Von 1869 bis 1873 Studium an der Bauakademie in Berlin, unterbrochen von der Teilnahme als Freiwilliger im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Nach dem Studienabschluss trat R. in den Dienst der Königlich Preußischen Eisenbahn, wirkte als Regierungsbauführer in Schlesien, Pommern und Hessen-Nassau und war dann der Königlichen Eisenbahndirektion in Ffm. zugeteilt, zuletzt im Range eines Regierungs- und Baurats. Unter seiner Leitung entstanden seit 1878 rund 250 Kilometer Nebenbahnstrecken und einige Bahnhöfe. Hierzu zählen insbesondere die Neu- und Umbauten der Bahnlinien Wiesbaden – Schwalbach, Fulda – Gersfeld, Wiesbaden – Mainz, Ffm. – Vilbel – Stockheim und der Umbau des Ostbahnhofs in Ffm. Seit 1892 gehörte R. dem Direktorium der Ffter Eisenbahndirektion an.
1896, als nach dem Ausscheiden von
William H. Lindley das städtische Tiefbauamt reorganisiert wurde, übernahm R. die Leitung von dessen neu geschaffener technischer Abteilung, wofür er in die Position eines Stadtbaurats und damit besoldeten Magistratsmitglieds eingesetzt wurde. Als technischer Leiter des Tiefbauamts ließ R. städtische Wasserwerke und Kanalisation sowie das Elektrizitätswerk nach seinen Plänen erneuern. Zudem leitete er das städtische Trambahnamt, seit 1899 das daraus hervorgegangene Elektrizitäts- und Bahnamt, dem die Straßen- und Kleinbahnen seitdem unterstanden. Auf seine wesentliche Initiative hin wurde die Umwandlung der Pferdebahn in eine elektrische Straßenbahn ab 1.1.1898 forciert betrieben; wichtige Schritte zur Elektrifizierung der öffentlichen Verkehrsmittel in R.s Amtszeit waren der Übergang der Straßenbahngesellschaften, zunächst der Ffter Trambahngesellschaft AG (1898) und der Ffter Waldbahn AG (1899), in städtischen Besitz und das Erlangen der notwendigen staatlichen Genehmigung für den elektrischen Straßenbahnbetrieb (1899), woraufhin unverzüglich mit der Umstellung des Streckennetzes und dem Neubau von Wagenhallen und anderen Betriebsgebäuden begonnen wurde. Für den Magistrat arbeitete R. außerdem in der Kommission für Revision der Stadtbaupläne und Bauordnung sowie in der seit 1898 bestehenden Deputation zur Planung des Rathaus-Neubaus mit.
Zum 30.9.1900 schied R. aus dem städtischen Dienst aus, um in die freie Wirtschaft zu wechseln. Von dem Bauunternehmer
Philipp Holzmann war er als geschäftsführendes Vorstandsmitglied von dessen Firma „Philipp Holzmann & Cie.“ verpflichtet worden. In der Ägide von R. führte die aufstrebende Baufirma mehrere Großprojekte im Deutschen Reich nach seinen Plänen aus, u. a. die Urfttalsperre bei Gmünd in der Eifel, die Edertalsperre, Dockanlagen in Kiel und Wilhelmshaven, Hafenbauten in Bremen, Hamburg, Mannheim und Düsseldorf sowie Teilstrecken der Berliner Untergrundbahn. Vor allem aber war R. im Auslandsgeschäft der Firma Holzmann tätig, die sich um diese Zeit, u. a. in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank, allmählich zu einem internationalen Bauunternehmen entwickelte. Nachdem die Firma Holzmann schon die Anatolische Bahn zwischen Konstantinopel und Konya gebaut hatte (1888-96), erhielt sie nun die Konzession für deren Fortsetzung bis nach Bagdad („Bagdadbahn“, 1902). Unter R.s Leitung entstand von 1903 bis 1904 der erste, 200 Kilometer lange Streckenabschnitt von Konya bis Bulgurlu. Nach einer politisch bedingten Unterbrechung wurden die Arbeiten erst nach der Gründung einer „Gesellschaft für den Bau von Eisenbahnen in der Türkei“ (1909) fortgesetzt. Den Vorsitz im geschäftsführenden Direktorium dieser Gesellschaft übernahm R. als Vertreter der Firma Holzmann und verantwortlicher Bauleiter der Bagdadbahn. Bis 1918 wurde die Gesamtstrecke zwischen Konya und Nusaybin (insgesamt 1.100 Kilometer) fertiggestellt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs blieb die Bagdadbahn infolge der Auflösung des Osmanischen Reichs zunächst unvollendet; erst 1939/40 wurden die letzten Bahnkilometer auf der Strecke nach Bagdad, nun ohne deutsche Beteiligung, geschlossen. Auch andere Projekte R.s, etwa die Tanganjika-Bahn in Deutsch-Ostafrika, wurden infolge der veränderten politischen Lage nach 1918 nicht mehr verwirklicht. Mit der Gründung der „Philipp Holzmann AG“, u. a. unter Umwandlung der bisherigen GmbH in eine Aktiengesellschaft, übernahm R. 1917 den Vorsitz von deren Vorstand. 1924 wechselte er in den Aufsichtsrat des Unternehmens, zunächst als dessen Vorsitzender (bis 1932), dann als stellvertretender Vorsitzender.
Seit 1913 Mitglied der Akademie des Bauwesens. Träger preußischer, türkischer und deutscher Orden.
Vater des Juristen Otto R. (1894-1977), der von 1952 bis 1962 Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) in Luxemburg und damit der erste bundesdeutsche Richter am Europäischen Gerichtshof war. Otto R. jun., der später das Institut für Rechtsvergleichung an der Universität Lausanne gründete (1969) und leitete (bis 1972), besaß eine bedeutende Sammlung japanischer Farbholzschnitte, die 2012 vom Museum für angewandte Kunst in Ffm. angekauft wurde.
.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 197,
.