Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
mit einer kleinen, aber feinen Artikellieferung startet das Frankfurter Personenlexikon in die Sommerzeit. Unter den diesmal teilweise sehr prominenten Namen gibt es einen echten Neuzugang, der noch nicht mit einem Eintrag in der Buchausgabe der „Frankfurter Biographie“ bedacht war. Ihm gilt der Artikel des Monats.
Artikel des Monats: Kommunalpolitischer Kämpfer für die Werte der parlamentarischen Demokratie
Er prägte die kommunalpolitische Kultur der frühen Nachkriegszeit in Frankfurt: Hermann Schaub. Der Sozialdemokrat, einst im Alter von 31 Jahren zum Bürgermeister von Sinn im Dillkreis und damit zum damals jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister in Hessen gewählt, war im Februar 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Amt vertrieben worden. Er ließ sich daraufhin in Frankfurt nieder, wo er ein Milchgeschäft im Riederwald unterhielt. Im weiteren Verlauf der NS-Zeit wurde er mehrfach von der Gestapo verhaftet, zuletzt anlässlich der „Aktion Gitter“ nach dem 20. Juli 1944. Sofort bei Kriegsende 1945 nahm Hermann Schaub seine kommunalpolitische Tätigkeit wieder auf. Seit 1946 gehörte er der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung an, der er vom Mai 1948 bis Anfang 1954 vorstand. Dann wechselte er nach Kassel, weil er zum ersten Direktor des neu gegründeten Hessischen Landeswohlfahrtsverbands gewählt worden war. Der Stadt Frankfurt, wo er weiterhin wohnte, blieb Schaub jedoch verbunden, u. a. als engagierter Vorsitzender des Frankfurter Bunds für Volksbildung.
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In der Liste neuer Artikel, die wie immer dem Editorial folgt, finden Sie außerdem zwei sehr große Namen: Bettine von Arnim, geb. Brentano, und Friedrich Carl von Savigny. Beide, Fritz und Bettine, wie sie familiär hießen, sind in Frankfurt geboren und gehörten später zu den herausragenden Persönlichkeiten der Romantik. Beide waren selbstverständlich schon mit einem Eintrag in der „Frankfurter Biographie“ vertreten. Für das Frankfurter Personenlexikon wurden die Artikel über Bettine von Arnim und Friedrich Carl von Savigny jedoch grundlegend neu bearbeitet, auf dem aktuellsten Forschungsstand, zumal die Romantik in Frankfurt in letzter Zeit stark in den Blickpunkt gerückt ist und bald sogar in einem eigenen Museum präsent sein wird.
Es freut mich besonders, dass wir für beide Artikel äußerst fachkundige und auf dem entsprechenden Forschungsgebiet führende Autoren gewinnen konnten: Es haben Wolfgang Bunzel, der Leiter der Brentano-Abteilung am Freien Deutschen Hochstift, über Bettine von Arnim und Joachim Rückert, emeritierter Professor für Zivilrecht, Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität, über Friedrich Carl von Savigny im Frankfurter Personenlexikon geschrieben.
Nicht vergessen werden sollen die übrigen beiden Namen in der Juniliste, auch wenn sie heute nicht mehr so bekannt sind. Der Statistiker Gottlieb Schnapper-Arndt gehörte immerhin zu den Begründern der modernen Sozialwissenschaft, und der außergewöhnlich produktive Architekt Ludwig Bernoully, von dem genau 238 Bauten in Frankfurt gezählt wurden, war ein Vorkämpfer des „Neuen Frankfurt“.
Nebenbei ist ein Blick auf die Herkunftsfamilien der vier gebürtigen Frankfurter in dieser Artikellieferung interessant: Savigny stammte aus oberlothringischem Dienstadel, der in Frankfurt mit dem alten Patriziat verkehrte, Bettine Brentano aus einer aus Italien zugewanderten katholischen Kaufmannsfamilie, Gottlieb Schnapper-Arndt aus dem alteingesessenen Frankfurter Judentum und Ludwig Bernoully von niederländischen Glaubensflüchtlingen, die im 16. Jahrhundert hierher emigriert waren. So erzählen die Biographien im Frankfurter Personenlexikon auch diesmal wieder Geschichten vom Neben- und Miteinander verschiedener Nationalitäten, Religionen und Konfessionen in der traditionsreichen Mainstadt, die zeigen, dass manche Probleme ganz alt und doch immer neu sein mögen, aber stets auch eine Chance in sich bergen.
Freundliche Sommergrüße
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Juli 2017.