Sohn des Schreinermeisters Christian Gustav K. (1876-1907) und dessen Ehefrau Sophie Charlotte Gisela, geb. Dufft (1880-?). Verheiratet (seit 1934) mit der ebenfalls in Neustadt bei Coburg geborenen Margarethe
Helene K., geb. Bätz (1905-?). Aus der Ehe gingen eine Tochter und zwei Söhne hervor.
Nach dem Besuch der Mittelschule in Neustadt bei Coburg und der Oberrealschule in Coburg wechselte K. auf die Oberrealschule in Sonneberg/Thüringen, die er nach drei Jahren 1924 mit dem Abitur abschloss. Nach kurzer Lehrzeit an einer Privatbank immatrikulierte er sich 1925 an der Universität Erlangen für ein Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte, das er an den Universitäten Marburg an der Lahn und Köln fortsetzte. Am 24.7.1929 wurde er an der Universität Marburg promoviert; das Thema seiner Doktorarbeit lautete: „Das Problem der menschlichen Philosophie bei Johann Gottfried Herder“ (im Druck 1930). Als Volontär arbeitete K. von 1929 bis 1930 an der Stadtbücherei Erfurt, danach an der Universitätsbibliothek Leipzig, wo er schließlich als Bibliothekar angestellt wurde. Am 15.3.1932 absolvierte er das Staatsexamen für den höheren Bibliotheksdienst. Seitdem war K. Bibliotheksrat an der Universitätsbibliothek Leipzig, wo er sich vorwiegend mit Fragen der Katalogisierung beschäftigte.
Am 1.5.1934 trat K. der NSDAP bei; er zählte sich nach eigenen Angaben aber schon seit 1925 zu ihren Anhängern und war bereits vor 1933 für die NSDAP-Presse in Neustadt bei Coburg tätig. K. war seit 1934 Mitherausgeber, dann seit 1936 Hauptherausgeber der „Neuen Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung“. 1937 begründete er im Verlag Diederichs die „Zeitschrift für Deutsche Geisteswissenschaft“, die im März 1943 als kriegswichtig eingestuft wurde und daher ungehindert weiter erscheinen konnte. Außerdem war K. seit 1935 Mitarbeiter der Periodica „Zeitschrift für Deutschkunde“, „Rasse“ und „Neue Literatur“. K.s wissenschaftliche Publikationen zur deutschen Literatur des Mittelalters und zu Wolfram von Eschenbach waren wegen ihrer Nähe zur völkischen Ideologie fachlich teilweise umstritten.
Am 1.5.1941 ernannte die Stadt Ffm. K. zum Direktor der „Bibliothek für neuere Sprachen und Musik“, wie die Freiherrlich Carl von Rothschild’sche Bibliothek in der NS-Zeit hieß. Die Namensänderung hatte sein Vorgänger, Joachim Kirchner (1890-1978), der an die Universitätsbibliothek München wechselte, bereits im Dezember 1933 vorgenommen. Neben der Leitung der Bibliothek für neuere Sprachen und Musik oblag K. die wissenschaftliche Verwaltung des Manskopf’schen Museums für Musik- und Theatergeschichte. In das Ffter Kulturleben brachte er sich als Veranstalter der Manskopf’schen Konzerte sowie der Abende des Wolfram-von-Eschenbach-Bundes ein. In einem Antrag vom 6.9.1941 an Oberbürgermeister
Friedrich Krebs bat Reichsleiter Alfred Rosenberg (1893-1946), K. für die Fortsetzung seiner Forschungs- und Herausgebertätigkeit sowie die Mitarbeit an der „Hohen Schule der NSDAP“ (als deren erste Außenstelle am 26.3.1941 in Ffm. das „Institut zur Erforschung der Judenfrage“ eröffnet worden war) teilweise vom Bibliotheksdienst zu befreien. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, K. sei mit den Leitungsaufgaben im Ffter Bibliotheksdienst ausgelastet.
Im Oktober 1941 wurde K. von Fritz Prinzhorn (1893-1967), dem Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig und führenden Vertreter der Dokumentationswissenschaft, in den wissenschaftlichen Beirat der neu gegründeten „Deutschen Gesellschaft für Dokumentation“ (seit 1998: Deutsche Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis) berufen, die im Auftrag des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung entstanden war. In diesem Gremium trieb K. in Absprache mit dem Kulturamt die Aufwertung Fft.s zum wichtigen Bibliotheks- und Dokumentationsstandort voran. Dabei bediente er sich der Vorarbeiten von
Christian Wilhelm Berghoeffer, dem Begründer des „Sammelkatalogs wissenschaftlicher Bibliotheken des deutschen Sprachgebiets“, der von 1897 bis 1928 die Freiherrlich Carl von Rothschild’sche Bibliothek geleitet hatte.
Als K. aufgrund seiner Doppelqualifikation als Bibliothekar und Experte für germanische Philologie 1942 einen Ruf an die Universität Prag erhielt und ihm zugleich Direktorenstellen an den Universitätsbibliotheken Heidelberg und Tübingen angeboten wurden, konnte ihn die Stadt Ffm. durch Beförderung zum Bleiben bewegen. Im Oktober 1942 machte sie ihn zum Stellvertreter von
Richard Oehler, dem amtierenden Generaldirektor der Städtischen und Universitätsbibliotheken, und stellte ihm in Aussicht, nach
Oehlers altersbedingtem Ausscheiden an dessen Stelle zu treten. Damit war K. auch dazu ausersehen, das seit den 1920er Jahren verfolgte Projekt der verwaltungsmäßigen und organisatorischen Vereinigung der Ffter wissenschaftlichen Bibliotheken zu einer Gesamtbibliothek in leitender Position umzusetzen. Bestandteil dieses Vorhabens war der Neubau einer Universitätsbibliothek, in dem die Einzelbibliotheken auch räumlich zusammengefasst werden sollten.
Oehler wurde zudem angehalten, sich in der ihm verbleibenden Dienstzeit mit K. in wichtigen Angelegenheiten abzusprechen, was dieser bereitwillig tat, sodass K. in seiner exponierten Position ab Ende 1942 beträchtlichen Einfluss auf die Gesamtleitung der Ffter Bibliotheken hatte. Dennoch erreichte K. nie den Rang des Generaldirektors; letztlich wurden er und
Oehler als NSDAP-Mitglieder auf Veranlassung der amerikanischen Militärregierung 1945 zeitgleich des Dienstes enthoben.
Bleibende Verdienste erwarb sich K. während des Zweiten Weltkriegs durch die von ihm organisierte Auslagerung der Bestände der Ffter wissenschaftlichen Bibliotheken (Stadtbibliothek, Bibliothek für neuere Sprachen und Musik, Bibliothek für Kunst und Technik, Senckenbergische Bibliothek) nach Oberfranken. Dabei handelte es sich um eine logistische Meisterleistung. Insbesondere gelang K. die Beschaffung und Anmietung von geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten, wie sie in der Umgebung von Ffm. kriegsbedingt nicht mehr verfügbar waren. Zu diesem Zweck brachte er seine persönlichen Beziehungen ein, die er in seine oberfränkische Heimatregion stets gepflegt hatte. Ab August 1943 begann der Transport von Altbeständen auf das Wasserschloss Mitwitz, wobei Oberbürgermeister
Krebs die Evakuierung an die Bedingung geknüpft hatte, dass die für die Aufrechterhaltung des Universitätsbetriebs notwendigen neueren Bestände zunächst in Ffm. verbleiben sollten. Für den Transport vor Ort wurden jeweils Möbelwagen oder andere Fahrzeuge eingesetzt, während die Verschickung der Bücherkisten von Bahnhof zu Bahnhof mit der Reichsbahn erfolgte. Die Ausweitung des Luftkriegs und insbesondere der Angriff auf Ffm. im Dezember 1943, bei dem die Stadtbibliothek große Teile ihrer Bestände verlor, führten zu weiteren Auslagerungen, was mit der Auflage geschah, dass die Bücher im Oberfränkischen wieder aufzustellen seien, um den Leihverkehr für die Ffter Universität postalisch aufrechterhalten zu können. Für die Bibliothekszwecke mietete K. daher in Oberfranken weitere Schlösser sowie Säle in Gasthöfen an, sodass sich am Ende die zahlreichen Standorte (auch für die schließlich ebenfalls ausgelagerten Bestände des Stadtarchivs, des Historischen Museums, des Völkermuseums und des Modeamts) auf verschiedene Gemeinden der Landkreise Coburg, Kronach und Sonneberg verteilten. K. hatte ab 1943 seinen Dienstort dauerhaft in seinen Geburtsort Neustadt bei Coburg verlegt, wo auch seine Familie lebte. Nach weiteren Luftangriffen auf Ffm. im Januar 1944 ordnete Oberbürgermeister
Krebs am 22.2.1944 an, dass sich ein Großteil der Ffter Bibliotheksverwaltung nach Mitwitz zu begeben habe, um für die Aufstellung der Bestände sowie für den Wiederaufbau der zerstörten Stadtbibliothek zu sorgen. Im Zuge dieser Maßnahmen gelang es K., der ihm beigeordneten Stellvertreterin, Bibliotheksrätin Dr. Hanni Binder (1907-1999), sowie den zahlreichen Bibliotheksbeamten, -angestellten und sonstigen Arbeitskräften, darunter 15 italienische Kriegsgefangene, die seit Jahrzehnten geplante Ffter Gesamtbibliothek durch die verwaltungsmäßige Zusammenführung der Einzelbibliotheken zu verwirklichen. „Bleibendes Ergebnis der kriegsbedingten Auslagerungen der Ffter wissenschaftlichen Bibliotheken nach Mitwitz in Oberfranken war nämlich, daß sie getrennt ausgelagert wurden und vereinigt zurückkehrten.“ [Franz Fischer: Die Freiherrlich Carl von Rothschildsche öffentliche Bibliothek (Bibliothek für neuere Sprachen und Musik) 1928-1945. In: Rothschild’sche Bibliothek 1988, S. 92.] Noch vor dem städtischen Vereinigungsbeschluss vom Oktober 1945 war der Gebrauch des neuen Namens „Stadt- und Universitätsbibliothek“ intern verbreitet. Auch die Neubeschaffung von Kriegsverlusten wurde unter K.s Leitung noch vor Kriegsende zu einem großen Teil realisiert.
Am 7.3.1945 wurde K. zum Volkssturm einberufen und geriet in Marseille in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im September 1945 zurückkehrte. In der Zwischenzeit war er auf Geheiß der US-Militärregierung am 18.4.1945 wegen Mitgliedschaft in der NSDAP aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden. Im Zuge der Entnazifizierung wurde er zunächst von einem städtischen Ausschuss politisch überprüft. Dieser kam unter Vorsitz von
Hellmut Reinert am 19.12.1945 zu dem Ergebnis, dass eine Weiterbeschäftigung von Bibliotheksdirektor K. im städtischen Dienst nicht möglich sei. Am 23.9.1947 wurde K. aufgrund des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus von der Spruchkammer Neustadt bei Coburg als Mitläufer eingestuft. Auf der Basis dieser Beurteilung bewarb sich K. erneut bei der Stadt Ffm. und verlangte seine Wiedereinstellung in ein städtisches Beamtenverhältnis. Diesem Gesuch gab die Stadt Ffm. nicht nach. Anders als die Spruchkammer in K.s Heimatstadt war die Ffter Verwaltung der Ansicht, K. habe sich durch seine Nähe zu führenden Persönlichkeiten des „Sicherheitsdiensts des Reichsführers SS“ (SD) zu stark politisch exponiert. Trotz sehr guter fachlicher Leistungen und persönlicher Integrität sei eine weitgehende Identifizierung mit der „nationalsozialistischen Gedankenwelt“ gegeben gewesen. Vor diesem Hintergrund machte die Stadt Ffm. von ihrem Recht Gebrauch, die Wiedereinstellung eines als Mitläufer eingestuften ehemaligen Parteimitglieds abzulehnen.
K. engagierte sich anschließend in der Lokalpolitik in Oberfranken und wurde in Coburg zum Stadtrat gewählt. 1949 trat er in den bayerischen Staatsdienst ein und wurde Leiter der Landesbibliothek Coburg. Von 1957 bis 1965 gehörte er für die CSU als Vertreter des Landkreises Coburg dem Deutschen Bundestag an, wo er von 1961 bis 1965 den Büchereibeirat leitete.
Weitere Mitgliedschaften: Verein Deutscher Bibliothekare, NS-Beamtenabteilung (seit 1.4.1933; seit 1.1.1934: Reichsbund der Deutschen Beamten), Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt (seit Mai 1944).
Nachlass im Archivzentrum der UB Ffm. und im Staatsarchiv Coburg.
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