wurde, da es sich um eine gewaltsame Todesursache handelte, am 17.11.1772 als erste in der Anatomie geöffnet. Tags darauf wurde S. im Botanischen Garten auf dem Gelände der Stiftung beigesetzt.
Drei zeitgenössische Ölporträts (von Friedrich Ludwig Hauck, 1748; von Anton Wilhelm Tischbein, der das Anatomiegebäude als Hintergrund wählte, 1771; von demselben Künstler, 1772) sowie ein kurioses Wachsporträt (von dem Wachsbossierer Christian Benjamin Rauschner, 1772) im Besitz der Dr. S.ischen Stiftung. Marmorbüste (von Friedrich Hausmann, 1899) im Besitz der Dr. S.ischen Stiftung.
S.s Nachruhm basiert auf den Stiftungen der Jahre 1763/65. Der Verkauf des Stiftungsareals am Eschenheimer Tor führte 1907 zur Verteilung der einzelnen Institute über das Stadtgebiet. Das Bürgerhospital bezog an der Nibelungenallee ein größeres Gebäude. Die Gebeine des Stifters wurden dorthin umgebettet und fanden an der Außenwand der Spitalskapelle eine neue Ruhestätte. Im Sitzungszimmer der Administration im Bürgerhospital wird in einem Schrein die Totenmaske S.s (von Christian Benjamin Rauschner, 1772) verwahrt. Der Botanische Garten wurde in die Nachbarschaft des Palmengartens verlegt, die Anatomie dem Städtischen Krankenhaus in Sachsenhausen angegliedert. Das „Dr. S.ische Anatomische Institut” der Universität Ffm. setzt die Tradition fort, befindet sich aber nicht mehr im Besitz der Stiftung. Die in den Etat der Stadt- und Universitätsbibliothek übernommene S.ische Bibliothek und das Naturmuseum S. fanden an der Viktoriaallee (heute: S.anlage) einen neuen Standort. Seit 2005 sind die Ffter Stadt- und Universitätsbibliothek und die S.ische Bibliothek zur „Universitätsbibliothek Johann Christian S.“ zusammengeschlossen. Auf Initiative der Stiftungsadministration entstand 1938 als Einrichtung der Ffter Universität das „S.ische Institut für Geschichte der Medizin”. Die S.-Nachfolgeinstitute für Pathologie, Anatomie, Botanik und Geschichte der Medizin an der Goethe-Universität werden noch heute von der „Dr. S.ischen Stiftung” finanziell unterstützt. Außerdem fördert die Stiftung das in S.s 300. Geburtsjahr 2007 eingerichtete „Dr. S.ische Institut für Neuroonkologie“ und das von ihr 2010 gestiftete „Dr. S.ische Chronomedizinische Institut SCI“, das erste chronomedizinische Institut in Deutschland. Die „S. Gesellschaft für Naturforschung“, von Ffter Bürgern 1817 gegründet als „S.ische Naturforschende Gesellschaft“ (bis 2008), verleiht u. a. die S.-Medaille in Eisen (seit 1917), Silber und Gold (seit 1992) für besondere Verdienste um ihre Organisation und Ziele.
Ein Teil des Nachlasses S.s, der dessen 53 Tagebücher (1730-72), über 600 Mappen mit weiteren Aufzeichnungen und Privatbibliothek umfasst, befindet sich als Depositum der Dr. S.ischen Stiftung im Archivzentrum der UB Ffm. In einem von der Dr. S.ischen Stiftung (2010-16) sowie der Stiftung Polytechnische Gesellschaft und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung (2013-16) finanzierten Projekt wurden die Tagebücher digitalisiert, teilweise transkribiert und online publiziert.
Wohlfahrtsmarke der Deutschen Bundespost mit S.s Porträt in der Reihe „Helfer der Menschheit” (1953). Briefmarke der Deutschen Post zum 300. Geburtstag S.s (2007). Jubiläumsstele zum 250-jährigen Bestehen der Dr. S.ischen Stiftung (Design von Udo Wuttke, 2013) vor der Dr. S.ischen Pathologie auf dem Gelände der Universitätsklinik Ffm.
S.anlage am künftigen S.-Campus (auch: S.-Quartier) mit dem S.museum im Westend an der Grenze zu Bockenheim. S.turm, ein Bürohochhaus (von „Cyrus Moser Architekten”, 2019-21), auf dem Gelände des 2014 gesprengten AfE-Turms der Universität an der S.anlage/Robert-Mayer-Straße im Westend. „Dr. S.isches Stipendium zur Förderung des medizinisch-naturwissenschaftlichen Erfahrungsaustausches”, gegründet von der Dr. S.ischen Stiftung anlässlich ihres 225-jährigen Bestehens (1989).
2011 wurde ein Asteroid nach S. benannt.
Denkmalbüste (von August von Nordheim, 1863) im Foyer des S.museums. Bronzene Denkmalbüste (von Roman Krasnitsky, 2025) im Botanischen Garten.

Lexika: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. München/Leipzig 1875-1912.Rudolf Jung in: ADB 34 (1892), S. 1-5. | Heyden, Eduard: Gallerie berühmter und merkwürdiger Ffter. Ffm. 1861.Heyden, S. 394-402. | Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Kallmorgen, S. 412. | Kutz, Corinna: Die Porträtsammlung der Dr. Senckenbergischen Stiftung. Ffter Bildnisse aus fünf Jahrhunderten. Bestandsverzeichnis und Ausstellungskatalog. Ffm. 2000.Kutz: Senck. Portr., S. 43; S. 81, Farbtafel 1; S. 106, Nr. 5; S. 107, Nr. 7f.; S. 115, Nr. 45f.; S. 123, Nr. 84; S. 134, Nr. 139. | Neue Deutsche Biographie. Hg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bisher 27 Bde. (bis Wettiner). Berlin 1953-2020.Udo Benzenhöfer in: NDB 24 (2010), S. 247f. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 548f. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 230f.
Literatur:
                        
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Quellen: Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Dölemeyer, Barbara: „Bier und Wein machte meine Humores dick“. Johann Christian Senckenberg als Leibarzt des Landgrafen von Homburg (...). In: FAZ, 4.1.1999. | Ffter Rundschau. Ffm. 1945-heute.Zur Enthüllung der Denkmalbüste im Botanischen Garten: Schramek, Sabine: Ein Denkmal für Herrn Senckenberg. Büste im Botanischen Garten erinnert an den Arzt und Stifter (...). In: FR, 12.5.2025. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/73.
Internet: Dr. Senckenbergische Stiftung, Senckenbergische Portraitsammlung, Ffm. https://www.senckenbergische-portraitsammlung.de/bildnisse/johann-christian-senckenberg-67Senckenbergische Portraitsammlung, 30.11.2023. | Senckenberg, World of Biodiversity, Internetauftritt der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (mit den verschiedenen Instituten, Museen und Standorten), Ffm. http://www.senckenberg.de/root/index.php?page_id=23
Hinweis: Die genannte Seite diente als Start zur Recherche über die SGN (früher SNG) und die von ihr verliehene Senckenberg-Medaille.
Senckenberg, 23.6.2014.
| Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ffm. https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/senckenberg
Hinweis: Einstiegsseite mit Zugang zu den digitalisierten Tagebüchern von Johann Christian Senckenberg.
UB Ffm., 16.4.2024.
| Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Christian_SenckenbergWikipedia, 23.6.2014.

Senckenberg, Johann Erasmus (von)

Prominentester Häftling der Ffter Stadtgeschichte.
Senckenberg, Johann Erasmus (seit 1751: Freiherr von). Rechtsgelehrter. Ratsherr. * 30.4.1717 Ffm., † 21.6.1795 Ffm.
Sohn des Stadtarztes Johann Hartmann S. (1655-1730) und dessen Ehefrau Anna Margarethe, geb. Raumburger (1682-1740). Bruder von Heinrich Christian (von) und Johann Christian S.
Abgebrochenes Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Altdorf und Göttingen. Eignete sich als Autodidakt ein umfassendes juristisches und historisches Wissen an und galt, ohne dass er offiziell unter die Advokaten der Vaterstadt aufgenommen wurde, als einer der fähigsten Rechtsanwälte Fft.s. Die Patriziergesellschaft Alten-Limpurg betrieb 1745 die Umwandlung der Kann-Bestimmung, dass sich bis zu 14 Limpurger unter den 28 Ratsherren der ersten und zweiten Ratsbank befinden durften, in eine Muss-Bestimmung. Die Beweisführung, dass es sich dabei um ein historisches Anrecht handelte, sowie die Abfassung einer Denkschrift an den Kaiser übertrug die Patriziergesellschaft an S. Der Rechtsberater erhielt Zugang zum Archiv und Einblick in die Interna der Limpurger. S. missbrauchte das in ihn gesetzte Vertrauen und fertigte heimlich Abschriften von brisanten Archivalien an.
Nachdem er am 13.8.1745 den Bürgereid geleistet hatte, wurde S., von seinem einflussreichen Bruder Heinrich Christian S. und dem Kopf der Ffter Patrizier Friedrich Maximilian von Lersner protegiert, am 5.9.1746 in den Rat gewählt. Das neue Ratsmitglied wandte sich kurz darauf gegen die ehemaligen Förderer und bekämpfte fortan mit allen Mitteln die Vormachtstellung der Alten-Limpurger im Rat. Johann Erasmus S. entpuppte sich nach dem Urteil seines Biographen Georg Ludwig Kriegk als „der größte Rabulist, der jemals in Fft. gelebt hat”. S. attackierte den Rat immer aufs Neue, warf den Kollegen, teilweise zu Recht, Unfähigkeit, Korruption und andere Verfehlungen vor und schlug dabei einen äußerst beleidigenden Ton an. Die despotische Natur und den unmoralischen Lebenswandel S.s führte Kriegk auf den ungünstigen Einfluss der Mutter zurück. Anfang 1747 verursachte S. einen Skandal, indem er eines Nachts seine Köchin Johanna Maria Katharina Agricola vergewaltigte. Die Köchin gebar daraufhin im Dezember 1747 eine Tochter. Als S. die Zahlung einer Entschädigung und die geforderten Alimente verweigerte, zeigte ihn die unglückliche Mutter vor dem Konsistorium an. S. suchte den Verdacht auf einen Bediensteten abzuwälzen und beschuldigte im Gegenzug die Köchin Agricola der Anstiftung zum Mord. Die Untersuchungsbehörde täuschte er mit einem gefälschten Protokoll. Der Winkelzug wurde durchschaut, der Ratsherr als Fälscher entlarvt. Obwohl der Betrugsversuch die Handhabe bot, den unliebsamen Kollegen aus dem Rat zu verstoßen, blieb S. weitere zwölf Jahre in Amt und Würden. Kaiser Franz I. erhob ihn trotz des Makels 1751 in den Freiherrnstand. Die Überlegenheit in juristischen und stadtgeschichtlichen Belangen und die Androhung, das Patriziat vor der Bürgerschaft und dem Kaiser bloßzustellen, sowie die schützende Hand seines Bruders, des Reichshofrats, bewahrten S. zunächst vor der Verurteilung.
Der Kleinkrieg zwischen Rat und Ratsherr hielt unvermindert an. Eine weitere Etappe war beispielsweise die von S. 1754 anonym veröffentlichte Druckschrift „Die Hirten-Stimme an E. Hoch-Edlen Rath Uber die bevorstehende Wahl”, mit der er die Kandidaten für einen vakanten Ratssitz diskreditierte. Der Rat ordnete seinerseits die Verbrennung der „Hirtenstimme” durch den Henker an. Der Bürgerausschuss löste mit einer Anfrage am 23.6.1761 die Wiederaufnahme des Falls Agricola und die Strafverfolgung S.s aus. In der Folge wurde S. entgegen dem üblichen Anciennitätsprinzip bei einer Schöffenwahl übergangen (6.7.1761) und bei vollen Bezügen vom Ratsherrenamt suspendiert (10.9.1761), wogegen er beim Kaiser Berufung einlegte.
Die Angelegenheit war noch nicht entschieden, da manövrierte sich S. 1769 mit zwei anonymen Druckschriften endgültig ins Aus. In einem Rechtsstreit zwischen dem Metzgerhandwerk und dem Rat um den „Metzgerbruch” stellte er die Behauptung auf, dass der ganze Grund und Boden in und um Ffm. kaiserliches Gut sei, das die Stadt widerrechtlich in Besitz genommen habe. In der zweiten Publikation, die einen Streit innerhalb des Schuhmacherhandwerks betraf, traktierte S. den Rat derartig mit Verleumdungen, dass er am 28.2.1769 zur Bürgermeister-Audienz vorgeladen wurde. Nachdem er sich freimütig als Autor der fraglichen Schriften zu erkennen gegeben hatte, wurde S. sofort festgenommen und im südwestlichen Eckzimmer des ersten Stockwerks der Hauptwache inhaftiert. Die Anklageschrift vom 25.8.1769 listete ein wahres Sündenregister auf (Vergewaltigung, Verletzung der territorialen Gerichtsbarkeit, willkürliche Festhaltung einer Person, Fälschung, Rechtsbeistand zweier gleichzeitig miteinander streitender Parteien, Majestätsbeleidigung, Verleumdung, Mordversuch, Aufruhr, Erpressung, Diebstahl, Veruntreuung öffentlicher Gelder) und forderte die Todesstrafe. Obschon sein Bruder ein Jahr zuvor in Wien gestorben war, erhielt S. von dort Unterstützung. Joseph II. setzte am 14.11.1769 den Fürsten Karl von Nassau-Usingen als kaiserlichen Kommissar zur Untersuchung der Ffter Vorkommnisse ein. Das Verfahren wurde vom Rat und von S. bewusst verschleppt. 1775 starb der Kommissar, ein Nachfolger wurde nicht berufen.
Während der Haft schrieb S. sein an katholischen Interessen ausgerichtetes Hauptwerk „Anhang zu von Mosers Abhandlung von der Reichsstädtischen Regiments-Verfassung” (Ffm./Leipzig 1773). Er unterhielt heimlich Kontakt zu seinen Parteigängern und beriet Katholiken wie Reformierte bei Auseinandersetzungen mit dem Ffter Rat. Ohne dass ein Urteil gesprochen worden war, verstarb Johann Erasmus von S. am 21.6.1795 an Altersschwäche. Ein Drittel seines Lebens hatte er hinter Gittern verbracht und wurde so zu einem der prominentesten Häftlinge der Ffter Stadtgeschichte.

Lexika: Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. München/Leipzig 1875-1912.Rudolf Jung in: ADB 34 (1892), S. 3-5. | Heyden, Eduard: Gallerie berühmter und merkwürdiger Ffter. Ffm. 1861.Heyden, S. 402f. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 549f. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 231.
Literatur:
                        
Goethe-Jahrbuch. Hg. v. Ludwig Geiger. 34 Jahrgänge. Ffm. 1880-1913.Schnapper-Arndt, Gottlieb: Joh. Erasmus Senckenberg über den Ratsherrn Hermann Jakob Goethe. In: Goethe-Jb. 13 (1892), S. 239-241. | Haupt, Herman: Voltaire und Erasmus von Senckenberg. Ein ungedruckter Briefwechsel. Sonderdruck aus: Deutsche Revue 1903, S. 1-9.Haupt: Voltaire u. Erasmus von Senckenberg 1903. | Heym, Heinrich: Lebenslinien. Schicksale aus einer alten Stadt. 3 Folgen. Ffm. 1965-68.Heym: Lebenslinien II (1966), S. 44-51. | Kriegk, Georg Ludwig: Die Brüder Senckenberg. Eine biographische Darstellung. Nebst einem Anhang über Goethe’s Jugendzeit in Ffm. Ffm. 1869.Kriegk: Brüder Senckenberg 1869.
Quellen: Ffter Allgemeine Zeitung. Ffm. 1949-heute.Heym, Heinrich: Sechsundzwanzig Jahre gefangen in der Hauptwache. In: FAZ, Nr. 249, 26.10.1965. | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/4.261.
Internet: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Hg.: Wikimedia Foundation Inc., San Francisco/Kalifornien (USA). http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Erasmus_von_SenckenbergWikipedia, 24.6.2014.

Senckenberg, Johanna Rebecca

Senckenberg, Johanna, gen. Anna, Rebecca, geb. Riese (auch: Rieß, Rieße). Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 10.7.1716 Ffm., Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 26.10.1743 Ffm.
Aus einer wohlhabenden Ffter Familie, die im Gold- und Silberschmiedehandwerk wurzelte: In fünf Generationen brachte sie 19 Goldschmiede hervor. Tochter des Juweliers Johann Christian Riese (eigentl.: Rieß, Rieße; 1669-1741) und dessen Ehefrau Anna Margareta (auch: Margaretha), geb. Fende (auch: Fenda; 1680-1746). Acht Geschwister, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten: Johann Christian Riese d. J. (1702-1764), Juwelier; Anna Margareta Riese (seit 1726 verh. Lucius, 1704-1778); Johann Jacob Riese (* und † 1706); Maria Margareta Riese [seit 1728 verh. (seit 1749: von) Franck, 1707-1782]; Friedrich (eigentl.: Friederich) Jacob (seit 1747: von) Riese (1710-1768), Jurist, Diplomat; Matthias (seit 1747: von) Riese (1711-1789), Handelsmann; Johann Peter Riese (1714-1723); Susanna Maria Riese (1717-1720). Verheiratet (seit 1742) mit dem Arzt Johann Christian S. (1707-1772). Ein Kind: Anna Margareta S. (1743-1745).
Die Familie Riese wohnte in der Hasengasse, in dem vom Vater Johann Christian Riese 1706 erworbenen Eckhaus neben dem Fettmilchplätzchen an der Töngesgasse (später Lit. G 33, dann Nr. 1), das bei dem Großen Christenbrand im Juni 1719 abbrannte und danach wiederaufgebaut wurde. Johann Christian S., der im Nachbarhaus in der Hasengasse aufwuchs, kannte daher seine spätere Ehefrau Johanna Rebecca Riese von klein auf. Er beschrieb sie als „ein Kind guter Art“, das eine „liebreiche und ernsthaffte Auferziehung Ihrer werthesten Eltern“ genossen habe. (Senckenberg: Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode 1743, [S. 3]. Die Zitate aus dieser Schrift von Johann Christian S. folgen hier der – heute teilweise unüblichen – Schreibweise des Originals.) Eigentlich hatte sich Johanna Rebecca Riese entschlossen, nicht zu heiraten, und mehrere Bewerber abgewiesen. Als ihr Großvater mütterlicherseits, der Kaiserliche Rat, Notar und pietistische Schriftsteller Christian Fende (auch: Fenda; 1651-1746), wohl bereits um 1735 den ihm befreundeten Arzt Johann Christian S. als Heiratskandidaten ins Gespräch brachte, änderte Johanna Rebecca jedoch ihre Meinung. Verzögert wurde die Verlobung u. a. durch die problematische Beziehung Johann Christian S.s zu seiner seit 1730 verwitweten Mutter Anna Margarethe S., geb. Raumburger (1682-1740), mit der zusammen er im elterlichen Haus zu den drei kleinen Hasen lebte. Erst als die Mutter 1740 starb, konnte er Johanna Rebecca ein erstes Eheversprechen geben. Doch auch in der Familie der Braut blieben Widerstände gegen die Heirat bestehen. Johanna Rebeccas Vater, der schwer krank war und von Johann Christian S. ärztlich betreut wurde, äußerte Bedenken gegen die Verbindung. Nach seinem Tod im Dezember 1741 wurde die Eheschließung erst möglich. In den zwei Jahren der Verlobung hatten sich Johanna Rebecca Riese und Johann Christian S. laut seinen Aufzeichnungen nicht ein einziges Mal persönlich unterhalten, dennoch fühlten sie sich offenbar einander zugehörig. Johanna Rebecca soll in dieser Zeit gegenüber Freundinnen gesagt haben, dass sie, wenn sie Johann Christian S. nicht zum Ehemann bekäme, niemanden heiraten wolle.
Nachdem am 15.5.1742 der Ehevertrag unterzeichnet worden war, wurden Johanna Rebecca Riese und Johann Christian S. am 7.6.1742 privatim durch Senior Heinrich Andreas Walther, den Pfarrer der Barfüßerkirche, getraut. Das Ehepaar bezog das Haus zu den drei kleinen Hasen in der Hasengasse (später Lit. H 173, dann Nr. 3), das Elternhaus von Johann Christian S., das er bei der Erbteilung mit seinen beiden Brüdern 1743 erhielt. Das Erdgeschoss des Hauses diente als familiärer Wohn- und Arbeitsbereich, während die oberen Stockwerke die Bibliothek und die Sammlungen des Ehemanns beherbergten. Trotz seines Wohlstands führte das Ehepaar S. ein eher bescheidenes Leben.
Die Ehe war zumindest laut Johann Christian S. glücklich. Er schreibt in dem Nachruf für seine Frau: „Kurtz zu sagen: Wir hatten eine recht glückselige Verbindung getroffen, welche in einer wahren Harmonie derer Gemüther bestund, und in Beförderung unseres gemeinschafftlichen Bestens, vornehmlich in Dingen, so die Seligkeit betraffen, als unserm Haupt-Endzweck auf dieser Welt.“ (Ebd., S. 4f.) Am 19.10.1743 brachte Johanna Rebecca S. das erste (und einzige) Kind zur Welt, eine gesunde Tochter, die am folgenden Tag auf den Namen Anna Margareta (nach Johanna Rebeccas Mutter) getauft wurde. Doch Johanna Rebecca S. erkrankte an Kindbettfieber und starb eine Woche nach der Geburt, am Morgen des 26.10.1743, im Beisein ihres Mannes. Ihre Tochter starb knapp zwei Jahre später, im Juli 1745, an einer tuberkulösen Hirnhautentzündung.
Johanna Rebecca S., geb. Riese, war eine Frau von tiefem Glauben, großer Bescheidenheit und stiller Wohltätigkeit. Das Gute, so schrieb ihr Ehemann in Erinnerung an sie, sei ihr „zur Gewohnheit und Natur geworden“ und habe sie „gantz durchdrungen“: „Sie lehrete die Nothwendigkeit gutes zu thun und Ordnung zu halten mit Ihrem eigenen Exempel, da Sie alle die Gesetze, so Sie andern gabe, Selbst aufs genaueste hielte (…).“ (Ebd., S. 10.) Ihre Beziehung zu weltlichen Gütern war von tiefer Skepsis geprägt. Wohlstand betrachtete sie eher als Last denn als Privileg. Sie verzichtete lieber auf gesellschaftlichen Status („grosse Tituln und Bedienungen“), um näher bei Gott und sich selbst zu sein. (Vgl. ebd., S. 8.) Sie kleidete sich schlicht und begnügte sich zu ihrer Ernährung mit Wasser und einfachen Speisen. S. war stets darauf bedacht, Bedürftigen zu helfen. Sie spendete rege an Arme und Notleidende, jedoch nicht ohne vorher nach den Ursachen von deren Armut zu forschen: „Am allerwenigsten konnte Sie heuchlerische heilige Faullenzer vertragen, welche vieles vom Guten schwatzen, aber nicht thun, und dabey vom Glauben und anderer Beutel leben wollen (…).“ (Ebd., S. 11.) Solchen Menschen gab sie kein Geld, sondern „eine gute Lection“. (Vgl. ebd.)
Johann Christian S. erinnerte sich voller Ehrfurcht und Dankbarkeit an seine Ehefrau und das gemeinsame Leben: „Was vor Vergnügen und Segen ich in dieser wohlgerathenen, aber sehr kurtzen Ehe genossen, kan ich nicht aussprechen.“ (Ebd., S. 4.) Unter dem Einfluss seiner Frau veränderten er und seine Wahrnehmung der Umwelt sich spürbar. Vor 1742 waren seine Tagebücher voll von detaillierten, beinahe hypochondrischen Selbstbeobachtungen und introspektiven Gedankengängen gewesen. Nach der Heirat vollzog sich ein deutlicher Wandel: Statt sich nur mit sich selbst zu beschäftigen, richtete Johann Christian S. seinen Blick zunehmend auf seine Mitmenschen. Er begann, ihre Tugendhaftigkeit und Frömmigkeit – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne – zu bewerten, und engagierte sich verstärkt für das Wohl anderer.
Obwohl S. ein von tiefer Frömmigkeit bestimmtes Leben führte, war sie von Todesahnungen geplagt. Sie trug stets einen Trauerring mit einem emaillierten Totenkopf und der Inschrift „Non est mortale quod opto“ (Es ist nicht sterblich, was ich wünsche). Bereits vor ihrer Schwangerschaft äußerte sie wiederholt: „Ich werde bald sterben, ich werde gewiß sterben, Sie werden es sehen, daß es wahr ist.“ (Ebd., S. 12.) Jeden Montag ließ sie vor ihrem Haus Chorschüler ein Sterbelied singen. Während ihrer Krankheit blieb sie standhaft in ihrem Glauben. Als sie ihr Ende nahen spürte, erklärte sie ihrem Mann in einem letzten Gespräch: „Ja ich sterbe von Hertzen gern, und ist nichts das mich hält.“ (Ebd., S. 15.)
Zwei posthum im Auftrag von Johann Christian S. entstandene Ölporträts (von Anton Sturm, 1744, und von Franz Lippold, 1745) im Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung.
Die Leichenpredigt für Johanna Rebecca S., gehalten von Johann Nicolaus Paulisky, erschien im Druck. Johann Christian S. erinnerte sich zudem in einer Gedenkschrift an seine Frau („Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode“, 1743). Die drei Brüder und Schwägerinnen der Verstorbenen, die beiden Brüder des Witwers sowie drei Neffen widmeten ihr Gedichte der Trauer („Trauer-Gedichte. Erbauliche Gedancken über die Worte: Non est mortale, quod opto. Das/ was ich wünsche, stirbet nicht. Welche in dem Ring befindlich gewesen, den die Selige täglich getragen“, 1743).
Bei ihrer Heirat 1742 hatte S. eine Aussteuer von 10.000 Gulden von ihrer Mutter mitbekommen. Im Ehevertrag war die Nachlassregelung getroffen worden, dass, falls die Ehe kinderlos bleiben würde, der hinterbliebene Partner das gesamte Vermögen des verstorbenen erben sollte. Im Zuge der Erbteilung mit den fünf noch lebenden Geschwistern Riese nach dem Tod der Mutter Anna Margareta Riese 1746 erhielt Johann Christian S. einen Anteil von rd. 15.175 Reichstalern (etwa 22.762 Gulden) aus dem väterlichen Erbe seiner verstorbenen (ersten) Frau. Das Erbe von Johanna Rebecca S. bildete einen wesentlichen Grundstock für das Vermögen von Johann Christian S. und später für das Kapital der von ihm errichteten „Dr. Senckenbergischen Stiftung“, die bis heute besteht und fortwirkt.

Lexika: Dölemeyer, Barbara: Ffter Juristen im 17. und 18. Jahrhundert. Ffm. 1993. (Ius Commune, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte Ffm., Sonderhefte, Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte 60).Über den Großvater Christian Fende (1651-1746): Dölemeyer: Juristen, S, 49f., Nr. 162. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 549.
Literatur:
                        
Bauer, Thomas: Johann Christian Senckenberg. Eine Ffter Biographie. 1707-1772. Hg. v. Stadtgesundheitsamt Ffm. Ffm. 2007.Bauer: Johann Christian Senckenberg 2007, bes. S. 93-98. | Bary, August de: Johann Christian Senckenberg (1707-1772). Sein Leben auf Grund der Quellen des Archivs der Dr. Senckenbergischen Stiftung dargestellt. Ffm. 1947. (Senckenberg-Buch 17).de Bary: Johann Christian Senckenberg 1947, Nachdr. 2004, S. 144-146. | Genealogisches Jahrbuch. Hg.: Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte, Institut für Genealogie. Bisher Bde. 1-47/48. Bis 2005 Neustadt/Aisch, dann Weißenthurm u. a. 1961-2011.Riese, Hans: Johann Jakob Riese, ein Jugendfreund Goethes. In: Genealogisches Jb. 21 (1981), S. 209-222, hier S. 211. | Riese, Alexander: Beiträge zur Geschichte der Familie Rieß und Riese. Ffm. 1909.Riese: Familie Rieß u. Riese 1909, bes. S. 22-24, 39-42. | Senckenberg, Johann Christian: Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode. Ffm. 1743.Senckenberg: Nachricht von seiner Ehefrauen/ Johanna Rebecca, gebohrnen Riese, Christlichen Leben und Seligen Tode 1743.
Quellen: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Eintrag der Heirat mit Johann Christian Senckenberg, Ffm., 7.6.1742 (irrtümlich eingetragen mit der Datierung 6.6.1742): ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch 15 (1736-50), S. 464. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf- bzw. Geburtsbücher, Ffm., 1533-1850 bzw. 1851-1909.Taufeintrag der Mutter Anna Margaretha Fenda, get. am 5.2.1680: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf-/Geburtsbuch 14 (1676-81), Bl. 289r. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf- bzw. Geburtsbücher, Ffm., 1533-1850 bzw. 1851-1909.Geburtseintrag der Tochter Anna Margareta Senckenberg, geb. am 19.10.1743, get. am 20.10.1743: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Tauf-/Geburtsbuch 31 (1740-44), S. 850. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Beerdigungseintrag der Tochter Anna Margareta Senckenberg, begr. am 30.7.1745: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch 24 (1744-50), S. 150. | ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebücher (Beerdigungs- bzw. Sterbebücher), Ffm., 1565-1850 bzw. 1851-1989.Beerdigungseintrag der Mutter Anna Margareta Rieße, geb. Fende, begr. am 1.3.1746: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Toten-/Sterbebuch 24 (1744-50), S. 202. | ISG, Leichenpredigt im Bestand S4e (Leichenpredigten, 1586-1796, 1858, 1922).ISG, Leichenpredigt, S4e/119 (Leichenpredigt, Trauerschrift und Trauergedichte, 1743). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/4.137. | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, vorm. Stadt- und Universitätsbibliothek, Ffm.UB Ffm., Archivzentrum (UBA), Best. Na 31 (Nachlass Johann Christian Senckenberg), Nr. 96 (Papiere zur ersten Eheschließung mit Johanna Rebecca Riese, 1742-46). Online unter: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/nachmisc/content/titleinfo/9765443, abgerufen am 21.5.2025. | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, vorm. Stadt- und Universitätsbibliothek, Ffm.UB Ffm., Archivzentrum (UBA), Best. Na 31 (Nachlass Johann Christian Senckenberg), Nr. 321 (Riese’scher Teilungsrezess, 1742-46). Online unter: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/nachmisc/content/titleinfo/9765532, abgerufen am 21.5.2025.
Internet: Berühmte Köpfe. Ffter Porträtsammlungen, Hg.: Corinna Gannon und Jochen Sander, Ffm. https://beruehmte-koepfe.net/search/#?name=senckenberg&modal-db=sb&modal-work-id=6529 - https://beruehmte-koepfe.net/search/#?name=senckenberg&modal-db=sb&modal-work-id=6532 - Berühmte Köpfe. Ffter Porträtsammlungen, 21.5.2025. | Forschungsstelle für Personalschriften, ein Projekt der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Mainz. https://www.personalschriften.de/leichenpredigten/artikelserien/artikelansicht/details/johanna-rebecca-senckenberg-1716-1743.html
Hinweis: Witzel, Jörg: Johanna Rebecca Senckenberg (1716-1743). Eine Ehefrau als spirituelle Gefährtin und Leiterin ihres Gatten. In: Leben in Leichenpredigten, 1.7.2010.
Forschungsstelle f. Personalschriften, 21.5.2025.


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Empfohlene Zitierweise: Bauer, Thomas: Senckenberg, Familie (von). In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1228
Die Autorenangabe bezieht sich auf den Artikel über die Familie. Die Angaben zu Autoren der hier ebenfalls dargestellten Personenartikel finden Sie, indem Sie auf die Namen der einzelnen Personen klicken.

Stand des Artikels: 19.7.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 10.2014.